Zaungast wird zum Stargast
Nach dem zweiten Rennen: Hinten der Sieger Snooker, vorne der Viertplacierte Tamburini
Nach der Royal Ascot-Extravaganza war wieder Alltag angesagt: Mit dem Glamour und Spektakel des königlichen Rennfestivals kann die Veranstaltung im bodenständigen Westfalen natürlich nicht mithalten, aber immerhin gab es mit dem Großen Preis der Wirtschaft ein Gruppe III-Rennen und damit ein Highlight der Dortmunder Grasbahnsaison.
Schon seit Ewigkeiten kooperiert der Dortmunder Rennverein an diesem Renntag mit der Dortmunder Wirtschaft und der IHK; das heißt: die „wichtigen“ Personen aus Dortmund und Umgebung sind an diesem Tag präsent und wandeln mit buntem Bändchen, die den VIP-Status dokumentieren, über die Bahn.
Leider veranstaltet der Dortmunder Rennverein inzwischen nur noch zwei weitere Renntage auf Gras – Himmelfahrt mit dem Großen Preis der Stadtsparkasse und Anfang Oktober, wenn das klassische Deutsche St. Leger auf dem Programm steht. Das ist schade, denn ein Rennbahnbesuch ist natürlich im Sommer bei erträglichen Temperaturen viel angenehmer als im Winter bei Minusgraden.
Das erste Rennen des Tages verpasste ich allerdings. Es gab den erwarteten Doppelsieg des Gestütes Wittekindshof, das dem Dortmunder Rennvereins-Präsidenten Hans-Hugo Miebach gehört. Als ich dann endlich auf der Bahn ankomme, ist diese schon sehr gut besucht, obwohl die Wetterprognosen eher durchwachsen waren. Im Führring können die Besucher die Eventualquoten jetzt von zwei nagelneuen Flachbildschirmen ablesen, ein noch größeres Lob verdient der Rennverein jedoch für die exzellente Leinwand, die er wieder in Zielnähe aufgestellt hatte.
Das kompensiert wiederum etwas meinen Ärger, weil ich auf meinem Stammplatz – die Stufen der mittlere Treppe zur zweiten Tribüne, dort hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Bahn und ist fast auf Höhe des Zielpfostens – nicht stehen darf, weil dort beim letzten Renntag eine ältere Dame die Treppe heruntergestolpert sei und diese sich beim Rennverein beschwert habe. Seit 13 Jahren stehe ich dort - passiert ist noch nie etwas.
Hutfrei: die Wambeler Rennbahn
Im zweiten Rennen treffe ich den Sieger
Snooker und ärgere mich (aber nur leicht) darüber, dass ich den zweiten
Big Snow nicht mit in den Einlauf gepackt habe. Denn dieser machte im Führring von allen Pferden den besten Eindruck und wird von Ralf Suerland, dessen Vollblüter ich früher immer gerne gespielt habe, trainiert. Die Quote von 395:10 und ein schwaches Lebensdebüt sprachen gegen die Wette.
Leerer Favoritentank
Nach dem dritten Rennen ertönte die Sirene der Rennleitung, die den eigentlichen Sieger
Forvic später auf Rang 2 setzt, weil dieser die Favoriten
Kamikola behinderte. Die Entscheidung geht in Ordnung, ich wundere mich nur, wie unterschiedlich doch die Regeln im restlichen Europa sind. In England hätte Kamikola das Rennen nie am grünen Tisch gewonnen; Forvics Reiter wäre aber wahrscheinlich gesperrt worden.
Im vierten Rennen, einem Ausgleich III, wettete Turfdeutschland den Wittekindshofer
Next Style, trainiert von Lokalmatador Uwe Stoltefuß, auf 19:10 herunter. Der Bruder des Derbysiegers Next Desert war lange verletzt, lief dann nicht schlecht in einigen Altersgewichtsrennen, ohne jedoch zu gewinnen. Dennoch sahen ihn viele gut im Handicap untergekommen – dazu noch der Championjockey Andrasch Starke im Sattel, was sollte da noch schief gehen? Einiges, wie das Rennen zeigte – Starke ritt Desert Style sehr aggressiv von der Spitze aus und Mitte der Geraden war der Tank leer, die Gegner zogen mühelos vorbei.
Nunzio siegte, klug aus der Reserve geritten, vor
Warstein und
Indian Sun.
