Donnerstag, 2. August 2012
Nur die öffentlich-rechtliche Deutschtümelei nervt
Die olympischen Sommerspiele in London dominieren derzeit die öffentliche Wahrnehmung. Bei mir persönlich rückt da sogar ein Galopp-Festival wie Glorious Goodwood etwas in den Hintergrund. Es ist Olympia, die Jugend der Welt misst sich im Wettkampf und auch wenn man nicht mehr zu Letzterer gehört, ist das doch für 14 Tage eine willkommene Abwechslung. Zumal man Sportarten erlebt, die man sonst eben nicht erlebt.
ARD, ZDF und Eurosport übertragen bis zum Umfallen, leider nutzen die Öffentlich-Rechtlichen nicht ihre Digitalkanäle für zusätzliche Angebote. Dafür gibt es im Internet entsprechende Streams und nach anfänglichen Pannen laufen zumindest die Streams des ZDF meist tadellos. Die ARD vermasselte das schon am ersten Tag mit langen Ladezeiten – sehr peinlich. Inzwischen funktionieren die Streams aber auch.

Live oder nicht live
ARD und ZDF haben viel Prügel bekommen, weil sie in ihrer Sendung nicht genau kennzeichnen, was denn live ist oder nicht. Das ist allerdings schwierig, wenn ich zeitgleich mehrere Entscheidungen habe und alle in der Sendung haben möchte. Also etwas zu viel der Aufregung – verständlich ist die Kritik aber dennoch, zumal die Öffentlich-Rechtlichen bei der Fußball-EM die UEFA kritisiert hatte, weil ihr Broadcaster nicht Live-Bilder in die Übertragung geschnitten hatte.
Viel schlimmer finde ich jrdoch diese übertriebene „Deutschtümelei“ in der Berichterstattung. Es zählen nur deutsche Medaillen, Top-Leistungen anderer Länder fallen durchs Raster. Besonders schlimm war es auf beiden Kanälen an den ersten Tagen, als die deutschen Medaillen noch fehlten. Das grenzte teilweise schon an Hysterie, am meisten nervte ARD-Schwimmexperte Tom Bartels, der schon fast den Untergang herbei rief, bevor dann Paul Biedermann mit einer guten Leistung über 200 Meter Freistil die Gemüter beruhigte. „Trauerberichterstattung“ schrieb die Süddeutsche Zeitung. Ebenfalls schlimm: Expertin Franziska von Almsick, die Meisterin der Phrasen.
Ansonsten aber fällt mein Fazit so schlecht nicht aus. Weil an vielen Orten die Stimmung toll ist und die Engländer ein hervorragendes Sportpublikum sind, die auch Leistungen anderer Athleten würdigen. Wenn ich zum Beispiele sehe, was an der Ruderstrecke los ist – grandios.

Große Momente
Es gibt einige Sportarten, die haben bei mir richtig an Achtung gewonnen. Tischtennis zum Beispiel ist ein schneller, spannender und artistischer Sport. Oder Badminton: Das habe ich selber mal hobbymäßig gespielt; aber ich habe noch nie die Top-Leute gesehen. Wie die die Bälle schlagen, wie viel Spin diese bekommen. Da staunt der Laie nur.
Am Montag habe ich mir drei Stunden lang die Geländeprüfung in der Vielseitigkeit im Stream angetan. Zwar etwas langatmig, aber großen Respekt an Ross und Reiter, was diese leisten. Selbst Tennis – ein Sport, den ich zu Zeiten eines Boris Becker nie groß gemocht habe – punktete. Angelique Kerber gegen Altmeisterin Venus Williams am Dienstag war hochdramatisch, nur etwas laut, weil beide Spielerinnen so laute Geräusche beim Ballwechsel machten.
Natürlich gibt es immer noch ein paar Sportarten, mit denen ich nichts anfangen kann. Zum Beispiel Turnen, besonders bei den Frauen oder sagen wir lieber Kinder, weil die meisten Teilnehmerinnen aussehen wie 12. Früher war das in totalitären Staaten wie der damaligen UdSSR, Rumänien oder China ganz groß angesagt, inzwischen finden das auch die Amerikaner ganz toll. Und die Engländer ebenfalls...



