Es sind die kleinen Dinge, die irgendwie den Zustand des deutschen Galopprennsports dokumentieren. Zum Beispiel der Live-Stream von den deutschen Galopprennbahnen, der die Rennen zu den Buchmachern und Internet-Usern überträgt. Genauer gesagt: der Ton, der hier schon lange nicht mehr die Musik macht. Denn wenn Manfred Chapman, Pan Krischbin und co. schweigen, dann krächzen leise andere Stimmen im Hintergrund. Ist es der Traberkanal? Keine Ahnung, aber ich vermute es mal stark. Das Ganze klingt so wie früher bei einem guten alten Kofferradio, wenn man Radiostationen gesucht hat und diese nicht genau getroffen hat. Nur das es permanent rauscht.
Und wenn sich der Sprecher aus der Zentrale mal einschaltet, dann kündigt sich das mit einer leichten Rückkoppelung an. Zwischendurch wird dann mal laut Tobias Sosundso gesucht, der sich im Büro melden soll, unterhalten sich irgendwelche Leute, atmet jemand schwer und nährt Befürchtungen, dass der Notarzt nicht fern sein sollte. Neu ist das Problem nicht, aber offensichtlich interessiert es keinen. Nennen wir es einfach einmal mal amateurhaft – die Außenwirkung ist allerdings fatal.
Neulinge dürften auch nicht unbedingt von den Bildern fasziniert sind. Zwei (?) Kameras, die das Renngeschehen aus der Ferne dokumentieren, willkürliche Bilder aus dem Führring – das Ganze erinnert an frühere Dia-Abende von Foto-Amateuren, die ihre Urlaubserlebnisse zeigen. Dummerweise ist die Konkurrenz von Racing UK und Attheraces nur ein paar Streams entfernt. Dort kann der User dann sehen, wie professionelles Renn-TV im 21. Jahrhundert aussieht.
Immerhin unterhält German Racing jetzt eine Seite bei facebook. Und der eigene Internetauftritt sieht auch nach Digitalzeitalter aus.
Erster Erfolg beim ersten Lebensstart: Ronja gewinnt beeindruckend zweijährig in Krefeld. Ein größerer Sieg könnte folgen: Sie ist die Favoritin dieser Kolumne für die German 1000 Guineas.
Wer hat an der Uhr gedreht? Noch sind die Hindernis-Festivals in Punchestown und Aintree nicht ganz verarbeitet, stehen schon auf der Flachen die ersten Klassiker auf dem Programm. Den Auftakt in Deutschland machen wie immer die dreijährigen Stuten, die sich auf dem Düsseldorfer Grafenberg zu den 90. German 1000 Guineas (Gr. II, 1600 Meter) versammeln.
Es ist eine Prüfung, in der es hinterher bei den Favoritenwettern oftmals lange Gesichter gab, weil ein Außenseiter triumphierte. 2008 etwa hatte Briseida als vermeintlich dritte Schiergen-Farbe zum Kurs von 212 die Nase vorn, Shapira aus dem Stall von Trainer Andreas Löwe gewann 2004 sogar zum Kurs von 524.
Kein Zweifel: Das Rennen ist schwierig. Dreijährige Stuten, von denen sich viele über Winter verbessert haben, sind schwer prognostizierbar. Hinzu kommt der enge Düsseldorfer Kurs, der nicht jedem Pferd behagt.
Frontrenner haben auf der Grafenberger Bahn eine gute Bilanz. Siehe 2009, als Penny’s Gift den Sieg nach England ins Quartier von Richard Hannon mitnahm. Noch eindrucksvoller war 2007 der Erfolg von Mi Emma, die ihre Gegnerinnen regelrecht aus den Hufen galoppierte.
Andreas Wöhler trainierte Mi Emma und Wöhler ist auch zuständig für die wahrscheinliche Favoritin Neon Light. Die Stute aus dem Stall Titan ist nach zwei Starts noch ungeschlagen und imponierte 2009 besonders im Preis der Winterfavoritin, dem wohl besten deutschen Rennen für zweijährige Ladies. Und genauso wie Mi Emma mag Neon Light Rennen von der Spitze. Wenig aussagekräftig ist die Tatsache, dass die Stute Jahresdebütantin ist. Denn die Dreijährigen aus dem Wöhler-Quartier zeigten sich bei ihrem ersten Start bislang in großartiger Verfassung – nicht nur optisch.