Spannend war es auch in der Wettchance, in der mein Tipp
Wildling mit einem Kopf vorne war, und so manches Ascot-Pech etwas kompensierte. Den zweiten Sieg für das Gestüt Wittekindshof holte dann überlegen die 15:10 Favoritin
Nina Celebre, als Tochter der Next Gina ziemlich blaublütig gezogen.
Dreijährige chancenlos
„Die 2000er Asse kommen“, hatte das Fachblatt
Sport-Welt vor dem Preis der Wirtschaft getitelt. In der Tat – es gab schon Jahre, da war das Rennen viel schlechter besetzt. Der Gruppe I-Sieger
Prince Flori, der noch ungeschlagene und wenig geprüfte
Obelisk, der Dubai-Erfahrene
Duellant, der letztjährige Seriensieger
Zaungast und die dreijährige Stute
Soberania mit entsprechenden Gewichtsvorteilen waren die Favoriten im 9er Feld (
Stella di Quattro war Nichtstarterin).
Am Ende durften die Wambeler Besucher mal wieder einen typischen Terry Hellier-Ritt bewundern, der aus hinteren Regionen an allen vorbeilief und im Ziel eineinviertel Längen Vorsprung vor Prince Flori hatte. Einlauf getroffen! Dritter wurde
Il Divo, Vierter der ewig unterschätzte
Lord Hill. Die Enttäuschungen hießen Soberania, Duellant und Obelix. Im Absattelring dikutierten Duellants Besitzerin Margot Herbert, Trainer Peter Schiergen und Jockey Andrasch Starke ziemlich intensiv, aus ihren Gesichtern war die Enttäuschung abzulesen.
Ganz anders natürlich die Stimmung im Lager von Zaungast, auch wenn Trainer Waldemar Hickst in Bremen weilte und Besitzer Jochen Ehrhardt auf dem Weg von Stuttgart nach Dortmund im Stau stecken bleib. Zufrieden waren auch die Verantwortlichen von Prince Flori, den Trainer Sascha Smrczek wieder eigenhändig in die Startbox führte.
Hans-Hugo Miebach und das Gestüt Wittekindshof legten zu den zwei Dortmunder Siegen noch einen drauf: Die Stute
Serienhoehe schlug die Hengste im Bremer Derby-Trial, ein Listenrennen und das Hauptereignis dort auf der Karte.
uknig22 am 23. Juni 09
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Galopper der Woche: Yeats
Es waren unglaubliche Szenen, die sich am letzten Donnerstag gegen 17 Uhr auf der englischen Rennbahn in Ascot abspielten: Gerade hatte
Yeats zum vierten Mal nacheinander den Gold Cup, das vielleicht wichtigste Rennen über lange Distanzen für Rennpferde,
gewonnen. Der Weg zurück zur Siegerehrung wurde zu einer wahren Tour des Triumphes. Jockey Johnny Murtagh riss immer wieder die Arme hoch, um ihn herum flossen die Tränen des Glücks. Es waren bewegende Momente: Über 60 000 Besucher auf der königlichen Bahn gaben dem Sieger, schrieb nicht nur die Boulevardzeitung
Sun am nächsten Tag in ihrer Printausgabe, „a real hero’s welcome“. Und selbst Leute wie mich, denen die Dominanz der Ballydoyle-Pferde manchmal ziemlich auf den Geist geht, riss diese Vorstellung von den Sitzen.
Ein achtjähriges Rennpferd namens Yeats schrieb mit seinem vierten Sieg in Serie Geschichte. Noch nie hat ein Pferd in 202 Jahren, in denen der Gold Cup schon gelaufen wird, so einen Erfolg geschafft.
Sagaro siegte in den
70er Jahren drei Mal hintereinander.
Kampfgeist, Speed, Härte – der vierte Triumph zeigte Yeats außergewöhnliche Qualitäten noch auf einmal auf beeindruckende Weise. Kurz vor Erreichen der Zielgerade drückte Murtagh auf den Knopf und sein Partner reagierte, löste sich von seinen Kontrahenten und war auf einmal vier Längen entfernt. Kurz sah
Patkai in der Geraden gefährlich aus, doch Yeats beschleunigte wieder und war am Ende dreieinhalb Längen vor dem Stoute-Schützling im Ziel.
„Ich hatte Bauchschmerzen den ganzen Morgen“, sagte nach dem Rennen Aidan O’Brien, Trainer des Ausnahmepferdes. „Ich dachte nicht, dass er gewinnen kann“, fürchtete er zugleich die Enttäuschung, wenn der Hengst verloren hätte.
