Yeats schreibt Geschichte - Royal Ascot live
15:00: Es ist Ladies Day in Royal Ascot und es geht los mit den Norfolk Stakes (Gr. 2) für zweijährige Pferde. Im Blickpunkt steht das amerikanische Team um Trainer Wesley Ward und Jockey John Velasquez: Zwei ihrer Youngster haben schon gewonnen, jetzt soll Yogaroo folgen. Velasquez warnt aber: "Er ist sicherlich der Langsamste unserer vier Youngster."
Favorisiert dürfte Monsieur Chevalier sein, in vier Starts noch ungeschlagener Zweijähriger aus dem Stall von Richard Hannon. Timeform nennt noch Kingdom of Light und Tawaabb aus dem Stall von Mick Channon.
Frankie Dettori sagt im Interview, dass Opinion Poll im letzten Rennen sein bester Ritt des Tages ist.
15:25: Eigentlich werden nur zwei Pferde gewettet: Monsieur Chevalier (26) und Yogaroo (40). "Es fehlt Qualität", meint Experte Geoff Lester.
15:35: Das war nichts mit dem dritten Streich für Ward/Velasquez. Yogaroo sprang zwar schnell aus der Startmaschine, doch diesmal sorgte er nur für negative Schlagzeilen. Unter der Peitsche schwankte er nach rechts und behinderte den Favoriten Monsieur Chevalier und Radiohead. Doch während der Hannon-Schützling seinen Rythmus verlor, zog Radiohead noch einmal an und gewann sicher vor dem Außenseiter Reignier und Tawaabb. Cooler Ritt von Jamie Spencer, erster Sieg für Brian Meehan bei Royal Ascot 2009 nach der unglücklichen Niederlage von Delegator. 110 zahlte der Sieger.
15:51: Ribblesdales Stakes, Gruppe 2, 2400 Meter, dreijährige Stuten. Jason Weaver gefallen im Führring Annice Stellato und mein Tipp July Jasmine am besten. Gutes oder schlechtes Zeichen? Auf dem Papier ist July Jasmine nur die zweite Wahl aus dem Stoute-Stall, Stalljockey Ryan Moore sitzt auf Leocorno, einer Halbschwester von Golan und Tartan Bearer.
Take the Hint, sagt Geoff Lester, sei John Gosdens beste Chance auf einen Sieg in dieser Woche. Ansonsten nennen die beiden Experten noch Leocorno und die Godolphin-Stute Flying Cloud.
16:15: Aufatmen bei Goldolphin und Frankie Dettori. Flying Cloud beendete die Misere der Königsblauen und gewann überzeugend die Ribblesdale Stakes vor den Außenseitern Flame of Gibraltar und Uvinza. Flying Cloud lief zuletzt für Andre Fabre in Frankreich, 60:10 gab es für die Siegerin. Ansonsten lagen die Experten mal wieder daneben, Leocorna wirkte ziemlich one-paced, die Gosden-Stute Take the Hint enttäuschte ebenfalls. Mein Tipp July Jasmine wurde Fünfte, wirkte auch noch reichlich grün und ist eher ein Pferd für die zweite Saisonhälfte.
16:28: Gerade liefen auf ATR noch mal alte Gold Cups. Das waren noch Zeiten, als ich zweimal Royal Rebel zu dreistelligen Odds traf. Seitdem lief wettmäßig nicht mehr viel in dieser Steherprüfung.
Die Fragen aller Fragen natürlich im Gold Cup 2009: Gewinnt Yeats ein viertes Mal in Folge? Die Signale aus dem Ballydoyle-Quartier sind verhalten optimistisch, das Jahresdebüt in Navan war schwach. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt die O'Brien-Galopper noch nicht richtig in Form und wenn es einer kann, seine Pferde auf die Minute zu vorbereiten, dann der irische Trainer.
Der große Gegner ist ebenfalls acht Jahre alt und laut Trainer Jamie Osborne in der "Form seines Lebens". In Sandown gewann der "alte Gauner beeindruckend", ich habe ihn auch gewettet.
Ziemlich ausgeglichen der Wettmarkt: Yeats (26), Geordieland (37), Patkai (45) und Veracity (75). Von den letzteren schätze ich Veracity stärker ein...
