Golden Horn, Frankie Dettori und das perfekte Rennen
Natürlich kam es wieder anders als diese Kolumne und andere sogenannte Experten prognostiziert haben: Golden Horn triumphierte im Prix de l’Arc de Triomphe. Nicht die großartige Treve, die damit den Hattrick und damit den Rekord in diesem Mega-Rennen verpasst. Und auch nicht New Bay, die leise Hoffnung des Kolumnisten. Am Ende lieferten Golden Horn und Jockey Frankie Dettori eine famose Vorstellung ab. Nichts war zu spüren von Unreife und einer kräftezehrenden Saison.
Niemand feiert und genießt Triumphe so schön wie Frankie Dettori. Und am gestrigen Sonntagnachmittag nach seinem Arc-Sieg, da war der in Italien geborene Top-Jockey in seinem Element. Er strahlte, die Leute jubelten, der berühmte „Dettori-Jump“ nach einem großen Erfolg fiel noch spektakulärer aus.
Anderen Jockeys wie etwa Ryan Moore sind solche Szenen fast schon peinlich, doch Dettori ist bei den Feierlichkeiten in seinem Element. Er herzt jeden, innige Umarmungen, permanentes Winken ins jubelnde Publikum - selbst nach über 25 Jahren Routine freut sich der Jockey immer noch überschwänglich. Viele Besucher lieben ihn für diese fast kindliche Freude.
Der Arc-Sieg war für den Jockey die Krönung eines außergewöhnlich erfolgreichen Jahres. Es war ein Wahnsinns-Comeback. Denn vor drei Jahren schien die Karriere des Frankie Dettori schon fast am Ende: das Ende der über 20jährigen Zusammenarbeit mit Godolphin, es folgte ein positiver Test auf Kokain. Nach einer halbjährigen Sperre kehrte Dettori 2013 als „alternder Freelancer“ (Guardian) ins harte Jockey-Geschäft zurück.
2015 sind die Schatten der Vergangenheit längst weg. Dettori siegte auf höchster Ebene im englischen Derby, Eclipse Stakes, French Oaks und in den Irish Champion Stakes. Und jetzt eben im Arc – und vier Mal war Golden Horn, trainiert von seinem alten Mentor John Gosden, der Partner.
Es war eine tolle Leistung von Pferd und Reiter. „Die Startbox außen war ein kleines Fragezeichen, aber ich vergaß, wie brillant unser Jockey ist“, erklärte ein glücklicher Besitzer Anthony Oppenheimer nach dem Rennen. In der Tat – Dettori beordnete seinen Partner nach außen, ließ den etwas schwierigen Hengst in Ruhe auf die Beine kommen und positionierte ihn dann quasi hinter den Tempomacher Shahah. Und servierte dem Schützling von Trainer John Gosden damit das perfekte Rennen.
Danke Treve
Als sich Golden Horn vorne überlegen vom Feld löste, war das Rennen quasi entschieden. Der Hengst demonstrierte eindrucksvoll seine ganze Klasse, die ihn zum besten englischen Pferd über Mitteldistanzen gemacht hatte.
Gegen diese Power hatte kein Gegner keine Chance. Nicht Flintshire und New Bay, die beiden Pferde von Besitzer Khaled Abdullah und Trainer Andre Fabre. Beide Kandidaten boten eine starke Leistung: Flintshire wiederholte seinen zweiten Platz aus dem Vorjahr und zeigte, dass er ein Pferd herausragender Klasse ist. Und New Bay bestätigte die Hymnen seines Trainers, der den Hengst vorher in den höchsten Tönen gelobt hatte.
Und Treve? Es sollte nicht sein, Geschichte wurde an diesem Tag nicht geschrieben. Platz 4 wurde es am Ende, es war der letzte Rennbahn-Auftritt einer Weltklasse-Stute. Treve lief ein ordentliches Rennen, wirkte aber zeitweise etwas heftig. Diese Kraft fehlte letztendlich, so blieb es ein Auftritt ohne die Genialität ihrer letzten Arc-Erfolge.
Manche kritisierten nach dem Rennen Jockey Thierry Jarnet, dass er Treve zu spät eingesetzt hätte. Ich teile diese Kritik nicht, denn eigentlich ritt Jarnet die Stute wie immer und setzte auf ihre überragende Fähigkeit zum Beschleunigen. Doch diesmal ging die Rechnung nicht auf: Treve war nicht in der Verfassung ihrer Glanzzeit und Golden Horn an diesem Tag einfach viel zu gut.
Für die Buchmacher ist die Sache klar: Treve geht als klare Favoritin in den Prix de l'Arc de Triomphe 2015. Schafft die französische Stute den dritten Erfolg in Serie in diesem Champion-Rennen am Sonntag in Paris-Longchamp? Die Vorzeichen stehen gut, die Quote ist aber entsprechend lausig. Gibt es Alternativen? Starter und Chancen für den Arc 2015.
Im Blickpunkt im Arc: Treve (Foto German Racing/Rühl)
Treve (Trainerin Criquette Head-Maarek): Im Gegensatz zu 2014 kommt die französische Stute diesmal ohne Makel in den Arc 2015. Seit ihrem beeindruckenden Erfolg im letzten Jahr ungeschlagen, gewann drei Rennen ohne große Anstrengungen. Eigentlich passt alles: Distanz, Boden, Form. Und im Gegensatz zu manchem ihrer dreijährigen Kontrahenten ist der Arc 2015 ganz eindeutig der Höhepunkt ihrer Kampagne.
New Bay (Trainer Andre Fabre): Der beste französische Dreijährige, Sieger im Prix du Jockey Club, dem französischen Derby. Zuletzt zeigte er im Prix Niel, dass er auch 2400 Meter kann. Ein Pferd mit viel Speed, in großen Feldern erprobt und zudem trainiert von Trainer-Doyen Andre Fabre, der weiß, wie solche Rennen gewonnen werden. Ein starker Gegner für Treve.
Golden Horn (Trainer John Gosden): Englischer Derbysieger, das beste Pferd in England über längere Distanzen und nachgenannt für den Arc. Die einzige Niederlage seiner Laufbahn gab es in York gegen die Stute Arabian Queen, die diese Form aber in Longchamp gegen Treve nicht bestätigte. Auch zuletzt überzeugte mich Golden Horn nicht völlig, als er die Irish Champion Stakes ziemlich „wackelig“ gewann. Am besten zudem auf guten Boden. Dazu stört mich ein wenig, dass Golden Horn eine ziemlich harte Saison hatte und er diese Strapazen in einem harten Rennen wie dem Arc spüren könnte. Sein Trainer ist aber groß in Form.
