Die Anspannung ist vorbei, das Deutsche Galopp-Derby 2011 (das
Rennvideo) ist Geschichte. Es ist der Tag danach und es war wie so oft im wichtigsten Ereignis des Turfjahres: Wieder nicht den Derbysieger getroffen, zuletzt war das übrigens
Adlerflug im Jahre 2007. Dabei habe ich den Sieger
Waldpark schon hoch eingeschätzt, nur gespielt habe ich andere Kandidaten. Entscheidend ist „eben auf’m Platz“: Da war auf weichem Boden in Hamburg-Horn Waldpark das eindeutig beste Pferd.
Es war ein großer Tag für Andreas Wöhler, dem Mann mit der besten
Trainer-Homepage im deutschen Turf. Denn er sattelte auch noch den Zweiten
Earl of Tinsdal und feierte damit einen legendären Doppelerfolg.
Auch Jockey Jozef Bojko wird seinen Enkeln (wenn er diese mal hat) noch von diesem Tag erzählen: Seit einer gefühlten Ewigkeit ist er in Deutschland, ritt früher unter anderem viel für das Quartier von Hubertus Fanelsa. Der Mann mit der Vorliebe für elegante Hutkreationen hat sich aus dem Rennsport zurückgezogen, seit geraumer Zeit ist Bojko nun zweiter Jockey hinter Eddie Pedroza im Wöhler-Stall. Wie immer hatte Pedroza die erste Wahl und entschied sich für den späteren Zweiten Earl of Tinsdal: Der lief großartig, untermauerte eindrucksvoll seinen Ruf als Pferd mit einem exzellenten „turn of foot“. Nur einer war an diesem Tag besser: der Stallgefährte Waldpark mit eben diesem Bojko im Sattel.
Der gebürtige Slowake hat ein Problem, was er mit anderen Jockeys aus dem ehemaligen Ostblock teilt: In Deutschland gelten sie höchstens als gute Jockeys für die kleinen Rennen, für die großen Prüfungen wird oftmals ein prominenter Reiter aus England, Irland odee Frankreich eingeflogen. Auch im Vorfeld hätten viele lieber einen ausländischen Top-Jockey auf Waldpark gesehen. Doch Trainer und Besitzer blieben stur und wurden belohnt. Bojko arbeitete sich im Horner Bogen nach vorne, ritt das perfekte Rennen, machte einfach alles richtig an diesem Tag. Und schon waren die Kritiker ruhig.
Es war zudem ein großer Tag für das Gestüt Ravensberg, den Besitzer des Derbysiegers. Ein
einst großer Name des deutschen Turfs, dessen Erfolge jedoch weit vor meiner Zeit lagen. In den letzten Jahren war es eher ruhig um die Vollblüter in den golden-blauen Farben. Das letzte richtig gute Pferd aus dem Quartier war
Wurftaube. Die Stute, einst trainiert von Harro Remmert, wurde mit den Jahren immer besser, gewann unter anderem Gerling-Preis und Deutsches St. Leger und lief besonders bei weichem Boden stark. Damit schließt sich der Kreis: Denn Waldpark ist der Sohn der Wurftaube und ihr bislang bester Nachkomme. Bislang brachte sie einige ganz ordentliche Pferde wie etwa den Steher
Waldvogel, aber ein Gruppe 1-Triumphator war noch nicht dabei. Waldpark kommt aus dieser berühmten W-Familie, in der es schon mal mit
Waidwerk und
Wilderer zwei Derbysieger gab.
Der Panther wurde zur Katze
Wo Sieger sind, sind die Verlierer nicht weit:
Brown Panther zum Beispiel, der Gast aus England. Jockey Richard Kingscote ritt ihn sehr offensiv von der Spitze aus, zum Schluss fehlten auf dem anstrengenden Boden die Reserven. Das sei eigentlich gar nicht der Plan gewesen, erklärte
Kingscote nach dem Rennen. Hätte das Pferd von Michael Owen bei etwas ökonomischerer Reitweise gewonnen? Kaffeesatzleserei, vielleicht waren die Gegner bei seinem überlegenen Sieg in Royal Ascot doch nicht so gut, es war ja nur ein Handicap. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf seine weitere Karriere. Brown Panther ist weitaus besser als seine Hamburger Form und wird noch für Aufsehen sorgen – jede Wette.
Lange Gesichter ebenfalls beim Gestüt Schlenderhan: Der „FC Bayern des deutschen Turf“ (so ein User des
Galopperforums, nicht nur die Farben passen ja durchaus zu den Münchenern) hatte einen Derbyjahrgang wie schon lange nicht mehr und stellte mit
Arrigo, Ibicenco und
Mawingo drei Top-Chancen. Das Ergebnis war enttäuschend: Von den fünf Startern endete Mawingo auf Platz 4 noch am besten, immerhin lag Stalljockey Adrie de Vries mit seiner Wahl richtig. Was auch kein echter Trost ist.
Nichts wurde es zudem mit der Turfmärchen namens Gereon: Das Pferd von Besitzertrainer Christian Zschache wurde zwar kräftig gewettet, endete aber geschlagen auf Platz 10. Der schlagzeilenträchtige Jockeywechsel von Georg Bocskai auf John Murtagh blieb ohne Erfolg.
Und dann waren da noch meine Wetttipps, letztendlich alle chancenlos: Brown Panther siehe Text oben, der Schlenderhaner Ibicenco lag eigentlich gut im Rennen, war aber einfach nicht gut genug. Dann war da noch meine Langzeitwette
Sommernachtstraum: Der war immerhin in Baden-Baden Zweiter hinter Waldpark, wurde sogar vom späteren Derbysieger etwas behindert. Im Derby kam er mit Nasenbluten aus dem Rennen und war letztlich völlig chancenlos. Und nichts wurde aus dem Sommernachtstraum zum Toto 200.