Die Unterzeile sagt es treffend: Wie Funktionäre einen Verein ruinieren. Natürlich geht es um den Hamburger SV, der 2018 nach 55 Jahren Zugehörigkeit aus der Bundesliga abstieg. Tobias Escher und Daniel Jovanov haben den Niedergang des Traditionsclubs in ihrem Buch „Der Abstieg“ kritisch seziert. Der sportliche Untergang begann 2009.
Es ist eine Bilanz des Schreckens, eine Geschichte, in der unter anderem Inkompetenz, Geltungsdrang und Ungeduld wichtige Rollen einnehmen. Und in der Spieler, Trainer und Manager regelrecht verschlissen wurden. 18 Trainer beschäftigte etwa der Club seit 2018. Zum Vergleich: Borussia Dortmund kam in dieser Zeit mit fünf Trainern aus und dabei versaute die letzte Saison mit Peter Bosz und Peter Stöger noch die Bilanz. Wenn es nicht lief, flog beim HSV zuerst der Übungsleiter. Es passte eigentlich nie: Fast immer spielten die Hamburger gegen den Abstieg. Zweimal überstand der Club mit viel Glück die Relegation.
Überraschend kam der Niedergang nicht: „Jahrelang hat der Verein auf diesen Abstieg hingearbeitet“, schreiben die Autoren. In den letzten Jahren lachte ganz Fußball-Deutschland über den Hamburger SV – außer die hartgesottenen Anhänger des Clubs.
Der Abstieg begann 2009, nachdem die Hamburger zweimal ausgerechnet am Erzrivalen Werder Bremen im Halbfinale der Europa League und des DFB-Pokals scheiterten. Jahr für Jahr schildern die Autoren die Probleme. Dabei ist
Tobias Escher der Taktik-Fachmann, Daniel Jovanov der Kenner der Vereinspolitik.
Diese Rollenverteilung ist eine große Stärke des Buches. Denn besonders Tobias Escher schafft es, kurz und knackig Spielweise und Probleme des HSV unter den verschiedenen Trainern herauszuarbeiten.
Aber auch Daniel Jovanov ist gut vernetzt. So entstand eine präzise und gutgeschriebene Chronik des HSV-Versagens. Wer wissen möchte, wie man einen Verein in den Abgrund wirtschaftet, dem sei dieses Werk empfohlen. Immerhin liegt der Hamburger SV aktuell auf einem Aufstiegsplatz in der 2. Liga. Trainer Christian Titz – trotz des Abstieges im Frühjahr noch der Mann für die Wende – musste dennoch gehen. Also nichts Neues – und eine deutliche Warnung für Hannes Wolf, einst beim ASC 09 Dortmund im Job großgeworden.
Sie haben Herz und Mut, sind eisenhart und schon lange dabei im Hindernissport. Und stehen stellvertretend für viele andere Pferde in diesem Metier, das doch angeblich so viele Kandidaten verschleißt. My Tent or Yours, Pete The Feat, Harry The Viking – drei Pferde, die zuletzt für Schlagzeilen sorgten. Und beste Beispiele für Nachhaltigkeit im Sport.
Letzte Woche gab es mal wieder einen dieser schwarzen Tage für den Hindernissport: In Musselburgh
verloren vier Pferde an einem Tag ihr Leben. Natürlich ist das traurig, unser Mitgefühl gehört allen, die ihnen verbunden waren. Und leider ist ein Beinbruch in den meisten Fällen ein Todesurteil. Jedes tote Pferd ist ein totes Pferd zu viel. Aber das passiert ja nicht immer – die große Mehrzahl der Veranstaltungen bleibt ohne Fatalitäten. Kommentare wie „Mördersport! Ohne Herz für Pferde, reine Sensationsgier!“ oder „Das hat nichts mit Pferdesport und Tierliebe zu tun! Nur noch Profit und Prestige“ klingen zwar schön emotional, sind aber falsch. Allein in der letzten Woche gab es genügend Beispiele, dass der Hindernissport nachhaltig ist und viele Pferde nach einer langen Karriere auch im fortgeschrittenen Alter erfolgreich laufen. Drei Beispiele.
