Sehe ich das richtig? Hat Jockey Mick Kinane, am 22. Juni 50 Jahre geworden, da eine Träne vergossen nach dem Triumph von Sea The Stars im Prix De L' Arc de Triomphe? Der sonst so coole Kinane, der in seiner langen Karriere alles gewonnen hat, was im Turf wichtig ist?
Ganz großes Kino, die BBC-Übertragung des Monster-Rennens aus Longchamp. Sea The Stars pullt am Anfang ganz wild, normalerweise ist das ein schlechtes Zeichen, wenn ein Pferd schon zu diesem Zeitpunkt seine Energie verbraucht. Kinane beruhigt den Hengst mit all seiner Routine, meistert im Rennen hypercool weitere knifflige Situationen, findet die Lücke und gewinnt das nächste Gruppe I-Rennen. "Too much petrol in the tank" analysiert Willie Carson das Rennen, einst selbst ein höchst erfolgreicher Jockey und haut dann noch ein richtiges Bonmot raus, als er die Reaktion von Kinane schildert, als dieser zum ersten Mal Sea The Stars ritt.
Bei aller Ekstase um Sea The Stars, der endgültig Aufnahme ins Reich der Turf-Legenden gefunden hat, verdient aber auch der tapfere Youmzain Applaus. Zum dritten Mal wurde der Galopper aus dem Stall von Mick Channon Zweiter im Arc - und das ist aller Ehren wert.
Am Ende war es eine Ein-Pferde-Show: Der fünfjährige Hengst Sassoaloro gewann überlegen mit vier Längen Vorsprung das 125. St. Leger auf der Galopprennbahn in Dortmund-Wambel und ist damit unser Galopper der Woche – trotz Sea The Stars oder Antara, denen noch mehr die Schlagzeilen an diesem Wochenende gehörten. Aber die beiden letztgenannten haben wir in dieser Rubrik ja schon vorgestellt.
Vor dem Rennen über die Marathondistanz von 2800 Meter war für mich Sassoaloro das große Fragezeichen im Rennen. Der 3. Platz aus dem hochdotierten Bosphorus Cup in Istanbul klang zwar nicht schlecht, doch der Sieger Halicarnassus ist zwar ein eisenharter Bursche, aber nach meinem Geschmack war er zu oft in englischen Gruppe- und Listenrennen geschlagen.
Viele Wetter hatten allerdings volles Vertrauen in den Schützling von Trainer Hans Albert Blume. Für 54:10 ging Sassoaloro ab – und als Jockey Terence Hellier plangemäß die frühzeitige Entscheidung suchte, war das Rennen schnell entschieden.
Für die Verantwortlichen war der Sieg keine Überraschung. „Wir sind mit großen Hoffnungen aus Köln angereist“, erklärte Alida Blume bei der Siegerehrung. Besonders nach dem Rennen in Istanbul war man im Blume-Lager optimistisch, weil der „Hengst dort zeigte, welches Potenzial er hat“, so die Tochter des Trainers.
Ein Siegertyp war er vorher aber nicht unbedingt: Den letzten Erfolg feierte Sassoaloro am 22. April 2007 in Köln, als er dort als Dreijähriger im Ausgleich 3 siegte. Damals trainierte ihn noch Andreas Wöhler – und in dessen Quartier galt er durchaus als Derbyhoffnung. Doch nach einem enttäuschenden vierten Platz im Bavarian Classic in München war die Dreijährigen-Saison beendet.
Beim Comeback im September 2008 war er dann Zweiter in Krefeld. Die Besitzer des Stalles Schwindelfrei entschieden sich für einen Trainerwechsel, seit Oktober 2008 hat Hans-Albert Blume das Pferd in seiner Obhut und schaffte im gleichen Jahr noch eine Placierung in einem französischen Listenrennen.
2009 ist offensichtlich der Knoten geplatzt. Davon zeugen der vierte Platz im Preis der Badischen Unternehmen, der dritte Rang in der Bosphorus-Trophy und jetzt der überlegene Erfolg im St. Leger.