Freitag, 2. Mai 2014
Wenn Hoffenheim doch RWE wäre
Wer hat an der Uhr gedreht? Am Samstag gibt es schon das letzte Heimspiel von Borussia Dortmund in der Bundesliga-Saison 2013/2014. Der Gast ist die TSG 1899 Hoffenheim. Ein Portrait des Emporkömmlings.

Kaum eine andere Mannschaft verachtet der traditionelle BVB-Fan mehr als diese TSG 1899 Hoffenheim – abgesehen natürlich vom Erzrivalen FC Schalke 04. All diesen ganzen Ressentiments über die „Söldner vom Dorf“ wärmt der Vorbericht des Online-Fanzines schwatzgelb.de in bewährter Manier auf. Schon tausend Mal gelesen und daher einfach nur noch langweilig. RW Essen kommt davon auch nicht zurück in die erste Liga.
Jedenfalls hat sich Dietmar Hopp den Traum erfüllt, den jeder Mäzen eines Dorfvereins heimlich hat. Sein Verein spielt in der Bundesliga. Alles eben eine Frage des Geldes – und davon hat der Gründer eines Weltkonzerns namens SAP mehr als etwa BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und sein Heimatklub RW Erlinghausen. Deshalb spielt Hoffenheim in Liga 1, Erlinghausen hingegen in der westfälischen Landesliga Gruppe 2 und kämpft dort um den Ligaerhalt.
So werden wir am Samstag wieder die Beschimpfungen des Herrn Hopp erleben, werden Sechzehnjährige verstohlen über das H-Wort grinsen und werden 10jährige ihre Eltern fragen, was es denn bedeute.
Jedenfalls geht es für beide Teams sportlich um nichts mehr. Und da beide Mannschaften in der Offensive ihre Qualitäten haben, könnte es ein attraktives Spiel geben.

Aktuelle Lage
Da muss ich den Freunden von schwatzgelb mal Recht geben: Der BVB leistete im letzten Jahr seinen Beitrag dazu, dass Hoffenheim weiter in der Liga spielt. 1:2 unterlag die Borussia, war zwar hoch überlegen, doch zwei berechtigte Foulelfmeter in der Schlussphase brachten 1899 den Sieg, den Sprung auf Rang 16 und die erfolgreiche Relegation gegen den Traditionsclub Kaiserslautern.
2013/2014 stabilisierte sich der Club nach der chaotischen Vorsaison mit den vier Trainern Markus Babbel, Frank Kramer, Marco Kurz und Markus Gisdol. Gisdol setzte wieder mehr auf den Nachwuchs, teuere Spieler wie Tim Wiese, Edson Braafheid oder Matthieu Delpierre wurden aussortiert.
Mit 41 Punkten befindet sich Hoffenheim aktuell jenseits von Gut und Böse in der Bundesliga. Das Torverhältnis von 67:66 zeigt eindrücklich sowohl offensive Stärke als auch defensive Schwäche.



Das ist nicht Hoffenheim zur Schützenfest-Zeit, sondern das Rathaus mit Vereinsfahnen. Triumphe werden woanders gefeiert. (Bild: Badener/Wikimedia Commons)

Ein wenig Historie
Von großer ruhmreicher Vergangenheit kann man natürlich beim Dorfverein TSG Hoffenheim nicht sprechen. Meist kickte der Club in den Niederungen der badischen Kreis- und Bezirksligen. 1990 konnte Joachim Hopp, Mitbegründer der Softwareschmiede SAP, das Elend seines Heimatklubs nach einem weiteren Abstieg in die A-Liga nicht mehr anschauen und unterstützte den Verein fort als Mäzen. Der Aufstieg begann, 2000 gelang der Sprung in die damalige Oberliga Baden-Württemberg. Danach qualifizierte man sich für die neue Regionalliga Süd, spielte dort – unter anderem mit Trainer Hansi Flick – lange Zeit, ehe mit Trainer Ralf Rangnick 2007 der Sprung in Liga 2 gelang. 2008 war Hopp am Ziel aller Träume – mit Trainer Rangnick stieg Hoffenheim in die Eliteliga auf.
Dort rockte die TSG mit attraktivem Offensivfußball ein halbes Jahr die Liga; Spieler wie Andreas Beck, Marvin Compper, Tobias Weis, Chinedu Obasi, Demba Ba und besonders Vehad Ibisevic spielten die Saison ihres Lebens. In der Winterpause war das kleine Hoffenheim Herbstmeister.
Dieses Tempo konnte die Mannschaft nicht halten, am Ende war es Platz 7 – dennoch eine sehr gute Leistung des Aufsteigers. Danach hielt sich Hoffenheim ein paar Jahre im Mittelfeld der Liga, ehe es dann zur Katastrophen-Saison 2012/2013 kam.
Das Konzept, auf große Namen zu setzten, ging völlig in die Hose. Diese Zeit war auch ein Armutszeugnis für die Trainer Markus Babbel und Marco Kurz, die hier ziemlich versagten und eine zerstrittene Mannschaft ohne Mumm, aber mit vielen Stars hinterließen. Vom einstigen Konzept Rangnicks, eine junge Mannschaft mit durchaus teueren Akteuren aufzubauen, war nichts mehr zu sehen.
Erst als Hopp die Notbremse zog und Markus Gisdol wieder installierte, gelang die Rettung. Zumindest in dieser Saison sorgte der Klub wieder für positivere Nachrichten – außer bei den Fans der sogenannten Traditionsvereine. Die wünschen ihm weiter – siehe oben – alles erdenklich Schlechte.

Die Bilanz BVB – Hoffenheim

Eine interessante Dokumentation über den Klub, die wir auf diesen Seiten auch schon begutachtet haben.

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich. Und da die Saison so langsam zu Ende geht, endet unsere Serie mit diesem Text.



Dienstag, 15. April 2014
Hecking, Allofs und der Magath-Scherbenhaufen
DFB-Pokal, Halbfinale: Borussia Dortmund empfängt den VfL Wolfsburg. Anfang April gab es dieses Duell schon einmal: Der BVB drehte mit viel Willen in Halbzeit 2 das Spiel und siegte nach harter Gegenwehr noch mit 2:1. Das Pokalspiel könnte ähnlich mühsame Arbeit werden. Ein Portrait des VfL Wolfsburg.

