Schon im Vorfeld häuften sich die Hiobsbotschaften: Mit Karpino und Quasillo verabschiedeten sich früh zwei Top-Favoriten verletzungsbedingt und liefen nicht im wichtigsten Rennen eines Vollblüters. Es ist wieder Zeit zur Analyse: Wie entwickelten sich die Derby-Starter weiter. Das Ergebnis ist ein wenig ernüchternd.
Derbysieger Nutan musste früh die Renn-Karriere beenden (Foto Rühl/German Racing)
Nutan: Der überlegene Derbysieger, der wie ein Pferd anderer Klasse siegte. Das war erst sein vierter Lebensstart, aber leider folgte nur noch ein weiterer. Dabei schlug sich Nutan sehr achtbar im Großen Preis von Berlin gegen Cracks wie Second Step und Ito, wurde Dritter. Doch das war sein letzter Start, verletzungsbedingt beendete der Duke-of-Marmalade-Sohn seine Laufbahn und wurde Deckhengst.
Palace Prince: Eine der größten Derby-Überraschungen, weil ihm nur wenige das Stehvermögen für 2400 Meter zugetraut hatten. Danach sattelte ihn Trainer Löwe im Krefelder Sparkassen-Preis (Gruppe 3) über 2050 Meter und Palace Prince siegte knapp gegen den talentierten Iquitos. Später griffen die Verantwortlichen nach den Sternen: Die Leistung als Vierter im Großen Preis von Baden (Gr. 1) war ordentlich, die Aufgabe in den Champion Stakes in Ascot eine Nummer zu groß.
Fair Mountain: Lief ein tolles Rennen aus dem Vordertreffen und sorgte mit seinem dritten Platz für einen kleinen Trost im Wöhler-Quartier. Beim nächsten Start im Preis der Deutschen Einheit am 3. Oktober war er laut Trainer-Homepage „zu frisch“ und wurde Siebter von acht Pferden. Aber der Fokus lag eh’ auf dem Großen Preis von Bayern am 1. November und mit dem dritten Platz hinter den überlegenen Ito und Prince Gibraltar zeigte sich das Quartier sehr zufrieden.
Areo: Der Derby-Tipp dieser Kolumne, verkaufte sich als Vierter ordentlich und hatte einen sehr starken Moment auf der Geraden. Eine Siegchance besaß er jedoch nicht, aber die Leistung war schon formgemäß. Kein weiterer Start in Deutschland, das Gestüt Ittlingen verkaufte den Hengst bereits Ende Juli nach Hongkong.
Rogue Runner: So recht konnte der Hengst seine Vorschusslorbeeren nie einlösen. Schon vorher glich seine Karriere einem Wellental und das setzte sich auch fort. Der Derby-Lauf auf Platz 5 war eine seiner besseren Leistungen, danach kam eine weitere Enttäuschung in Krefeld. Platz 4 im Bosporus-Cup in Istanbul zeigte wieder das bessere Gesicht. Auf der Arc-Sale im Oktober wechselte der King’s Best-Sohn den Besitzer. Der erste Start für Eckhard Sauren und Trainer Mario Hofer endete als 15 von 16 in einem Listenrennen in Deauville.
Summer Paradies: Sechster im Derby, danach kein weiterer Start. Der Hengst musste wegen einer Verletzung pausieren und wechselte von Trainer Jens Hirschberger zum Kollegen Marco Klein.
Molly Le Clou: Der Derby-Siebte ging wieder zurück auf die Meile, zumal er auf dieser Distanz als Dritter im Mehl-Mülhens-Rennen seine beste Leistung zeigte. Zwei Starts in der Topkapi Trophy/Istanbul (Gruppe 2) und im Premio Vittorio Di Capua/Mailand (Gruppe 1), zweimal war der Schimmel deutlich geschlagen.
Isidor: Achter im Derby, gut gewettet, aber nie ein Faktor. Nach dem Derby-Start kam der Schlenderhaner nicht mehr auf die Bahn.
Iraklion: Der Derby-Neunte hat immerhin vier Starts nach der Hamburger Prüfung absolviert. Dabei belegte der Schützling von Trainer Christian Sprengel dreimal Platz 4, besonders die Leistungen in den Listenrennen über Steher-Distanzen lesen sich ganz ordentlich.
Lovato: Ging sieglos ins Derby, wurde 10 und enttäuschte danach als 14:10-Schuss in einem Maidenrennen in Hoppegarten, als der Ittlinger gegen die Schlenderhanerin Amazona unterlag.
