Mittwoch, 27. Oktober 2010
Der ewige Patient
Der Niedergang des einst so stolzen 1.FC Köln begann im Juni 1990, schrieben bereits die Autoren von „Hennes & Co. – Die Geschichte des 1.FC Köln“ und sie haben damit Recht. Es war die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 und der damalige FC-Präsident Dietmar Artzinger-Bolten, CDU-Politiker und Jurist, fuhr extra nach Italien und verkündete dort zur Überraschung aller die Entlassung des damaligen Trainers Christoph Daum. Warum er seinen Coach vor die Tür setzte, verriet Arztinger-Bolten im sonnigen Italien nicht.*
Denn unter Fußballlehrer Daum, zu dieser Zeit am Anfang seiner Laufbahn, hatten die Kölner erfolgreiche Jahre hinter sich. 1988 wurden sie Dritter, 1989 und 1990 sogar Vizemeister. Danach kam der Absturz: Von Daums Nachfolger Erich Rutemöller blieb nur das Zitat „Mach et Otze“ hängen – sportlich war sein Schaffen eher ein Flop. Danach gaben sich die Trainer in Köln quasi die Klinke in die Hand – unter anderem Jörg Berger, Morten Olsen, Stephan Engels, Peter Neururer oder Lorenz-Günther Köstner. Keiner war richtig erfolgreich und während andere Vereine in den Champions League richtig Geld verdienten, ging es in Köln nur noch abwärts.


Zumindest er wurde noch nie gefeuert beim FC: Geißbock Hennes

Die Kölner Medien spielten (und spielen) bei den Turbulenzen eine entscheidende Rolle. Zwei Boulevardblätter vor Ort bedeuten Unruhe. Besonders der Kölner Express, der sein Schicksal unabwendbar mit dem FC verbunden hat, macht Stimmung. So und so gibt es nur zwei Extreme: Himmel oder Hölle.
Es war immer das gleiche Bild bei den Trainerentlassungen: Die Mannschaft verlor und Bild und Express hatten den Schuldigen schnell ausgemacht. Der Kandidat wurde mit Schlagzeilen regelrecht weich geschossen, irgendwann reagierten die Verantwortlichen und schickten den Coach in die Wüste. Das Spiel begann von vorne: Ein neuer Übungsleiter kam mit neuen Ideen und Vorstellungen und durfte bei der ersten Krise wieder gehen.

Zwischen Himmel und Hölle
Nicht verwunderlich, dass dieser Dauer-Dilettantismus der Verantwortlichen 1998 zum Abstieg in die zweite Liga führte. Und seitdem ist der FC eine Fahrstuhlmannschaft, die zwischen erster und zweiter Liga pendelt – so wie Bochum oder Bielefeld. Dreimal Aufsteig, dreimal Abstieg in zehn Jahren – Trainer wie Lienen, Funkel, Schuster, Koller oder Latour versuchten in dieser Zeit ihr Glück und scheiterten.
Nur sind die Ansprüche in Köln andere: Viele meinen, dass der Traditionsverein FC einfach in die Spitzengruppe der Bundesliga gehört. 2007 kam Christoph Daum zurück und wurde gefeiert wie der Messias. Immerhin stieg Daum wieder auf und hielt den FC (mit wenig attraktivem Spiel) in der Liga. Mit der Rückkehr von Lukas Podolski sollte alles besser werden (der Express feierte die Rückkehr mit einer dicken Beilage), doch auch der „Prinz“ konnte die Wende nicht bewerkstelligen. Der FC ist derzeit Tabellenletzter, die Mannschaft spielt grauenhaft – und damit wiederholt sich das Spiel: Trainer Zvonimir Soldo musste gehen.
Sportlich durchaus nachvollziehbar. Die Bilanz ist verheerend, was aber nicht nur an Soldo liegt. In der Kritik steht zudem Manager Michael Meier, der schon in Dortmund ziemlichen Mist baute.
Wie immer in Köln wird mächtig spekuliert, tauchen unter anderem die Namen Meyer, Toppmöller oder Sammer auf. Erstmal soll es der bisherige U23-Trainer Frank Schäfer richten – viel Spaß kann man da nur wünschen.

*Der Spiegel schrieb 2000 in einem Artikel über die Kokain-Affäre von Christoph Daum: „Dietmar Artzinger-Bolten, ehemals Präsident des 1. FC Köln, nimmt die Berichte „mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis". Der Anwalt hatte Daum 1990 gefeuert, die Gründe blieben unklar. „Ich fühle mich bestätigt", sagt er jetzt, „daraus können Sie Ihre Schlüsse ziehen."