Donnerstag, 8. Februar 2018
Racebets verärgert seine Kunden
Neue Regelungen in England und Irland, technische Pannen in Deutschland – Wettanbieter Racebets schafft es inzwischen, auch treue Kunden zu nerven. Das Ende einer langen Beziehung naht.

Eigentlich dachte ich im Herbst, Racebets hätte die Wende zum Besseren geschafft. Gewinne zahlte der Wettanbieter schnell aus, die englischen Streams liefen ohne Probleme und selbst die deutschen Rennen waren ohne große Schwierigkeiten zu sehen. Endlich: Denn im Frühjahr und Sommer funktionierte der Stream in Deutschland oft nicht. Das größte Desaster gab es im August bei der Diana in Düsseldorf.
Im neuen Jahr jedoch geht der Ärger wieder los. Zum Beispiel am Dienstag in Neuss. Nicht, dass ich an diesem Tag groß wetten wollte, aber etwas Rennen gucken am Abend mit einer Kleinwette ist ja auch ganz nett. Am Dienstag lief der Stream so etwa zehn Minuten zu spät. Im Klartext: Der TV-Zuschauer sah die Pferde im Führring, in der Realität waren sie aber schon längst an der Startstelle.
Ich habe mich noch gewundert, dass eine PMU-Veranstaltung nicht pünktlich ist. Verspätungen im deutschen Galopprennsport sind zwar eher die Regel als die Ausnahme, aber die Renntage mit französischer Unterstützung starten nach Plan.
Offensichtlich war es auch so, denn während die Teilnehmer am Bildschirm noch am Start kreisten, tauchte darunter schon das Ergebnis auf. Auch vor dem 5. Rennen war das Gleiche zu beobachten, ich habe mich daraufhin verabschiedet. So toll war der Renntag auch nicht.

Nur noch gucken mit Wette
Noch schlimmer finde ich allerdings eine Unsitte, die Racebets seit Januar praktiziert. Letzten Samstagnachmittag sah ich die Rennen in Sandown und Musselburgh, wette dort ebenfalls. Diese waren auf dem Racing UK-Kanal zu sehen. Dann will ich nach Irland umschalten. Die Prüfungen dort laufen auf dem anderen Kanal ATR. Früher konnte der Racebets-Kunde problemlos umschalten, diesmal konnte ich nicht gucken, weil ich für dieses Rennen keine Wette gemacht hatte. Das Beste: Dann habe ich schnell einen Euro auf den Favoriten Min gesetzt und bekomme darauf eine Fehlermeldung, dass das Video nicht geladen werden kann.
Was soll dieser Unfug? Ich kann mich erinnern, dass früher Betfair (als die noch auf dem deutschen Markt aktiv waren) es ähnlich gemacht hat. Ich habe aber keine Lust, im Stile eines Zocker-Junkies jede Prüfung zu bewetten. Zum einen möchte ich manchmal einfach nur Zuschauen wie in Leopardstown – vierbeinige Stars wie Faugheen, Min oder den bewundernswerten Edwulf sehen. Andererseits überlege ich mir schon, welche Pferde ich wette. Ich muss also nicht.
Beim anderen Kanal in England – den Rennbahnen, die von Racing UK übertragen werden – läuft es übrigens wie früher. Konto gedeckt, in den letzten Tagen gewettet oder eine Wette platziert, danach können die Rennen geschaut werden.
Die Reaktion von Racebets per Mail beantwortete die Fragen nicht. Denn Elena irgendwo aus einem Callcenter in Osteuropa (nehme ich einmal an) beschränkte sich nur auf die technischen Dinge: Google Chrome nutzen, Cache und Cookies löschen, neue Version des Flash Players herunterladen. Nichts zu den neuen Bedingungen in England, nichts zu den Pannen in Deutschland.
Jedenfalls habe ich mich nach über zehn Jahren Racebets bei pferdewetten.de registriert. Mal schauen, wie es da läuft.



Donnerstag, 1. Februar 2018
Bryony Frost rockt die Hinderniswelt
Nicht nur James Bowen glänzte in den letzten Wochen im englischen Hindernissport. Bryony Frost sorgt seit November ebenfalls für Aufsehen. Am letzten Wochenende feierte die Nachwuchsreiterin ihren nächsten großen Erfolg und gewann mit Frodon aus dem Stall von Trainer Paul Nicholls die Crest Nicholson Handicap Chase (Gruppe 3) in Cheltenham, das beste Wett-Rennen der Veranstaltung.