Found (Trainer Aidan O’Brien): Top-Stute aus dem mächtigen O’Brien-Stall, als Youngster Gruppe 1-Siegerin in Longchamp und in diesem Jahr mehrfach in Top-Aufgaben knapp gescheitert. Zuletzt gute Zweite in den Irish Champion Stakes in Leopardstown. Aber noch nie über 2400 Meter gestartet. Vom Vater Galileo könnte das Stehvermögen kommen, die Mutter Red Evie war eine hochklassige Stute (Gr.1-Gewinnerin), die aber nur bis 1600 Meter im Einsatz war.
Free Eagle (Trainer Dermot K. Weld): Der Kandidat, den Golden Horn in den Irish Champion Stakes aus dem Rhythmus brachte. Ob er letztlich ohne diese Störung gewonnen hätte, ist Spekulation, jedenfalls ging er vorher sehr gut. Mit vier Jahren immer noch relativ wenig geprüft, Gruppe 1-Sieger über 2000 Meter. Auch für Free Eagle ist es der erste Versuch über 2400 Meter, ich halte ihn nicht für einen Steher.
Flintshire (Trainer Andre Fabre): Fünfjähriger Hengst und schon ein bekanntes Gesicht im Arc. 2014 Zweiter hinter Treve, dreifacher Gruppe 1-Sieger und aktuell gut in Form. Allerdings schon mehrfach hinter der Stute, eine Formumkehr ist schwer vorstellbar.
Erupt (Trainer Francis-Henri Graffard): Erst fünf Starts, ein Aufsteiger aus der französischen Provinz. Sieger im Grand Prix de Paris (Gruppe 1), aber zuletzt sah er Grenzen gegen New Bay.
Tapestry (Trainer Aidan O’Brien): Erst der zweite Start in diesem Jahr, das Comeback als Zweite in The Curragh war in Ordnung. Im letzten Jahr weit geschlagen im Arc, die beste Form war ein Gruppe 1-Sieg in den Yorkshire Oaks in York gegen die sehr gute Taghrooda. Das war damals eine große Überraschung, ein Erfolg im Arc wäre eine ebenso große.
Dolniya (Trainer Alain Royer du Dupré): Hochklassige Stute, aber die letzten Formen reichen nicht.
Prince Gibraltar (Trainer Jean Claude Rouget): Gewinner des Großen Preises von Baden. Das war zwar auch Gruppe 1, aber der Arc ist noch mal eine Stufe höher.
Ein Erfolg von Manatee (Andre Fabre), Silverware (Alain Couétil), Eagle Top (John Gosden), Spiritjim (Alain Couétil), Siljan’s Saga (Jean-Pierre Gauvin), Meleagros (Alain Couétil) oder Frine (Carlos Laffon-Parias) würde zumindest die Buchmacher entzücken, denn diese Pferde sind allesamt große Außenseiter. Shabah (Andre Fabre) soll als Tempomacher für Treve agieren.
Urteil
Mehr ein Rennen zum gucken denn zum wetten. Alles spricht für den Hattrick von Treve, es wäre eine famose Leistung einer grandiosen Stute. Dennoch werde ich eine kleine Wette auf New Bay platzieren, denn ich traue dem Fabre-Schützling weitere Verbesserung zu. Und Golden Horn? Der Boden mag passen, die Klasse ist da, aber zuletzt wirkte der Hengst ziemlich unreif. Und deshalb habe ich Bedenken in einem so harten Rennen wie dem Arc.
Zwei Lesetipps aus dem englischen Guardian: Zum einen über Treve, zum anderen eine sehr interessante Story über Frankie Dettori.
Ein Rennpferd stirbt bei der Ausübung seines Berufes. Das ist traurig, passiert aber leider jeden Tag. Pferde verletzen sich beim Rennen, beim Training, auf der Koppel etc. Immerhin haben diese Tiere ein viel glücklicheres Leben gehabt als viele andere Tiere, die später in Topf, Pfanne oder auf Brot enden. Nichtdestotrotz hat der Tod von Brown Panther den Kolumnisten sehr traurig gemacht. Und nicht nur ihn.
Eigentlich hätte nach diesem turbulenten Turf-Wochenende andere Themen im Vordergrund stehen sollen. Fragwürdige Entscheidungen der englischen und irischen Stewards zum Beispiel – die Disqualifikation von Simple Verse im englischen St. Leger oder die Nicht-Zurücksetzung von Golden Horn in den Irish Champion Stakes. Dann war da noch die grandiose Vorstellung der Arc-Favoritin Treve in Longchamp. Oder der brillante Sprinter Limato, der die Konkurrenz im Gruppe 2-Rennen in Doncaster scheinbar mühelos distanzierte.
Der Tod von Brown Panther im irischen St. Leger stellte diese Leistungen in den Schatten. Leider, aber schlechte Nachrichten bleiben eher im Gedächtnis als gute. Diese Kolumne hatte zudem immer ein besonderes Faible für den Shirocco-Sohn – seit seinem überragenden Sieg in einem gutbesetzten Handicap in Royal Ascot und dem Lauf im Deutschen Derby 2011. Da war er ein talentierter Dreijähriger.
Trauer
Nun ist er im Alter von sieben Jahren im Pferdehimmel: Brown Panther verunglückte vor dem Schlussbogen, brach sich zwei Knochen im rechten Hinterbein und war nicht mehr zu retten. Es war ein Unglück, niemanden traf eine Schuld. Ausgerechnet in dem Rennen, das er 2014 noch gewann. Ein Schock für Besitzer Michael Owen, Trainer Tom Dascombe und sein Team, aber auch für viele Turf-Fans.
„Es ist gut zu wissen, dass völlig Fremde und viele Menschen innerhalb der Industrie unsere Trauer teilen“, erklärte Dascombe. Offensichtlich sahen viele Menschen Brown Panther als ihr Pferd. Allerdings: „Er starb bei dem, was er am liebsten mochte – Rennen laufen“, betonte der Trainer.
Vom „traurigsten Tag in seinem Leben“ sprach Besitzer und Züchter Michael Owen. Der ehemalige englische Fußball-Internationale fand beeindruckende Worte: Brown Panther sei das härteste, ehrlichste und brillanteste Pferd, das er je gesehen habe, meinte Owen. „Was für eine Ehre, ihn zu besitzen und zu züchten.“
„Brown Panther wie ein guter Wein“ titelte diese Kolumne im März 2015. Da hatte der Scirocco-Sohn die Steher-Prüfung beim Dubai World Cup gewonnen und nurpferdeundfussball würdigte den Schützling von Trainer Dascombe in einer längeren Geschichte. Dieser Text ist immer noch passend. RIP Brown Panther!
