Mittwoch, 8. Mai 2019
Die nächste magische Klopp-Nacht
Altere Erinnerungen wurden wieder wach. Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp und der FC Liverpool haben ein 0:3 gedreht und 4:0 gewonnen. Nicht gegen irgendwen im Halbfinale der Champions League, sondern gegen den FC Barcelona. Einer der besten Mannschaften Europas mit Superspielern wie Messi, Suarez, Jordi Alba, Ter Stegen oder Busquets.

Der große Motivator Jürgen Klopp lobte nach dem Spiel erstmal seine Spieler. „Es war wirklich schwierig gegen uns zu spielen mit dieser Mischung aus großem Herz und fußballerischer Qualität. Das war wunderbar.“ Er habe den Jungs vor dem Spiel gesagt, dass es eigentlich nicht möglich sei, aber weil sie die „Mentalitäten von Giganten haben“, sei es doch möglich.
Es war ganz großes Kino mit einem Geniestreich vor dem 4:0, als Trent Alexander-Arnold vor einer Ecke den freien Divock Origi sah, diesen schnell anspielte und der unbehelligt von der unsortierten Barca-Abwehr einschoss. So ein Tor habe ich zuletzt in der Kreisliga gesehen, aber da stand es schon 6:0 und der Gegner hatte den Widerstand aufgegeben.



You never walk alone – Liverpool feierte sein Team frenetisch nach dem Sieg gegen Barcelona. Ein Abend, den keiner so schnell vergisst.

Der Doppel-Torschütze Origi wäre im letzten Jahr beinahe noch mit Wolfsburg abgestiegen, die Leihgabe des FC Liverpool machte in der Bundesliga eine eher traurige Figur. Eigentlich spielte er nur, weil die Stammspieler Roberto Firmino und Mohamed Salah verletzt ausfielen. Und Georgino Wijnaldum, der andere zweifache Torschütze, kam in der Pause für den verletzten Andrew Robertson. So schnell geht das im Fußball.

Alte englische Tugenden
„Liverpools Wucht zeigte Barcelona, dass gutes Passspiel alleine nicht ausreicht“, schrieb Jonathan Wilson im Guardian. Klopps Team zeigte alte englische Tugenden wie Physis und Tempo, um ein „dekadentes Barcelona“ zu schlagen.
Na ja, jedenfalls fühlte sich der Kolumnist an große BVB-Tage unter Jürgen Klopps Führung erinnert. Da gab es auch diese magische Momente – in der Champions League gegen Malaga oder Real Madrid, in der Bundesliga gegen Bayern München. Klopp schaffte es immer wieder, seine Mannschaft auf den Punkt genau vorzubereiten.
Hätte ein BVB-Team unter Trainer Jürgen Klopp einen Neun-Punkte-Vorsprung verspielt? Ich glaube nein. Aber glauben heißt nicht wissen. Lucien Favre hat viele Qualitäten, aber ein Motivator ist er nicht unbedingt. Zumindest war er das nicht in der Rückrunde.



Donnerstag, 2. Mai 2019
Mann der großen Momente: Ruby Walsh macht Schluss
Ein ereignisreicher Maifeiertag gestern. Vielleicht haben wir in München den deutschen Derbysieger 2019 gesehen und dann war das noch Punchestown-Festival in Irland am Abend: Kemboy triumphierte mit Ruby Walsh gegen Al Boum Photo im dortigen Gold Cup. Doch der eigentliche Paukenschlag folgte danach: Jockey Ruby Walsh erklärte seinen Rücktritt. Das Ende einer großen Karriere.