Geoff Lester vergleicht gerade Yeats mit Bruce Springsteen und Paul Ince und mag Patkai.
16:55: Johnny Murtagh reißt die Arme hoch, Ekstase im Ballydoyle-Camp, Riesengedränge im Absattelring: Yeats gewann zum vierten Mal in Folge den Gold Cup über lange 4023 Meter. "Unglaublich" meinen die ATR-Experten und wiederholen sich alle fünf Minuten. Johnny Murtagh, vor einigen Woche noch in Chester der Buhmann, als er einige Ritte versemmelte, sagte im Schlußbogen "Go" und Yeats löste sich mit alter Klasse. Die einzige Gefahr war Patkai, der bedrohlich nahe kam, doch Yeats zeigte den alten Kampfgeist und löste sich vom Stoute-Schützling.
Für Ryan Moore im Sattel von Patkai ist das königliche Meeting nicht unbedingt ein Ort der Freude. Zum fünften Mal belegte der Champion Platz 2.
Etwas enttäuschend lief Geordieland, der Dritter wurde, in der Geraden kurz behindert wurde und neu aufgenommen werden musste. Dennoch kam er nie in die Nähe des Triumphators.
17:15: Jetzt kommt das nächste Minenfeld für Wetter, das Britannia Handicap über die Meile. 30 Pferde gehen an den Start und die Suche nach dem Sieger ist Roulette. Einer muss gewinnen: Ich wette Mutamaashi mit Tadhg O'Shea, stark gefragt werden Brief Encounter, Roman Republic und Desert Creek.
Klatschnass ist Rockhampton, der Ritt von Johnny Murtagh.
17:35: Diesmal saß Richard Hills auf dem richtigen Hamdan al Maktoum-Pferd, der 230:10 Außenseiter Fareer gewann nach einem klugen Ritt des oft kritisierten Jockeys das Lotteriespiel Britannia Handicap vor Secred Society, Mirrored und Espiritu. Trainer Ed Dunlop feiert damit nach langer Zeit mal wieder einen Sieg auf dem königlichen Turf.
Die beiden Experten rätseln, wer die Dame ist, die die Trophaen überreicht: Modell oder Schauspielerin, Geoff Lester meint jemand von den Pussycat Dolls. Daneben! Es ist eine Radfahrerin, die eine Medaille in Peking gewann...
17:45: Die Hampton Court Stakes, ein Listenrennen über 2000 Meter, steht bevor. Und die Frage ist: Warum lässt Aidan O'Brien Freemantle, Zweiter in den Dante Stakes und der Derby-Tipp von Pricewise in der Racing Post, im Listenrennen über 2000 Meter laufen. Freemantle steht 20:10, ich gehe allerdings mit Four Winds aus dem Formstall von Michael Bell. Die Besitzerin ist die Queen, da wird die Bude beben, wenn ihre Farben vorne sind. Und vielleicht werde doch noch zum Monarchisten, nachdem mir Enharmonic in den 90er Jahren schon einmal einen meinen besten Wetterfolge beschert hat.
18:08: Stewards Enquiry, in Deutschland würde der Sieger Glass Harmonium definitiv rausfallen, denn er schwenkte zum einen über die halbe Bahn und behinderte mehrere Pferde. Kurz vor dem Finish kam es noch zu einem Kontakt mit dem Zweitplacierten Cashelgar. Die zwei ATR-Experten meinen, dass die Placierung unverändert bleibt, Jockey Ryan Moore allerdings eine Sperre für rücksichtslosen Reiten bekommen würde. Noch ein zweiter Platz für Moore - es wäre definitiv nicht der Tag des Champions.
Die Enttäuschungen waren der 21:10-Favorit Freemantle und mein Tipp Four Winds. Ich werde doch nicht zum Monarchisten.
Die Experten hatten recht: Das Ergebnis bleibt, Moore und Michael Stoute haben endlich ihren ersten Sieg.
18:25: Letztes Rennen und eigentlich das einzige, wo ich auf zwei Pferde richtig Lust habe: Chiberta King und Brunston. Schauen wir mal, ob sie einen schlechten Tag noch aufhellen können. Favorit im King George Handicap ist allerdings Zarinski aus dem Stall von Derbygewinner John Oxx, der Sohn von Aidan O'Brien reitet Johann Zoffany.