My Tent Or Yours
Da wäre etwa
My Tent Or Yours, dessen Karriere-Ende vor kurzem sein Trainer Nicky Henderson
verkündete. Elf Jahre ist er inzwischen, lief in
25 Rennen, siegte neun Mal, wurde elfmal Zweiter und dreimal Dritter. Er hatte als Hürdler höchstes Format, doch eigentlich ist er mehr für seine zweiten Plätze als Siege berühmt.
„Die Leute sagen, er ist das beste Pferd, das nie eine Champion Hurdle gewann und ich denke, sie haben Recht. Er war Zweiter in drei Champion und einmal in den Supreme Novices“, sagt sein Trainer. „Viermal nacheinander Zweiter in Grade 1-Rennen in folgenden Cheltenham Festivals – das ist selbst ein Rekord“. Niederlagen gegen Top-Pferde wie
Buveur D’Air, Annie Power oder
Jezki sind wahrlich keine Schande. Jetzt geht es nach Martinstown, wo viele ehemalige Athleten von Besitzer JP McManus ihren Ruhestand verbringen.
Pete The Feat
Nicht in ganz so hochklassigen Sphären ist
Pete The Feat unterwegs, aber der 14jährige ist ein Muster an Mut und Härte. „Er bestimmt selbst, wann Schluss ist“, meint sein Trainer Charlie Longsdon. Noch verspürt der Wallach aber Lust auf Rennen und Rennbahn. So wurde er am Freitag Dritter in Sandown.
65 Starts absolvierte er bislang, zwölf Mal davon konnte er siegen, 17 mal war er platziert.
Dabei war sein Start ins Rennleben alles andere als verheißungsvoll: Fast drei Jahre und 19 Versuche dauerte es, bis die Besitzer, eine Partnerschaft mit dem schönen Namen Don Sebastiao, endlich den ersten Erfolg feiern konnten. Der Wallach gewann ein harmloses Hürdenrennen in Fontwell. Über die Jagdsprünge aber entwickelte Pete The Feat sich besser: Für Trainerin Anna Newton-Smith schaffte er zwei Erfolge in Folkestone. Doch erst mit dem Wechsel zum jetzigen Coach Charlie Longsdon kam Ende 2012 der endgültige Durchbruch: Fünf Erfolge in Serie folgten, Longsdon hatte den Wallach noch mal gut gesteigert.
Die letzten drei Siege im Januar und Dezember 2017 sowie im März 2018 geschahen alle in Sandown. Auf der Bahn im Großraum London zählt er zu den Lieblingen, das Publikum feierte ihn im März frenetisch, als er
Horatio Hornblower niederrang.
Harry The Viking
Quasi zum Inventar der großen Steher-Handicaps in Schottland und Nordengland zählt
Harry The Viking. Ein 13jähriger Wallach, der am Sonntag in der Scottish Borders National Handicap Chase in Kelso mal wieder Großes leistete. Rachel Mc Donald steuerte den Wallach fast Start-Ziel zu einem hart umkämpften Sieg gegen
Calett Mad. Damit wiederholte
Harry The Viking in diesem über 6400 Meter langem Marathon seinen Erfolg aus dem Jahr 2016. „Er ist ein erstaunliches Pferd und überrascht uns immer wieder“,
lobte Trainer Sandy Thomson seinen Crack. „Er ist ein wirklicher Star“, sagte Reiterin Rachel Mc Donald. „Er gibt immer alles, streckt seinen Hals raus und arbeitet so hart für dich.“ Kein Wunder, dass das Publikum den „Wikinger“ mit viel Beifall empfang.
In seinen jungen Jahren galt
Harry The Viking als Hoffnung im Stall von Paul Nicholls, einer seiner Mitbesitzer war Manager-Legende Alex Ferguson. Doch mit dem anvisierten Grand National wurde es nichts, 2014 wechselte er zu Trainer Sandy Thomson nach Schottland. Dort entpuppte er sich nicht gerade als Gewinner-Typ, holte aber viele Platzierungen in gutdotierten Steher-Steeplechases. 2016 platzte dann in Kelso wieder der Knoten. Die Bilanz: 43 Starts, sieben Siege, zwölf Platzierungen.
Nur das Grand National blieb ein Traum. Sein Mitbesitzer Jim Beaumont weiß immerhin, wie sich so ein Sieg anfühlt. In seinen Farben
gewann Auroras Encore das berühmte Handicap.