Donnerstag, 10. Januar 2013
Die Queen, Spiel 77 und das Grand National in Hamburg-Horn
Teil 2 unserer (nicht ganz ernstgemeinten) Jahresvorschau 2013. Aber vielleicht kommt es ja wirklich so, wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Teil 1 gibt es hier noch einmal.

Juli
Es ist Derby-Woche in Hamburg-Horn und die Verantwortlichen um Herrn Darboven haben sich etwas Revolutionäres ausgedacht. „Wenn wir schon im Besitz der Original Grand National-Hindernisse sind, dann können wir auch das Rennen bei uns veranstalten.“ Das IDEE Kaffee Hamburg Grand National ist ein großer Erfolg; 50 000 Besucher, davon 49.000 aus England, feiern ein großes Fest und The Giant Bolster gewinnt auch diese Prüfung. Nur Jockey Tony Mc Coy kassiert eine Geldstrafe, weil sein Partner mehr als fünf Peitschenhiebe kassiert. „Das ist mir fucking scheißegal“, betont der Meisterjockey.
Beim Derby, das erstmals an einem Mittwoch nachmittag ausgetragen wird, kann man die Besucher jedoch mit Handschlag begrüßen. Felix Magath, der neue starke Mann des deutschen Turfs, hat die deutschen Top-Trainer wieder begnadigt. Sein Vorschlag, das Derby auf der Zielgerade mit einem zusätzlichen Hindernis aus dem Grand National-Fundus auszustatten, stößt nicht gerade auf Begeisterung. Moscatello, trainiert von Andreas Löwe, gewinnt sensationell das Rennen, auch weil seine Konkurrenten zum größten Teil das Hindernis verweigern. Im Sattel feiert Kevin Woodburn ein eindrucksvolles Comeback.

August
Sommerloch im deutschen Turf: Selbst die Diskussionen um das Derby-Meeting in Hamburg-Horn regt so recht keinen auf. Zumal Hamburg zukünftig alle zwei Jahre das Grand National veranstalten will. Nur im tiefen Süden tut sich etwas: München hat Teile seiner Rennbahn an einem Bauunternehmer verkauft. Dieser stammt allerdings aus Köln, was zu wahren Schlammschlachten in den Internetforen führt.


Zukünftig alle zwei Jahre in Hamburg-Horn? Das Grand National…

September
Hoher Besuch beim Frühjahrsmeeting in Baden-Baden: Die königliche englische Familie ist anwesend und wird begeistert gefeiert. Nur das Ritual mit den Kutschfahrten auf dem Geläuf muss sie unterlassen. „We love germany“, stammelt die Queen unter Tränen, abonniert zukünftig als Geste des Danks die Fachzeitschrift Sport-Welt und wird künftig einige Pferde in Deutschland trainieren lassen. Olaf Schick wird ihr Rennmanager in Deutschland. „Ich lese all seine Wett-Tipps in der Sport-Welt. Er ist ein großartiger Experte“, sagt die Queen und freut sich über Sieger mit den Quoten 16, 20 und 18.

Oktober
„Das ist der Bombenhammer“ jubelt GaloppOnline. Findige Nerds unter Deutschlands Turfexperten haben das Netzwerk von Westlotto geknackt und wissen schon vorher, welche Zahlen im Spiel 77 ausgelost werden. Sie nennen sich die Robin Hoods des Turfs, treffen alle drei Wochen die Gewinnklasse 1 und spenden den Gewinn dann den Armen – also den Rennvereinen in Nordrhein-Westfalen. Westlotto ahnt erst mal gar nichts und wundert sich nur, dass immer die gleichen Leute treffen. Den Arc, der diesmal über 4500 Meter gelaufen wurde, gewinnt natürlich The Giant Bolster

November
Magath polarisiert weiter die Turf-Gemeinde, zumal das von ihm trainierte Fußball-Team des Direktoriums in der Kölner Stadtliga Niederlage um Niederlage kassiert. „Die neue Bahn in Herzlake muss weg“, fordern einige mächtige Besitzer. „Unsinn“, antwortet Magath, sperrt unter anderem Starter der Gestüte Schlenderhan und Ittlingen und verhindert so ihren Start beim Breeders’ Cup in den USA. „Vielleicht sollte er doch wieder irgendwo als Fußballlehrer arbeiten", sinniert DVR-Präsident Albrecht Woeste.