Ach ja, im irischen St. Leger siegte Order of St. George aus dem Stall von Aidan O’Brien. Der einzige Dreijährige triumphierte im Stile eines hochtalentierten Pferdes. Freud und Leid – sie liegen nicht nur im Turf eng zusammen.
Vielleicht sein größter Sieg: Brown Panther siegt beim Dubai World Cup.
Trotz englischem St. Leger in Doncaster und einem interessanten Renntag am Sonntag in Longchamp kommt unser Rennen des Tages aus Irland: Die Qipco Irish Champion Stakes über 2000 m in Leopardstown sind das beste Rennen des Jahres auf der Grünen Insel. Auf das Papier sieht es nach einer Top-Besetzung aus, allerdings könnte der prognostizierte Regen für prominente Nichtstarter sorgen.
Gruppe 1 ist iim europäischen Turf nicht unbedingt Gruppe 1. Man vergleiche nur mal die Besetzung des Grossen Preises von Baden mit dem Feld der Qipco Irish Champion Stakes in Leopardstown am Samstag. Das mag ein wenig unfair sein, zumal die Dotierung in Deutschland deutlich schlechter ist. Aber das in Irland ein Pferd wie Prince Gibraltar gewinnt, dass höchstens Gruppe 2-Format hat, wird nicht passieren.
Also Vorhang auf für die Irish Champion Stakes am Samstag um 17:45 deutscher Zeit, zweifellos das Rennen des Wochenendes. Erster Leckerbissen: Es könnte das bereits für York anvisierte Duell zwischen Golden Horn, dem englischen Derbysieger, und dem Doppel-Guineas-Triumphator Gleneagles geben. Die Betonung liegt auf könnte, denn wenn der Boden zu weich ist, soll Gleneagles nicht starten. Ähnlich wie in York in den Juddmonte Stakes - die Prüfung, die auch diese Kolumne als „Duell der Giganten“ betitelt hatte.
Golden Horns Teilnahme entscheidet sich ebenfalls spät. Bei weichem Boden soll er nicht laufen. Der Gosden-Schützling geht zudem ein wenig ramponiert in die Partie. Da war die überraschende Niederlage gegen Arabian Queen in den Juddmonte Stakes. Trainer John Gosden sagte nach dem Rennen, dass Golden Horn am Anfang zu sehr gepullt habe und dadurch das Rennen verloren habe, weil die Reserven zum Schluss fehlten. Allerdings war der Hengst deutlich mit mehr als drei Längen vor The Grey Gatsby, gegen den er sich schon in Sandown behauptet hatte.
Jockeylegende Mick Kinane blick zurück auf drei seiner sieben Siege in den Irish Champion Stakes: High Chapparal, Azamour und Sea The Stars. Letzteren schätzt Kinane am höchsten ein.
Vorjahressieger The Grey Gatsby ist die nächste Attraktion in dieser Prüfung. Der famose Schimmel besiegte im Vorjahr den Favoriten Australia aus dem mächtigen O’Brien-Quartier und nicht nur der Kolumnist war begeistert über den Kampfgeist des Grauen. In dieser Saison ist der Wallach noch sieglos, zeigte jedoch zwei starke Vorstellungen als Zweiter. Regen würde aber seine Chancen beeinträchtigen.
In den Prince of Wales Stakes landete The Grey Gatsby knapp hinter Free Eagle. Es war ein atemberaubendes Finish und einem Meter weiter hätte der Schimmel gewonnen. Aber Free Eagle gefiel durch seinen Kampfgeist. Der Hengst ist mit fünf Starts erst wenig geprüft und könnte noch weitere Reserven haben. Zudem sitzt Pat Smullen im Sattel, ein immer noch etwas unterschätzter Jockey, aber ein Meister in strategischen Fragen.
Nächster Leckerbissen: der unverwüstliche Cirrus Des Aigles, neun Jahre alt und nicht nur der Stolz seiner Trainerin. Der Wallach kommt aus einer kleinen Pause, lief zuletzt ein wenig enttäuschend Ende Mai in Longchamp, als er Vierter von Vieren hinter Solow wurde. Im Mai hat er in diesem Jahr aber schon auf schwerem Boden gesiegt und war unter anderem vor einem gewissen Prince Gibraltar. Cirrus Des Aigles kann weichen Untergrund.
Wie gut die Prüfung besetzt ist, zeigt sich an den hinteren Pferden im Wettmarkt. Da wäre etwa die dreijährige Stute Pleascach, eine zweifache Gruppe 1-Siegerin, erfolgreich in den Yorkshire Oaks und den irischen 1000 Guineas. Die Stute trifft zum ersten Mal auf die Hengste, steht tief im Gewicht und kann definitiv weichen Boden.
Die nächste Attraktion ist Found aus dem großen und mächtigen Aidan O’Brien-Quartier. Auch sie trifft zum ersten Mal auf die Hengste und kennt eigentlich nur gute Formen.
Selbst Highland Reel, ebenfalls aus dem O’Brien-Stall, kommt mit guten Referenzen an den Start: Zuletzt erfolgreich in einer Grade 1-Prüfung in Arlington, davor Sieger eines gutbesetzten Rennens in Goodwood und im Frühjahr immerhin Zweiter im französischen Prix De Jockey Club.
Urteil
Auf dem Papier ein Rennen zum Genießen. Golden Horn, Gleneagles, The Grey Gatsby, Cirrus Des Aigles und Free Eagle haben alle ihre Qualitäten. Was aber, wenn der angesagte Regen kommt? Gleneagles und Golden Horn sollen dann nicht laufen, mein alter Freund The Grey Gatsby mag keinen weichen Boden. Ich setze allerdings auf Stuten-Power und tippe Pleascach zu einem lukrativen Kurs. Distanz, Gewicht und Boden passen und warum soll sie nicht auf den Spuren von Arabian Queen wandeln?
Es war genau der richtige Zeitpunkt: Hurricane Fly, einer der besten Hürdler der letzten Jahre, beendete jetzt seine erfolgreiche Laufbahn. Der Gewinner von 22 Grade 1-Prüfungen, darunter zwei Triumphen in der Champion Hurdle in Cheltenham, geht in den verdienten Ruhestand. nurpferdefussball wünscht ihm noch viele schöne Tage. Und hofft, dass niemand auf die Idee kommt, den Montjeu-Sohn für den Dressursport auszubilden.
