Donnerstag, 22. November 2018
Sechs Empfehlungen über englische Hindernisse
Die englische Hindernissaison 2018/2019 kommt in Schwung. Letzte Woche war das November-Meeting in Cheltenham, allmählich laufen die großen Namen aus den Ställen. nurpferdeundfussball nennt sechs Pferde, die nach unseren bescheidenen Maßstäben in dieser Saison besondere Beachtung verdienen.

Summerville Boy (Trainer Tom George)
Geschwister können so verschieden sein: Der Bruder Desert Retreat kam bei 16 Starts nicht über einige zweite Plätze hinaus, der jüngere Summerville Boy triumphierte hingegen im März in einem der Top-Rennen der Nachwuchshürdler, der Supreme Novices‘ Hurdle in Cheltenham. Dabei besiegte der Schützling von Trainer Tom George den alten Rivalen Kalashnikov, den er schon im Januar in Sandown hinter sich ließ.
„Er ist sehr schnell“, charakterisiert ihn sein Trainer und schnelle Pferde starten im Hindernissport über zwei Meilen (ca. 3400 Meter). Ziel ist die Champion Hurdle während des Cheltenhams-Festivals. Dort wird es dann wahrscheinlich ernst gegen die großen Jungs: Buveur D’Air, Melon, Faugheen oder Mit-Youngster Samcro. Schon der Saisonauftakt Anfang Dezember in der Fighting Fifth in Newcastle könnte ein Kracher werden: Auch Buveur D’Air und Samcro sollen starten.

Santini (Trainer Nicky Henderson)
Manche Experten nennen ihn das „interessanteste Nachwuchs-Jagdpferd über Steher-Distanzen“ in Großbritannien. Viel Ehre für Santini bereits vor seinem Debüt über die großen Sprünge, aber für Trainer Nicky Henderson waren Jagdrennen schon immer das Ziel.
Dabei war der sehr große Milan-Sohn ein sehr guter Hürdler: Nach seinem siegreichen Debüt in Newbury besiegte er den guten Black Op in der Ballymore Classic Novices‘ Hurdle (Grade 2) in Cheltenham und holte sich in Aintree die Sefton Novices‘ Hurdle (Grade 1). Einziger kleiner „Makel“ war der dritte Platz in Cheltenhams Albert Bartlett Novices‘ Hurdle, als er auf schwerem Boden trotz aller Unreife noch gut ins Rennen fand.
Santini ist ein harter Geselle, der noch lange nicht alle Karten aufgedeckt hat. Er ist ein nimmermüder Galoppierer mit viel, viel Stamina. Das macht ihn zu einem interessanten Kandidaten für Prüfungen wie die RSA Insurances Novices‘ Chase des Cheltenham Festivals.



Alles harte Arbeit: Santini behält in der Doom BarSefton Novices‘ Hurdle in Aintree die Oberhand.

Mister Whitaker (Trainer Mick Channon)
Diese Kolumne hatte Mister Whitaker schon zum Cheltenham Festival 2018 empfohlen und dieser gewann dann auch die Close Brothers Handicap Chase. Ein kontinuierlich verbessertes Jagdpferd, das mit sechs Jahren noch weitere Reserven haben sollte. Dies zeigte der Court Cave-Sohn zum Saisonauftakt in Carlisle mit einem überzeugenden Erfolg in der Colin Parker Memorial Chase.
Auch Platz 4 zuletzt in der gutbesetzten BetVictor Gold Cup Handicap Chase (Grade 3) in Cheltenham war in Ordnung, auch wenn der Sieger Baron Alco schon weit entfernt war. Aber vielleicht war der gute Boden ein wenig unpassend, auf weicherem Untergrund könnte Mister Whitaker noch mal zulegen.

White Moon (Trainer Colin Tizzard)
Auch unser nächster Kandidat hat deutsche Wurzeln, denn er wuchs im Gestüt Etzean auf. Doch der Sholokhov-Sohn startete nie in Deutschland, er kam über die irischen Point-To-Point-Rennen in den Stall von Trainer Colin Tizzard. Dort konnte er sehr gefallen: Der imposante Schimmel gewann seine ersten beiden Rennen über Hürden in Wincaton und Exeter wie ein Pferd anderer Klasse.
Dann kam im Dezember 2017 der Rückschlag – White Moon wurde als Mitfavorit Letzter in der Grade Two Ballymore Novices' Hurdle. Ein Grund für das schlechte Laufen war eine Verletzung, das Comeback gab es jetzt in der Steel Plate And Sections Novices' Chase in Cheltenham.
Es war das Debüt über die schweren Sprünge, Trainer Colin Tizzard zeigte sich sehr vorher durchaus optimistisch. Tizzard lag nicht falsch: White Moon lief ein gutes Rennen gegen talentierte Gegner, war bis zum letzten Hindernis sehr gut dabei. Doch dann wurde es sehr eng, der Wallach fiel. Eine sehr unglückliche Aktion, die Racing UK-Experten waren sich einig, dass der Tizzard-Schützling gewonnen hätte. Immerhin stand er sofort wieder auf und kam nur mit dem Schrecken davon.
Hindernisrennen haben auch immer etwas mit Aufstehen zu tun: White Moon ist ein weiterer Steepler, der in den Nachwuchs-Jagdrennen einiges verspricht.