Shimrano: Der Union-Sieger startete als Favorit, doch er fand nie ins Rennen und endete weit geschlagen als 11. Eine rätselhafte Vorstellung, nach der Prüfung kritisierten die australischen Besitzer Trainer Paul Harley wegen zu hartem Training und Jockey Adrie de Vries für seinen Ritt. Nach dem Derby lief Shimrano nicht mehr. Trainer Harley kündigte seinen Trainerjob, obwohl diese Entscheidung schon vor dem Derby fiel.
Shadow Sadness: 12. in Hamburg und danach viermal chancenlos, unter anderem im St. Leger in Dortmund. Der Überraschungs-Erfolg im Frankfurter Metzler-Preis aus dem April wurde eigentlich nie bestätigt.
Graasten: Platz 13 im Derby, im Laufe des Jahres kamen drei weitere Starts hinzu. Ob Ausgleich 1 in Hoppegarten, Auktionsrennen in Baden-Baden oder Altersgewichtsrennen in Maisons Laffitte: Jedes Mal blieb der Ebbesloher ohne Chance.
Koffi Prince: Wenigstens ein Pferd, das ein Rennen nach dem Derby gewann. Der markante Fuchs aus dem Rennstall Darboven siegte im Oktober in Hoppegarten im Ausgleich 1. Weiterhin platzierte sich der 14. im Derby in zwei weiteren guten Handicaps.
Nordic Flight: Im Derby als 15. eine kleine Enttäuschung, lieferte das Pferd aus dem Stall von Peter Schiergen danach immerhin drei solide Leistungen ab: Sieg im Badener Auktionsrennen (siehe Video unten), Zweiter in einem Düsseldorfer Listenrennen und Platz 3 im klassischen St. Leger in Dortmund. Bei der Arc-Sale ging der Adlerflug-Sohn für 300 000 Euro an australische Interessenten.
Bonusdargent: Einer der größten Außenseiter im Derby und dort als 16. ohne Möglichkeiten. Nach Hamburg unplatziert im Krefelder Sparkassen-Preis (Gruppe 3), im Herbst wechselte der Hengst von Trainerin Erika Mäder zur Kollegin Pia Brandt nach Frankreich. Dort begann er immerhin mit einem Sieg und Platz 2 in Altersgewichtsrennen, bei zwei weiteren Starts in Listenrennen erntete der Neu-Franzose nichts.
Hot Beat: Vorletzter im Derby. Die beste Leistung bei drei späteren Starts war ein zweiter Platz im Ausgleich 1 hinter Moscatello. Im St. Leger landete der Ammerländer im Mittelfeld.
Shining Rules: Letzter in Hamburg, diese Anstrengungen forderten ihren Tribut. Die beste Leistung war noch ein zweiter Platz im Bad Harzburger Auktionsrennen, die anderen Starts in Auktionsrennen und im Ausgleich 2 endeten unplatziert.
Urteil
Nach den Leistungen der Derby-Teilnehmer 2015 ist die Klasse von 2012 eine schlechte. Nur Palace Prince gewann nach dem Derby ein (schwaches) Gruppe-Rennen, nur drei weitere Pferde siegten überhaupt. Natürlich ist es Pech, das hoch gehandelte Kandidaten wie Quasillo und Karpino sich früh verletzten und der überlegene Derbysieger Nutan nach nur einem weiteren Start seine Laufbahn beenden musste. Dennoch ist die Bilanz der Derby-Starter reichlich dürftig. Die beste Vertreterin des Vollblut-Jahrgangs 2012 lief nicht im Hamburger Rennen: die Stute Nightflower siegte unter anderem im Kölner Preis von Europa. Immerhin trug sie die gleichen Farben wie der Derby-Triumphator.
Quellen: eigene Recherchen, Turf-Times, Racebets, Galopponline
„Dieser Weg wird kein leichter sein“ – irgendwie logisch, dass Ex-Profi Gerald Asamoah seine Biografie so titelt. War doch dieser Song von Xavier Naidoo die Mannschaftshymne der deutschen Nationalelf bei der Heim-WM 2006. Asamoah war der Mann für die Beschallung des Teams. Der einstige Stürmer hat eine interessante Geschichte, doch leider fehlt es seiner 2013 erschienenen Biografie ein wenig an Tiefe. Es gibt allerdings schon ein paar markante Stellen.
Zum Beispiel die Erinnerungen an einen Juni-Abend in Cottbus im Jahre 1997. Das entscheidende Spiel um den Regionalliga-Aufstieg zwischen Energie Cottbus und Hannover 96, dem damaligen Club Asamoahs. Immer wenn der in Ghana geborene Spieler und sein Mitspieler Otto Addo am Ball waren, tönten rassistische Affenlaute durch das „Stadion der Freundschaft“. Diese pfeifenden Schwachmaten waren einfach nur daneben und dieses Erlebnis erschüttert Asamoah heute noch. „Es war Hass pur und ein Spießrutenlauf bis in die Kabine“, erinnert er sich.