Top-Zweijährige gegen Aufsteigerinnen
Danach folgt im Wettmarkt Vanjura aus dem Quartier von Roland Dzubasz in Hoppegarten. Auch sie zählte zweijährig zu den Spitzenstuten des Jahrgangs, gewann drei Rennen und unterlag in Baden-Baden nur Zazou, dem zur Zeit wohl besten Hengst des Jahrganges und zuletzt leicht im Busch-Memorial erfolgreich.
Zu den Aufsteigerinnen im Jahrgang gehört hingegen Ronja aus dem umtriebigen Stall Domstadt. Zweijährig einmal überzeugende Siegerin, gewann sie mit viel Speed den Henkel-Stutenpreis und schlug dabei mit dem englischen Gast Kinky Afro, Reine Heureuse, Prakasa, Devilish Lips, Artica sowie Genovesa Gegnerinnen, auf die sie am Samstag wieder trifft. Zugegeben, es war höllisch knapp auf den ersten Plätzen, doch wie Ronja aus fast unmöglicher Position beschleunigte, das sah richtig nach Rennpferd aus. Von den Kandidatinnen, die hinter ihr waren, schätze ich Reine Heureuse ziemlich hoch ein, zumal die Ostmann-Pferde ihren ersten Start traditionell meist noch brauchen. Urteil: Was Egon nicht für den Stall Domstadt schaffte, könnte Ronja gelingen – einen Sieg in einem klassischen Rennen. Die Gegnerinnen sehe ich in Neon Light, Vanjura und Reine Heureuse. Für den Kurs von 140:10 ist der englischen Gast Kinky Afro definitiv eine kleine Wette wert.
Gelungene Überraschung am Sonntagabend: Die Bild am Sonntag hat auf ihren Mittelseiten immer eine Rubrik „Das sprechende Foto“, wo auf einer Doppelseite allerhand Wissenswertes zu einem bestimmten Foto präsentiert wird. Und wen zeigen die Macher von „Europas größter Sonntagszeitung“ diesmal ihren Millionen von Lesern? Es ist Overdose, das einstige „Wunderpferd“ über Sprintdistanzen, der Stolz Ungarns, dessen Erfolgsweg im vergangenen Jahr so früh durch diverse Verletzungen endete.
Gut, die Überschrift „Das schnellste Pferd der Welt“ ist reichlich boulevardesk übertreiben – mangels Gelegenheit, weil er ja verletzt war, konnte der Hengst von Besitzer Zoltan Mikoczy das 2009 nicht unter Beweis stellen. Verdammt schnell war „The Budapest Bullet“ allerdings schon bei seinen zwölf Starts, die er allesamt spektakulär gewann.
Und auch sonst erfährt der geneigte Leser einiges Wissenswertes. Zum Beispiel dass Overdose
• in sechs Sekunden auf 65 Stundenkilometer kommt
• die 1000 Meter in 54,4 Sekunden schafft, nur der mexikanische Gabelbock ist laut BamS auf dieser Distanz schneller
• zweimal täglich Hafer, Äpfel, Karotten, Gras und zusätzliche Vitaminportionen erhält und sein Trinkwasser mit Traubenzucker und Mineralstoffen ergänzt wird.
• eine perfekte Hinterhand hat, die ihn beim Sprinten mit Kraft und Schnelligkeit antreibt. Denn „der Arsch ist der Motor beim Pferd.“
Schöne PR für den ersten Renntag der Saison am 4. April (Ostersonntag) in Hoppegarten. Denn auf der Parkbahn vor den Toren Berlins trainiert Trainer Sandor Ribarszki inzwischen – und dort wird Overdose zwar nicht an dem Renntag laufen, aber den Besuchern als besondere Attraktion vorgestellt. Die Pressekonferenz fand schon einmal standesgemäß in der ungarischen Botschaft in Berlin statt.
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Der größte Erfolg, der keiner war: Overdose gewinnt im Oktober 2008 den Prix De L'Abbaye (Gr. I) in Paris-Longchamp. Wegen eines angeblichen Fehlstarts wurde das Rennen aber am Ende der Karte noch einmal gelaufen. Nur diesmal fehlte der Hengst.
Böse Zungen behaupten ja, jetzt habe das Elend endlich ein Ende. Am Samstag fand auf der Galopprennbahn in Dortmund der letzte Renntag des Winters auf dem Allwettergeläuf statt. Und damit Zeit für eine kleine Bilanz der Winterrennen 2009/2010 auf den Rennbahnen in Dortmund und Neuss.