Dezember
Ein Wunder: Auf einmal finden alle die Wintererrennen in Dortmund und Neuss ganz toll. Im Watzke-Zorc-Klopp-Park, wie die Dortmunder Rennbahn seit Anfang des Jahres offiziell heißt, hat man quasi die gelbe Wand des Westfalenstadions nachgebaut und deren Atmosphäre mit einem raffinierten Soundsystem wiedergegeben. So erklingen die BVB-Stadionsongs auf der Rennbahn und die Pferde mögen das, lieben zudem den neuen Kunstrasen. Es sind magische Nachmittage, die Winterrennen sind auf einmal mega-in.
In Neuss haben mutige Leute diese hässliche Tribüne umgebaut und auch hier sind alle begeistert. Nur Felix Magath ist nicht so glücklich: Er tritt von seinem Geschäftsführer-Posten zurück und nimmt ein Angebot als Nationaltrainer von Aserbeidschan an.



Dienstag, 8. Januar 2013
„Der FC Schalke 04 grüßt die Dortmunder Fans“
„Revierderby – Geschichte einer Rivalität“: Als ich zum ersten Mal das Buch von Gregor Schnittker über die Begegnungen zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 sah, war ich skeptisch. Noch ein publizistischer Mitläufer, der sich an den Erfolg von Borussia Dortmund hängt. Falsch gedacht: Schnittker hat ein außergewöhnlich gutes Buch geschrieben, weil er fleißig recherchiert hat und viele Zeitzeugen aufgetrieben hat, deren Erinnerungen das Buch so lesenswert machen.
Denn der Autor hat nicht einfach nur Spiel an Spiel aneinander gereiht, sondern erzählt zu jedem der ausgewählten Derbys mehrere Geschichten aus der Sicht von Betroffenen. Beim 10:0-Sieg der Schalker 1940 (beim Schreiben dieses Ergebnisses verweigert meine Tastatur etwas die Arbeit) taucht zum Beispiel Anni Kuzorra aus Lütgendortmund auf, deren Schwiegervater Wilhelm ein Cousin des großen Ernst Kuzorra war.
Die Zeitzeugen präsentieren manche köstliche Anekdote. Zum Beispiel „Bruni“ Burgsmüller, Ehefrau des ehemaligen Dortmunder Kapitäns Willi Burgsmüller, über die damalige „Rivalität“ zwischen beiden Teams: „…Mein Mann hatte damals diese Knieprobleme. Da kam der Fritz Szepan auf mich zu und sagte: ´Mädchen, weißt du was? Da musst du jetzt jeden Abend Pellkartoffeln kochen, klein stampfen und dann in einem Stoffsack auf das Knie halten. Dann heilt das wieder.`Wir hatten alles versucht, aber damit wurde es besser.“
Oder die Geschichte von Schiedsrichter Karl-Heinz Altegoer aus Bochum (nicht verwandt mit dem späteren VfL-Präsidenten Werner Altegoer). Der pfiff mal im April ein Derby nach sintflutartigen Regenfällen (5:3 für Schalke) und erinnert sich an „Kraftnahrung von Muttern“ vor dem Spiel.

Tumulte
Später kommen dann die Spiele, an die ich mich selbst erinnern kann. Zum Beispiel an das Duell aus dem Jahr 1981. Weniger an das Ergebnis (2:2) als an den Auftritt von Schalkes Faktotum Charly Neumann, der mit einem großen Plakat mit der Aufschrift „Der FC Schalke 04 grüßt die Dortmunder Fans“ vor der Dortmunder Südtribüne auftauchte und für ein Pfeifkonzert sorgte, dass ich nie vergessen werde.
Später fand ich die Zeugenauswahl etwas blaulastig – allerdings triumphierte Schalke gerade in den neunziger Jahren und zu Beginn der 2000er Jahre mehrfach in großer Manier. Da möchte man sich als Schwarz-Gelber auch nicht recht zu äußern.
Nur wann begann die Rivalität zwischen den Fans? Am Anfang gab es nämlich eher freundschaftliche Gefühle zwischen den Klubs aus Dortmund und Gelsenkirchen. Das erste Derby fand 1925 statt, Schalke 04 gewann 4:2. Zwischen beiden Teams lagen vor dem zweiten Weltkrieg Welten, die Blauweißen waren der dominierende Verein in der NS-Zeit. Dortmund spielte meist nur den Punktelieferanten. Kuzorra kam sogar mal als eine Art Aufbauhelfer nach Dortmund und trainierte den BVB. Das änderte sich dann nach dem zweiten Weltkrieg, als Dortmund an S04 vorbeizog.
Die Vereine selbst haben sich immer gut verstanden, „gefährlich“ außerhalb im falschen Outfit am falschen Platz wurde es erst nach dem DFB-Skandal Anfang der siebziger Jahre und dem Dortmunder Wiederaufstieg. Und jetzt kann ich das mal endlich loswerden: Liebe Schalker, ihr schuldet mir noch ein BVB-Mannschaftsposter aus dem Jahr 1976. Das haben mir zu diesem Zeitpunkt zwei eurer hellsten Exemplare auf der Dortmunder Nordtribüne demonstrativ zerrissen, zum Glück verhinderte ein wacher Polizist Schlimmeres.