Mit Rassismus wird der Stürmer einige Mal in seiner Laufbahn konfrontiert. Nicht nur in Cottbus oder später in Rostock. So hatte er schon ein paar Bedenken bei seinem Debüt in der deutschen Nationalmannschaft. „Ich bin von allen deutschen Nationalspielern am schwärzesten“, sagte er. Doch zum Glück blieben die rassistischen Idioten im Hintergrund, Asamoah nahm an den zwei Weltmeisterschaften 2002 und 2006 teil und bestritt immerhin 43 Länderspiele.
Dabei hing seine Karriere schon am seidenen Faden, denn eine „Verdickung der Herzscheidewand“ bedrohte die sportliche Laufbahn. Erst eine Untersuchung in den USA beendete die Zweifel.
Asamoah ist ein lustiger Typ. Aber auch dem fehlen manchmal die Worte. So wie bei seinem ersten Auftritt im Kreise der Nationalmannschaft. „Das Essen blieb fast unberührt“, so beeindruckt war er von den Kollegen, die noch vor gar nicht langer Zeit seine Idole waren. Eine erstaunliche Entwicklung, stellt er fest: „Noch vor kurzem wurde ich als Nigger beschimpft und mit Bananen beworfen, jetzt war ich Nationalspieler mit Erfolg“.
Schalker Idol
Ein paar nette Anekdoten gibt es zudem: Etwa, wenn Asamoah mit Schalke-Tasche beim Debüt in der Nationalmannschaft auftaucht. Erstaunlich: Ich wusste gar nicht, dass Profis Sporttaschen haben. Ich dachte, sie hätten nur Kulturbeutel. Immerhin ist der Ausstatter der Gleiche.
Dennoch bleibt vieles in dieser Biografie an der Oberfläche, fehlt etwas die Tiefe. Enttäuschend etwa die Schilderungen über die Zeit in Schalke. Kaum ein Spieler passt so gut zum Ruhrgebiets-Fußball wie der Kämpfer Gerald Asamoah, der sich zudem großartig mit dem Klub identifiziert. Doch dieser Teil liest sich manchmal so wie die oftmals grauenhaften Meisterserien, die in kicker, Bild oder Sport-Bild erscheinen.
Immerhin hatte er ein versöhnliches Erlebnis, als er 2011 im Dortmunder Heinrich Heine-Gymnasium trotz Bedenken zum Thema Fremdenfeindlichkeit sprach und im gelb-schwarzen Herzland mit Applaus bedacht wurde. Denn bei vielen eingefleischten BVB-Fans ist Asamoah nicht beliebt. Eben weil er jahrelang beim Erzrivalen Schalke spielte und „sich in den Revierderbys immer richtig reingehauen hat.“ Und weil er im Vorfeld auch immer einen dummen Spruch Richtung „Lüdenscheid“ losließ und so die Stimmung anheizte.
Dabei hätten die Dortmunder Fans die kämpferische Spielweise von Asa“ geliebt, wenn er denn statt des blauweißen einen schwarzgelben Dress getragen hätte. Zudem kommt der Autor Peter Großmann, bekannt als Moderator im ARD-Morgenmagazin, aus Dortmund. Es geht doch mit Dortmund und Gelsenkirchen.
Die Nachricht kam doch ziemlich überraschend: Red Cadeaux ist an den Folgen seiner Verletzung im Melbourne Cup gestorben. Kleiner Schock am Sonntagmorgen: Denn eigentlich schien der Wallach nicht mehr gefährdet, von einem Ruhestand inmitten anderer Legenden in Australien war die Rede. Nachruf auf ein großartiges Rennpferd, das nicht nur Down under die Massen bewegte.
Das Problem bei vielen guten Flachrennpferden? Sie sind einfach viel zu kurz aktiv – ein Jahr, maximal zwei. Bestes Beispiel ist Golden Horn, aktueller englischer Derbysieger und Arc-Triumphator. Leider tanzte er nur eine Turf-Saison. Das liegt natürlich am System Rennsport und Vollblutzucht. Denn es folgt eine lukrative Karriere als Deckhengst, weitere kleine Golden Horns lassen ihre Besitzer hoffen und viel Geld bezahlen. Doch leider werden Helden der Rennbahn nicht in zwei Jahren gemacht.
