Montag, 10. April 2017
Ein Grand National zum Einrahmen
Zuerst einmal war das am Samstag in Aintree gelaufene Grand National ein persönlicher Wett-Triumph für den Kolumnisten: Den One For Arthur war einer von drei Sieg-Tipps – neben Last Samuri und Rogue Angel – im schwierigsten Wettrennen des Jahres.

Und damit beendet der Kolumnist eine fast 25jährige Durststrecke, den Sieger in dieser Lotterie namens National zu finden. Es gab einige herzerweichende zweite Plätze wie im Vorjahr mit Last Samuri und viele andere Dramen im schwierigsten Rennen im Hindernissport. Irgendwie blieb das Grand National die letzte Bastion im Turf, die noch erobert werden muss.
Diese Sehnsucht wurde nun erfüllt. Auch wenn mir am Samstag auf einmal Bedenken kamen, ob die Wahl auf den Schützling von Lucinda Russell die richtige war. Denn One For Arthur kommt gerne spät und vielleicht kommt er ja erst ins Rollen, wenn das National quasi schon entschieden hat. Zum Glück blieb ich bei meiner Endscheidung für Arthur. Was hätte ich mich sonst geärgert.
An einem Samstag, wo vorher nicht viel wettmäßig lief, war auch im Grand National lange nichts vom späteren Sieger zu sehen. Immerhin gab mir Rogue Angel für mein Geld ein tolles Rennen. Doch als der irische Gast langsam die Kraft verlor, tauchte One for Arthur auf, ging bestechend und zog an allen Gegnern unwiderstehlich vorbei. Ein großer Steher, der auch die Attacke des zähen Cause of Causes mühelos abwehrte. Dritter wurde der famose Saint Are (drittes National, zweite Platzierung), Vierter der hochklassige Blaklion.
Danke an das tapfere Pferd, danke an Trainerin Lucinda Russell, danke an Jockey Derek Fox (was ein gut eingeteilter Ritt) und die beiden Besitzerinnen, die einen wahrlich besseren Zeitvertreib gefunden haben als ihre golfspielenden Gatten. Eigentlich könnte ich mir jetzt ein anderes Hobby suchen. Mach‘ ich aber nicht.

Weniger Glück, mehr Klasse
Auch sonst schrieb das Grand National 2017 positive Schlagzeilen. Das Wichtigste: Alle Pferde kamen ungeschoren aus dem Rennen und das isth erwähnenswert in einer Prüfung, die immer noch höchste Anforderungen an Ross und Reiter stellt und die alles andere als ein Samstags-Spaziergang ist.
Einer der besten Entscheidungen der Verantwortlichen war es, nach dem verheerenden Grand National 2012 das Rennen zu entschärfen. Puristen stöhnten auf und meinten, jetzt sei das National ein Rennen wie viele andere und habe seine Einzigartigkeit verloren. Aber das ist Humbug: Seit fünf Jahren verunglückte kein Pferd mehr tödlich, die Zeiten, wo ich das Rennen mit einer Mischung aus „Abscheu und Faszination“ gesehen habe, sind vorbei.
Natürlich ist das Grand National immer noch ein Spektakel. Leute, die den Hindernissport für zu gefährlich halten, werden durch die Prüfung definitiv nicht zu Hindernisfreunden. Aber es ist eben viel berechenbarer, heute gewinnt das am Tag beste Pferd.
Das Grand National, dessen erster Gewinner bezeichnenderweise den Namen Lottery trug, ist keine Lotterie mehr wie früher. Einen Grund nannte Jockey Ruby Walsh am Freitag bei Racing UK: Früher seien immer die vielen losen Pferde eine große Gefahr gewesen. Sie verlangsamten das Rennen und oftmals gab es richtige Dramen. Wenn etwa führende Teilnehmer durch freilaufende Pferde ohne Jockeys gestoppt wurden.
Man muss nur einmal das Rennen aus dem Jahr 1977 (siehe unten) mit der Ausgabe 2017 vergleichen. Der Unterschied ist gewaltig – auch wenn vor 40 Jahren der legendäre Red Rum gewann. Um in dessen Fußstapfen zu treten, muss One For Arthur noch zwei weitere Nationals gewinnen. Aber der Empfang in der schottischen Heimat war schon triumphal genug.




Montag, 13. März 2017
Vier Tage März-Wahnsinn Cheltenham
Nächste Woche ist es wieder so weit: Das Cheltenham-Festival 2017 startet am Dienstag, es folgen drei weitere Tage mit Hindernissport der Extraklasse. In England und Irland fiebert die ganze National-Hunt-Szene dem Festival entgegen, sind die vier Tage doch der Höhepunkt der Saison. Es gibt Sonderseiten im Netz, gut besuchte Vorschauen mit diversen Aktiven und Experten, in den Internet-Foren und auf den Facebook-Seiten diskutieren die Wetter. Kurz gesagt: Wahnsinn, im Fußball und Formel 1-Land Deutschland undenkbar. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Cheltenham-Festival 2017.

Was sind die Höhepunkte?
Insgesamt gibt es vierzehn Grade 1-Prüfungen, Rennen der höchsten Kategorie im Hindernissport. Sportlicher Höhepunkt des ersten Tages ist die Champion Hurdle, am Mittwoch stehen die Sprinter unter den Jagdpferden in der Queen Mother Champion Chase im Focus. Am Donnerstag rücken Ryanair Chase und Stayers Hurdle, am Freitag dominiert der Cheltenham Gold Cup, das Blaue Band für die Steepler. Aber eigentlich ist jedes Rennen ein Höhepunkt, denn es laufen die Besten. Von der Qualität ist das Festival nur mit Royal Ascot im Sommer vergleichbar. Nur, dass in Cheltenham der Sport alleine interessiert.