Sympathieträger sehen anders aus. Der VfL Wolfsburg hat das Image eines reichen Emporkömmlings ohne Vergangenheit und Fankultur. Das Geld kommt vom ortsansässigen Volkswagen-Konzern. Ein Werksverein, der sich den Erfolg kauft. Ein Retortenverein wie Bayer Leverkusen oder 1899 Hoffenheim.
Den meisten Fans eines sogenannten Traditionsvereines dürfte es egal sein, ob der VfL in Liga 1 oder Liga 2 spielt. Ich schließe mich da nicht aus – und bei dem Chaos, das in den Jahren zuvor in Wolfsburg herrschte, wäre ein Scheitern durchaus gerecht gewesen.
Nur eine Spielzeit war das anders. 2009 drückten alle, die die Bayern nicht mochten, den Wolfsburgern die Daumen. Selbst der „Unsympath“ Felix Magath konnte das nicht verhindern. Jedenfalls hatte der VfL eine starke Truppe (unter anderem mit den Stürmern Grafite und Dzeko), spielte attraktiven Fußball, demütigte die Münchner im direkten Duell und holte den Titel. Doch das war nur einmalig, danach konnte viel Geld graues Mittelmaß bzw. Abstiegskampf nicht verhindern.
Die Dortmunder Heimbilanz gegen den VfL Wolfsburg ist fast tadellos. Mir fallen aber zwei bittere Niederlagen ein – 2004 hatte der BVB unzählige Chancen, doch die Gäste gewannen 2:1. In der Spielzeit 2012/2013 profitierten die Niedersachsen von einigen dubiosen Entscheidungen des Schiedsrichters Wolfgang Stark. Der pfiff danach nie wieder ein Spiel von Borussia Dortmund.

Aktuelle Lage
Ein Ziel haben Trainer Dieter Hecking und Manager Klaus Allofs schon erreicht: Der VfL hat sich unter ihrer Führung einigermaßen stabilisiert. Platz 5 ist nach den Demütigungen der letzten Jahre ein Erfolg. Zudem zeigt die Mannschaft manchmal sogar ganz ordentlichen Fußball.
In den Jahren zuvor war es fast ein Markenzeichen des Klubs, dass teuer gekaufte Spieler sich beim VfL verschlechterten. Das ist inzwischen wieder anders: So haben sich die beiden Millionentransfers Kevin de Bruyne und der ehemalige Dortmunder Ivan Perisic zuletzt deutlich verbessert vorgestellt. Dazu hat Hecking es geschafft, mit Robin Knoche, Maximilian Arnold und Junior Malanda junge Spieler ins Team einzubauen.
Da konnte man es verkraften, den spielstarken Brasilianer Diego zu Atletico Madrid ziehen zu lassen. Zumal Diego einer dieser Verpflichtungen war, die in Wolfsburg eher enttäuschten.



Das war 1994/1995: Der VfL Wolfsburg marschierte erstmals Richtung erster Liga und besiegte hier Fortuna Köln. Am Ende aber scheiterte man noch knapp, Platz 4, punktgleich mit Fortuna Düsseldorf, aber die Düsseldorfer hatten die bessere Tordifferenz

Ein wenig Historie
Eine große sportliche Vergangenheit in Form von Erfolgen hat der VfL Wolfsburg nicht. Andere Vereine aus Region wie Hannover 96 oder Eintracht Braunschweig haben da mehr Meriten. Die Wolfsburger spielten maximal Regionalliga oder 2. Liga, die Bundesliga bleib ein Traum.
Erst 1997 gelang der Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse. Dort schlug man sich ganz wacker, ohne sportlich groß aufzufallen. Eine typische graue Maus eben, einer der wenigen Vereine in Deutschland, der seinen Gästeblock in Dortmund nicht voll bekam.
Irgendwann hatte der Geldgeber VW die Nase voll vom Durchschnitt. Die Verantwortlichen verpflichteten Felix Magath als Trainer/Manager, der vorher mit dem FC Bayern naturgemäß einige Erfolge feiern durfte. Magath mischte den Kader ordentlich auf, fuhr ins Trainingslager nach „Schmerzlake“, baute einen künstlichen Berg auf dem Trainingsgelände – die Mannschaft hatte Kondition und Erfolg. Der VfL wurde 2009 bekanntlich Deutscher Meister.
Doch aus diesem Erfolg entwickelte sich nichts: Magath dampfte ab nach Schalke, danach versuchten sich Armin Veh, Steve Mc Claren und Pierre Littbarski als Trainer sowie Dieter Hoeneß als Manager – alle ohne Erfolg.
Im März 2011 kam Felix Magath zurück, fuhr wieder nach Schmerzlake, verpflichtete wieder unzählige Spieler und hinterließ diesmal einen Scherbenhaufen. Die Plätze 15, 8 und 11 machten den VfL zu einer Lachnummer in der Liga. Dazu kam ein völlig aufgeblähter und sinnfrei zusammengestellter Spielerkader. Da mussten die Verantwortlichen quasi die Notbremse ziehen. Mit Trainer Dieter Hecking und Manager Klaus Allofs sollten wieder Konstanz und Solidität nach Wolfsburg ziehen.

Die Bilanz Dortmund gegen Wolfsburg

Die Transfers des VfL Wolfsburg in den letzten Jahren

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.



Mittwoch, 9. April 2014
Viel Glück für den königlichen Protzverein
Es sollte nicht sein: Trotz einer großartigen spielerischen und kämpferischen Leistung schied Borussia Dortmund gegen Real Madrid im Viertelfinale der Champions League aus. Das 2:0 im Signal-Iduna-Park reichte nicht nach der 0:3-Niederlage in Madrid. Und damit kamen die Königlichen aus Madrid mit einem blauen Auge davon, der Traum von der „Decima“ – der zehnten Krone im wichtigsten europäischen Vereinsfußball – bleibt. Ein Portrait von Real Madrid.