Zugegeben, ich bin kein großer Freund von Willie Mullins. Nicht, dass er mich verärgert hätte – ich kenne ihn ja gar nicht persönlich. In Interviews macht er zudem immer einen netten Eindruck und hat auch im größten Stress noch ein paar Worte für die Öffentlichkeit.
Die fachlichen Qualitäten von Irlands Top-Hindernistrainer stehen so und so außer Frage. Mullins ist ein großartiger Trainer, der seine Pferde punktgenau in Form bringen kann. Dazu hat er mit Ruby Walsh einen brillanten Jockey, jemand, der (fast) immer die richtige Entscheidung traf.
Leider haben die meisten Wetter diese Tatsachen mitbekommen und sie kommen die Mullins-Pferde oftmals zu kleinen Kursen an den Start. Und weil ich sehr nicht gerne Favoriten unter Kurs 20 wette, suche ich meist Wett-Alternativen. Daher sind erfolgreiche Tage für Willie Mullins in Cheltenham – und die gab es in den letzten Jahre genügend – meist finanziell nicht gut für mich. Darum die leichte Abneigung gegen den Mann und seine Pferde.
Auch der großartige Hurricane Fly machte mir zweimal den Tipp in der Champion Hurdle in Cheltenham kaputt: Zuerst im Jahre 2011, als der Montjeu-Sohn meinen Tipp Peddlers Cross besiegte. Es war ein großartiger Endkampf zweier toller Athleten: Aber so sehr sich Peddlers Cross und Jason Maguire auch mühten, Hurricane Fly und Ruby Walsh fanden immer eine Antwort.
Eine Legende wie Istabraq
Zwei Jahre später schlug der Hurricane den Kolumnisten-Tipp Rock on Ruby. Auch diesmal wehrte sich der Zweite tapfer, Walsh und sein Partner hatten die Lage jedoch jederzeit im Griff.
Doch zuhause in Irland schien der Wallach, der zudem auf der Flachen in Frankreich ein Listen-Rennen gewann, noch besser zu sein. Auf der grünen Insel blieb er beispielsweise in Leopardstown unbesiegt. Im Januar spielten sich auf dem Rennkurs in Dublin unglaubliche Jubel-Szenen ab: Hurricane Fly kämpfte den alten Rivalen Jezki nieder und holte sich seine fünfte Irish Champion Hurdle in Serie. Ein
Moment, bei dem ich gerne live dabei gewesen wäre.
Cheltenham aber, meinte Ruby Walsh jetzt, hätte nie die wahre Klasse des Wallachs gesehen. Dort, in der Hochburg des englischen Hindernissports, musste der Hurricane einige schmerzhafte Niederlagen einstecken: 2012 etwa in der Champion Hurdle gegen Rock on Ruby. 2014 überraschte ausgerechnet Jezki den Favoriten Hurricane Fly, der als Vierter erstmals richtig enttäuschte. Die letztjährige Niederlage gegen den Stallgefährten Faugheen, dem neuen Star der Szene, in der Champion Hurdle 2015 war hingegen durchaus ehrenvoll.
„Ganz einfach, Hurricane Fly ist der beste Hürdler, auf dem ich je gesessen habe“, bilanzierte Ruby Walsh. „Der einziger Hürdler, mit dem ich ihm vergleichen kann, ist (der dreifache Champion Hurdle-Gewinner) Istabraq.“
„Er ist ein Pferd, das alle hat: Speed, Stehvermögen und unglaubliche Tapferkeit und Aggressivität“, lobte Willie Mullins und nannte seinen Schützling eine Legende. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Nur der Wunsch nach vielen netten und unbeschwerten Tagen im Ruhestand.
Frankel, Canford Cliffs, Goldikova – große Duelle des Turfs
Englischer Derbysieger fordert doppelten Guineas-Triumphator heraus: Golden Horn gegen Gleneagles, quasi auf neutraler Distanz über 2000 Meter. Am Mittwoch ist es soweit: Um 16:40 deutscher Zeit treffen die beide auf der Rennbahn noch ungeschlagenen Dreijährigen in York in den Juddmonde International Stakes über etwas mehr als 2000 Meter aufeinander. So ganz stimmt das aber mit dem Unbesiegt-Nimbus nicht, denn Gleneagles wurde ja nach seinem französischen Erfolg im Oktober 2014 disqualifiziert.
Aber egal, es ist ein Zweikampf der Giganten, der unbestritten besten Pferde ihres Jahresgangs auf der britischen Insel. Allerdings gibt es mit The Grey Gatsby und Time Test zwei Kandidaten, die durchaus mitmischen können. Anlass für nurpferdeundfussball an andere interessante Zweikämpfe der (jüngeren) Turf-Geschichte zu erinnern.
Frankel gegen Canford Cliffs, 27. Juli 2011, Sussex Stakes, 1600 m, Gruppe 1, Goodwood
“Duel on the Downs” titelten die englischen Gazetten im Vorfeld. Das dreijährige „Wunderpferd“ Frankel, noch ungeschlagen und unter anderem Sieger in den englischen 2000 Guineas, traf in den Sussex Stakes in Goodwood auf Canford Cliffs, zu diesem Zeitpunkt einer der besten älteren Meiler der Welt. Rio de la Plata und Rajsaman vervollständigten das Starterfeld, doch sie spielten nur eine untergeordnete Rolle. Die Turf-Welt schaute auf die Zwei an der Spitze.
Doch es wurde nicht der große Zweikampf, es wurde die große Frankel-Show. Wie der Cecil-Schützling beschleunigte und sich mühelos von Canford Cliffs löste, das war ganz großes Kino. Am Ende hatten Frankel und Tom Queally fünf Längen Vorsprung auf Canford Cliffs und Richard Hughes. Vergessen war die etwas schlechtere Vorstellung in den St. James’s Palace Stakes, als Frankel nur knapp gewann und Queally für seinen Ritt einige Kritik einstecken musste,
In Goodwood machte der Jockey alles richtig und sein Partner dankte es ihm. „Er ist sehr, sehr gut. Ich denke, er ist der Beste, den ich je gesehen habe“, sprach Frankels Trainer Henry Cecil danach berühmte Worte. Die Trainer-Legende sollte recht behalten: Der Galileo-Sohn imponierte auch als Vierjähriger, blieb ungeschlagen und zählt heute zu den ganz großen Pferden des Turfs. Canford Cliff beendete nach dem zweiten Platz seine erfolgreiche Karriere. Das Rennen
Canford Cliffs gegen Goldikova, 14.Juni 2011, Queen Anne Stakes, 1600 Meter, Gruppe 1, Royal Ascot Canford Cliffs mochte offenbar das königliche Spektakel mit dem Namen Royal Ascot. 2009 gewann er zweijährig überlegen die Coventry Stakes (Gruppe 2), 2010 triumphierte er in den St. James’s Palace Stakes gegen den Stallgefährten Dick Turpin.
