Mittwoch, 15. Mai 2019
Deutsche Starter ohne Chance
So richtig rund läuft es bislang nicht für die deutschen Pferde in den Top-Rennen des Wochenendes. Wenn ausländische Gäste da sind, siegen sie auch meist. Auch wenn deren Form nicht besonders aufregend erscheint – siehe am Wochenende Raa Atoll im Oleander-Rennen in Hoppegarten. Oder am Sonntag davor French King im Carl Jaspers-Preis (Gruppe 2) in Köln. Ergebnisse, die doch ein wenig ernüchtern – bezogen auf die Qualität der einheimischen Armada.

Am Sonntag in Hoppegarten gab es sogar einen irischen Doppelerfolg. Aber nicht der hohe Favorit Thomas Hobson aus dem irischen Hindernis-Champion-Quartier von Willie Mullins machte das Rennen, sondern der Außenseiter Raa Atoll aus dem Stall von Luke Comer. Es war der erste Start für den irischen Trainer, der in den letzten Jahren mit seinen wenigen Startern wenig erfolgreich war und einigen Ärger hatte. Aber der Mann ist ja eigentlich Immobilienentwickler und gemeinsam mit seinem Bruder Brian Inhaber der Comer Group. In Irland sponsert die Gruppe einige große Steherprüfungen wie das St. Leger. Jetzt unterstützen sie auch das Oleander Rennen und da macht es sich natürlich gut, wenn der Sieger aus dem eigenen Stall kommt.
Im Sattel saß nicht ein eingeflogener Mann von der Insel, sondern Jozef Bojko, Jockey am Start von Andreas Wöhler. Der servierte Raa Atoll ein taktisch gutes Rennen aus dem Vordertreffen und hatte auch den Angriff des Favoriten immer unter Kontrolle. Der Sieger war im letzten Jahr bei John Gosden im Training, beste Form war Rang 4 in den King Edward Stakes während Royal Ascot. Beim letzten Start für Gosden war er allerdings abgeschlagener Letzter in einem Gruppe 2-Rennen in Newmarket.
Eigentlich war Thomas Hobson nach Formen das zu schlagende Pferd: Sieger im September im Doncaster Cup, zum Saisonschluss Zweiter hinter dem besten englischer Steher Stradivarius in Ascot – das waren schon handfeste Referenzen aus den Top-Marathonprüfungen in England.
Von den deutschen Startern lieferte der unverwüstliche Moonshiner noch die beste Leistung als Dritter, hochgehandelte Pferde wie Nikkei oder Ernesto erfüllten nicht die Erwartungen. Aber die deutsche Steher-Spitze ist quantitativ relativ klein, da überraschte ein ausländischer Erfolg nicht völlig.

Mal wieder Pantall
Wie French King allerdings die deutsche 2400-Meter-Elite vor gut einer Woche im Kölner Carl Jaspers-Rennen (dem ehemaligen Gerling-Preis) beherrschte, gab schon eher zu bedenken. Zugegeben, im Sattel saß der großartige Olivier Peslier und Trainer Henri-Alex Pantall ist ein Meister darin, für seine Pferde das passende Rennen in Deutschland zu finden. Der Gewinner hatte zwar zuletzt eine gutdotierte Prüfung in Doha gewonnen und dabei unter anderem Hunting Horn (nicht gerade ein Top-Pferd aus dem Aidan 0’Brien-Stall) besiegt. Vorher war er in französischen Listenrennen in der Provinz höchstens platziert.
Es war zum Schluss zwar nur eine dreiviertel Länge Vorsprung, aber es waren viele deutsche Pferde unterwegs, die in dieser Saison ihr Glück in den besten deutschen Prüfungen über längere Strecken versuchen werden. Leider macht sich hier bemerkbar, dass gute Pferde verkauft wurden und nun ihr Glück in Australien oder Hongkong versuchen.
Am nächsten Sonntag könnte es die nächste Schlappe für die heimischen Galopper geben. Das Mehl- Mülhens-Rennen in Köln über 1600 Meter, die deutschen 2000 Guineas, steht an und da werden starke Gäste aus England, Irland und Frankreich in die Startboxen rücken. Zwar nicht die Elite, aber die gute zweite Wahl. Und das reicht leider häufig über die Meile gegen die deutschen Pferde, zumal in diesem Jahr nur drei einheimische Starter laufen werden. Seit 2010 gab es fünf englische Erfolge, immerhin behielten in den letzten zwei Jahren dank Ancient Spirit und Poetic Dream hier trainierte Pferde die Oberhand. Und Henri-Alex Pantall hat immerhin kein Pferd am Start.