Urteil:
100 Prozent empfehlenswert für alle.

Gregor Schnittker, Revier-Derby, Schalke 04 – Borussia Dortmund: Die Geschichte einer Rivalität



Lovcen enttäuscht
Nur Platz 4 gab es für unser 6 to follow-Pferd Lovcen in der Leicester Annual Novices Chase. Immerhin verdiente der Schützling von Trainer Alan King noch 477 Pfund Preisgeld. Dennoch war die Leistung enttäuschend, die der als 19:10-Favorit gestartete Tiger Hill-Sohn an diesem Nachmittag bot. Wie ein Naturtalent sprang er wahrlich nicht. Es war zwar erst der zweite Start über die großen Hindernisse, aber diesmal waren die Gegner deutlich schwächer als im Grade 1-Rennen in Kempton.
Am Ende aber war Lovcen meilenweit vom Sieger Same Difference entfernt. Das Pferd aus dem Stall von Nigel Twiston-Davies kam mit solider Form an den Start, jetzt war man in der Distanz etwas zurück gegangen und das Ergebnis war ein hoch überlegender Erfolg. Zweiter wurde der aus deutscher Zucht stammende Wiesentraum, Platz 3 ging an Minella Class.

6 to follow-Bilanz
Starts : 5
Sieger: 0
Zweiter: 3
Dritter: 0
Gewinnsumme: 41.066 Pfund



Donnerstag, 3. Januar 2013
Am Tag, als Felix Magath kam
Was bringt das neue Jahr dem Galopprennsport? nurpferdeundfussball hat in die Glaskugel schauen lassen – und Erstaunliches über 2013 erfahren. Selbstverständlich alles ohne Gewähr. Und da wir in eine seriöse Glaskugel geblickt haben, gibt es nur eine Prognose für ein halbes Jahr. Die Vorschau auf die restlichen sechs Monate erfolgt demnächst hier.

Januar
Die Diskussionen um die deutschen Winterrennen gehen weiter. Tagelange Regenfälle haben die Sandbahnen in Neuss und Dortmund in Seenlandschaften verwandelt, die Zuschauer bleiben lieber zuhause und schauen Wintersport.
Doch in Dortmund naht Hilfe: Die Lottogemeinschaft des Präsidiums von Borussia Dortmund hat im Spiel 77 gewonnen. „Der Rennverein hat auch in schlechten Zeiten zu uns gehalten“, sagt BVB-Boss Hans-Joachim Watzke und gibt den Gewinn weiter an die Dortmunder Verantwortlichen. Diese entscheiden sich, die Allwetterbahn mit Kunstrasen zu versehen. Und fordern weitere Hilfen von der Politik. Die Rennbahn in Wambel heißt jetzt „Watzke- Zorc-Klopp-Park.“

Februar
„Die Bombe ist geplatzt“, titelte GaloppOnline. Felix Magath wird neuer Geschäftsführer des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR) und damit Nachfolger von Andreas Tiedtke. „Ich habe eigentlich keine Ahnung vom Galopprennsport“, erklärte Magath, bislang im Fußball als Trainer, Manager und Spieler zuhause. „Magath gilt als harter Hund. So einen braucht der deutsche Rennsport jetzt in diesen Krisenzeiten“, betonte DVR-Präsident Albrecht Woeste bei der Vorstellung des neuen Mannes. Magath wird sein eigenes Team mitbringen, als erstes geht es in ein Trainingslager in Herzlake. Zudem fordert der neue starke Mann des deutschen Turfs künstliche Berge auf jeder Rennbahn.

März
Der neue Kunstrasen auf der Dortmunder Rennbahn ist ein großer Erfolg. Selbst die Delegation aus Dubai zeigt sich begeistert und deutet vage ein neues Festival namens Dortmund Carnival an.
In England und Irland allerdings brennt im Vorfeld des Cheltenham Festivals der Baum. Immer mehr Hindernisjockeys verlassen die Insel mit unbekanntem Ziel: AP Mc Coy, Richard Johnson, „Choc“ Thornton, Paddy Brennan. Nur Ruby Walsh bleibt nach langem Überlegen zuhause. Alle rätseln, wohin die Jockeys denn gehen, da kommt die Lösung nach dem Cheltenham Festival: Felix Magath kauft mit Hilfe eines Freundes aus der Automobilindustrie alle siegreichen Pferde des Cheltenham Festivals, die Reiter sind quasi Part des Deals.
„Nur die Elite hilft dem deutschen Turf, nach vorne zu kommen“, sagt er. Leider erfährt er zu spät, dass die überwiegend Wallache für die Zucht weniger wertvoll sind.
Nun braucht Deutschland nur noch eine Hindernisbahn: Nicht Hamburg macht das Rennen, sondern Herzlake. Dort entsteht mit Hilfe des Automobilbauers ein neuer Rennkurs, das Typische sind diverse künstliche Berge. „Auch Profifußballer können hier ihre Trainingslager abhalten“, betont der neue Geschäftsführer. In den Foren bei Facebook wird heftig diskutiert. Doch Schachliebhaber Magath bleibt hart und nennt seine Gegner „notorische Dauernörgler, die nach Nordkorea gehen sollen.“