Doch ein Jahr später wartete in den Queen Anne Stakes die größte Herausforderung auf den Schützling von Richard Hannon. Goldikova, die herausragende Stute aus Frankreich, wollte ihren Vorjahreserfolg wiederholen, als sie gegen Paco Boy, ebenfalls trainiert von Hannon, knapp siegte. Sechs Jahre alt war die Stute schon 2011, doch sie hatte nichts von ihrer Stärke eingebüßt. Im Sattel saß wie immer der grandiose Olivier Peslier.
Doch an diesem Tag sollte es nicht für Goldikova reichen: Canford Cliffs zog nach einem typisch geduldigen Ritt von Richard Hughes an dem französischen Gast vorbei, siegte mit einer Länge Vorsprung und behielt seinen Ascot-Nimbus.
Canford Cliffs schlägt die große Goldikova
Raven’s Pass gegen Henrythenavigator, 27. September 2008, Queen Elizabeth II Stakes, 1600 Meter, Gruppe 1, Ascot
Es war fast schon ein Turf-Dauerbrenner im Jahre 2008: Fünf Mal trafen Raven’s Pass, trainiert von John Gosden, und Henrythenavigator aus dem mächtigen Ballydoyle-Quartier aufeinander. Beide Pferde waren Meiler der Extraklasse. Das erste Treffen gab es in den englischen 2000 Guineas im Mai in Newmarket: Henrythenavigator siegte knapp gegen den späteren englischen Derbysieger New Approach. Trainer Aidan O’Brien hatte seinen Schützling mal wieder punktgenau auf den großen Moment vorbereitet. Raven’s Pass belegte Platz 4.
Das nächste Duell fand in den St. James’s Palace Stakes in Ascot statt. Wieder hatte der Henry die Nase vorn, eine dreiviertel Länge Vorsprung waren es gegen den stark endenden Raben. Noch enger wurde es in den Sussex Stakes in Goodwood: Doch alle energischen Bemühungen von Jimmy Fortune auf Raven’s Pass nutzten nichts. Johnny Murtagh und Henrythenavigator retteten sich ins Ziel.
Die große Stunde des scheinbar „ewigen Zweiten“ schlug in den Queen Elizabeth II Stakes in Ascot. Diesmal ging Raven’s Pass deutlich besser als der ewige Rivale und siegte mit einer Länge Vorsprung. Und der Gosden-Schützling legte sogar noch einen drauf und triumphierte in Santa Anita in den Breeders Cup Classics. Im geschlagenen Feld landete mit b>Curlin einer der Stars der US-Szene. Und Henrythenavigator? Der wurde wieder Zweiter hinter dem alten Rivalen.
Endlich: Raven’s Pass vor Henrythenavigator in den QE II-Stakes in Ascot.
Kamsin gegen Adlerflug, 7. September 2008, Großen Mercedes-Benz Preis von Baden, Gruppe I, 2400 m
„Das Duell der Derbysieger wird die Fans in Baden-Baden begeistern“, schrieb Galopponline gewohnt euphorisch im Vorfeld. Aber die Konstellation, dass der aktuelle Derbysieger Kamsin auf Adlerflug, den Derbysieger des Vorjahres trifft, war schon eine besondere Attraktion der Großen Woche 2008.
Es war beileibe kein Zwei-Pferde-Rennen, dieser Große Preis: Mit It’s Gino, dem englischen Gast Locarno und dem Derby-Zweiten Ostland rückten weitere gute Pferde in die Boxen ein. Doch am Ende wurde es auf dem weichen Boden ein packendes Duell der Derbysieger: Kamsin besiegte als 43:10-Chance den Toto-Favoriten Adlerflug.
„Wir werden noch viel Spaß mit ihm haben“, meinte Kamsins Trainer Peter Schiergen nach dem Erfolg. Doch im Arc hingen die Trauben zu hoch und auch vierjährig enttäuschte der Derbysieger 2008 meist. Adlerflug lief noch einmal 2009, wurde im Prix Ganay in Longchamp guter Dritter und beendete seine Karriere. Und zumindest als Deckhengst wirkt er erfolgreicher als Kamsin.
Richard Hughes: „Mr. Cool” macht Schluss als Jockey
Die Prüfung war nicht unbedingt einer der sportlichen Höhepunkte des Glorious Goodwood Festivals in der letzten Woche, aber die Jack Berry House Nursery für zweijährige Pferde über schnelle 1207 Meter am letzten Donnerstag wird dennoch in die Geschichte des englischen Turfs eingehen: Es war der letzte Sieg für Richard Hughes, der zum 1. August seine Jockey-Karriere beendete und nun Trainer wird.
Der Erfolg auf Belvoir Bay, trainiert von seinen Schwager Richard Hannon, dokumentierte noch einmal eindrucksvoll die herausragenden Qualitäten des irischen Jockeys. Zuerst ließ er die Stute in aller Ruhe auf die Beine kommen und hielt sie hinten im Feld. Nun ist der Weg von hinten auf der geraden Bahn im so idyllischen Goodwood oftmals eine nerven kostende Angelegenheit. So war es auch diesmal: Mehrmals suchte Hughes eine Lücke, doch jedes Mal war der Weg versperrt.
Kein Grund zur Panik: „Hughesie“ wartete, bugsierte sein Pferd in aller Ruhe nach außen und da war auf einmal Platz. Und während alle anderen Reiter ihre Pferde schon heftig bemühten, saß Richard Hughes immer noch „wie im Kino“. Erst auf den letzten Metern begann Hughes zu arbeiten und Belvoir Bay zog noch leicht an den Gegnern vorbei.
Es war ein typischer Richard Hughes-Ritt. Eine Mischung aus Coolness, Eleganz und Lässigkeit, die fast schon arrogant wirkt. Doch Hughes fand fast immer den richtigen Gang. Besonders auf dem anspruchsvollen Kurs in Goodwood galt er als Meisterjockey.
Taktisch und stilistisch war Hughes Weltklasse, nur im Endkampf gab es stärkere Jockeys. Man sehe sich nur den Ritt auf Nancy from Nairobi am Goodwood-Mittwoch an.