Wer sind die größten Favoriten?
Wie in jedem Jahr gibt es auch 2017 wieder einige knackige Favoriten. Das geht los am Dienstag in der Arkle Chase, in der Altior aus dem Stall von Nicky Henderson bei Kursen von 14:10 oder ähnlich an den Start kommt. 2016 triumphierte der Sohn des großartigen High Chaparral in der Supreme Novice Hurdle, seit neun Rennen ist er unbesiegt. Die Serie sollte halten.
Ähnliches gilt für Douvan in der Queen Mother Champion Chase am Montag: Seit 14 Rennen hat er nicht mehr verloren, sein Trainer Willie Mullins hält ihn für das beste Pferd, das er je trainiert hat. Diese Aussage ist schon ein dickes Pfund. Auch wenn der Kolumnist nicht an „unverlierbare“ Pferde glaubt, könnte Douvan die Ausnahme sein. Jedenfalls ist es schwer vorstellbar, dass er in Cheltenham verliert. Nur Altior, meinen viele Experten, könnte ihn gefährden. Aber der läuft noch in der Novice-Klasse.
Nicht ganz so tief sollte das Pferd mit dem schönen Namen Unowhatimeanharry in der Stayers Hurdle stehen. Der Neunjährige kam spät richtig ins Rollen, erst über Steher-Distanzen wurde er bei Trainer Harry Fry Spitzenklasse. Acht Rennen in Folge gewann der Wallach, darunter auch die Albert Bartlett Hurdle beim letzten Festival. Dabei imponierte er nicht nur dem Kolumnisten. Mit dem ehemaligen Champion Hurdler Jezki könnte es jedoch einen starken Gegner geben, wenn dieser die Distanz kann.

Wird es wieder eine Mullins-Bonanza?
Bonanza klingt ein wenig übertrieben, aber Willie Mullins dominierte schon das Festival im Vorjahr. Sieben Rennen holte sich der irische Meistertrainer, sechs davon waren Grade 1. Douvan, Annie Power, Vroum Vroum Mag, Yorkhill, Black Hercules, Vautour und Limini hießen die Sieger, meistens standen sie sehr kurz und saß der geniale Ruby Walsh im Sattel. In diesem Jahr fehlen bekannte Namen: Die Champion Hurdle-Kandidaten Faugheen und Annie Power fehlen verletzt, Vautour verunglückte tragisch. Dennoch ist Mullins immer noch der Anwärter Nummer 1 auf den Top-Trainer des Festivals. Djakadam im Gold Cup, natürlich Douvan, dazu Yorkhill in der JLT Novices Chase und Limini in der Mares Hurdle sind erste Sieg-Anwärter. Vielleicht hat Mullins in diesem Jahr im Novice-Bereich nicht die große Klasse der Vorjahre.

Welche Trainer sind noch zu beachten?
Von den englischen Trainern scheinen Nicky Henderson und Colin Tizzard (auch ohne Thistlecrack) sehr gut gerüstet. Harry Fry ist einer der Aufsteiger der letzten Jahre, leider stehen seine Pferde recht kurz im Wettmarkt. Einer meiner Favoriten ist Michael "Mouse" Morris aus Irland, dessen wenige Starter beim Festival immer zu beachten sind. Ein wichtiger Punkt – nicht nur in Cheltenham – ist zudem das Thema Stallform. Da hängt sich der Kolumnist gerne rein. Also gucken, was an den ersten Tagen läuft, welches Quartier Form hat und dann entscheiden.

Eine Empfehlung für Außenseiter?
Der schrägste Tipp im Vorfeld kommt von Sean Boyce. Der Presenter von Attheraces empfiehlt in der Champion Hurdle Cyrus Darius, natürlich Sieg-Platz. Steht bei 20-1 und mehr.

Tipps des Kolumnisten
In der Champion Hurdle gehe ich mit Brain Power. Das Pferd aus dem Quartier von Nicky Henderson kommt aus Handicaps, muss einen Sprung machen. Da in diesem Jahr überragende Pferde fehlen, ist das aber möglich. Zumal Brain Power noch einiges im Tank haben sollte.
Weitere Empfehlungen sind Top Notch in der JLT Novices Chase, Wholestone in der Albert Bartlett Novices Hurdle und der Nicholls-Schützling Movewiththetimes in der Supreme Novices Hurdle.

Nachtrag
Movewiththetimes ist leider Nichtstarter in der Supreme Novices Hurdle, die Alternative ist River Wylde. Noch ungeschlagen und das Pferd, das der Mullins-Armada die Show stehlen wird.



Dienstag, 7. März 2017
In eigener Sache
Auf diesen Seiten herrschte in den letzten Monaten Ruhe, das erste Mal seit März 2009 war hier Sendepause. Nun lag es nicht daran, dass dem Kolumnisten nichts mehr einfiel bzw. er keine Lust mehr hatte. Es gab eben andere Dinge, die wichtiger waren. Der Kolumnist verbrachte fast zwei Monate im Krankenhaus und hatte dort andere Dinge im Kopf, als kluge Beiträge zu Pferden und Fußball zu schreiben.
Nach dem Krankenhaus musste ich erst mal auf die Beine kommen, langsam an das Leben wieder herantasten. Zu dominant waren noch Krankenhaus und Krankheit. Doch jetzt geht es mir so gut wie schon lange nicht mehr. Im Klartext: Diese Seiten werden wieder mit Leben gefüllt. Logisch, denn das Cheltenham-Festival naht und auch sonst gibt es genügend interessante Themen.
Und noch mal vielen Dank für die vielen Genesungswünsche