Steht für den neuen Geist im deutschen Turf: Herzlake mit seiner neuen Rennbahn, die leider auf dem Foto noch nicht zu sehen ist.

April
Die ersten Renntage auf Gras in Deutschland sind ein großer Erfolg. 15 000 Besucher in Köln, fünfstellige Besucherzahlen auch in Hannover und Hoppegarten. In Köln gewinnt Peter Schiergen fünf von zehn Rennen und widmet seinen Erfolg Felix Magath. „Er hat mich und mein Team in Herzlake fit gemacht“, blickt der Erfolgstrainer zurück. Als er wieder zurück war, kaufte er erst einmal zehn Medizinbälle für den Stall.
In England machten militante Tierschützer ernst: Sie klauen die berühmten Grand National-Hindernisse von der Bahn, Scotland Yard ist aufgrund dieser Frechheit ratlos. Am nächsten Tag treffen Bekennerbriefe bei der Rennbahn in Aintree ein, unterschrieben von Namen wie The Chair, Bechers Brook oder Canal Turn. „Wir sind ein Grand National-Hindernis und haben eine neue Heimat gefunden, in der wie nicht dreimal im Jahr von schimpfenden Reitern und fallenden Pferden belästigt werden.“ Eine Befreiungsaktion zu Pferd scheitert kläglich, das Grand National 2013 wird als National Hunt Flat Race gelaufen. Ohne Komplikationen, die BBC will jedoch nicht mehr übertragen.

Mai
Die ersten Klassiker stehen vor der Tür, doch in Deutschland wird nur über die neue Hindernisbahn in Herzlake gesprochen. Die Cheltenham-Sieger sind dort schon stationiert, betreut werden sie von Martin Pipe, der dafür aus dem Ruhestand gekommen ist. Das Mehl-Mülhens-Rennen wird dort bereits gelaufen, es siegte überraschend The Giant Bolster mit Tony Mc Coy. Der Gold Cup-Sieger 2013 ist zwar schon deutlich älter als drei Jahre, eine Wild Card ermöglichte aber den Start. „Unser Sport braucht Stars und keine künstlichen Altersbegrenzungen“, betont Magath.
Die führenden deutschen Trainer boykottierten hingegen das Rennen und ermittelten einen eigenen Sieger in Köln. Es triumphierte Nuntius aus dem Wöhler-Stall. Magath handelt sofort: Er verbannt die Trainer Wöhler, Hofer, Dzubasz, Schiergen, Hickst, Klug, Hirschberger, Smrczek und Figge in die zweite Mannschaft. Ihre Pferde dürfen nicht mehr an den besseren Rennen teilnehmen.

Juni
Die Stimmung im deutschen Turf ist auf dem Nullpunkt: Ein besseres Rennen nach dem anderen wird von den ausländischen Gästen gewonnen, weil die deutschen Top-Trainer gesperrt sind. Die blauen Godolphin-Farben dominieren das Frühjahrsmeeting in Baden-Baden.
Die verbannten Deutschen gewinnen hingegen eine wichtige Prüfung nach der anderen im Ausland, so dass es schon zu Protestmärschen französischer Trainer kommt. Doch Magath bleibt hart, ein Kompromiss ist nicht in Sicht.
Auch in England herrscht Ernüchterung. Erstmals in der Geschichte fällt Royal Ascot aus, weil das Königshaus mit Geburtsvorbereitungen beschäftigt ist. Zudem sind alle Kutschen in der Reparatur. Nichtsdestotrotz pilgern täglich mehr als 50 000 Menschen auf den Rennkurs und feiern, was das Zeug hält. „Wir brauchen dafür keine blöden Pferderennen“, weiß ein junger Besucher. Das englische Königshaus zeigt sich empört und kündigt als ersten Schritt alle Abos der Fachzeitschrift Racing Post.
In Hamburg sind vor dem Derby-Meeting auf einmal die gestohlenen Grand National-Hindernisse aus Aintree aufgetaucht.