In schlechten Zeiten ist man schon mit ganz wenig zufrieden: 108 500 Euro in sieben Rennen betrug das Umsatzergebnis am Samstag in Dortmund, das sind pro Rennen im Schnitt 15 500 Euro. Viel ist das nicht und ein Lächeln werden diese Zahlen nicht unbedingt in die Gesichter der Verantwortlichen zaubern. Obwohl die Ziele nicht gerade hoch waren. „Wenn wir einen Schnitt von 18 – 19 000 Euro pro Rennen halten können, bin ich schon zufrieden. Wichtig wäre es, dass die Zahlen nicht weiter nach unten gehen“, hatte Hans-.Hugo Miebach, Präsident des Dortmunder Rennvereins, im November gegenüber GaloppOnline betont.
Schnee und Eis auf der Dortmunder Rennbahn: Wo im Sommer dichtes Gedränge herrscht, war im Winter viel Platz
Zum Glück aber gibt es die Optimisten im Hause GaloppOnline. „In diesen Zeiten sicher gar nicht mal so schlecht das Ergebnis (die 108 500 Euro)“, fabulierten die Experten. Wichtig sei vor allem, dass wieder die 100 000 Euro Schallmauer durchbrochen wurde.
Und die findigen Leute von GaloppOnline kennen auch den Schuldigen: Das Wetter – es war nämlich ein richtiger Winter mit Schnee und Eis – hat die Umsatzzahlen in Neuss und Dortmund vermasselt. Zu ihrer Ehrenrettung: Natürlich hat GaloppOnline teilweise Recht. „Die teilweise schwachen Umsatzergebnisse vor allem im Dezember und Januar sind darauf zurückzuführen, dass eben wenige Zuschauer auf die Rennbahnen gefahren sind“, sagt auch Andreas Tiedtke, Geschäftsführer der Besitzervereinigung und zuständig für die Winterrennen. Weil eben Schnee und Eis die Anreise erschwerten.
Neusser Fehlstart
Nichtsdestotrotz sind die Zahlen erschreckend: Nur einmal (am 27. Dezember 2008) wurde in Dortmund die 200 000-Marke überschritten, in Neuss bleib man nach dem Umbau deutlich unter früheren Umsätzen. Genaue Zahlen nennt Tiedtke nicht, doch die Gründe für das Neusser Desaster dürften mit den Bedingungen auf der Bahn zusammenhängen, die offensichtlich viele Besucher von einem Besuch abschreckte.
Und es ist nicht nur das Wetter. Ich habe großen Respekt für Besitzer und Trainer, die bei schwierigen Straßenverhältnissen aus Ostdeutschland oder dem Südwesten anreisen und damit die Rennen am Leben halten. Aber immer die gleichen langsamen Pferde gegeneinander laufen zu sehen, ist nicht gerade prickelnd. Sportliche bessere Rennen müssten also her – in der Realität hatten die Veranstalter manchmal Mühe, selbst einen Ausgleich 3 zu besetzen. Ein Ausgleich 2 oder Ausgleich 1 auf Sand ist derzeit Utopie, weil die Dotierungen zu niedrig sind und die Trainer ihre startfertigen Pferde lieber bei den besser dotierten Rennen in Frankreich satteln.
Es ist ein Teufelskreis, dennoch fehlt ein sportlicher Höhepunkt zum Abschluss wie der Sandbahn Grand Prix in Neuss oder das englische Winter Derby in Lingfield, am besten mit einem finanzkräftigen Sponsor. Naives Wunschdenken? Mag sein, aber im Internet oder beim Buchmacher ist die Wettkonkurrenz aus anderen Länder inzwischen groß. Und dagegen hat der deutsche Turf derzeit keine Chance.
Buchmacher Simon Springer schlägt zurück. Ein interessantes Interview, das da die Kollegen von Turfcast da mit dem Chef von OneXtwo führten. Weil es endlich mal Antworten aus dem Buchmacher-Lager gibt, die manche Dinge in ein anderes Licht rücken - und das von jemanden, der seit über 30 Jahren im Geschäft ist. Denn für einige Hardliner aus dem deutschen Galopprennsport gelten die Buchmacher als die Totengräber des Sports, weil ihre Wettumsätze nicht mehr in den Totalisator gehen, sondern steuerbegünstigt bei irgendwelchen Tochtergesellschaften in Kroatien oder auf Gibraltar landen und sie damit für die immensen Umsatzeinbrüche des Sports verantwortlich seien. Ein beliebter Sanktionsvorschlag ist der Entzug der Livebilder von deutschen Galopprennen, nach dem Motto: Ohne unsere Bilder kann er seinen Laden so und so dicht machen.
