Freitag, 7. Dezember 2018
Kein Spaziergang für Altior
Einer der Top-Stars des englischen Hindernissports gibt sein Saisondebüt: Altior aus dem Stall von Nicky Henderson läuft am Samstag in der Tingle Creek Chase (Grade 1) in Sandown. Er trifft zwar nur auf drei Gegner, doch die zählen zu den besten Zwei Meilen-Steeplern des Landes: Un De Sceaux, Sceau Royal und Saint Calvados. Es könnte ein Spektakel werden.

Altiors Bilanz spricht für sich: 17 Starts, 15 Siege, 14 davon in Serie. Die beiden Niederlagen gab es in Flachrennen, über Hürden und die großen Hindernisse ist der Wallach noch ungeschlagen. Im März gewann er die Queen Mother Chase in Cheltenham, das beste Rennen für die Zweimeilen-Steepler. Manchmal denkt der Beobachter während des Rennens, jetzt schwächelt er ein wenig, doch wenn die Entscheidung naht, dann legt der High Chaparral-Sohn richtig los und zieht scheinbar mühelos an seinen Gegnern los.
Dabei trat Altior in große Fußstapfen: Denn er folgte Sprinter Sacre, einen weiterem Seriensieger aus dem Quartier von Nicky Henderson und für manche Beobachter das beste Hindernispferd der letzten Jahre. Ein sicherer und gleichzeitig eleganter Sprinter, bei dem alle Erfolge unglaublich leicht wirkten. Auch er lief in den Jagd-Rennen um die zwei Meilen, siegte unter anderem in Arkle, Queen Mother Champion Chase und Tingle Creek (2012), Bilanz: 22 Starts, 16 Siege, Gewinn fast 1,4 Mio. Euro. Der Sohn des einst in Deutschland gelaufenen Hengstes Network hatte nach seiner ersten großen Siegesserie eine kleine Schwächephase, doch er kam im Stil eines Champions zurück. 2016 endete die große Karriere von Sprinter Sacre.



Einfach nur Klasse: Sprinter Sacre deklassiert das Feld in der Tingle Creek Chase 2012

Herausforderer
Hält also Altiors Serie? Er wird als Favorit an den Start kommen und wahrscheinlich unter 20:10 stehen. Aber die Gegner sind alles andere als Statisten. Da wäre zum Beispiel Un De Sceaux aus dem irischen Champion-Quartier von Willie Mullins. Zehn Jahre ist der Wallach inzwischen, doch nach Bestform sollte er ein ernstzunehmender Gegner für Altior sein. 2016 gewann er die Tingle Creek und auch 2017/2018 lief er zu großen Leistungen auf. Der Höhepunkt kam zum Schluss im April, als er den Stallgefährten Douvan in der Champion Chase in Punchestown besiegte. Der Frontrenner mag weichen und schweren Boden und braucht keine Anlaufzeit: Seine ersten Starts gewann er nach einer Pause fast immer.
Dagegen ist der erst sechsjährige Sceaux Royal (Trainer Alan King) noch ein Talent, der in der letzten Saison in der Novice-Klasse unterwegs war. Dort überzeugte er eigentlich in jedem Rennen und auch der Saisonstart in den Shloer Chase in Cheltenham (Grade 2) fiel überzeugend aus. Der King-Schützling ist in guter Form, steht aber jetzt vor einer neuen Herausforderung. „Altior ist ein sehr, sehr gutes Pferd und unser Pferd muss sich verbessern, wenn er ihn schlagen will. Aber Samstag wird uns eine ganze Menge sagen, wo wir sind und wohin die Reise geht“, sagt Jockey Daryl Jacob.
Nicht zu unterschätzen ist der vierte Starter Saint Calvados aus dem Quartier von Harry Whittingham. Auch er zählte im letzten Jahr zu den Top-Novices, die einzige schwache Form kam in der Arkle Chase in Cheltenham. Zum Saisondebüt siegte er in einer Gruppe 3-Prüfung in Naas. Das war eine starke Form, auch wenn er vom Fall des hohen Favoriten Footpad profitierte. Natürlich muss sich auch Saint Calvados, der ebenfalls gerne von der Spitze läuft, weiter verbessern. Potenzial hat er wie Sceau Royal, aber reicht das am Samstag gegen Altior und Un De Sceaux?