Canford Cliffs, Paco Boy und viele mehr
Nichtsdestotrotz machte der Sohn des irischen Hindernistrainers Dessie Hughes eine tolle Karriere. Englischer Champion der Flach-Jockeys der letzten drei Jahre, großartige Erfolge mit Pferden wie Oasis Dream, Paco Boy, Canford Cliffs, Toronado, Sole Power, Sky Lantern oder Tiggy Wiggy – da kam einiges zusammen. Dabei war er mit einer Körpergröße von 1,79 Metern fast ein Riese unter seinen Reiterkollegen.
Nur das englische Derby hat Hughes nie gewonnen. Das lag aber auch daran, dass er in diesem Klassiker eigentlich nie auf einem chancenreichen Kandidaten saß. Sein Hauptpatron Richard Hannon (und später dann sein Sohn mit dem gleichen Namen) war mehr spezialisiert auf frühreife Zweijährige. In den Siegerlisten der großen Zweijährigen-Rennen speziell im Frühsommer und Sommer tauchen die Namen Hannon und Hughes permanent auf. Viele dieser Youngster trumpften während Royal Ascot auf und siegten in wichtigen Prüfungen. Das waren in der Regel aber keine Kandidaten für Steherdistanzen, eher Pferde für Kurz- oder Mitteldistanzen. Allerdings hat in den letzten Jahren die Qualität der Pferde im Hannon-Quartier deutlich zugenommen.
Canford Cliffs triumphiert in den St. James Palace Stakes 2010 in Ascot. Auch hier wartet Richard Hughes lange, findet die Lücke und siegt in großem Stil.
Letzte Rettung
Der Autor mag das Team Hannon und Hughes sowieso. Wenn das Online-Wettkonto sich langsam leerte und gegen Null ging, half häufig nur noch die Kombination der beiden Richards. Das letzte Geld auf einen Zweijährigen von Trainer Hannon und mit Richard Hughes, diese Strategie funktionierte fast immer. Wenn dann noch andere große Ställe wie etwa Godolphin blaublütig gezogene Pferd ins Rennen schickten und dieses dann gewettet wurden, gab es für manche Hannon-Pferde erstaunlich viel Geld.
Mit 42 Jahren endet jetzt eine erfolgreiche Jockey-Karriere. Seit dem 1. August trainiert Richard Hughes Rennpferde, eine neue Herausforderung wartet auf den eloquenten Iren. Auch wenn er die alten Kollegen vermissen wird.
„Die Jockey-Stube ist ein spezieller Platz“, erklärt Hughes. „Manchmal ist sie wie ein Klassenzimmer verwöhnter Kids. Wenn du drin bist, kannst du dich verstecken. Das ist ein schönes Gefühl. Du weißt, du bist beschützt von der Außenwelt und bist mit deinen Kollegen viel enger verbunden als angenommen.“
Zumindest wird es ihm in England als Trainer nicht so gehen wie in seiner Jockey-Zeit in Indien. „Wenn man auf einem Favoriten verloren hatte, bewarfen einen die Leute“, sagte Hughes beim englischen Fernsehsender Channel 4. Groß gestört hat es ihn nicht. „Das war einfach so“. Und dabei grinste er.
Die King George VI & Queen Elisabeth Stakes in Ascot, ein Höhepunkt der englischen Flachsaison, waren in den letzten Jahren ein lohnendes Ziel für deutsche Vollblüter. Die Erfolge von Danedream (2012) und Novellist (2013) sind noch in bester Erinnerung. Diesmal aber gibt es keine Beteiligung aus Germany, aber dafür einen klaren Favoriten mit dem Namen Golden Horn. Kann er überhaupt verlieren? Oder gilt einer der Lieblingssprüche des Autors: Kein Pferd ist unschlagbar außer Frankel.
Manchmal ist das eine zweischneidige Sache mit den herausragenden Rennpferden. Zum Beispiel Golden Horn, noch ungeschlagen, englischer Derbysieger und zuletzt Sieger gegen den grandiosen The Grey Gatsby in den Eclipse Stakes. Wenn der Hengst en Sommerklassiker in Ascot gewinnen würde, wäre er das erste Pferd seit dem großen Nashwan im Jahre 1989, der in diesen drei Rennen triumphierte.
Einiges spricht für Golden Horn: Das Pferd aus dem Stall von Trainer John Gosden trägt als Dreijähriger weniger Kilos als die älteren Gegner. Distanz und Boden sind passend und nach Rating (130) steht Golden Horn deutlich über der Konkurrenz. Nur zu einer Quote von 15:10 und tiefer ist der Cape Cross-Sohn leider nicht zu wetten für Kleinwetter wie mich. Aber gibt es Alternativen? Die Gegner in der Analyse
Clever Cookie (Rating 114): Großartiges Pferd sowohl flach als auch über Hürden, sein Trainer Peter Niven trainiert eigentlich Hindernispferde. Schaffte den Sprung von der Handicap- in die Gruppe-Klasse, zuletzt Sieger in einem Gruppe 3-Renenn in Chester. Der angesagte Regen sollte ihm entgegenkommen, aber die Distanz ist viel zu kurz sein und zum Gruppe 1-Sieg fehlt vieles – keine Chance gegen Golden Horn.
Dylan Mouth (Rating 111): Gruppe 1- und Seriensieger aus Italien, vielleicht das aktuell beste Pferd von dort, beim einzigen Start in England in den King Edward VII Stakes 2014 deutlich geschlagen unter anderen von Eagle Top. Italiens Gruppe 1-Prüfungen sind nicht vergleichbar mit englischen – keine Chance gegen Golden Horn.
Eagle Top (Rating 119): der zweite Vertreter aus dem Gosden-Stall, im letzten Jahr Vierter in diesem Rennen und dabei durchaus gewettet. Der Hengst könnte noch Reserven haben, aber zuletzt als Favorit in den Hardwicke Stakes war er nach schlechtem Rennverlauf chancenlos gegen Snow Sky. Nach Form alleine keine Chance gegen Golden Horn.
Flintshire (Rating 121): kampferprobter Gruppe 1-Galopper, unter anderem Zweiter im Prix D’Arc de Triomphe hinter der Ausnahmestute Treve, die ihn auch zuletzt im Prix De Saint Cloud besiegte. Pferde von Trainer Andre Fabre sind in England immer zu beachten – kleine Chance gegen Golden Horn.
Postponed (Rating 118): Gut gesteigerter Gruppe 2-Sieger von Trainer Luca Cumani. Ordentliche Formen 2015, aber der letzte Kick fehlte immer ein wenig. Jetzt sitzt wieder Andrea Atzeni im Sattel, mit dem er im letzten Jahr zweimal gewann. Eher ein Platzkandidat, aber eine ganz kleine Chance gegen Golden Horn.