Eigentlich brauchen sich weibliche Jockeys um ihre Zukunft im Rennsport keine Sorgen machen. „Einen weiblicher Champion Jockey kann es in den nächsten fünf Jahren geben“, erklärte Nick Rust in dieser Woche optimistisch. Der Geschäftsführer der British Horseracing Association (BHA) reagierte damit auf eine akademische Studie des Northern Racing College. Autorin Vanessa Cashmore kam zu dem Ergebnis, dass Frauen im Rennsattel die gleichen Fähigkeiten wie ihre männlichen Kollegen haben. Näheres zur Studie gibt es hier.
Grau ist alle Theorie und im wirklichen Leben tun sich Frauen auch im konservativen englischen Hindernissport schwer. Dabei war der letzte Samstag die beste Werbung für den weiblichen Nachwuchs: Lizzie Kelly triumphierte mit Agrapart in der Gruppe 2-Cleeve Hurdle und eben Bryony Frost siegte überlegen in der Crest Nicholson Handicap Chase.
„Er gab mir einen Traumritt“, sagte Frost nach dem Erfolg mit Frodon und sprach von einem Privileg, ein Pferd zu reiten, das so gut über den Berg in Cheltenham komme.
In der Tat: Der Sieger aus dem Nicholls-Quartier dürfte noch einiges an Reserven haben, zeigte sich in diesem Feld voller etablierter Handicap-Pferde hochüberlegen und gewann auf schwerem Boden leicht.
Aber die 22jährige Frost bewies auch hier, dass sie ein gutes Gefühl für ihre vierbeinigen Partner hat. Denn sie hielt Frodon immer im Vorderfeld, platzierte ihn ökonomisch innen und entlockte ihm die entscheidenden Reserven.
Der jungen Reiterin wird dieser Erfolg quasi im Schongang gut getan haben, denn in der Woche vor Cheltenham lag sie mit einer Grippe daheim. Ihr Vater Jimmy Frost, ehemaliger Hindernisjockey und jetziger Trainer, brachte sie laut Racing Post mit einer Mischung aus matschigen Bananen, Eiscreme und „Golden Syrup“ wieder auf die Beine.
Frodon folgte Milansbar, Present Man und Black Corton (mit dem sie insgesamt sechs Mal gewann) – mit diesen Pferden siegte Frost in bedeutenden Rennen. Natürlich profitierte sie in den meisten Fällen auch von ihrer Erlaubnis, aber deshalb ist sie nicht vorne. Die Pferde vertrauen ihr und ihren Fähigkeiten. Das ist zumindest mein Eindruck.

Ein glücklicher Besitzer
Zum Beispiel Milansbar, der Gewinner der Classic Chase in Warwick am 13. Januar in Warwick. Der Milan-Sohn ist ein bewährter Steher, hat inzwischen über 140 000 Pfund an Preisgeld verdient und wird trainiert von Neil King. Aber Lust zu laufen hat er nicht immer. Eine Woche vorher im Welsh National blieb er mit Jockey Trevor Whelan – der mit dem Wallach immerhin gewonnen hatte und auch sonst ein hervorragender Mann ist – stets im Hintertreffen, am 12. Hindernis warf er dann seinen Jockey ab.
Eine Woche später sah die Rennwelt einen ganz anders aufgelegten Milansbar. Mit Bryony Frost sprang er tadellos und gewann letztlich auf schwerem Boden erstaunlich leicht. Sein 80jähriger Besitzer Robert Bothway, der seit über 50 Jahren Rennpferde hält, erlebte seine größte Stunde im Turf. „Brillante Arbeit, absolut erste Klasse“, lobte er den Ritt von Frost. Er wäre hocherfreut, wenn sie Milansbar im Grand National in Aintree reiten würde.



Sehr interessante Doku über Byrony Frost nach ihrem Erfolg mit Pacha Du Polder in Cheltenham. Unter anderem kommen Vater Jimmy, Mutter Nikki und Bruder Hadden zu Wort

Das ist schon eine knackige Karriere, die Frost in den letzten Monaten machte. Im März 2017 rückte sie durch den Erfolg mit Pacha Du Polder in der Foxhunters Chase in Cheltenham erstmals ins Blickfeld der weiten Öffentlichkeit. Bryony Frost genießt sichtlich ihre Erfolge, ihre Freude nach Siegen wirkt selbst am PC-Bildschirm ansteckend.
„Du bist das kleine Mädchen aus Devon und auf einmal schreien alle deinen Namen. Das ist so, als wenn die Zuschauer die Pferde mit dir reiten und ebenso aufgeregt nach dem Erfolg sind“, sagt sie. Selbst nach Niederlagen rufen die Zuschauer ihren Namen. „Das ist so cool, ich liebe es, mich mit jedem zu unterhalten.“
Natürlich werden Rückschläge kommen, wird auch Frost nicht immer nur gewinnen. Verletzungen werden nicht ausbleiben, vielleicht wird sie irgendwann vorsichtiger in der Öffentlichkeit werden. Aber derzeit ist Bryony Frost mit ihrer Offenheit und frischen Art eine famose Botschafterin für den Hindernissport. Und vielleicht wird sie wirklich mal Champion.