Am Ende kassierte Borussia Dortmund viele Komplimente für eine couragierte Vorstellung, aber das 0:3 in Madrid erwies sich als zu große Hypothek. Der BVB schrieb kein neues europäisches Märchen, auch weil Henrik Mhkitaryan zwei gute Chancen vergab. Die beiden Tore von Marko Reus reichten nicht an einem denkwürdigen Abend.
Die Vorstellung der Spanier erinnerte an verschiedene Darbietungen ihrer Vereinsgeschichte in Deutschland. Jedes Mal trafen sie auf einen wie entfesselt spielenden Gastgeber, Reals Gegenwehr blieb hingegen verhalten. So verloren sie in den achtziger Jahren mal in Kaiserslautern, in Leverkusen und auch im letzten Jahr beim 1:4 in Dortmund.
Dabei hatten die Königlichen im Hinspiel beim 3:0 in Madrid den Dortmundern ihre Grenzen aufgezeigt und eine beeindruckende Vorstellung geboten. Besonders das Offensiv-Trio Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale stellte den BVB vor einige Probleme. „Das Gesetz des Stärkeren: Real zermalmt den Scharfrichter des Vorjahres“, titelte die spanische Sportzeitung Marca martialisch. An ein Ausscheiden wie im Vorjahr dachte nach dieser Demonstration niemand in Spanien.



Bei Real Madrid zählt nur der große Name. Die Vereinshymne singt Placido Domingo

Das weiße Ballett
Zeitweise war es im deutschen Fußball-Feuilletonismus angesagt, den FC Barcelona toll, den Erzrivalen Real Madrid hingegen nicht so toll zu finden. Denn Barca war immer dieser Verein, der für die katalanische Sache kämpfte und im finsteren Faschismus des General Franco zugunsten Reals benachteiligt wurde. Real Madrid hingegen waren die Günstlinge des Franco-Regimes.
Nun war es so, dass Real Madrid große Triumphe in den 50er Jahren feierte, als das faschistische Spanien weitgehend isoliert war. Und natürlich nutzten die Faschisten das Image des weißen Balletts, das damals die beste Fußballmannschaft der Welt war. Aber faschistisch? „Real Madrid ist eine Mannschaft, die nur in fußballerischen Dimensionen denkt, nicht in politischen oder nationalistischen“, sagt der Argentinier Jorge Valdano, ehemaliger Real-Spieler, Trainer und Sportdirektor. Das sei ein Riesenvorteil gegenüber dem FC Barcelona, der zu stark in politischen Kategorien denke (Quelle: Jimmy Burns; La Roja).
Jedenfalls herrscht zwischen beiden Vereinen eine erbitterte Rivalität. Und jedenfalls ist Real Madrid einer der bekanntesten Fußball-Vereine der Welt. Die Erfolge, die das weiße Ballett in den fünfziger Jahren feierte, gelten noch heute als Maßstab. Das Team um Puskas, di Stefano und Gento gewann fünf Mal in Serie den Europapokal der Landesmeister.
Dafür protzte Real Madrid immer mit Top-Spielern, für die kein Preis zu hoch war. Doch an die Erfolge ihrer Vorgänger kam keine dieser Mannschaften heran. Die Liste der Topstars, die bei Real Madrid spielten, ist lang: Die Deutschen Netzer und Breitner in den siebziger Jahren etwa; in den achtziger Jahre das Team um Camacho, Michel, Butragueno oder Hugo Sanchez etc.; in den Neunzigern waren es Spieler wie Hierro, Seedorf, Ilgner, Mijatovic oder Roberto Carlos.
Geld spielte dabei nie eine Rolle. In Deutschland hat der Beobachter immer den Eindruck, dass kaufmännische Regeln den Verein nur behindern. Die Banken geben gerne, weil Kredite für Real eine Sache der Bankenehre sind.

Lachen über die Galaktischen
Unter Präsident Florentino Perez entwickelte sich der königliche Verein immer weiter zu einem neureichen Protzklub. Perez verpflichtete Leute wie Zidane, Figo, Beckham, Ronaldo und Robinho; den charismatischen Trainer Vicente del Bosque schickte er allerdings weg, weil er zu wenig Glamour verbreitete. Immerhin holte Real 2002 mit del Bosque und viel Glück gegen Bayer Leverkusen die Champions League; auf dem Real-Trainerstuhl gab es danach ein stetes Kommen und Gehen. Die „Galaktischen“ sorgten vielfach für Hohn und Spott, wenn sie sich mal wieder in Europa oder der spanischen Provinz blamierten. Die Sympathien gehörten dem FC Barcelona.
Auch in der zweiten Ära Perez hieß die Devise Klotzen statt Kleckern. Insgesamt 185 Millionen Euro gab Real Madrid für Cristiano Ronaldo (2009) und Gareth Bale (2014) aus. Immerhin spielt das Team unter Trainer Carlo Ancelotti deutlich attraktiver als unter dem streitsüchtigen Jose Mourinho – auch wenn die Deutschen Mesut Özil (verkauft nach Arsenal) und Sami Khedira (verletzt) nicht dabei sind.

Zwei ältere Geschichten über Real Madrid gibt es hier und hier

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.



Montag, 24. März 2014
Ernst Kuzorra, FC Meineid und der Meister der Herzen
Am Dienstag ist wieder Derby-Zeit, besser gesagt: Zeit des Revierderbys. Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 – in Deutschland ist es für viele das Derby überhaupt und steht auf einer Stufe mit dem Glasgower Stadtduell Rangers gegen Celtic. Oder Fenerbahce gegen Galatasary in Istanbul/Türkei. Oder River Plate und Boca Juniors in Buenos Aires/ Argentinien. Ein Portrait des FC Schalke 04.