Springer hat genau dies getan: Nicht den Laden dichtgemacht, aber seit dem 1. März zeigt er keine deutschen Rennen mehr auf seiner Internetseite onextwo.com.
..die Gründe dafür: „…..im Vergleich zum Anfang vor nunmehr fast vier Jahren, als wir die Bilder erstmalig auf unserer Internetseite gezeigt haben, hat sich der Preis mittlerweile fast verzehnfacht, ohne dass die Qualität des Produktes und das Interesse der Kunden am Produkt in auch nur annähernder Größenordnung gestiegen wäre, leider ganz im Gegenteil .“
…Beispiele: „Wir hatten am 28.2. mehr Umsatz auf Le Lion d’Angers (ohne Bilder !) als auf Dortmund. Am Sonntag davor deutlich mehr Umsatz in zwei Rennen aus St. Moritz (ohne Bilder !) als auf die Rennen in Neuss. Oder anders ausgedrückt – der Umsatz auf die Rennen in Neuss hat nicht mal 10% unseres Tagesumsatzes ausgemacht, und dies an einem Tag, wo insgesamt nach Absage aller englischen Rennbahnen das gesamte Wettangebot am Nachmittag nur aus 8 Rennbahnen bestand.“
…wie sieht es im Shopbereich aus?: „Wir prüfen derzeit, wie wir weiter verfahren werden und stehen diesbezüglich in Verhandlungen mit dem DVR. Auch bei den Bildpreisen im Shopbereich gilt das gleiche wie im Internet: die Rentabilität des Produktes und die allgemeine Entwicklung in der Branche konnte den Preisanstieg in keiner Weise rechtfertigen.“
Springer bezieht sich zwar auf die Winterrennen und mich würden mal Zahlen für den Sommer interessieren. Dennoch: Der Umsatzeinbruch im deutschen Galopprennsport resultiert nicht nur aus der Tatsache, dass die Bookies am Totalisator vorbei vermitteln. Der Wetter hat im Gegensatz zu früher die Qual der Wahl, die deutschen Rennen sind gegenüber der ausländischen Konkurrenz weniger attraktiv. Weil sie dünn besetzt sind, weil die Quoten schlechter sind…. Und gerade die jüngere Generation, die das Internet nutzt, kennt da keinen falschen Patriotismus. Ich sehe das doch selbst an meinem eigenen Wettverhalten: Fast 90 Prozent meiner Wetten mache ich in England und Irland, in Deutschland eigentlich nur noch, wenn ich selbst auf der Bahn bin. Ausnahmen sind nur die Meetings in Baden und Hamburg, wobei ich dort auch nicht jeden Renntag verfolge.
…Springer zum Vorwurf, dass die Buchmacher verantwortlich für den Niedergang des deutschen Galopprennsports sind Die Branche, die immer wieder verteufelt wird, hat in den letzten 15 Jahren sicher mehr für den Sport getan als so mancher „Insider“, der mit in diesen Gesang einstimmt. Nichts leichter, als andere dafür verantwortlich zu machen, dass man selbst jahrelang schlecht gewirtschaftet hat und die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollte. …. Einige Rennbahnen würden heute sicher nicht mehr existieren, wäre nicht die permanente Unterstützung durch meine Kollegen und mich erfolgt, so zB. durch Jackpots, Sponsorings und das Bereitstellen eines funktionierenden Netzes von stationären Wettannahmen. Die Summe hierfür lässt sich sicherlich mit einem zweistelligen Millionenbetrag beziffern.
Da jetzt der Sport ja selbst in die „goldene“ Branche eingestiegen ist, die seit Jahren verteufelt wird, hat er nun selbst die Möglichkeit festzustellen, wie leicht sich das Geld hier verdienen lässt.
Es ist selten, dass ein deutsches Hindernispferd der englischen Fachzeitschrift Racing Post eine Notiz wert ist, wenn es seine aktive Laufbahn beendet. Der zehnjährige Wallach Fiepes Shuffle hat sich diese Auszeichnung aber redlich verdient: Sein Erfolg im Dezember 2008 in der Desert Orchid Chase, einem Grade II-Rennen über zwei Meilen, auf der Rennbahn in Kempton war der größte Erfolg eines deutschen Pferdes in der Hochburg der europäischen Hindernisrennen.