Mittwoch, 8. Mai 2019
Die nächste magische Klopp-Nacht
Altere Erinnerungen wurden wieder wach. Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp und der FC Liverpool haben ein 0:3 gedreht und 4:0 gewonnen. Nicht gegen irgendwen im Halbfinale der Champions League, sondern gegen den FC Barcelona. Einer der besten Mannschaften Europas mit Superspielern wie Messi, Suarez, Jordi Alba, Ter Stegen oder Busquets.

Der große Motivator Jürgen Klopp lobte nach dem Spiel erstmal seine Spieler. „Es war wirklich schwierig gegen uns zu spielen mit dieser Mischung aus großem Herz und fußballerischer Qualität. Das war wunderbar.“ Er habe den Jungs vor dem Spiel gesagt, dass es eigentlich nicht möglich sei, aber weil sie die „Mentalitäten von Giganten haben“, sei es doch möglich.
Es war ganz großes Kino mit einem Geniestreich vor dem 4:0, als Trent Alexander-Arnold vor einer Ecke den freien Divock Origi sah, diesen schnell anspielte und der unbehelligt von der unsortierten Barca-Abwehr einschoss. So ein Tor habe ich zuletzt in der Kreisliga gesehen, aber da stand es schon 6:0 und der Gegner hatte den Widerstand aufgegeben.



You never walk alone – Liverpool feierte sein Team frenetisch nach dem Sieg gegen Barcelona. Ein Abend, den keiner so schnell vergisst.

Der Doppel-Torschütze Origi wäre im letzten Jahr beinahe noch mit Wolfsburg abgestiegen, die Leihgabe des FC Liverpool machte in der Bundesliga eine eher traurige Figur. Eigentlich spielte er nur, weil die Stammspieler Roberto Firmino und Mohamed Salah verletzt ausfielen. Und Georgino Wijnaldum, der andere zweifache Torschütze, kam in der Pause für den verletzten Andrew Robertson. So schnell geht das im Fußball.

Alte englische Tugenden
„Liverpools Wucht zeigte Barcelona, dass gutes Passspiel alleine nicht ausreicht“, schrieb Jonathan Wilson im Guardian. Klopps Team zeigte alte englische Tugenden wie Physis und Tempo, um ein „dekadentes Barcelona“ zu schlagen.
Na ja, jedenfalls fühlte sich der Kolumnist an große BVB-Tage unter Jürgen Klopps Führung erinnert. Da gab es auch diese magische Momente – in der Champions League gegen Malaga oder Real Madrid, in der Bundesliga gegen Bayern München. Klopp schaffte es immer wieder, seine Mannschaft auf den Punkt genau vorzubereiten.
Hätte ein BVB-Team unter Trainer Jürgen Klopp einen Neun-Punkte-Vorsprung verspielt? Ich glaube nein. Aber glauben heißt nicht wissen. Lucien Favre hat viele Qualitäten, aber ein Motivator ist er nicht unbedingt. Zumindest war er das nicht in der Rückrunde.



Donnerstag, 2. Mai 2019
Mann der großen Momente: Ruby Walsh macht Schluss
Ein ereignisreicher Maifeiertag gestern. Vielleicht haben wir in München den deutschen Derbysieger 2019 gesehen und dann war das noch Punchestown-Festival in Irland am Abend: Kemboy triumphierte mit Ruby Walsh gegen Al Boum Photo im dortigen Gold Cup. Doch der eigentliche Paukenschlag folgte danach: Jockey Ruby Walsh erklärte seinen Rücktritt. Das Ende einer großen Karriere.