Romsdal (Rating 112): Godolphin-Vertreter, beste Form ein zweiter Platz im englischen St. Leger 2014 hinter Kingston Hill auf gut-weichem Boden. Der Regen sollte ihm entgegenkommen, aber ein Gruppe 1-Sieg über 2400 Meter ist schwer vorstellbar. Keine Chance gegen Golden Horn.
Snow Sky (Rating 124): gut verbesserter Kandidat aus dem Stall von Sir Michael Stoute. Siegte zuletzt imponierend Start-Ziel als 130-Schuss in den Hardwicke Stakes gegen Eagle Top und Postponed (die allerdings beide nicht das beste Rennen hatte). Das war die bislang beste Form seiner Karriere. Viel Stehvermögen, aber ob das gegen den speedstarken Favoriten über 2400 Meter reicht? Dennoch kleine Chance gegen Golden Horn, zumal mit Pat Smullen ein sehr cleverer Mann reitet.
The Corsican (Rating 116): Keine schlechte Vorstellung als Vierter in den Prince of Wales Stakes (Gr. 1). Die längere Strecke im King George sollte noch mehr passen. Aber auch wenn The Corsican noch nicht alle Karten aufgedeckt hat – keine Chance gegen Golden Horn.
Madame Chang (Rating 113): Die zweite Starterin neben The Corsican aus dem Stall von David Simcock. Gruppe 1-Siegerin in Ascot, beste Form auf weichem oder schwerem Boden, den sie nicht antreffen wird – keine Chance gegen Golden Horn.
Urteil
Das ist ein Rennen mehr zum Gucken als zum Wetten. In Pferderennen kann viel passieren, aber wenn alles formgemäß läuft, bleibt Golden Horn unbesiegt. Die größte Gefahr droht vom routinierten Flintshire.
Erinnerungen werden wach: Danedream schlägt Nathaniel im King George 2012
Irgendwie ist das bislang eine Woche der schlechten Nachrichten: Erst am Montag die Hiobs-Botschaft über die Verletzung des Derby-Favoriten Karpino, am Dienstag kam die noch schlimmere Nachricht vom Tod des großartigen Kauto Star.
Eines der besten Hindernispferde aller Zeiten starb im Alter von 15 Jahren. „Der Champion aller Champions“, sagte sein langjähriger Trainer Paul Nicholls. „Das beste Jagdpferd, das ich je geritten habe“, betonte Ruby Walsh, bei den meisten Erfolgen im Sattel. „Die Reaktionen auf seinen Tod zeigten eindrucksvoll, dass Kauto Star immer noch der größte Star im englischen Hindernissport ist“, schrieb Greg Wood in seinem Nachruf im Guardian. Obwohl seine Rennkarriere bereits 2012 endete und Kauto Star im Gegensatz etwa zum Flach-Heroen Frankel nicht unbesiegt blieb.
„Steeplechaser of a lifetime“ nannten sie auf der Insel den in Frankreich gezogenen Wallach. In den Farben von Besitzer Clive Smith feierte er grandiose Triumphe: Fünf Mal gewann er die King George VI Chase in Kempton, vier Mal die Betfair Chase in Haydock, zwei Mal den Cheltenham Gold Cup – all die Top-Rennen für Steepler. Allein in 16 Grade 1-Prüfungen hatte er die Nase vorn.
Kauto Star war ein großer Kämpfer und verfügte sowohl über Stamina als auch Speed. Meist sprang er tadellos, gelegentlich neigte er aber zu kleinen Fehlern. Allerdings hatte er mit Ruby Walsh einen kongenialer Partner im Sattel, dessen ruhige Art wirkte. Zudem schaffte es Trainer Paul Nicholls immer wieder, den Wallach punktgenau in Form zu bringen.
Nur ich habe Kauto Star fast nie gewettet. Zum einen ging er fast immer zu niedrigen Quoten als Favorit an den Start, zum anderen gab es oft Alternativen. Dachte ich wenigstens und holte mir besonders im King George oftmals eine blutige Nase mit meinen Tipps.
Der ewige Rivale
Dann war da ja noch Denman, der ewige Rivale und ebenfalls von Paul Nicholls trainiert. Ich zählte eher zur Denman-Fraktion – auch weil er vielleicht einen Deut schlechter war als Kauto Star. Außenseiter-Bonus eben.
Die Duelle zwischen diesen beiden Spitzenpferden zählten zu den absoluten Höhepunkten des Hindernissports und zeigten, wie faszinierend dieser Sport sein kann, wenn ihn absolute Könner betrieben. Meist hatte Kauto Star die Nase vorn, aber es war immer spannend. Paul Nicholls beschrieb seine beiden Schützlinge später einmal so: Denman sei immer eher der „mürrische“ Typ gewesen, Kauto hingegen „freundlich“ und „zugänglich“.
Das Publikum liebte beide Protagonisten. Unvergessen der Cheltenham Gold Cup 2011, als die damals schon alten Herren in der Zielgerade in Führung lagen und das so und schon laute Publikum des Cheltenham Festivals regelrecht explodierte. Später überflügelte der jüngere Long Run die beiden und wies sie auf die Plätze 2 und 3.
2011 war noch mal ein großes Jahr für Kauto Star. Dabei war er im Frühjahr in Punchestown noch deutlich geschlagen gewesen. Doch im November triumphierte er zum vierten Mal in Haydock in der Betfair Chase, der Applaus wollte nicht mehr enden. Fünf Wochen später gewann er seinen fünften King George. „Es war einer der besten Tage, den man im Rennsport haben konnte“, erinnert sich Paul Nicholls.
2012 war dann Schluss. Ruby Walsh hielt ihn im Cheltenham Gold Cup früh an, irgendwas stimmte nicht. Kauto Star beendete seine illustre Karriere im Hindernissport und ging in den Ruhestand. Dort versuchte man es noch einmal im Dressursport – diesen Schritt hätte man diesen Champion aber ersparen können.
Auch in Haydock Park machte Kauto Star eine gute Figur: Viermal siegte der Nicholls-Schützling in der Betfair Chase.
John Gosden ist einer der Top-Trainer in England, doch das englische Derby ist nicht unbedingt sein Lieblings-Rennen. Im letzten Jahr belegte Romsdal mal Platz 3, aber es gab auch lange Perioden, in denen Gosden überhaupt keinen Starter in dieser Prestigeprüfung hatte. Fast 20 Jahre ist es her, da triumphierte auf dem schwierigen Kurs in Epsom Benny The Dip mit Willie Ryan im Sattel und bescherte dem Trainer seinen einzigen Derbysieg.