Manchmal sagen mir andere BVB-Fans, dass ich kein richtiger Anhänger unserer schwarz-gelben Götter sei. Denn das Derby gegen den FC Schalke 04 hat für mich nicht diese herausragende Bedeutung. Ich freue mich zwar über Erfolge gegen den Erzrivalen, aber der Fanatismus und diese (in den letzten Jahren wieder gestiegene) Aggressivität nerven mich. Und Niederlagen gegen den FC Bayern München quälen mich eher.
Das mag auch daran liegen, dass ich im Sauerland aufgewachsen bin, wo die meisten in den siebziger Jahren Schalke und Bayern unterstützten. Dortmund spielte hingegen eine untergeordnete Rolle im Kopf der Sauerländer Heranwachsenden, weil der Club zu dieser Zeit in der zweitklassigen Regionalliga kickte. Heute allerdings hat der BVB auch im Sauerland viele Anhänger.
Jemanden, der in Dortmund in einem schwarz-gelben Elternhaus aufgewachsen ist, sieht diese Rivalität deutlich weniger entspannt. „Ich bin Dortmunder durch und durch und in meiner Stadt seit meiner Kindheit total verwurzelt“, sagt etwa Dortmunds Allrounder Kevin Großkreutz. „Natürlich spüre ich diese Derbys vielleicht ein bisschen intensiver als andere Spieler.“
Jedenfalls gibt es viele Parallelen zwischen beiden Vereinen: Sie feierten große Erfolge in der Vergangenheit, beide verfügen über ein ungemeines Renommee in der Fußball-Welt und beide haben eine große und treue Fanbasis.
Nur neigt das Umfeld des Clubs aus Gelsenkirchen deutlich mehr zur Hysterie. Auf Schalke gibt es nur Triumph oder Tragödie – die Zwischengefühle fehlen ein wenig. Das mag auch daran liegen, dass die BILD-Zeitung im Schalker Umfeld eine viel größere Rolle als in Dortmund spielt. Denn gerne heulen sich Schalke-Verantwortliche beim BILD-Redakteur aus und liefern damit schöne Exklusiv-Geschichten.
In Dortmund wäre das undenkbar. Seitdem der damalige BVB-Spieler Frank Pagelsdorf Anfang der neunziger Jahre dem BILD-Reporter Jürgen Meyer ein Glas Cola ins Gesicht schüttete, weil er sich über dessen Berichterstattung ärgerte, tut sich das Springer-Blatt in Dortmund schwer. Der Vorfall geschah übrigens im Gelsenkirchener Parkstadion.

Aktuelles
Wer den FC Schalke 04 nur gelegentlich mal live sieht, der denkt erst einmal an diese 1:6-Demütigung durch Real Madrid im Achtelfinale der Champions League. Da waren die Blau-Weißen ganz schwach – allerdings gegen eine Mannschaft der Extraklasse. In der Bundesliga aber läuft es in der Rückrunde ganz hervorragend: Sieben Siege, ein Remis und eine Niederlage beim FC Bayern München lautet die Bilanz.
Es ist zwar kein technisches Feuerwerk, aber sie spielen sehr effektiv, gewinnen ihre Spiele und überzeugen auch manchmal spielerisch. Jedenfalls sitzt Trainer Jens Keller, zeitweise sehr umstritten, wieder fester im Sattel.
Natürlich profitiert S04 von der Rückkehr von Torjäger Klaas Jan Huntelaar, zumindest in der Bundesliga ein Garant für Tore. Kevin Prince Boateng und Jefferson Farfan haben hohe individuelle Klasse, zudem stabilisierte Ralf Fährmann das Team auf der Torwartposition.
Zu recht sind die Schalker stolz auf ihren erfolgreichen Nachwuchsbereich: Julian Draxler, Max Meyer, Sead Kolasinac und Kaan Ayhan spielten vor gar nicht langer Zeit noch in der Schalker Jugend.
Nur der Ex-Dortmunder Felipe „Tele“ Santana wirkt in Blau-Weiß wie eine schlechte Kopie seiner Dortmunder Zeit. Er ist jedoch derzeit verletzt.

Ein wenig Historie
Die 30er und 40er Jahre – sie waren die große Zeit des FC Schalke 04. Sechs Mal wurden die Knappen zwischen 1934 und 1942 Deutscher Meister, der „Schalker Kreisel“ um Fritz Szepan und seinen Schwager Ernst Kuzorra dominierte den deutschen Fußball. Es war die Zeit des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkriegs; die Nazis hingen sich an die Erfolge des Arbeiter-Klubs, der zu dieser Zeit noch ein wirklicher Pütt-Verein war.
Borussia Dortmund war in dieser Zeit nur ein Spielball für Schalke 04, die Niederlagen waren deutlich. Die Rivalität war noch nicht vorhanden: Ernst Kuzorra war sogar mal Trainer des BVB und leistete Aufbauarbeit. Die Schalker Erfolge machten das ganze Ruhrgebiet stolz. So machten die Blau-Weißen nach einer Meisterschaft Station in Dortmund und wurden dort begeistert gefeiert.



Ein Dokument des ZDF-Sportstudios aus dem März 1988 mit Charly Neumann, „Pele“ Wollitz und Reporter Jörg Dahlmann in tragenden Rollen. Schalke gewann im halbleeren Parkstadion das Revierderby mit 3:0 und stieg am Ende doch ab.

Nach dem zweiten Weltkrieg aber holte die Borussia auf und lief den Schalkern sportlich den Rang ab. Die Blau-Weißen feierten nur noch eine Meisterschaft im Jahre 1958. „50 Jahre nie die Schale an der Hand“, sangen die BVB-Fans zum Jubiläum hämisch.
Manchmal hatte S04 dabei eine fast schon tragische Gabe, den eigenen Erfolg zu torpedieren. In den siebziger Jahren gab es beispielsweise eine tolle Truppe mit Spielern wie Nigbur, Rüssmann, Fichtel, Erwin und Helmut Kremers, Fischer und Libuda. Es war eine gute Mischung aus Talenten und etablierten Spielern, dazu kam ein kluger Trainer namens Irvica Horvart. Dieses Team spielte einen tollen Fußball, doch es wurde nur einmal DFB-Pokalsieger 1972. Denn viele dieser Spieler waren am Bundesliga-Skandal beteiligt, weil sie ein Spiel gegen Arminia Bielefeld verkauft hatten. Die Sperren zerstörten eine hoffnungsvolle Mannschaft.