Tipp
Eher ein Rennen zum Gucken. Altior ist ein Gigant, aber die anderen werden ihm den Sieg schwermachen. Ich mache eine kleine Wette auf Sceaux Royal, vielleicht ist er ja der kommende Champion.



Donnerstag, 6. Dezember 2018
Schalke hofft auf Wende, Dortmund will weiter siegen
Wer hätte das gedacht? Vor dem 14. Spieltag ist Borussia Dortmund noch ungeschlagen in der Fußball-Bundesliga. Und jetzt geht es zum Revierderby gegen den Erzrivalen FC Schalke 04, da sollte die Serie doch noch halten.

Vor etwas mehr als einem Jahr, da lag die schwarz-gelbe Welt in Trümmern. 4:4 hatten sich die Borussia und Schalke getrennt, 4:0 führten die Dortmunder schon. Hinterher hatten sie noch Glück, dass die Gäste nicht noch das 5:4 machten. Jedenfalls gab dieses Spiel den endgültigen Knacks, der BVB taumelte wie ein angezählter Boxer durch die Liga.
Nach einer desolaten Leistung im Heimspiel gegen Werder Bremen musste Trainer Peter Bosz gehen, danach wurde es unter Peter Stöger nicht besser. Zwar gewann die Mannschaft wieder, aber der Fußball war uninspiriert und langweilig. Heimspiele in der Rückrunde 2017/2018 waren definitiv keine Spaßveranstaltungen. Das zeigte sich auch daran, dass viele Dauerkarten-Inhaber einfach nicht mehr erschienen.
Inzwischen aber lohnt sich der Weg wieder. Borussia spielt wieder ganz groß auf, nach verhaltenem Beginn startete die Mannschaft in ungeahnte Sphären. Es gab großartige Aufholjagden gegen Bayer München und den FC Augsburg und auch das 7:0 gegen den – zugegeben sehr naiven Aufsteiger Nürnberg – bereitete viel Spaß. Weil das Team bis zum Schluss nicht nachließ und den Rausch quasi zelebrierte.



Immer noch ein Lesetipp: Geschichten zum Revierklassiker von Gregor Schnittker

Ekstase
Das Bayern-Spiel aber stellte alles in den Schatten. Es war das beste Spiel, dass ich in 40 Jahren Westfalenstadion/Signal Iduna Park live erlebt habe. Zweimal egalisierte die Borussia einen Rückstand, was früher gegen Bayern eigentlich unmöglich erschien. Spieler und Zuschauer spielten und jubelten sich in einen kollektiven Rausch und spätestens da waren alle sicher, dass der BVB in dieser Saison etwas holen wird.
Die Gründe für den Umschwung sind vielfältig. Lucien Favre, seit Sommer Trainer, hat der Mannschaft wieder Selbstbewusstsein und Spielfreude verliehen. Der Fußballtrainer hat auch Dortmund besser gemacht. Marco Reus spielt so gut wie noch nie, die Neuen Witsel und Delaney bringen mit ihrer Ballsicherheit und Kampfkraft eine neue Mentalität ins Mittelfeld, Stürmer-Neuling Paco Alcacer trifft nicht nur als Joker im Dauertakt, Routiniers wie Lukasz Piczczek erleben nach mäßigem Beginn den zweiten Frühling. Dazu macht die junge Garde auf sich aufmerksam: Zagadou, Hakimi, Sancho oder Bruun Larsen überzeugen. Der BVB ist in dieser Spielzeit ein Gegner, den die anderen erst einmal knacken müssen.
Natürlich ist der BVB nicht unschlagbar. Zuletzt schwächelte der Motor gegen Brügge in der Champions League und Freiburg in der Bundesliga ein wenig. Aber das ist zu erwarten, niemand rechnet damit, dass Borussia jeden Gegner 5:0 nach Hause schickt.
Jedenfalls geht es jetzt ins Revierderby. Schalke spielt so langweilig wie in den Jahren zuvor – nur im letzten Jahr holte man so die Punkte. Aber so ein Derbysieg, der könnte einer bisher schlechten Saison neuen Schwung verleihen.
Im letzten Jahr verlor Dortmund übrigens nach einer desolaten Leistung in der Arena. Es passte zu einer Katastrophen-Saison; für den so eloquenten Peter Stöger stand da endgültig fest, dass er keine Zukunft beim BVB hat.