„Er war nicht so verrückt an den Hindernissen“, erklärte sein glücklicher Trainer Christian von der Recke nach dem Rennen. Und bezog sich auf das Rennen vorher in Sandown, als der Wallach in guter Haltung gestürzt war, weil er etwas übermotiviert ein Hindernis anging. Allerdings kam ihm auch der flache Kurs in Kempton entgegen: Dort schlug er Start-Ziel als 16:1-Aussenseiter mit Jamie Moore im Sattel immerhin Petit Robin aus dem Stall von Nicky Henderson. Im geschlagenen Feld endete ein gewisser Twist Magic, der an diesem Tag völlig indisponiert wirkte.
Bereits im April des Jahres hatten Fiepes Shuffle und von der Recke für Aufsehen auf der Insel gesorgt, als der Wallach Dritter in der Celebration Chase wurde – übrigens hinter dem ansonsten immer etwas rätselhaften Andreas, der an diesem Tag aber sein Phlegma einfach mal vergaß.
Dass der Big Shuffle-Sohn einmal die Hindernis-Szene aufmischt, hätte sein Besitzer Gerd Zimmermann, dessen Pferde unter dem Namen Stall Jenny laufen, anfangs wohl kaum gedacht. Denn Fiepes Shuffle war ein frühreifer und schneller Zweijähriger, gewann unter der Obhut von Mario Hofer zwei frühe Rennen in Baden-Baden und Hamburg und lief danach immer in ziemlich guter Gesellschaft in Baden-Baden, Maisons Laffitte und Doncaster.
Dreijährig reihte sich Fiepes Shuffle schnell in die Riege der besten deutschen Sprinter ein. Höhepunkt war der Sieg im Volkswagen-Großen Preis von Berlin in Hoppegarten, dazu kamen weitere Placierungen.
Schnell top
2004 ging es auf der Flachen allerdings nicht richtig weiter und da Gerd Zimmermann ein der wenigen Förderer des in Deutschland ziemlich darbenden Hindernissports ist, wechselte er auf die Hürdenbahn und kam zu Christian von der Recke.
Dort entpuppte sich Fiepes Shuffle als ziemliches Talent, gewann seine ersten drei Rennen sowohl über die kleinen Hürden als auch die großen Jagdsprünge.
In der kleinen Phalanx deutscher Hindernispferde nahm er schnell eine Spitzenstellung ein. 21 Rennen bestritt der Frontrenner insgesamt über die Sprünge: 11 mal davon kam er als Sieger zurück.
Und es hätten durchaus noch mehr Rennen und Siege sein können, wenn er nicht durch Verletzungen ziemlich beeinträchtigt gewesen wäre. Die Jahre 2005 und 2007 konnten die Verantwortlichen so ziemlich streichen. Und auch 2009 war er nur einmal am Start. Und die Vorstellung in Dortmund, wo Fiepes Shuffle – jetzt wieder bei Mario Hofer – 40 Längen hinter dem Sieger blieb, war der etwas ernüchternde Schlusspunkt einer ansonsten hocherfolgreichen Karriere.
Es ist wieder die Zeit der Stallparaden in der Sport-Welt. In der Freitag-Ausgabe stellte das Fachblatt die aktiven Galopprennpferde der Trainer Andreas Trybuhl (Köln), Reiner Werning (Dortmund) und John David Hillis (München) vor. Wenn man die Daten mit den Vorjahren vergleicht, dann wird einem erst richtig bewusst, wie ernst die wirtschaftliche Situation im deutschen Galopprennsport ist.
Zum Beispiel bei der Anzahl der im Training befindlichen Vollblüter: Andreas Trybuhl in Köln-Weidenpesch hat 2010 laut aktueller Stallparade nur noch 32 Pferde im Stall, zum Vergleich: 2004 waren es noch 52 Pferde (Quelle Sport-Welt Special 2004), 2007 sogar 56 (Quelle Sport-Welt Special 2007). Das sind mehr als 20 weniger als vor drei Jahren – 2007, einem Jahr, wo viele dachten, schlechter kann die Lage gar nicht mehr werden. Logische Konsequenzen dieser Entwicklung: geringere Trainingsgelder durch die Besitzer, sinkende Einnahmen für den Trainer. Wie Trybuhl geht es vielen seiner Kollegen.