Mittwoch, 24. Januar 2018
James Bowen: „Hirn und Mentalität eines Champions“
Manche sprechen schon vom neuen „AP McCoy“, andere bezeichnen ihn wenig bescheiden als „Wunderkind“: Der gerade mal 16jährige Jockey James Bowen sorgt für viel Wirbel im englischen Hindernissport. Weil er trotz seines jugendlichen Alters reitet wie ein mit allen Wassern gewaschener Routinier.

Es ist eine beachtliche Sieges-Serie: Zum dritten Mal in Serie gewann James Bowen an einem Januar-Samstag ein wichtiges Rennen über Hindernisse. An einem Tag, wenn viel mehr Leute zuschauen, weil in England auch noch Rennen im Frei-TV laufen. Der Kolumnist ist zudem Bowen zu Dank verpflichtet, denn in zwei der drei Fälle hatte er sein Pferd auf dem Wettschein.
Die Serie begann vor 14 Tagen mit Raz de Maree im Welsh National in Chepstow, einem dieser Handicaps-Marathons für Pferd und Reiter. Fast 6 km auf schwerem Boden fordern schon auf der Flachen eine Menge Stehvermögen, doch hier kommen auch noch 22 schwere Sprünge hinzu. Diesmal waren es aus diversen Gründen nur 18 Hindernisse, aber dennoch war es harte Arbeit. James Bowen hatte den schon 13jährigen Raz de Maree – trainiert in Irland von Gavin Cromwell – zuerst im hinteren Bereich des 20 Pferde-Feldes gehalten, dann langsam nach vorne bewegt. In der Kurve vor der Zielgerade hatte der Wallach einen kurzen Schwächemoment, doch in der langen Geraden in Chepstow beschleunigte Raz de Maree eindrucksvoll und gewann sicher vor dem tapferen, ebenfalls 13jährigen Alfie Spinner. Das war ein Meisterritt eines Youngsters, der nur drei Jahre älter ist als sein Pferd. Natürlich war Bowen der jüngste Jockey, der jemals das Welsh National gewonnen hatte.
Ganz anders war der Rennverlauf bei seinen Erfolgen mit William Henry und Jenkins in zwei gutdotierten Hürden-Handicaps in Kempton und Ascot: Beide Pferde ritt er aus dem Vordertreffen, besonders mit William Henry hatte er innenliegend ein sehr ökonomisches Rennen. Sowohl William Henry als auch Jenkins entlockte Bowen immer neue Reserven und wehrte so die Angriffe der Konkurrenz ab. Trainer Nicky Henderson dürfte zufrieden gewesen sein.

Aus einer Renn-Familie
In der englischen Hindernisszene fehlte es nie an talentierten Nachwuchsjockeys, aber in dieser Saison sorgen einige verstärkt für Aufsehen: Bryony Frost schrieb die Geschichte mancher Renn-Samstage entscheidend mit, Mitchell Bastyan feierte ebenfalls schöne Erfolge. Doch James Bowen toppt seine begabten Kollegen doch noch etwas.
„Er ist aufgeweckt und intelligent, voller Selbstvertrauen, aber ohne Arroganz, fokussiert, aber nicht engstirnig, hellwach, geerdet und weiß, wohin er gehen will und wie er da hinkommt“, charakterisiert ihn Marcus Armytage, Racing Korrespondent des Telegraph und einst siegreicher Jockey im Grand National. Selbst in einem so unberechenbaren Sport wie Hindernisrennen habe er das Hirn und die Mentalität eines potenziellen Champion Jockeys.
Gewaltige Vorschusslorbeeren, aber James Bowen kommt aus einem Umfeld, das den Sport und seine Unwägbarkeiten kennt. Peter Bowen, sein Vater, trainiert seit 1995 Hindernispferde im walisischen Haverfordwest/Pembrokeshire, Mutter Karen war eine erfolgreiche Amateurreiterin, Bruder Mickey betreut
Point-to-Point-Pferde
und Sean, der andere Bruder, ist ein erfolgreicher Nachwuchsjockey, der für Top-Trainer Paul Nicholls arbeitet.
James, der Jüngste der drei Brüder, begann mit Ponyrennen, schaffte dort 90 Siege bei 150 Ritten und wechselte im März letzten Jahres zu den ländlichen Point-to-Point-Races. Dort wurde er schnell der führende Nachwuchsreiter.
Im Mai startete Bowen dann seine professionelle Ausbildung als Hindernisjockey bei Spitzen-Trainer Nicky Henderson. Inzwischen ist er auch dort führender Auszubildender, schaffte bislang (Stand 22.Januar) 41 Siege bei 231 Ritten (Siegquote 18 Prozent) und galoppierte mit seinen Schützlingen Preisgelder von fast 500 000 Pfund ein – Daten eines zukünftigen Meisters. Aber was ist schon berechenbar im Sport?



Ein Waliser siegt im Welsh National: James Bowen triumphiert mit Raz de Maree