Mittwoch, 25. Juli 2012
Turf viel schöner als die Formel 1
Am Samstag war es mal wieder so weit. Eines dieser Rennen, die man nicht vergisst. Danedream oder Nathaniel? Mit bloßem Auge sind sie kaum zu trennen. Adrenalin pur: Die King George VI Stakes, einer der Sommerhöhepunkte der englischen Turf-Saison, endet mit einem Herzschlagfinale. Schließlich siegt Danedream mit einer Nase. Wen solche Rennen nicht bewegen, dem ist nicht mehr zu helfen.
Natürlich steigt die Euphorie, weil ein deutsches Pferd quasi in der „Höhle des Löwen“ ein wichtiges Rennen gewonnen hat. Der berühmte Underdog-Effekt– auch wenn ich sonst mit Schwarz-Rot-Gold wenig zu tun habe und weder Danedream noch Nathaniel gewettet habe. Mein Tipp war bekanntlich Dunaden.
Für mich und zahlreiche andere Turf-Anhänger war Danedream das Highlight des Wochenendes. Doch wie viele Leute interessiert das in Deutschland? 500 000? Eine Million? Weiß das einer?
Natürlich gab es das Rennen nicht live im TV und auch die ARD-Sportschau am Abend verzichtete auf bewegte Bilder. Stattdessen Drittliga-Fußball, eine ellenlange Übertragung vom Triathlon und dann noch eine Schalte nach London, wo Herr Antwerpes das Olympia-Studio zeigte, in dem er und Herr Delling dann moderieren werden.
Immerhin wurde darüber berichtet - sowohl online als auch in den Printausgaben der Zeitungen. Meist kurz und besser als nichts, aber dennoch der Sache nicht angemessen. Zumal die gute Danedream Turf-Geschichte schrieb.



Oftmals der spannendste Moment in der Formel 1: Der Start, aber leider sehen die Leute auf ihren teueren Tribünenplätzen diesen auch nur bruchstückhaft.

Formel 1 auf allen Kanälen
Am Wochenende gastierte auch der Formel 1-Zirkus im Land: Der Große Preis von Deutschland auf dem Hockenheim-Ring stand auf dem Programm, fast sechs Millionen Zuschauer guckten das am Samstag live bei RTL, dazu noch einige weitere bei Sky. Wer sich lieber einen sonnigen Nachmittag gönnte, der bekam abends Zusammenfassungen bei ARD und ZDF.
Und Sonntag und Montag sind die Zeitungen voll mit Geschichten über die Formel 1.
Was hat also die Formel 1, was der Galopprennsport nicht hat? Warum ist das Fahren im Kreis soviel attraktiver als das Laufen im Kreis? Ein – zugegeben - etwas subjektiver Vergleich….

Spannung
Galopp: Zwei Minuten Adrenalin pur, dann kann sich der Besucher 30 Minuten lang erholen und die nächste Dosis Spannung kommt. Empfiehlt jeder Arzt…
Formel 1: Selbst hartgesottene Anhänger geben zu, dass manchmal das einzig interessante in einem Rennen der Start ist. Ansonsten passiert nicht viel und wenn mal einer überholt, bekommen das die meisten Zuschauer gar nicht mit. Und das drei Stunden lang,,,,,
Klarer Punkt für die Pferde: 1:0

Lage
Galopp: Die meisten Rennbahnen liegen schön im Grünen und auch wenn manche Tribüne auf Deutschlands Bahnen nur noch von der Farbe zusammengehalten wird, strahlen viele Hippodrome doch Beschaulichkeit aus.
Formel 1: Außer Monaco befinden sich fast alle Kurse irgendwo weit draußen, natürlich keine Bäume und kein Grün, nur Straße und Sonne.
Nächster Punkt für die Pferde: 2:0

Eintrittspreise
Galopp: Gut, in Ascot wäre der Besucher bestimmt 50 Pfund für einen halbwegs gescheiten Platz losgeworden, wenn er Danedream begleitet hätte. Aber das ist England, in Deutschland ist der Eintritt auf Rennbahnen eine preisgünstige Angelegenheit. Mit 10 bis 15 Euro ist man dabei – und das ist noch der obere Bereich. Auf vielen Bahnen liegen die Preise darunter.
Formel 1: Da haut der Bernie Ecclestone mal richtig rein. Tagestickets am Hockenheim-Ring kosten 229 bzw. 279 Euro, das Wochenende beginnt ab 99 Euro mit Plätzen ganz weit draußen, gescheite Karten gibt es ab 149 Euro, nach oben ist noch einiger Platz.
Klarer Punkt für Galopp: 3:0

Popularität
Jeder kennt Schumi, Vettel und Ferrari, nur ein paar Insider kennen Schiergen, Starke und Danedream. Traurige Wahrheit und völlig unverdient.
Punkt für Formel 1: 1:3

Fazit
Klarer Sieg für Galopp. Nur was bringt uns das.