Lucky Strike
Dabei ist das ein Quartier, das durchaus erfolgreich agiert: In den Jahren 2000 bis 2005 ging es aus kleinen Anfängen richtig aufwärts; besonders die Sprinter wie Areion, Soave und natürlich der unverwüstliche Lucky Strike sorgten für Furore. Die Zahl der Siege 2009 lag zwar deutlich hinter dem Top-Jahr 2005, dennoch weist Trybuhl immer noch ein gutes prozentuales Verhältnis Starts – Siege auf (Quelle DVR).
Noch ein Trend zeigt sich im Trybuhl-Stall deutlich, der die mangelnde wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Galoppsports hierzulande dokumentiert: Fünf seiner 26 Erfolge 2009 feierte der 47jährige in Frankreich. Wirtschaftlich lohnt sich das für Trainer und Besitzer, weil die Preisgelder auf den französischen Bahnen deutlich höher sind.
Für die Attraktivität der Rennen auf Deutschlands Bahnen ist das allerdings schlecht: Denn die Pferde, die in unserem Nachbarland triumphieren, haben oft Ausgleich I und Ausgleich II-Niveau. Diese Handicaps der höheren Kategorie waren früher häufig richtige Wettrennen mit einer Vielzahl von Formpferden. Heute kommen sie hingegen oft gar nicht mehr zustande, weil sie durch die geringeren Preisgelder wenig attraktiv sind und es für Vollblüter dieser Klassen Alternativen gibt. Und darum sind in Deutschland eigentlich nur noch die Handicaps der unteren Kategorien quantitativ ausreichend besetzt.
Es ist geschafft. German Racing hat die benötigte Summe von vier Millionen Euro zusammen, berichtet GaloppOnline. Über 400 Investoren haben sich nach Aussage des Vorstandes des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR) beteiligt.
Es war allerdings eine ziemlich knappe Angelegenheit, denn erst gestern (31. Januar) endete die Zeichnungsfrist. Am Freitag (29. Januar) fehlten noch etwas mehr als 70 000 Euro.
Und die Verantwortlichen wirkten reichlich nervös. Anders ist der Brief nicht zu erklären, den der Vorstand des Direktoriums an alle Berufstrainer schickte und dessen Forderung von wenig Realitätssinn zeugt (QuellenTurfcast und Turf-Times Nr. 99, Seiten 1 und 2).
„Der Vorstand des Direktoriums ist trotz der angestrengten Situation der Überzeugung, dass eine Beteiligung von mindestens 5 000 Euro von jedem Berufstrainer erwartet werden kann“, heißt es unter anderem in dem Schreiben. Unterzeichnet wurde es „auf Veranlassung des Direktoriumsvorstandes“ vom Geschäftsführenden Vorstand, Engelbert Halm. Ein ähnliches Schreiben, so Turf-Times, sei an die Jockeys gegangen, diese sollen sich mit 1000 Euro pro Kopf beteiligen.
Nicht informiert
Die Forderung sorgte für viel Unruhe bei den Angeschriebenen. 5 000 Euro dürften für die Top-Quartiere kein Problem sein, für die meisten anderen aber schon. Immer wenige Pferde im Training, immer weniger Rennen, immer weniger Preisgelder – wie manche Trainer da wirtschaftlich überleben können, ist mir ein Rätsel. 90 Prozent aller Trainer und Jockeys haben große wirtschaftliche Probleme und kämpfen um ihre Existenz, zitiert Turf-Times aus einem Brief von Trainerin Erika Mäder, Vorsitzende des Trainer- und Jockey-Verbandes (DTJV), an das Direktorium. Komischerweise wusste Mäder als Vorstandsmitglied nichts vom Schreiben ihrer Kollegen aus dem Vorstand.
„Nun geht es endlich bergauf“, freute sich Direktoriumspräsident Albrecht Woeste nach der erfolgreichen Zeichnungsfrist. Mit solchen Aktionen wie obiger punktet man allerdings nicht bei den Aktiven. Wobei das Projekt German Racing auf einige Skepsis der Basis trifft: Viele aus dem Sport trauen ihren Führungskräften keine Wende zu, zuviel wurde in den letzten Jahren vermurkst und verschlafen.