2015 sattelt Gosden auf einmal gleich zwei chancenreiche Kandidaten: Golden Horn und Jack Hobbs, Erster und Zweiter in den Dante Stakes. Kann er die Aidan O’Brien-Serie der letzten Jahre brechen? Drei Kandidaten schickt der Ballydoyle-Maestro ins Rennen, doch diesmal fehlt ein klarer Favorit a la Australia oder Camelot. Starter und Chancen im Epsom-Derby 2015.
Carbon Dating (Trainer James Patrick Shanahan/Jockey Ronan Whelan): Nach vier Starts noch sieglos, nach keiner bislang gezeigter Form dürfte er eine Chance haben.
Elm Park (Trainer Andrew Balding/Jockey Andrea Atzeni): Überragender Zweijähriger, siegte unter anderem in der Gruppe 1 Racing Post Trophy auf weichem Boden. Der Hengst hat jedoch auch schon auf gut bis festem Boden gewonnen. Das Jahresdebüt in den Dante Stakes als Dritter war in Ordnung, zumal er wie viele Pferde seines Stalles den ersten Start noch benötigte. Muss sich dennoch steigern, das ist ihm aber zuzutrauen. Stehvermögen sollte da sein.
Epicuris (Trainer Christine Head-Maarek/Jockey Thierry Tulliez): Gast aus Frankreich, der zuletzt nicht in die Startboxen einrücken wollte. Davor vier Längen Zweiter hinter dem hochgehandelten Silverwave, der diese Form im französischen Derby jedoch nicht bestätigte. Zweijährig dreifacher Sieger, unter anderem im Gruppe 1 Criterium de Saint Cloud. Beste Formen auf weichem Untergrund, jedoch schon auf gutem Boden erfolgreich. Schwer einzuschätzen, das Pferd für die Überraschung.
Giovanni Canaletto (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Ryan Moore): Der Halbbruder des Derbysiegers Ruler of The World wird offenbar sehr geschätzt im O’Brien-Quartier und ist die Wahl von Ryan Moore. Die Formen lassen aber noch etwas zu wünschen. Der zweite Platz in den Gallinule-Stakes hinter Curvy reicht nicht, auf etwas weiterer Strecke hätte Giovanni Canaletto jedoch gewonnen. Immer noch etwas unreif, vielleicht könnte das Derby etwas zu früh kommen.
Golden Horn (Trainer John Gosden/Jockey Frankie Dettori): Überzeugender Sieger in den Dante Stakes in York, der wichtigsten Derby-Vorprüfung. Dabei besiegte er Jack Hobbs und Elm Park, die er Samstag wieder trifft. Noch ungeschlagen und hat in allen Prüfungen immer gute Pferde hinter sich gelassen. Der klare Favorit bei den Buchmachern, nachgenannt für 75 000 Pfund. Golden Horn sollte ursprünglich im kürzeren französischen Derby laufen, weil ihm sein Besitzer die englische Derbydistanz von 2400 Metern nicht zutraute. Es gibt dann auch kleine Fragezeichen zum Stehvermögen.
1997 feierte Trainer John Gosden seinen bislang einzigen Erfolg im Derby: Benny The Dip wehrte knapp den Ansturm des Schimmels Silver Patriach ab.
Hans Holbein (Trainer Aidan O’Brien/ Jockey Seamie Heffernan): Überzeugender Sieger in der Chester Vase, an mangelndem Stehvermögen wird der nach dem deutschen Maler benannte Hengst definitiv nicht scheitern. Storm The Stars, der Zweite in dem Rennen, bestätigte die Form mit seinem Erfolg im Goodwooder Derby-Trial. Hat auf weichem und gut bis weichem Grund gewonnen, kleines Fragezeichen bei gut bis festem Boden. Nicht zu unterschätzen.
Jack Hobbs (Trainer John Gosden/Jockey William Buick): Der Stern von Jack Hobbs ging auf, als er ein Handicap in Sandown im gewöhnlichsten Handgalopp gewann. Danach ging er als Favorit in die Dante Stakes, hatte dort aber keine Chance gegen den Stallgefährten Gold Horn. So recht glaube ich nicht an eine Formumkehr. Auch bei ihm gibt es leichte Zweifel, ob die 2400 Meter ideal sind. Wenn der Boden zu fest ist, soll er nicht laufen.
Kilimanjaro (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Joseph O’Brien): Gewinner des Derby-Trials in Lingfield. Dreijährig stark verbessert, aber andere Kandidaten haben deutliche bessere Meriten. Der Außenseiter aus dem O’Brien-Quartier.
Moheet (Trainer Richard M. Hannon/Jockey Pat Dobbs): Talentierter Hengst und einer der seltenen Starter des großen Hannon-Quartiers im Derby. Zuletzt landete Moheet im Mittelfeld der 2000 Guineas, jetzt geht man deutlich in der Distanz hinauf. Außenseiter.
Rogue Runner (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Oisin Murphy): Deutscher Gast mit Besitzern aus Katar. Noch nicht ausgereifter Kandidat, zuletzt aber enttäuschend im Frankfurter Metzler Preis. Die Wöhler-Stallform ist aktuell großartig, das ist jedoch der größte Pluspunkt für Rogue Runner. Ein Erfolg wäre eine Sensation, zumal die 2400 Meter etwas lang werden könnten.
Storm The Stars (Trainer William Haggas/Jockey Pat Cosgrave): Sieger der Vorprüfung in Goodwood, davor Zweiter hinter Hans Holbein in der Chester Vase. Steher durch und durch, aber trotz sechs Starts immer noch nicht ausgereift und laut Trainer-Gattin Maureen Haggas eher ein Typ für das St. Leger. Dem schließe ich mich an, aber zumindest für Platzwetter eine interessante Alternative.
Success Days (Trainer Ken Condon/Jockey Shane Foley): Ebenfalls für 75 000 Pfund nachgenannt, Sieger zweiter Derby-Trials in Leopardstown, die schon einigen irische Derbysieger als Sprungbrett dienten. Die größte Unbekannte bei Success Days ist jedoch der Boden, denn bislang ist er nur auf schwerem bzw. weichem Untergrund gelaufen.
Urteil
So richtig überzeugt mich in diesem Jahr keiner der Kandidaten, bei jedem gibt es irgendetwas etwas zu bemäkeln. Hans Holbein mag der Glamour anderer Teilnehmer fehlen, aber wenn anderen die Distanz auf dem schwierigen Epsom-Kurs zu lang wird, wird er weitermarschieren. Golden Horn wird aber nach der Dante-Form nur schwer zu schlagen sein, wenn er mit Bahn und Distanz zurechtkommt.