Ruhrpott
„FC Meineid“, skandierten die gegnerischen Fans später. Auch in Dortmund – aus dem einstigen Miteinander war inzwischen eine erbitterte Rivalität geworden. Schalke wurde zu einem Chaos-Klub mit durchaus hohem Unterhaltungswert, aber wenig sportlichem Erfolg. Ausnnahme: 1997 triumphierte Königsblau überraschend im UEFA-Pokal. Im selben Jahr siegte Borussia Dortmund in der Champions League und auf einmal tauchten gemeinsame Sprechchöre „Ruhrpott“ aus. Doch das war nur peripher, ich habe dies auch nie so groß wahrgenommen.
Schalke hatte weiter einen Hang zur Tragik. 2001 feierte man bereits die Meisterschaft, obwohl der FC Bayern in Hamburg noch spielte. Die Bayern schossen noch ein Tor – und die Schalker machten lange Gesichter. Und mittendrin hüpfte der inzwischen verstorbene FDP-Politiker Jürgen W. Möllemann, damals Vorsitzender des Schalker Aufsichtsrates, in seinem knallbunten Fallschirmspringer-Dress.
2007 zerstörte ausgerechnet der BVB die Schalker Meisterträume. Dortmund gewann 2:0 und der VfB Stuttgart holte sich die Schale. Und schon war in Dortmund eine schlechte Saison vergessen, in der man fast abgestiegen war.
In den letzten Jahren litten die königsblauen Fans ein wenig unter den Erfolgen der Schwarz-Gelben. Es waren turbulente und unruhige Tage, in denen beispielsweise Felix Magath in Schalke regierte. Tiefpunkt war Platz 14 in der Spielzeit 10/11, die letzten Jahre aber waren mit den Plätzen 3 und 4 ganz erfolgreich. Dennoch war die Stimmung auf Schalke oft eher mäßig.

Die Bilanz Dortmund gegen Schalke
Ein sehr empfehlenswertes Buch zum Revierderby

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.



Montag, 17. März 2014
Gazprom und die Problem-Fans
Am Mittwoch ist wieder Champions League in Dortmund. Der BVB trifft auf Zenit St. Petersburg, den Gazprom-Klub. Das Hinspiel haben viele mitgereiste Dortmunder Fans trotz des 4:2-Erfolges in schlechter Erinnerung. Gewalttätige Zenit-Fans jagten die Besucher. Ein Portrait des russischen Vereins.



Das schöne Bild des Zenit-Fanblocks. Sie können auch anders (Foto Wikimedia Commons/GAndy)

Es war ein blutiger Ausflug in eine der imposantesten Städte Europas: Das Gastspiel von Borussia Dortmund bei Zenit St. Petersburg Ende Februar endete für manche der schwarz-gelben Anhänger mit einer bösen Überraschung. Fans der Gastgeber hatten regelrecht Jagd auf Dortmunder Fans angemacht. „Diese Leute waren nur auf Schlägerei aus“, zitierte die Ruhr-Nachrichten den Dortmunder Fanbeauftragten Jens Voike.
Und nichts war mit den Sympathiepunkten, die die trinkfesten, aber ansonsten friedlichen Dortmunder Anhänger sonst auf ihren Europa-Touren sammeln. Aber bei Zenit zählt offenbar ein hoher Anteil der Fans zur Kategorie gewalttätige Psychopathen.
„Die hässliche Seite von Zenit St. Petersburg“, nennt Autor Yan Matusevich die Anhänger in einem Text auf dem (sehr empfehlenswerten) Osteuropa-Fußballportal
Futbolgrad. „Es gibt keinen Schwarzen bei Zenit“, hieß es bereits 2004 auf einem Fanplakat. Diese Einstellung herrscht heute noch, viele Zenit-Ultras sind offenbar Rassisten.
Landscrona, Zenits wahrscheinlich größte organisierte Fangruppe, sorgte für internationale Schelte, als es dem Management empfahl, auf die Verpflichtung farbiger und homosexueller Spieler zu verzichten. Das Management kommentierte das Geschehen nicht. Matusevich: „Hinter der neuen Glamourfassade von Zenit liegt eine erschreckende Realität von Fan-Rassismus.“
Gazprom stört das nicht: Der russische Energieriese steckt weiterhin viel Geld in das Projekt Zenit. Der deutsche Manager Dietmar Beiersdorfer darf einkaufen und verpflichtete in der Winterpause den Venezolaner José Rondón und den russischen Nationalspieler Aleksandar Ryazantsev vom Liga-Rivalen Rubin Kazan.

Aktuelle Lage
Das Hinspiel in der Champions League war eine eindeutige Angelegenheit: 4:2 siegte Borussia Dortmund in St. Petersburg. Bereits nach 5 Minuten führte der BVB mit 2:0 und immer wenn Zenit noch mal dran war, konterten die Gäste postwendend. Es läuft derzeit nicht bei Zenit: Nach der langen Winterpause ist man noch sieglos, zuletzt musste der seit 2010 amtierende Trainer Luciano Spalletti gehen. In Dortmund wird Assistenztrainer Sergej Semak auf der Bank verantwortlich sein.
Dabei sieht es in der Liga gar nicht so schlecht aus: Der Rückstand auf den Spitzenreiter Lokomotive Moskau beträgt nur drei Punkte. Auf dem Papier haben die Russen eine starke Truppe: Der Brasilianer Hulk, der Portugiese Danny, die Belgier Lombaerts und Witsel, dazu die starken Einheimischen Anyukov, Arshavin, Kerzhakov oder der Ex-Bayer Anatoli Tymoshchuk. Allerdings leide das Team unter Grüppchenbildung. Im Hinspiel wirkte Zenit auch reichlich inhomogen.