Immerhin ist die Entscheidung für Racebets – German Racing beteiligt sich mit 40 Prozent an der Internetplattform – keine schlechte. Racebets dürfte Marktführer sein und hat einen guten Namen – zumal sie prompt und zuverlässig Gewinne auszahlen.
Die Leser der Dortmunder Tageszeitung Ruhr-Nachrichten und die Hörer des Radiosenders 91.2 haben entschieden: Jockey Katharina Werning ist Dortmunds Sportlerin des Jahres 2009. Werning setzte sich mit 41 Prozent der Stimmen gegen die Leichtathletin Jana Hartmann (37 Prozent) und die Segelfliegerin Sue Kussbach (22 Prozent) durch. Es gibt sie also noch, die guten Nachrichten aus dem deutschen Galoppsport – auch wenn es „nur“ eine lokale Sportlerwahl war. Die 1000 Euro Preisgeld will sie übrigens laut GaloppOnline bei German Racing investieren.
Dabei erlebte der Spross einer Dortmunder Galoppsport-Familie – Vater Reiner trainiert in Wambel, die Geschwister ritten bzw. reiten fast alle – ein wahres Seuchenjahr. Im Sommer zog sich „Deutschlands schönste Reiterin“ (Bild am Sonntag/Express) einen Trümmerbruch im Handgelenk zu, im Dezember stürzte sie schwer vor einem Showrennen. Die Ärzte versetzten sie in ein künstliches Koma und diagnostizierten eine Blutansammlung. Derzeit befindet sie sich in der Reha. Insgesamt kam Werning im letzten Jahr bei 251 Starts auf 13 Siege.
„Sexy Kathi“ (Bild) dürfte allerdings mehr als nur eine Reiterin sein. Sie ist „das Gesicht des Sports einer im Abwärtstrend befindlichen Sportart" (Ruhr-Nachrichten) und dürfte deutlich mehr Medien-Resonanz in den bunten Blättern haben als männliche Spitzenjockeys wie Andrasch Starke oder Andreas Suborics. Denn ich glaube nicht, dass der gewöhnliche Bunte oder Gala-Leser die beiden Herren kennt.
„Hilfe“, „die Bombe platzte…“ – dramatische Worte, die GaloppOnline da wählte. Aber was macht dem Online-Angebot der Sport-Welt so viel Angst? Die Redaktion befürchtet, dass eventuell die Galopprennen am Sonntag auf der Dortmunder Allwetterbahn ausfallen könnten, weil die Rennställe zu wenig Starter gemeldet haben. Über Sprachstil lässt sich bekanntlich nicht streiten, in der Sache hat das Fachblatt aber Recht.
Es gibt zu wenig Starter für die geplanten zehn Rennen auf der Wambeler Bahn. Nur in den vier Rennen der Kategorie Ausgleich 4 ist die Zahl der genannten Pferden halbwegs akzeptabel, ausgesprochen dürr sind die Nennungen in zwei ausgeschriebenen Ausgleich 3 mit fünf bzw. sechs Pferden und im Rennen für die sieglosen Dreijährigen mit fünf potenziellen Teilnehmern.
Was ist los? Will keiner mehr hier laufen? Zugegeben, die Witterungsverhältnisse verhindern derzeit oft die Trainingsarbeit, die Zahl der in Deutschland trainierten Pferde nimmt von Jahr zu Jahr ab, das Preisgeld ist bescheiden. Dennoch: Es ist der einzige Termin der Woche, da sollten sich doch wohl noch ein paar Pferde finden lassen. Die Vorstarterangabe wurde immerhin um einen Tag verlängert.
Fakt ist aber auch, dass es in diesem Winter immer schwieriger wird, selbst für einen Ausgleich 3 Starter finden. Beispiel: Das Rennen Anfang Januar in Dortmund mit nur vier Startern (bei drei Nichtstartern), auf das insgesamt nur 6 000 Euro gewettet wurden.
Und schauen wir mal, wie viele deutsche Pferde am Wochenende in Frankreich laufen? Heute siegte im übrigen Astronom aus dem Stall von Werner Baltromei in einem mit 24 000 Euro dotiertes Handicap in Cagnes, der verdiente Lohn waren 12 000 Euro. Für dieses Preisgeld müsste er in Neuss und Dortmund mindestens fünf Mal gewinnen – wenn es denn Rennen überhaupt für Pferde dieser Leistungsklasse auf den deutschen Winterbahnen geben würde.