Lalor (Trainer Kayleigh Wollacott)
Manchmal schreiben Rennsport und das Leben wunderbare Geschichten. Eine solche war der Erfolg von Lalor in der Arkle Trophy Trial am letzten Sonntag in Cheltenham. Das Pferd bot eine tadellose Vorstellung in dieser Prüfung für talentierte Nachwuchssteepler, gewann gegen gute Gegner und demonstrierte Mut, Sprungvermögen und Speed.
Doch es sind die besonderen Umstände, die den Erfolg von Lalor so emotional machten. Richard Wollacott, sein vorheriger Trainer, nahm sich im Januar das Leben – er litt unter starken Depressionen. Kayleih Wollacott, seine Witwe, übernahm das Training und führte den Wallach im April zu einem Grade 1-Erfolg in Aintree.
Jetzt kam es noch besser: „Lalor war Richard’s Lieblingspferd und er sagte immer, das ist das beste Ding, wo wir unsere Hände daran haben“, sagte Kayleigh Wollacott und dankte den Besitzern David und Bunty Stanton, dass sie das Pferd weiter trainieren durfte.
Ziel ist natürlich die Arkle Trophy während des Cheltenham Festivals. Die Geschichte würde noch wunderbarer, wenn Lalor auch dort triumphieren würde.

Ecco (Trainer Paul Nicholls)
Als Pferd aus Deutschland, dass es sogar in die Top-Rennen Derby und Union schaffte, interessiert Ecco, der ehemalige Schützling von Peter Schiergen, besonders. Sein neuer Trainer heißt Paul Nicholls und auch wenn dieser nicht mehr ganz die großen Namen wie früher betreut, ist sein Quartier immer noch eine sehr gute Adresse im englischen Hindernissport.
Der Maxios-Sohn lief auf der Flachen wie ein Pferd mit einer Menge Stamina. Jetzt ist er Wallach und seine Zukunft sind erstmal die Hürdenrennen für die Neulinge. „Es wird immer schwerer, interessante junge Hürdler zu finden und ich denke, mit ihm haben wir einen gefunden“, sagt sein neuer Betreuer. „Wir lernen ihn noch kennen, aber im neuen Jahr wird er ein spannender Kandidat über Hürden sein.“ Dann schauen wir mal.



Dienstag, 13. November 2018
Klante: Vom „Volksbeglücker“ zum Hasardeur
Der Mann wollte das große Geld seiner Kunden, versprach hohe Renditen, lebte kurz in Saus und Braus – und scheiterte dann doch kläglich. Verdienen wollte Max Klante das Geld auf der Pferderennbahn.

Eine schöne Geschichte im Spiegel und auch der Berliner Tagesspiegel widmete sich Klante – nur etwas früher. Der Rennsport zog schon immer eine besondere Klientel von Glücksrittern an. Leute, die beim Wetten das große Geld witterten. Heute mag das in Deutschland nicht mehr der Fall sein, aber die Geschichte des Max Klante spielt ja auch in den 20erJahren des vorigen Jahrhunderts.
Es waren unruhige Zeiten damals. 1920 war der erste Weltkrieg gerade mal zwei Jahren vorbei, die Weimarer Republik hatte die Monarchie abgelöst. Die Leute suchten nach dem Glück – und Pferderennen versprachen schnelles Geld und damit in den Augen vieler Glück. Denn in Sachen Turf war die deutsche Hauptstadt mit vier Rennbahnen führend: Mariendorf, Ruhleben, Karlshorst und natürlich Hoppegarten.
Klante war ein Mann von bescheidener Schulbildung, so der Tagesspiegel, aber er kommt an bei den Leuten. Auch in den höheren Kreisen – am liebsten ist er im mondänen Hoppegarten bei den Galoppern. Der Mann mit einer Vorliebe für weiße Anzüge arbeitet als „Tipster“ und gibt den Leuten gegen Geld Tipps. Das läuft offenbar hervorragend – von den Provisionen und Wettgewinnen kann er sich schnell ein eigenes Rennpferd kaufen, schreibt der Tagesspiegel. Warum das Geschäft dann nicht im Großen aufziehen?