Ein wenig Geschichte
In der ehemaligen Sowjetunion spielte das damalige Zenit Leningrad nur eine eher untergeordnete Rolle. Nur einmal schaffte der Klub die Meisterschaft, andere Vereine wie Dynamo Kiew oder Spartak Moskau bestimmten den UdSSR-Fußball deutlich stärker.
Erst mit dem Einstieg von Gazprom im Jahre 2005 kam nach dem Ende der Sowjetunion der Erfolg. „Ohne den Kreml läuft nichts bei Gazprom, ohne Gazprom nichts bei Zenit“, schrieb die Welt. Denn der russische Energiereise ist staatlich kontrolliert; Zenit ist der nicht bestätigte Lieblingsklub von Staatspräsident Wladimir Putin und der bestätigte Lieblingsverein von Ministerpräsident Dimitri Medwedjew.
Jedenfalls investierte Gazprom kräftig und feierte Erfolge: 2007, 2010 und 2012 wurde Zenit Meister, 2008 triumphierten die Russen in der Europa League. In dieser Saison traf man gleich auf drei deutsche Teams: Nürnberg schaffte immerhin ein Unentschieden, Leverkusen und Bayern München flogen hingegen in Viertel- und Halbfinale raus.
Besonders das 4:0 gegen Bayern München bleib in Erinnerung, denn so vorgeführt wurden die stolzen Bayern international selten. Trainer der Russen war Dick Advocaat – den Niederländer, den man in Mönchengladbach in eher schlechter Erinnerung hat. Aber bei Zenit durfte er ausgeben; Gazprom bezahlte.
2008 dachte eh’ die Fußball-Welt, dass dem russischen Fußball die Zukunft gehört. Die Sbornaja spielte eine ganze starke EM mit vielen Zenit-Spielern und verlor nur im Finale gegen Spanien. Doch Spanien und nicht Russland prägte danach die Fußball-Welt. Russland scheiterte schon in der Qualifikation für die WM 2010 an Deutschland und später in den Play-Offs an Slowenien.
Und auch der Champions League-Titel ist für Zenit St. Petersburg derzeit nur ein Traum. Obwohl Gazprom weiter kräftig investiert – etwa in den brasilianischen Stürmer-Riesen Hulk oder den belgischen Jungstar Axel Witsel. Aber Geld schießt hier eher nationale Tore.

Was Sie schon immer über Zenit St. Petersburg wissen wollten

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.



Donnerstag, 13. März 2014
Die Fohlen wollen wieder Europa rocken
Die sportlichen Vorzeichen vor dem Duell der beiden Borussen aus Dortmund und Mönchengladbach sind diesmal eindeutig: Dortmund hat nur eines der letzten sieben Bundesligaspielen verloren, Gladbach hat in der Rückrunde noch kein Mal gewonnen. Aber das hatten wir doch schon mal vor dem Gastspiel des BVB in Hamburg. Das Ergebnis ist bekannt und Gladbach ist deutlich stärker als der HSV. Das Hinspiel verlor Dortmund bereits in Mönchengladbach. Ein Porträt der Borussia vom Niederrhein.

Manche Städte werden erst durch ihren Fußballclub bekannt. Kaiserslautern zum Beispiel durch den FCK, Braunschweig durch die Eintracht. Aber das beste Beispiel ist Mönchengladbach und die Borussia. Der Verein ist der bekannteste Botschafter der Stadt.
Das mag in Dortmund durch die schwarz-gelbe Borussia ähnlich sein, doch die Gladbacher mögen die Dortmunder weniger. Auch weil Dortmund dem Rivalen in den letzten Jahren deutlich den Rang abgelaufen hat.
Dabei gab es in den siebziger Jahren deutliche Niederlagen für den BVB gegen die andere Borussia. Der Höhepunkt war das 0:12 in der Saison 1977/78, das die Gladbacher fast noch zum Meister durch die bessere Tordifferenz gemacht hätte. Diese Niederlage beendete die Dortmunder Zeit von Trainer Otto Rehhagel, aber auch der bedauernswerte Torhüter Peter Endrulat spielte nie wieder für den BVB.
Doch in den neunziger Jahren lief die westfälische Borussia der Borussia vom Niederrhein den Rang ab – sportlich als auch finanziell. Die Verpflichtung des damaligen Stürmers Heiko Herrlich durch den BVB sorgte für viel Unmut bei der Gladbacher Fangemeinde. „Who the fu…is Herrlich“, sangen sie immer zur Melodie von Smokies „Living next door to Alice“ bei Gastspielen in Dortmund.
Auch 2012 bediente sich der BVB bei Gladbach und holte den Ur-Dortmunder Marco Reus zurück zum BVB. Doch diesmal gab es weniger böses Blut.

Aktuelle Lage
Es läuft nicht bei der Gladbacher Borussia: Seit neun Spieltagen ist das Team ohne Sieg, in der Rückrunde gab es bislang drei Unentschieden und vier Niederlagen. Zuletzt verlor Gladbach zuhause gegen Augsburg.
Früher wäre auch bei der Borussia der Trainer ein Thema gewesen. Doch die Zeiten haben sich verändert: Der Club verlängerteden Vertrag mit Übungsleiter Lucien Favre bis Juni 2017.
Verwunderlich ist das nicht: Denn der Schweizer gilt nicht nur als gewiefter Taktiker, der einer Mannschaft eine persönliche Handschrift gibt. Favre hatte den Klub auch aus einer sportlich schwierigen Situation gerettet, als er 2011 die Relegation gegen den VFL Bochum schaffte. Es folgte ein nie erwarteter Platz 5 und auch die Saison 2012/2013 war trotz der Abgänge unter anderem von Marco Reus mit Platz 7 sehr erfolgreich.
In diesem Jahr schien sich der sportliche Aufschwung fortzusetzen. Am 15. Spieltag lag die Borussia nach dem Erfolg über Schalke punktgleich mit dem BVB auf Rang 4. Besonders die spielstarken Offensiven Raffael, Patrick Herrmann, Max Kruse und Juan Arango kassierten Komplimente; Kruse, der Neuzugang aus Freiburg, wurde Nationalspieler. Doch das ist inzwischen Vergangenheit. Sie alle kämpfen um ihre persönliche Form.

Ein wenig Historie
Die 70er Jahre – sie waren die große Zeit der sogenannten Fohlenelf. Verantwortlich dafür waren ein kantiger Übungsleiter namens Hennes Weisweiler, ein kluger Geschäftsführer namens Helmut Grashoff und eine Mannschaft gespickt mit großartigen Spielern. Günter Netzer, Berti Vogts, Wolfgang Kleff, Herbert Wimmer, Jupp Heynckes, Rainer Bonhof, Henning Jensen und mein persönlicher Favorit Allan Simonsen – das sind nur einige, die eine fantastische Epoche prägten. Namen, die noch heute einen guten Klang haben. Erfolge unter anderem: fünf Meisterschaften, zwei UEFA-Cup-Erfolge, einmal im Finale bei den Landesmeistern.
Die Borussia war damals eine erste Adresse in Europa, obwohl andere Vereine viel größere finanzielle Möglichkeiten hatten. Zum Beispiel in Sachen Stadion: Gladbach spielte im stimmungsvollen, aber relativ kleinen Stadion am Bökelberg. Zu großen Spielen wich der Klub ins nahe Düsseldorf aus. Dort gab es mit dem Rheinstadion eine dieser Schüsseln mit Laufbahn, die zur WM 1974 entstanden waren.