Es sind die erst Unscheinbaren, die diese Rolle übernehmen. Die Pferde, die dreijährig im klassischen Alter gar nicht entdeckt waren, weil ihre Leistungen noch nicht gut genug waren. Wie Red Cadeaux: ein fuchsfarbener Hengst (damals noch). Der Vater war ein guter Sprinter namens Cadeaux Genereux. Die Mutter Artiste lief dreimal, wurde einmal in einem Rennen mit nur drei Startern weit geschlagen Zweite. Das war ihre beste Leistung. Auch ihre späteren Nachkommen hinterließen keine großen Spuren.
Ron Arculli kaufte den jungen Red Cadeaux für 55 000 Guineas und schickte ihn zu Ed Dunlop ins Training. Dunlop ist ein bekannter Name im englischen Turf, schon Vater John Dunlop feierte schöne Trainer-Erfolge. Das beste Pferd von Sohn Ed war die grandiose Stute Ouija Board. Dunlop junior gilt als Trainer, der seinen Pferden Zeit lässt.
So war das auch mit Red Cadeaux: Das Debüt absolvierte er dreijährig am 13. April 2009 in den Toteplacepot Maiden Stakes in Yarmouth über die Meile. Favoriten waren andere, das Pferd von Besitzer Ron Arculli wurde als 50:1-Schuss Sechster. Auch der nächste Start in Kempton erneut über die Meile brachte keine Verbesserung: Wieder landete Red Cadeaux als 50:1-Chance im Mittelfeld.
Erst beim vierten Start auf der Allwetterbahn in Wolverhampton platzte im Handicap über lange 2400 Meter der Knoten: Der Fuchs siegte deutlich vor Decorum, später übrigens in Deutschland trainiert von Sascha Smrczek. „Ein fortschrittlicher Typ, der noch weiter nach oben klettern sollte“, analysierte die Racing Post. Das Fachblatt sollte Recht behalten.
Löwenherz
Weitere gute Leistungen folgten und vierjährig hatte sich Red Cadeaux weiter verbessert. Er gewann ein besseres Handicap in Lingfield und lief in guten Rennen. Zum ersten Mal fiel der Fuchs dem Kolumnisten auf, als er im Old Borough Cup, einem Heritage Handicap über 2800 Meter und dotiert mit rund 70 000 Pfund, Zweiter wurde. Schon damals zeigte er viel Kampfgeist, doch es reichte nicht ganz. Einige Wochen später wurde er wiederum Zweiter im Cesarewitch Trial in Newmarket.
Je länger die Strecke war, desto besser wurde der Sohn eines Sprinters. Dazu erreichte er erst mit fünf, sechs und sieben Jahren den Zenit seines Leistungsvermögens. Aber es waren nicht unbedingt die Siege, für die Red Cadeaux bekannt wurde.
Denn sieben Erfolge bei 54 Starts sind keine Bilanz eines Siegertypen, obwohl er einige schöne erste Plätze feierte. Zum Beispiel der Curragh Cup auf der gleichnamigen irischen Bahn, der erste Gruppe-Sieg. Oder der auch finanziell sehr lukrative Triumph in der Hong Kong Vase im Dezember 2012, übrigens sein letzter Erfolg.
Fette Beute: Der Treffer in der Hong Kong Vase
Doch es waren die zweiten Plätze, mit denen Red Cadeaux die Herzen des Rennvolks eroberte. Im Sport liebt man oft den knapp geschlagenen Verlierer mehr als den Gewinner. Die drei zweiten Plätze im Melbourne Cup – dem Rennen, bei dem ein ganzer Kontinent stillsteht – machten Red Cadeaux zum Helden. 2011 mit Nase von Dunaden geschlagen, 2013 eine drei-viertel Länge gegen Fiorente unterlegen und dann 2014 mit acht Jahren ehrenvoller Zweiter hinter Protectionist – das ist eigentlich die Bilanz eines Siegers.
Leider wurde dann auch der Melbourne Cup quasi sein Schicksal. Das Bild vom weinenden Jockey Gerald Mosse ging um die Welt, als er den verletzten Red Cadeaux angehalten hatte. Fast fünf Millionen Pfund galoppierte Red Cadeaux in seiner sechsjährigen Karriere ein. Er lief in England, Schottland, Irland, Dubai, Frankreich, Hongkong, Singapur, Japan und Australien.
„Er hatte das Herz eines Löwen und wusste nie, wann er aufgeben sollte“, sagte sein Trainer Ed Dunlop. „Das ist der traurigste Moment in meinem Leben“, so der Trainer nach dem Tod von Red Cadeaux. „Er war ein vielgeliebtes Mitglied unserer Familie.“
„Er liebte Australien und Australien liebte ihn“, erklärte Victoria Racing Club Chief Executive Simon Love. Natürlich findet der Vielgeliebte seine letzte Ruhestätte auf der Rennbahn in Flemington, dem Ort des Melbourne Cups.