„Ruhrpottler“ soll den HSV erwecken
Er wird wissen, was er sich da antut: Thorsten Fink wird neuer Trainer des krisengeplagten Fußball-Bundesligisten Hamburger SV und verlässt damit die beschauliche Schweiz. Wobei so ruhig dürfte das Arbeiten beim FC Basel, dem Topklub der Eidgenossen, auch nicht gewesen sein. Erfolgreich war er zumindest dort: 2010 und 2011 Schweizer Meister, 2010 zudem Schweizer Pokalsieger.
In der Alpenrepublik ist man voll des Lobes über den 43jährigen. „Fink gewinnt nicht nur Titel, er lässt sogar noch einen spektakulären Fußball spielen“, zitiert der kicker Marcel Rohr, den Sportchef der Basler Zeitung. Der FC Basel untermauerte das zuletzt mit einer eindrucksvollen Vorstellung in der Champions League bei Manchester United, als das Team erst in der Schlussphase das 3:3 kassierte und Fink quasi den Trainer-Ritterschlag in Form eines Lobes von Alex Ferguson erhielt. „Ich habe in zweieinhalb Jahren kein schlechtes Wort über den Trainer gehört. Das habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt“, meint Alex Frei, einst in Diensten von Borussia Dortmund, über den gebürtigen Dortmunder.
Beim HSV, dem letzten Gründungsmitglied der Bundesliga, erwartet ihn eine schwierige Aufgabe. Dem Bundesliga-Dino droht der Abstieg und wie ein Absteiger präsentierte sich die Mannschaft auch in den ersten sieben Spielen. Zehn Trainer haben die Hanseaten in den letzten zehn Jahren verschkissen, zuletzt musste Michael Oenning gehen, der diesen Job auch erst seit März 2011 innehatte.
Spätestens nach dem Abgang von Dietmar Beiersdorfer leistete sich die HSV-Führungsspitze Peinlichkeiten im Dauerpack.
Seit Sommer ist der neue Manager Frank Arnesen da, die Mannschaft befindet sich im Neuaufbau. Der verläuft allerdings schwierig: Die etablierten Spieler wie etwa Aogo, Westermann, Janssen, Jarolim oder Petric enttäuschten bislang, die geholten Nachwuchsleute kommen so in ein nicht funktionierendes Mannschaftsgefüge. „Ich bin ein echter Ruhrpottler, ich habe gelernt zu kämpfen“, sagt Thorsten Fink.

Technisch gut, aber zu weich
Und damit sind wir bei dem, was Fink für diese Kolumne interessant macht. Denn ich verfolge den Weg des einstigen Mittelfeldspielers schon seit seinen Anfängen bei Borussia Dortmund. Besonders intensiv seit Ende der achtziger Jahre, nachdem ein Studienkollege, der Thorsten Fink aus der Berufsschule kannte, diesen als „arroganten, hohlen Schönling“ bezeichnete.
Fink begann seine Karriere beim längst vergessenen Dortmunder Vorortklub Roland Marten (der 1993 mit dem etablierten Ortsrivalen Arminia fusionierte) und wechselte dann zu Borussia Dortmund. Dort wurde er deutscher B-Juniorenmeister, spielte in der Jugend und in der Amateurmannschaft (die damals auch noch so hieß). Er galt damals als „technisch begabt, aber zu weich“, den Sprung ins Profiteam schaffte er nicht.
Erst bei Wattenscheid 09 gelang ihm der Durchbruch in der Bundesliga, etablierte sich beim Karlsruher SC und setzte sich dann überraschend beim FC Bayern München durch. Der FC Bayern hatte damals eine völlige „Unsympathentruppe“ mit Matthäus, Kahn, Effenberg oder Jancker, die ich regelrecht gehasst habe. Weil sie so erfolgreich waren, weil sie so arrogant auftraten, weil der BVB zu diesem Zeitpunkt mit den Bayern konkurrierte - vieles sprach dafür, den bayerischen Klub nicht zu mögen. Jedenfalls gewann er mit den Münchenern 2001 die Champions League, war aber auch maßgeblich am berühmten 1:2 gegen Manchester United im Champions League-Finale 1999 beteiligt.
Als Trainer ist Fink in Deutschland kaum zu bewerten: Er stieg zwar mit dem FC Ingolstadt 04 2008 in die 2. Liga auf. Im April 2009 wurde er dort allerdings nach einer Negativserie gefeuert, die Ingolstädter stiegen dennoch ab.
Fink bevorzugt den Offensivfußball. Das erstaunt wiederum, weil einer seiner Lehrmeister in Salzburg Giovanni Trappatoni war. Und der gilt nun wahrlich nicht als Prophet der gepflegten Attacke.