Die Bedenken seines Trainers waren verständlich: Zuletzt in Navan kam Yeats als Sechster ins Ziel, 32 Längen geschlagen.
War es sein letzter Gold Cup? „Ehrlich, ich habe Angst, ihn noch mal laufen zu lassen“, meint O’Brien. Als National Hunt-Stallion prognostizieren Yeats viele eine große Zukunft. Es wäre ein würdiger Abschied - nach 24 Starts, 15 Siegen und rund 1,3 Millionen Pfund, die der Achtjährige in seiner Karriere eingaloppierte.
uknig22 am 22. Juni 09
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Favoritenstürze und ein alter Herr trumpft auf - Royal Ascot live
15:10: Letzter Tag Royal Ascot, erstes Rennen sind die Chesham Stakes für Zweijährige über 1400 Meter, nach Einschätzung der Racing Post das schwächste Youngster-Rennen des Festivals. Gewettet werden die beiden Aidan O'Brien-Pferde Beethoven und Emperor Claudius, von drei Vertretern von Mark Johnston scheint Shakespearan laut Wettmarkt der stärkste zu sein. Unter 100 steht noch Aerodynamic, wenig Anklang findet bislang Honor in Peace von US-Trainer Wesley Ward.
15:35: Packender Endkampf im ersten Rennen, am Ende hat der vorher noch sieglose Big Audio mit Richard Hughes die Nase knapp vorn gegen Emperor Claudius aus dem O'Brien-Quartier, der vom letzten Platz angeflogen kam und 10 Meter weiter gewonnen hätte. Die Buchmacher können aufatmen, denn der Hannon-Schützling war kaum gewettet. Ein tolles Rennen lief zudem der Dritte, Party Doctor. Die beiden ATR-Experten schlagen vor, dass Richard Hannon endlich mal von der Queen geadelt wird.
15:55: Auf dem Papier sind die Hardwicke Stakes ein Rennen zwischen zwei Pferden: Campanologist und Doctor Freemantle. Gerard Butler, Trainer des Allwetterspezialisten Dansant, hat etwas Bedenken wegen der Startbox und des Bodens. Das Pferd sei allerdings gut in Form. Sohn Butler sagt allerdings, dass Dansant gewinnt. Ich wette mal Dettori, Godolphin und Campanologist, auch wenn ich mit den Königsblauen immer daneben liege.
16:10: Es reicht so langsam! Ausgerechnet Bronze Cannon aus dem Stall von John Gosden, der die gesamte Woche noch wirklich nichts gerissen hat, schlägt meinen Tipp Campanologist. Vor einem Monat wäre das noch umgekehrt ausgegangen....
Sohn Butler lag gar nicht so schlecht, aber eine Siegchance hatte Dansant wie der Favorit Doctor Fremantle nicht.
16:23: Trotz allem Frust: Es geht weiter und jetzt kommt das Rennen, das ich schon die ganze Woche erwarte. Gruppe 1, Golden Jubilee Stakes, 1200 Meter: Overdose und auch Takeover Target aus Australien sind zwar nicht dabei, doch internationale Pferde sind zuhauf am Start: J J The Jet Plane aus Südafrika, Sacred Kingdom aus Hongkong, Cannonball aus den USA oder der ungeschlagene Ialysos aus Griechenland, den jetzt Luca Cumani trainiert. Gerade lobt Cumani seinen neuen Schützling, weil er so gelassen ist und bei der Überfahrt aus Griechenland nicht erst DVDs geguckt habe, sondern sofort eingeschlafen sei. Griechenlands Turfstolz trifft hier aber ganz andere Gegner.
Ich bin ein großer Anhänger von J J The Jet Plane, der wahrscheinlich als Favorit startet. Bei meinem derzeitigen Glück bedeutet das, dass er knapp geschlagen wird.
16:55: "What a strange race": Nicht nur die ATR-Experten sind fassungslos, die Buchmacher werden sich freuen: Der 210:10 Außenseiter Art Connoisseur gewinnt die Golden Jubilee vor dem US-Herausforderer Cannonball und dem Riesen-Außenseiter Lessons in Humilitity aus dem Formstall von Karl Burke. All die gemeinten Pferde wie JJ The Jet Plane oder Sacred Kingdom waren geschlagen. Der Südafrikaner kommt dennoch als Hintergrundbild auf mein Handy.