Trainer Hennes Weisweiler und der junge Berti Vogts - zwei aus der großen Gladbacher Ära. Im Hintergrund lauert der große Gerd Müller vom Erzrivalen Bayern München (Foto: Pelz/Wikimedia Commons)

Sportlich lieferte sich Mönchengladbach spannende Duelle mit dem FC Bayern München um die Vorherrschaft im deutschen Fußball. Die Bayern galten schon damals immer als die Ergebnis-Fetischisten, bei denen der Erfolg alles war. Gladbach stand hingegen für schönen Konterfußball – typisch vielleicht das 5:1 1975 im zweiten UEFA-Cup-Endspiel gegen den FC Twente Enschede.
Manchmal hatte das Gladbacher Spiel auch einen Hauch von Tragik: 1971 demontierten die Fohlen die Catenaccio-Spezialisten von Inter Mailand mit 7:1, doch dann traf eine Cola-Dose Inter-Stürmer Roberto Boninsegna. Der bleib leblos liegen, das Spiel wurde wiederholt und Gladbach flog raus.
Spätestens nach dem verlorenen UEFA-Cup-Finale 1980 begann ein langsamer Niedergang. In den achtziger und neunziger Jahren spielte die Borussia häufig eine gute Rolle, aber die Titel holten andere Vereine. Diese waren wirtschaftlich potenter, das kleine Stadion erwies sich als Nachteil.
1999 folgte der Abstieg in die 2. Liga; 2001 schaffte man mit Trainer Hans Meyer den Wiederaufstieg in die deutsche Eliteklasse. Die nächsten Jahre gab es ein ständiges Auf- und Ab; 2007 stieg der Klub als Tabellenletzter wieder in Liga 2 ab. Die Borussia drohte zur Fahlstuhlmannschaft zu werden – wie der Erzrivale 1.FC Köln.
Doch in den letzten Jahren stabilisierte sich der Club. Gladbach siegte mit Lucien Favre 2011 in der Relegation gegen den VfL Bochum. Die einstigen Unabsteigbaren spielen heute gegen den Abstieg aus Liga 2; Borussia Mönchengladbach hingegen erreichte unter Lucien Favre die internationalen Wettbewerbe.


Ein Fanmagazin über Borussia Mönchengladbach

Die Bilanz Dortmund gegen Gladbach

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.



Donnerstag, 27. Februar 2014
Club-Fan bedeutet Leiden
Die Heimbilanz spricht eindeutig für den BVB. Der 1.FC Nürnberg gastiert am Samstag bei Borussia Dortmund – ein Traditionsverein mit ruhmreicher Vergangenheit und der Club genannt. Aber dieser Ruhm liegt schon lange Jahre entfernt. Heute freuen sich die Club-Anhänger, wenn ihr Verein im sicheren Bundesliga-Mittelfeld landet.



Hinterher konnte ich die Weisheiten des Hans Meyer nicht mehr ertragen. Von April 2006 bis Ende 2007 habe ich in Nürnberg gearbeitet und dort bei einer sehr netten älteren Dame zur Untermiete gewohnt. Die Küche teilten wir uns, das Radioprogramm bestimmte sie jedoch. So lief Radio F, der Sender für die reifere Jugend (aber immer noch besser als Antenne Bayern oder Bayern 3). Jedenfalls gab es dort eine Kolumne „der Meyer des Tages“; dort lief jeden Tag ein Bonmot des damaligen Club-Trainers.
Nun sind manche Sprüche von Hans Meyer durchaus witzig, aber irgendwann kann man es nicht mehr hören, weil es nicht mehr lustig ist. Jedenfalls war Meyer der ungekrönte König der Stadt – kein Wunder, hatte er den darbenden 1.FC Nürnberg doch zum Klassenerhalt geführt und später auf Platz 6 und zum DFB-Pokalsieg geleitet. Das erfreute den Club-Fan natürlich und einer der größten Bewunderer des Hans Meyer war der Sportchef der Nürnberger Nachrichten, der dem Fußballlehrer mehrfach wahre Elogen widmete.
Doch die Club-Fans unter meinen Kollegen zeigten sich auch immer etwas skeptisch. Hatte der Fußballverein doch schon mehrfach bewiesen, dass er nach Triumphen gerne tief stürzt. So war es dann auch in der Saison 2007/2008: Der 1.FC Nürnberg begann mit einer auf dem Papier durchaus guten Mannschaft, überzeugte auch in manchen Spielen, gewann diese nur nicht und dann kam es, wie es kommen musste. Irgendwann war es zu spät, der Zauber von Hans Meyer zog nicht mehr – der Club stieg ab in Liga 2.
„Der Glubb is a Depp“, schimpfen die Franken dann immer. Hans Meyer aber erlebte den Abstieg gar nicht mehr verantwortlich mit, denn er wurde schon vorher entlassen. Aber immerhin hat es ihm in Nürnberg so gut gefallen, dass er dort jetzt wohnt.

Aktuelle Lage
2013 war kein beschauliches Weihnachtsfest für die Club-Verantwortlichen. Denn die Mannschaft des 1.FC Nürnberg hatte die Hinrunde sieglos beendet, aber immerhin elf Mal Remis gespielt. Platz 17 und nur 11 Punkte schürten aber schon die Abstiegsangst.
Dabei hatte Sportvorstand Martin Bader schon früh die Notbremse gezogen und Trainer Michael Wiesinger entlassen. Doch auch sein Nachfolger Gertjan Verbeek tat sich schwer. Der Niederländer mit der unkonventionellen Frisur konnte einfach nicht gewinnen, die Abgänge der Leistungsträger Klose und Simons waren nur schwer zu kompensieren.
Doch in der Rückrunde wandte sich das Blatt zum Guten: Der Club gewann vier seiner fünf Spiele, die einzige Niederlage gab es nach starker Gegenwehr gegen die übermächtigen Bayern.
Dabei hatte der Club zum Schluss auch das Glück, das ihm in der Hinrunde fehlte. Das 2:1 gegen Schlusslicht Braunschweig fiel in die Kategorie Zittersieg. „Ich habe Mühe, erfreut zu sein“, meinte Verbeek nach dem Match.
Besonders Stürmer Josip Drmic, vor der Saison vom FC Zürich gekommen, drehte in der Rückrunde auf, traf fünf Mal. Leider gibt es kein Wiedersehen mit dem Ex-Dortmunder David Ginczek, der sich gegen den FC Bayern einen Kreuzbandriss zuzog und für den Rest der Spielzeit ausfällt. Dagegen dürfte Markus Feulner wahrscheinlich spielen.