Samstag, 24. November 2018
Real Madrid: Süchtig nicht nur nach Erfolg
Wie tickt Real Madrid? Dieser spanische Fußballklub aus Madrid, bei dem viele große Topstars der Branche spielen bzw. spielten. Aktuell etwa Modric, Kroos, Marcelo oder Sergio Ramos, früher Cristiano Ronaldo, Raul, Zidane, der brasilianische Ronaldo, Roberto Carlos und ganz früher Di Stefano oder Puskas. Ein Dickschiff des internationalen Fußballs. In Mythos Madrid schafft es Autor Kai Psotta, den Verein ein wenig zu enträtseln.

Mangelnden Fleiß kann man dem ehemaligen BILD-Redakteur Psotta wahrlich nicht vorwerfen. Er hat sich mit vielen Leuten aus dem Real-Kosmos ausgetauscht – ob ehemalige Spieler, Trainer und Funktionäre. Dabei ist manche Information und mancher Gesprächspartner schwierig zu bekommen, da ist der Autor erfreulich offen. Und zum Glück hat er darauf verzichtet, chronologisch die Geschichte des Renommiervereins nachzuzählen. Denn nichts empfinde ich inzwischen als öder, wenn jemand die Historie eines Klubs Saison für Saison nacherzählt.



Psotta hat hingegen Schwerpunkte gesetzt. In 30 Kapiteln nähert er sich dem Verein Real. Es geht unter anderem um die Festung Real Madrid, „die Kunst der maximalen Entfernung“, die „Galaktischen 1.0“ mit dem legendären Präsidenten Santiago Bernabeu und Größen wie Alfredo Di Stefano und natürlich die „neuen Galaktischen“ wie Zidane. Nicht fehlen darf die Verpflichtung von Cristiano Ronaldo, dessen Tore Real in jüngster Zeit prägten.

Mittelpunkt
„Real Madrid ist süchtig nach Schlagzeilen, süchtig nach Erfolgen, sogar richtig besessen davon. ….Sie wollen gelobt, geachtet und gefürchtet sein. Der Mittelpunkt des weltweiten Fußballs“, charakterisiert der Autor den Verein. Darunter tun sie es nicht.
Teilweise ist das faszinierende Kost. Insbesondere die Vergangenheit – wenn etwa Paul Breitner die Grandesse des Vereins schildert. Wenn es um den Spirit von Madrid geht, wenn Spieler wie Camacho, Santillano, Juanito oder Hugo Sanchez mit allen erlaubten und unerlaubten Mittel die Ehre des Vereins verteidigten.
Hinterher wird es öder. Weil die Geschichten über die Galaktischen und Ronaldo noch allzu präsent sind. Aber den Mythos kann Psotta auch nicht entschlüsseln. Wie sollte er auch, sonst wäre es ja kein Mythos? Dieses Buch ist dennoch zu empfehlen. Sehr verständlich geschrieben und bei allem Respekt verliert Kai Psotta nie die Distanz. Das macht es zu einer spannenden Lektüre – auch für nicht Real Madrid-Fans.