18:40: Es ist unglaublich und passt zu meinem Wetttag. Chiberta King wird Zweiter, geschlagen von einem 800-Schuss namens Cosmic Sun, einige Kilo aus dem Handicap. Wobei Jockey Paul Hanigan und Trainer Richard Fahey eine hervorragende Saison haben und es auch verdient haben. Völliger Schrott war allerdings der Ritt von Alan Munro auf Brunston, der im Mittelfeld unzählige Male den Weg versperrt fand.
Pferd des Tages ist natürlich der unglaubliche Yeats.
uknig22 am 18. Juni 09
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Royal Ascot: Ein englisches Spektakel
Einmal im Jahr berichten auch Zeitungen über Galopprennen, die ansonsten diesen so großartigen Sport weitgehend ignorieren. Das ist meist Mitte Juni der Fall, wenn an fünf Tagen das königliche Rennfestival auf der Galopprennbahn im englischen Ascot stattfindet. Im Mittelpunkt steht dabei nicht der Sport: Über die Ergebnisse der Rennen oder die sportlichen Höhepunkte der Woche erfährt der Leser jedoch so gut wie gar nichts im Sportteil seiner Tageszeitung.
Zielgruppe sind die Leute, die sonst
Bunte, Gala oder
Das Goldene Blatt konsumieren, meist kommt dabei ein Text der Rubrik Vermischtes wie
dieser aus der
Welt zustande, der von Klischees nur so strotzt. Vielleicht sollte jemand dem Autoren oder der Autorin auch mal erklären, dass beim Galopprennbahnen die Pferde nicht wie in der Formel 1 60 oder 70 Runden um die Bahn absolvieren müssen.
Die Rennen in Royal Ascot sind eben ein gesellschaftliches Ereignis, das wie Wimbledon und die Henley-Regatta zum Sportsommer der britischen Oberschicht gehört. Auf der Bahn in Berkshire treffen sich Alt- und Neureich (die in diesem Jahr weniger wegen Rezession und Finanzkrise). Es gibt einen strikten Dresscode, nirgendwo anders auf der Welt sieht man so viele Männer eingezwängt in Frack und Zylinder. Und natürlich geht es um den schönsten Hut und das schrägste Outfit bei den Ladies. Selbst die BBC hat zum Schrecken aller Rennsport-Anhänger einen Modeexperten in ihrem Team.
Damit sich nicht zu viele Plebs in den Oberschicht-Bereich verirren, sind die Eintrittspreise happig. Schlappe 56 Pfund kostete der Eintritt in den Tattersalls-Bereich am Royal Ascot-Mittwoch. Wer es billiger haben möchte, für den bleibt nur der eingezäunte Silver Ring. Für 16 Pfund Eintritt muss der Besucher allerdings mit einem Platz weit weg vom Geschehen und ohne Zutritt beispielsweise zum Führring zufrieden sein. England ist auf seinen Rennbahnen besonders im Süden immer noch eine Klassengesellschaft.
Edle Vollblüter vor vollen Rängen: Das ist Royal Ascot
Foto: Ascot
Ich selber würde nie auf die Idee kommen, mir die Rennen während Royal Ascot einmal live vor Ort anzuschauen, obwohl ich immer für englische Rennbahnen zu haben bin und auch schon in Ascot war. Das ist mir alles zu britisch – und scharf darauf, einer älteren Dame in Pastelltönen zuzuwinken, die vor den Rennen in einer Kutsche mit ihrem knorrigen Gatten die Runde macht, bin ich nicht unbedingt.
Die Rennen aber sind sportlich alle erste Güte, an den fünf Tagen trifft sich die Galoppsport-Oberklasse. Herausragende Leistungen gab es schon an den ersten beiden Tagen – so zum Beispiel die des australischen Sprinters
Scenic Blast, der die King’s Stand Stakes über 1006 Meter souverän gewann. Ob das ungarische Wunderpferd
Overdose eine Chance gehabt hätte? Schwer zu sagen, vielleicht hätten sie sich einen packenden Kampf geliefert.
