Montag, 25. Juli 2011
Wie Sun und co. einen Schweizer Referee drangsalierten
Englands Tabloids schäumten vor Wut und hatten ihren Sündenbock nach dem Ausscheiden der englischen Fußballnationalmannschaft bei der EM 2004 gefunden: den Schweizer Referee Urs Meier. „Ursloch“ titelte Rupert Murdochs Sun (andere Quellen meinen, die Schlagzeile kommt vom Daily Star). Es war das Viertelfinale der Europameisterschaft 2004, England traf auf Gastgeber Portugal. Beide Teams lieferten sich ein packendes Match, es gab Torchancen auf beiden Seiten. Dann die 90. Minute: Englands Sol Campbell traf per Kopf, doch Meier gab das Tor nicht, weil John Terry vorher den portugiesischen Keeper Ricardo gefoult hatte. Die Three Lions verloren später – wie auch anders – im Elfmeterschießen und mussten nach Hause fahren. Und die Jagd auf den Schweizer Schiedsrichter begann.
Urs Meier, der spätere ZDF-Experte, hat jetzt im Interview mit dem Schweizer Sonntag verraten, mit welchen Methoden ihn englische Boulevardjournalisten unter Druck setzten. Allen voran die Sun aus dem Imperium von Rupert Murdoch – ihr Schwesterblatt News of The World schloss Murdoch jetzt bekanntlich nach diversen Abhörskandalen.

30 000 Pfund
„Sie haben ihr volles Geschütz auf mich gerichtet“, erklärte Meier in dem Interview. „Meiner Ex-Frau haben sie 30000 Pfund geboten, weil sie eine Story machen und mich in die Pfanne hauen wollten. Meinem damals 14-jährigen Sohn haben sie auf dem Schulweg abgepasst. Sie wollten wissen, von welcher englischen Mannschaft er Fan sei. Wenn er über seinen Vater rede, würden sie organisieren, dass er zu einem Spiel seiner Lieblingsmannschaft gegen Manchester United eingeladen werde.“
Die Sun veröffentlichte Meiers E-Mail-Adresse, am Morgen nach dem Spiel hatte er 16 000 Mails mit oftmals wüsten Beschimpfungen und sogar Morddrohungen von empörten Anhängern der Three Lions in seinem Posteingang. Meier: „Hätten wir mein Mail-Konto nicht aus dem Netz bekommen, wären es weit über eine Million geworden.“
Noch heute fühle er sich nicht ganz wohl, wenn er in eine Gruppe von Engländern gerate. Dabei hatte Meier eigentlich gar nichts falsch gemacht: Vom Fachblatt kicker erhielt er die Note 3, das Foulspiel von Terry gegen Ricardo im 5 m-Raum konnte man durchaus pfeifen.