Der Gewinner siegte zweijährig in überlegener Manier in den Coventry Stakes während Royal Ascot 2008 und da dachte man im Quartier von Michael Bell, Art Connoisseur sei ein Pferd für die 2000 Guineas. Die hochtrabenden Pläne realisierten sich nicht, das Pferd enttäuschte danach mehr oder weniger regelmäßíg. Und jetzt dieser Paukenschlag - die ältere Dame in den Pastellfarben verteilte höchstpersönlich die Ehrenpreise.
Cannonball als Zweiter war nur knapp geschlagen: Beim Dienstag über 1000 Meter war er noch outpaced, doch sein Quartier war absolut optimistisch und rechnete mit einem großen Lauf. Sie hatten Recht!
17:10: Geoff Lester erzählt gerade, dass das Wokingham eines seiner glücklichsten Rennen sei und ihm einst einen Urlaub in Lloret de Mar finanziert habe. Der Glückliche, aber eine Busreise nach Lloret per Bus gab es früher schon für 29 DM! 27 Pferde über 1200 Meter, das Wokingham ist eines der schwersten Rennen im britischen Turfkalender. Wer gewinnt? Keine Ahnung, meine Tipps Zidane und Evens and Odds sind mehr Verzweiflung als Wissen...
Die Favoritenrolle hält Jimmy Styles.
17:35: Endlich gute Laune bei Trainer William Haggas, nachdem diese Woche noch gar nichts lief: Mitfavorit High Standing, unter anderem angesagt von Racing Posts Pricewise, siegt knapp vor Godolphins Asset und Rock of Rochelle, allesamt mit hohen Startboxen. Zocker Harry Findlay freut sich wie ein Schneekönig, denn er ist Mitbesitzer. Das war definitiv kein Resultat für die Buchmacher. Meine Tipps laufen immer noch...
17:45: Zwei haben wir noch und jetzt geht es wieder über längere Distanzen. Die Duke of Edinburgh Stakes, ein Heritage Handicap, ist aber auch nicht leichter. Geld kommt für Young Mick, drei Pferde sattelt Mark Johnston. Meine Tipps verrate ich diesmal ncht...
Trainer William Haggas, gerade erfolgreich, nennt die vergangene Woche hochtraumatisch, verrät aber auch Big Fat John Mc Cririck nicht, wann seine wettfreudigen Besitzer den nächsten Coup planen.
18:05: Wenn man die Seuche hat, dann hat man die Seuche. William Buick fällt schon beim Start von meinem Tipp Hatton Flight, der ohne Reiter das Rennen gewinnt. Geht natürlich nicht, vorne sind Drill Seargent und Record Breaker aus dem Mark Johnston-Stall, beide stehen am Toto 150. Einen haben wir noch und dann ist dieses Martyrium zuende. 30. Sieg im übrigen für Mark Johnston bei Royal Ascot.
Aber nicht nur in Ascot triumphieren die Außenseiter, in Düsseldorf gewinnt eine sträflich unterschätzte Bella Platina aus dem Dortmunder Stall von Uwe Stoltefuß für Toto 180:10 das Listenrennen.
18:20: Ein Rennen steht noch an, die Queen Alexandra Stakes über weite 4370 Meter. Mein Tipp ist auch noch Mitfavorit, steht bei lächerlichen 40:10, am morgen wurde er noch für 80:10 gehandelt. Nicky Henderson sattelt auch den Ex-Deutschen Caracciola, zuletzt triumphaler Sieger in York und mit 12 Jahren das älteste Pferd, das jemals ein Listenrennen gewann.
18:40: Der alte Caracciola gewinnt zum Abschluss. "Er wird besser und besser mit 12 Jahren" meinen die Experten. Respekt! Mein Tipp war natürlich geschlagener Vierter. Zweiter Tyyrells Wood, Dritter Amerigo.
Das war Royal Ascot 2009. Wetttechnisch ein Desaster, die Pressetipps der englischen Zeitungen waren aber auch nicht besser.
Sportlich war es natürlich ganz großes Kino. Topjockey wurde Johnny Murtagh, obwohl er die letzten beiden Tage am Zaun stand.
Morgen gibt es Rennen in Dortmund, das wird entspannter. Der große Preis der Dortmunder Wirtschaft steht im Mittelpunkt und verspricht Einiges.
uknig22 am 20. Juni 09
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