Ich werde ihn vermissen. Weil Ruby Walsh quasi dazugehörte – zu Cheltenham, Aintree und den anderen Hindernisorten auf der Insel, die nicht nur meinen Sportwinter seit einigen Jahren prägen. Es war eine große Jockey-Karriere mit vielen tollen Erfolgen, aber auch immer wieder von Verletzungen unterbrochen. Gerade in letzten Jahren war es zudem eine besondere Qualität von Walsh, nach diesen Pausen wieder im Sattel zu sitzen. Der Abschied mit 39 Jahren nach dem großen Erfolg mit Kemboy im „eigenen Wohnzimmer Punchestown“ – gibt es einen besseren Moment?
Keine Ahnung, wann mir Ruby Walsh das erste Mal richtig auffiel. Natürlich wusste ich, dass da aus Irland ein großes Talent kommt. Der Erfolg mit Papillon für Vater Ted beim Grand National 2000 war das erste Ausrufezeichen. Später kamen dann unter anderem Azertyuiop, Hurricane Fly, Kauto Star oder Big Buck’s – da war er schon einer der Top-Hindernisjockeys. „Ich war glücklich, einige der besten Pferde der letzten Jahre reiten zu dürfen“, sagte Walsh gestern.
Ruby Walsh war ein brillanter Jockey. Einer, der alles konnte. „Er hat keine Schwäche, den Stil und die Stärke, das Temperament, das Tempogefühl – er hatte alles, was ein Top-Sportler braucht“, erklärte sein alter Weggefährte AP Mc Coy ihn und verglich ihn mit Fußball-Weltstar Lionel Messi, der beim FC Barcelona auch den Unterschied ausmacht. Was Jürgen Klopp und der FC Liverpool gestern schmerzlich erfahren mussten.



Ruby Walsh in Top-Form: Big Buck’s wehrt den Angriff von Grands Crus ab und gewinnt die World Hurdle 2011.

Auch diese Kolumne hat sich oft mit Walsh befasst. Nicht nur nach Erfolgen, auch 2016, als er einige Mal mit dem Sieg vor Augen am letzten Hindernis fiel. „Nun wirkt Ruby Walsh immer für den Kolumnisten wie jemand, der Selbstvertrauen ohne Ende besitzt. So viel, dass das für den Beobachter schon fast arrogant wirkt. Jedenfalls gehen viele Pferde für Walsh optisch immer sehr gut, sitzt er lange still und ist oft der Letzte, der sich im Sattel bewegt. Cool bis zum Limit. Das mag natürlich an der Klasse seiner Ritte liegen, aber bei Ruby sieht Rennreiten nie nach Arbeit aus“, schrieb diese Kolumne einst.

Cheltenham-Champion
Walsh war immer auch ein Mann für die großen Momente. Er war der optimale Partner für die Hochkaräter aus den Ställen von Willie Mullins und Paul Nicholls. Und in Cheltenham ritt er, so mein Eindruck, „noch famoser als sonst“. Nicht immer, aber in den allermeisten Fällen.
Dabei haben mir Ruby Walsh und seine Pferde nie große Wetttreffer beschert. Das liegt auch an meine Abneigung gegen Favoriten, die entsprechend tief am Toto stehen. Gegen Ruby, Mullins und Nicholls war das aber oft vergeblich.
Die größten Erinnerungen habe ich an seine Ritte auf Big Buck’s. Dieser Supersteher aus dem Nicholls-Quartier, der die langen Hürdenstrecken jahrelang souverän beherrschte und unschlagbar schien. Doch manchmal gab es Herausforderer, die musste man einfach spielen. 2011 zum Beispiel in der World Hurdle in Cheltenham Grands Crus aus dem Stall von David Pipe. Es sah nach einer Wachablösung aus, als der Pipe-Schützling mit Tom Scudamore attackierte. Doch Big Buck’s und Walsh fanden wie so oft den höheren Gang und stürmten davon. Obwohl sie schon geschlagen schienen. Es war mal wieder ganz großes Kino.
Trainer möchte Ruby Walsh nicht werden. In Deutschland werden wir ihn weiter als Experten bei Racing TV erleben. Und Willie Mullins möchte gerne, dass er weiter sein Quartier als eine Art Berater unterstützt. Die beiden hatten in ihrer Zusammenarbeit übrigens nie richtig Streit – auch eine Qualität.

12 Pferde, die seine Karriere prägten