Schnelles Geld
Klante war der Heilsbringer: Er wolle, so der Spiegel, die „Kredite“ seiner Einzahler verdoppeln, dann versechsfachen oder – sollte sich der Anleger gleich fürs „Klante-Sparbuch“ entscheiden – eine jährliche Dividende von 950 Prozent zahlen. Alles mit seinem „genialem, nahezu unfehlbarem System für Pferdewetten“. So könne man sich das „Glück dienstbar machen“, lässt er deutschlandweit in Anzeigen verkünden.
Seine Kunden kamen aus allen Gesellschaftsschichten. Anfangs geht es auch noch gut, Klante kann einige Dividenden auszahlen. Doch irgendwann stockt das Geschäft, die neuen Kunden bekommen kein Geld mehr.
Am 12. September 1921 meldet die Max Klante und Co. GmbH Konkurs an. Zu diesem Zeitpunkt, schreibt der Tagesspiegel, „hat das Unternehmen 80 000 Gläubiger mit Forderungen über 50 Millionen Mark. Die Berliner Polizei ermittelt bereits gegen 96 Wettkonzerne, keiner ist so groß wie der von Klante.“
Der Spiegel spricht von „Gesamtforderungen in Höhe von 90 Millionen Mark, nur zu einem Bruchteil gedeckt durch Vermögen in Form von Rennpferden, Autos, Häusern."
Klante wird verhaftet. Noch demonstrieren die Leute für den selbsternannten „Volksbeglücker“, doch die Stimmung wandelt sich. Anfang 1923 verurteilt ihn das Gericht zu drei Jahren Haft, 105.000 Mark Strafe, dazu kommen fünf Jahren Ehrverlust infolge Betruges, gewerbsmäßigen Glückspiels und Vergehens gegen die Konkursverordnung. Die vier Berliner Rennbahnen darf Klante nie wieder betreten. 1955 stirbt er verarmt.
Heute gibt es andere Scharlatane, die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Strukturvertriebe wie der ehemalige AWD des Herrn Maschmeyer etwa. Nur dass dieser inzwischen mit seinen dubiosen Millionen ein schönes Leben führen darf.



Mittwoch, 7. November 2018
Donjah ist ein echtes Rennpferd
Manchmal, da sind selbst die hartgesottensten Rennbeobachter ergriffen. Diese Momente sind selten, aber es gibt sie. Beispiel: Am Sonntag ließ die zweijährige Stute Donjah im Krefelder Ratibor-Rennen ihre Kontrahenten stehen wie Statisten. Und nicht nur der Kolumnist dachte: Was für ein Pferd. Dieser Speed, diese Leichtigkeit trotz Unreife – das sah alles hochklassig aus.

Natürlich weiß man nicht, was die Form wert ist. Zweijährige Pferde, da bleibt noch vieles im Dunkeln. Keiner weiß, wie gut die mal werden. Dennoch: Die Teofilo-Tochter, trainiert von Henk Grewe und im Besitz von Darius Racing, scheint eine gute Investition für die Zukunft. Es war immerhin ein Gruppe-Rennen, eine Prüfung der besseren Kategorie. Und schon bei Ihrem Lebensdebüt siegte Donjah trotz Startverlustes überlegen.
Manche Beobachter fühlten sich schon an die große Enable erinnert, die am Tag zuvor im Breeders Cup Turf triumphierte und davor unter anderem zweimal den Arc holte. Das ist natürlich übertrieben, aber wer weiß? Dem deutschen Turf würde ein Top-Star mal wieder gut tun.
„Ich glaube, der Weg wird ins Deutsche Derby führen,“ erklärte Holger Faust, Racing Manager von Darius Racing. Gegen die Hengste und nicht in die klassischen Prüfungen für die Stuten – das zeugt von Selbstbewusstsein. Zuletzt schaffte das Doppel Ratibor und Derby der von Mario Hofer trainierte Pastorius, der 2011 die Krefelder Prüfung gewann und dann im Sommer 2012 in Hamburg-Horn triumphierte. Aber eher scheinen die Deutschen 2000 Guineas prädestiniert für den Krefelder Sieger zu sein: 27 Sieger des Ratibors, so Turf-Times, hatten später im Meilenklassiker die Nase vorn.

Teofilo
Aber eher befürchte ich, dass zum Beispiel die Jungs in Blau oder andere finanzstarke Investoren die Stute für gutes Geld kaufen und diese dann zukünftig im Ausland laufen wird. England fände ich noch akzeptabel: Den Sport dort gucke ich sowieso. Aber das ist alles Spekulation.
Vater von Donjah ist übrigens Teofilo: Ein Galileo-Sohn, der 2006 zweijährig in fünf Rennen unbesiegt blieb. Dazu gehörten unter anderem die National Stakes in The Curragh und die Dewhurst Stakes in Newmarket, zwei der wichtigsten Youngster-Rennen in Irland/England. Doch danach stoppte eine Verletzung die Laufbahn des Hengstes. Jetzt machte Teofilo – einst trainiert von Jim Bolger – Schlagzeilen als Deckhengst, denn sein Sohn Cross Counter gewann den Melbourne Cup. Und krönte die tolle Saison von Charlie Appleby. Aber auch Henk Grewe hatte eine großes Jahr.



Wird Donjah mal so gut wie Enable (hier bei ihrem Oaks Sieg in Epsom). Natürlich alles Träume ohne Fakten, aber Videos von Enable kann man immer gucken.