Ich werde ihn vermissen. Weil Ruby Walsh quasi dazugehörte – zu Cheltenham, Aintree und den anderen Hindernisorten auf der Insel, die nicht nur meinen Sportwinter seit einigen Jahren prägen. Es war eine große Jockey-Karriere mit vielen tollen Erfolgen, aber auch immer wieder von Verletzungen unterbrochen. Gerade in letzten Jahren war es zudem eine besondere Qualität von Walsh, nach diesen Pausen wieder im Sattel zu sitzen. Der Abschied mit 39 Jahren nach dem großen Erfolg mit Kemboy im „eigenen Wohnzimmer Punchestown“ – gibt es einen besseren Moment?
Keine Ahnung, wann mir Ruby Walsh das erste Mal richtig auffiel. Natürlich wusste ich, dass da aus Irland ein großes Talent kommt. Der Erfolg mit Papillon für Vater Ted beim Grand National 2000 war das erste Ausrufezeichen. Später kamen dann unter anderem Azertyuiop, Hurricane Fly, Kauto Star oder Big Buck’s – da war er schon einer der Top-Hindernisjockeys. „Ich war glücklich, einige der besten Pferde der letzten Jahre reiten zu dürfen“, sagte Walsh gestern.
Ruby Walsh war ein brillanter Jockey. Einer, der alles konnte. „Er hat keine Schwäche, den Stil und die Stärke, das Temperament, das Tempogefühl – er hatte alles, was ein Top-Sportler braucht“, erklärte sein alter Weggefährte AP Mc Coy ihn und verglich ihn mit Fußball-Weltstar Lionel Messi, der beim FC Barcelona auch den Unterschied ausmacht. Was Jürgen Klopp und der FC Liverpool gestern schmerzlich erfahren mussten.



Ruby Walsh in Top-Form: Big Buck’s wehrt den Angriff von Grands Crus ab und gewinnt die World Hurdle 2011.

Auch diese Kolumne hat sich oft mit Walsh befasst. Nicht nur nach Erfolgen, auch 2016, als er einige Mal mit dem Sieg vor Augen am letzten Hindernis fiel. „Nun wirkt Ruby Walsh immer für den Kolumnisten wie jemand, der Selbstvertrauen ohne Ende besitzt. So viel, dass das für den Beobachter schon fast arrogant wirkt. Jedenfalls gehen viele Pferde für Walsh optisch immer sehr gut, sitzt er lange still und ist oft der Letzte, der sich im Sattel bewegt. Cool bis zum Limit. Das mag natürlich an der Klasse seiner Ritte liegen, aber bei Ruby sieht Rennreiten nie nach Arbeit aus“, schrieb diese Kolumne einst.

Cheltenham-Champion
Walsh war immer auch ein Mann für die großen Momente. Er war der optimale Partner für die Hochkaräter aus den Ställen von Willie Mullins und Paul Nicholls. Und in Cheltenham ritt er, so mein Eindruck, „noch famoser als sonst“. Nicht immer, aber in den allermeisten Fällen.
Dabei haben mir Ruby Walsh und seine Pferde nie große Wetttreffer beschert. Das liegt auch an meine Abneigung gegen Favoriten, die entsprechend tief am Toto stehen. Gegen Ruby, Mullins und Nicholls war das aber oft vergeblich.
Die größten Erinnerungen habe ich an seine Ritte auf Big Buck’s. Dieser Supersteher aus dem Nicholls-Quartier, der die langen Hürdenstrecken jahrelang souverän beherrschte und unschlagbar schien. Doch manchmal gab es Herausforderer, die musste man einfach spielen. 2011 zum Beispiel in der World Hurdle in Cheltenham Grands Crus aus dem Stall von David Pipe. Es sah nach einer Wachablösung aus, als der Pipe-Schützling mit Tom Scudamore attackierte. Doch Big Buck’s und Walsh fanden wie so oft den höheren Gang und stürmten davon. Obwohl sie schon geschlagen schienen. Es war mal wieder ganz großes Kino.
Trainer möchte Ruby Walsh nicht werden. In Deutschland werden wir ihn weiter als Experten bei Racing TV erleben. Und Willie Mullins möchte gerne, dass er weiter sein Quartier als eine Art Berater unterstützt. Die beiden hatten in ihrer Zusammenarbeit übrigens nie richtig Streit – auch eine Qualität.