Freitag, 20. Juli 2012
Dritte Liga: Dortmund 2 ist dabei
Es ist der ideale Zeitvertreib für Fußball-Nerds in der balllosen Zeit: Mal einfach per Tabellenrechner die Spiele der kommenden Spielzeit tippen. Der Autor machte dies bei Spox (kann man auch wo anders), das Ergebnis für die 3. Liga 2012/2013 steht fest: Danach steigen der VfL Osnabrück und der FC Heidenheim direkt in die 2. Liga auf, der SV Wehen Wiesbaden erreicht die Relegationsspiele gegen den 16. der 2. Liga. Absteiger? Siehe Foto, aber entscheidend ist ja immer noch auf dem Platz, liebe Anhänger von Babelsberg, VfB Stuttgart und Darmstadt.



Warum auf einmal diese Liebe zu Liga 3? Ältere Leser dieser Kolumne werden sich daran erinnern, dass ich bereits in der Saison 2009/10 regelmäßig über das Unterhaus geschrieben habe, weil die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund damals dort kickte. Und nun schaffte der Nachwuchs des Deutschen Meisters in einer bemerkenswerten Serie den Aufstieg: Hatte das Team am 16. Spieltag nach einer 0:1-Niederlage gegen Rot-Weiß Essen 22 Punkte und damit 12 Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter SF Lotte, verlor der BVB in der ganzen Rückrunde nur noch ein einziges Spiel (und spielte einmal Remis) und schaffte noch den Aufstieg aus der Regionalliga. Irgendwie schien es so, dass der Erfolg der ersten Mannschaft auch auf das 2. Team abblättern würde.
Und jetzt hat also nicht nur BVB-Trainer David Wagner große Vorfreude auf die „stärkste 3. Liga“. „Es bringt mir ein Lächeln ins Gesicht, dass wir da mitmachen dürfen. Ich bin total positiv eingestellt, dass unsere Jungs da voll mitziehen. Wir sind eine außergewöhnliche zweite Mannschaft, die nicht zuletzt wegen ihrer großen Strahlkraft in der 3. Liga gut aufgenommen wird“, sagte der Coach im Interview mit den Ruhr-Nachrichten.

Geldverbrennungsliga
Von den Namen ist es schon eine interessante Liga: Die Absteiger Aachen, Karlsruhe und Rostock etwa. Oder Preußen Münster, Kickers Offenbach, Arminia Bielefeld, der Chemnitzer FC, der VfL Osnabrück oder RW Erfurt. Hinzu kommen aufstrebenden Klubs wie Heidenheim oder Wehen Wiesbaden oder die weiteren Aufsteiger Hallescher FC und Stuttgarter Kickers – Tradition also im Überhand. Für die Kickers freut es mich besonders, weil sie bei meinem missglückten beruflichen Aufenthalt im Schwabenland einer der Lichtblicke waren.
Doch glücklich sind viele der Klubs in der 3. Liga nicht. „Viel Kult, wenig Kohle“, titelte der kicker in seiner Printausgabe am Donnerstag, für viele Teilnehmer bedeute die Liga eher Existenzkampf. „Sportlich ist die 3. Liga nicht viel schlechter als die 2. Liga“, zitiert das Fachblatt Bielefelds Geschäftsführer Marcus Uhlig. Aber der Kostenapparat sei fast genauso hoch wie in der 2.Liga, dafür seien die Erlöspotenziale erheblich niedriger. Geldverbrennungsliga“ nennt sie Klaus Brüggemann, Geschäftsführer des SV Babelsberg.
Jedenfalls geht es am Freitag erst mal los mit Arminia Bielefeld gegen Alemannia Aachen, live zu sehen bei West 3 und obwohl die EM noch gar nicht lange zu Ende ist, genau das Richtige für die Sommerpause.
So ganz objektiv waren meine Tipps (siehe oben) jedoch nicht: Natürlich steigt Borussia Dortmund 2 nicht ab und auch die Stuttgarter Kickers halten dank einer erstaunlichen Serie zum Saisonschluss die Klasse.