Den gab es dann wirklich: In den St. James Palace Stakes (Gr.I) siegte der Ballydoyle-Schützling
Mastercraftsman nach eben so einem packenden Zweikampf gegen
Delegator. Die Pferde aus dem Stall von Aidan O’Brien zählen zwar zu den absoluten Blaublütern im Vollblutsport, allerdings besitzen viele von ihnen – erinnert sei an den großartigen
Giant's Causeway – auch einen unbändigen Siegeswillen. Mastercraftsman passt in diese Kategorie: Wie er eine schon verloren geglaubte Partie noch umbog, das war spektakuulär.
Am zweiten Tag ging ein Hauptereignis, die Prince of Wales Stakes, an den Franzosen
Vision D’Etat, der den favorisierten
Tartan Bearer besiegte. Ohne Chance war
Estejo aus dem deutschen Quartier von Ralf Rohne, der als Letzter über die Ziellinie kam.
Im Royal Hunt Cup, einem dieser wunderbar/fürchterlich schweren Handicaps, gewann seit Ewigkeiten mit
Forgotten Voice mal wieder der Favorit.
Die Geschichte der ersten beiden Renntage schrieben allerdings zwei amerikanische Gäste: Trainer Wesley Ward und Jockey John Velasquez. Ward brachte nicht nur den Sprinter
Cannonball (der chancenlos war) mit nach Europa, sondern auch mehrere Zweijährige, die zum ersten Mal in ihrem Leben statt Dirt-Track Gras sahen. Zwei liefen, zwei gewannen imponierend:
Strike The Tiger und
Jealous Again erwiesen sich als viel zu stark für ihre Gegner. Und morgen läuft der nächste Ward-Youngster.....
uknig22 am 18. Juni 09
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Der Galopper der Woche: Alrescha
Es ist sein Stil, der ihn fast zum Kult auf Deutschlands Galopprennbahnen macht: Im Schlussbogen fast hoffnungslos zurück, rückt der Wallach in der Gerade Schritt für Schritt nach vorne und hat am Ende die Nase vorn, fast immer nur mit den Händen geritten.
Die Rede ist von Alrescha, unserem Galopper der Woche. Der fünfjährige Wallach gewann mit dem Max von Oppenheim-Erinnerungsrennen in Köln bereits sein sechstes Rennen bei 12 Starts in diesem Jahr und ist zweifellos ein heißer Anwärter für den Titel „Handicapper des Jahres“. Fast 18 000 Euro verdiente er bereits 2009 für seinen Besitzertrainer Matthias Schwinn.
Die Kommentare in der Sport-Welt lauteten jedes Mal ähnlich. „Kam wieder vom letzten Platz kommend noch sehr leicht zum Sieg“, hieß es nach dem zweiten Sieg des Dictator’s Song-Sohnes in Baden-Baden. „Überlief aus dem Hintertreffen das Feld, kam noch leicht zum Sieg“, kommentierte das Fachblatt den Erfolg acht Tage vorher ebenfalls in Baden-Baden.
In Köln war es ähnlich: Im Schlussbogen hatte Susanne Schwinn Alrescha noch im Hintertreffen versteckt und arbeitete sich ohne Peitschenhilfe in der langen Kölner Zielgerade nach vorne. Am Ende wurde es zwar höllisch knapp, doch der Schwinn-Galopper hatte am Ende mit einem kurzen Kopf gegen Nazmir und Nice Land das glücklichere Ende für sich.
Mit dem Kölner Erfolg baute Alrescha seine Erfolgsserie aus: Von den letzten sechs Starts gestaltete der Wallach fünf erfolgreich, nur in Hassloch war er um eine halbe Länge geschlagen Dritter.
Es begann in Dortmund auf der Allwetterbahn, auf Gras folgten Erfolge in Mannheim, Zweibrücken, zweimal Baden-Baden und jetzt in Köln. Bei fünf der sechs Siege war Susanne Schwinn im Sattel.
Wie so viele Vollblüter, die bei Besitzertrainern landen, dauerte es etwas länger, bevor der Groschen fiel. Im Oktober 2007 war Alrescha für Trainer Christian Freiherr von der Recke einmal am Start gewesen, das Ergebnis war ein zweiter Platz über 1450 Meter auf der Sandbahn in Honzrath.
Ein Jahr später absolvierte er seinen ersten Start für Matthias Schwinn, der ihn auf längere Strecken umstellte. Die Geduld zahlte sich aus – am 21. Dezember 2008 gab es den ersten Erfolg auf Dortmunder Sand.
uknig22 am 16. Juni 09
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