12 Pferde, die seine Karriere prägten



Dienstag, 30. April 2019
Daumen hoch für Quian
Erstes Gipfeltreffen der deutschen Derby-Kandidaten 2019 im pferdewetten.de – Bavarian Classic im München. Acht Pferde rücken am Maifeiertag um 16:05-Startzeit in die Boxen. Es ist ein sehr starkes Feld. Starter und Chancen.

1. Accon (Trainer Markus Klug/Jockey Jiri Palik): Einer von drei Startern von Trainer Markus Klug und mit sieben Starts das erfahrenste Pferd im Rennen. Im März legte er die Maidenschaft ab, vorher oft platziert (unter anderem hinter Django Freeman), aber andere Pferde könnten mehr Potenzial haben.

2. Amiro (Trainer Michael Figge/Jockey Alexander Pietsch): noch sieglos, beste Platzierung 2018 bei vier Starts waren fünfte Plätze. Müsste sich über Winter schon gewaltig verbessert haben.

3. Beam Me Up (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Seidl): Siegte beim Debüt im November in München trotz sichtbarer Unreife, der Zweite und der Vierte gewannen danach Rennen. Jetzt ist weitere Steigerung gefragt. Interessanter Außenseiter.

4. Django Freeman (Trainer Henk Grewe/Jockey Lukas Delozier): Campanologist-Sohn, zweijährig eines der besten Pferde des Jahrgangs. Erfolgreich beim Debüt in München, dann überlegener Sieger gegen Accon im Düsseldorfer Auktionsrennen und zuletzt knapp unterlegen im Winterfavoriten. Das sind schon Referenzen und auch beim Jahresdebüt das zu schlagende Pferd. Längere Strecke sollte ihm liegen.

5. Dschingis First (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie De Vries): Bruder der hochklassigen Dschingis Secret und Destino, die Wahl von Klug-Stalljockey Adrie de Vries. Zweijährig noch sieglos, aber die Brüder waren eher auch spät. Mal gucken, ob er schon ins Rollen kommt. Interessanter Starter, aber im Laufe der Saison vielleicht noch besser.

6. Enjoy The Moon (Trainer Peter Schiergen/Jockey Filip Minarik): Sea The Moon-Sohn, der beim zweiten Lebensstart Dschingis First besiegte. Talentiert, muss jetzt Farbe bekennen.

7. Quest The Moon (Trainerin Sarah Steinberg/Jockey Pat Cosgrave): Hochtalentierter Lokalmatador. Beim Debüt noch so eben besiegt von Django Freeman, danach folgte der überzeugende Erfolg im Badener Zukunftsrennen und Platz 2 im Mailander Gran Criterium (Gruppe 2). Spannend, ob er das dreijährig fortsetzen kann. Nach Abstammung sollte der Sea The Moon-Sohn Stehvermögen haben. Ein weiterer aussichtsreicher Kandidat.

8. Quian (Trainer Peter Schiergen/Jockey Andrasch Starke): Bei zwei Starts noch ungeschlagen und zuletzt im München Sieger im Auktionsrennen. Die Wahl von Andrasch Starke, sein Trainer Peter Schiergen hält den Mastercraftsman-Sohn für einen Steher, der dreijährig noch besser wird. In den gleichen Farben gewann Lucky Speed einst das Bavarian Classic und später das Derby.

Urteil
Es ist so häufig um diese Zeit bei den Dreijährigen: Top-Zweijährigen-Form trifft auf Potenzial. Django Freeman und Quest The Moon setzten zweijährig Maßstäbe in Top-Gesellschaft. Beide zählen auch diesmal zu den Siegaspiranten. Doch sie erwarten Gegner, deren Grenzen noch nicht erkannt ist. Dschingis First, Beam Me Up oder Enjoy The Moon sind solche Pferde. Mein Tipp ist jedoch der unbesiegte Quian aus dem Schiergen-Stall, der auch noch weitere Reserven haben sollte.