Historie
Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese ganz glorreiche Vergangenheit den FCN-Verantwortlichen den Kopf vernebelt hat. Zumindest früher war das so, inzwischen bringt Martin Bader Realismus in die Vereinsspitze.
Lange durfte sich der Club mit neun Meistertiteln Rekordmeister nennen. Dass ihn ausgerecht der FC Bayern München ablöste, tat bei der Rivalität zwischen Franken und Bayern natürlich weh. Zumal die Franken sich so und so von den Bayern unterdrückt fühlen.
Die große Zeit der Nürnberger lag in den zwanziger Jahren, als man mit Recken wie Torwart Heiner Stuhlfauth fünf Male Deutscher Meister wurde. Damals waren die Nachbarstädte Nürnberg und Fürth das Zentrum des Deutschen Fußballs. Zwischen dem 1.FC und der Spielvereinigung herrschte erbitterte Rivalität. Es gibt diese wunderschöne Geschichte, wo Nürnberger und Fürther den Kern der Nationalmannschaft bildeten und getrennt in unterschiedlichen Waggons anreisten, weil sie sich nicht leiden konnten. Auch heute ähnelt das Verhältnis Club und Greuther Fürth dem zwischen Dortmund und Schalke.
Den letzten Meistertitel feierten die Nürnberger mit Trainer Max Merkel im Jahr 1968. Doch der selbsternannte Zampano Merkel entpuppte sich eine Spielzeit später als Luftpumpe, der Club stieg als Meister aus der Bundesliga ab. Das schaffte vor ihm und nach ihm kein anderer Verein.



Fotos (2): Club4ever/Wikimedia Commons

Fahrstuhl
Es folgten harte neun Jahre in der Zweitklassigkeit, erst 1979 gelang den Franken wieder der Sprung in die erste Liga. Doch auch die nächsten Jahre waren ein stetiges Auf- und Ab, der Club entwickelte sich zu einer Fahrstuhlmannschaft.
Provinzgrößen wie Michael A. Roth oder Gerd Schmelzer führten den Klub. Es herrschte permanente Unruhe im Verein, Trainer hatten in Nürnberg nur eine kurze Lebenszeit. Und wenn der Verein mal gute Leute hatte wie nach der Spielerrevolte 1984, als junge Spieler wie Stefan Reuter, Dieter Eckstein, Hans Dorfner oder Roland Grahammer in die Mannschaft rückten, wurde diese aus verschiedenen Gründen verkauft.
Es war ein ständiges Auf und Ab. Mal spielte der Club in der Bundesliga, mal in Liga 2, mal sogar drittklassig. Dort traf man immerhin den alten Rivalen aus Fürth wieder und stieg mit diesem gemeinsam wieder aus der Regionalliga auf. Der Club blieb eine Fahrstuhlmannschaft und war finanziell meist recht klamm.
Erst in der zweiten Ära Michael Roth setzten die Nürnberger auf mehr Kontinuität im Trainerbereich, weil mit Martin Bader nüchterne Kompetenz in den kaufmännischen Bereich kam. Einen sportlichen Aufschwung brachte die Zeit mit Hans Meyer (siehe oben): Klassenerhalt, die Plätze 8 und 6 und als Krönung der DFB-Pokalsieg 2007.
Danach regten sich die Fans gewaltig über den Bayerischen Rundfunk aus München auf, weil dieser die Übertragung der Pokal-Feierlichkeiten abbrach und eine Tier-Doku sendete. Das hätte der BR beim FC Bayern nie gewagt.
Und der Club wäre nicht der Club, wenn er dem Pokalsieg kein Negativergebnis folgen ließ: Im Jahr danach stieg er in die 2. Liga ab.
In den letzten Jahren aber etablierte Trainer Dieter Hecking den Verein im Mittelfeld der Liga. Sein Abgang nach Wolfsburg traf Nürnberg hart, sein Nachfolger Michael Wiesinger besaß nicht das Vertrauen und wurde entlassen. Jetzt soll also der Niederländer Gerdjan Verbeek den Club vor dem Abstieg retten. Der Anfang war bekanntlich steinig…

Die Bilanz zwischen BVB und FCN

Der 1.FC Nürnberg bei Wikipedia

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.

Fokus Fussball



Donnerstag, 13. Februar 2014
Die wilden Jahre der Eintracht sind vorbei
Es ist schon komisch, wenn zwei Mannschaften innerhalb so kurzer Zeit aufeinandertreffen. Aber der DFB-Pokal macht es möglich und so ist das Gastspiel der Frankfurter Eintracht am Samstag im Dortmunder Signal-Iduna-Park quasi die Revanche in der Bundesliga für das Pokal-Viertelfinale.
1:0 siegte der BVB am Dienstag in Frankfurt. Das Spiel war hart umkämpft, das Tor durch Pierre-Emerick Aubayemang fiel spät in der 83. Minute. Aber letztendlich fand die Partie einen verdienten Sieger. Denn die Dortmunder hatten schon ein deutliches Chancenplus, besonders in Halbzeit 1 wirbelten Mkhitaryan, Lewandowski und der Torschütze die Frankfurter doch reichlich durcheinander. Die Eintracht hatte hingegen nur zwei Chancen – eine davon war jedoch hochkarätig, als Rode verpasste. Borussias Defensive stand gut an diesem Abend.
Was noch im Gedächtnis blieb, war das hitzige Duell zwischen BVB-Stürmer Robert Lewandowski und Eintracht-Innenverteidiger Carlos Zambrano. Der peruanische Nationalspieler, dem viele eine große Karriere zutrauen, spielt schon sehr provokativ. Lewandowski auf der anderen Seite wehrte sich aber mit allen Mitteln.
Gegen Eintracht Frankfurt kann ich mich eigentlich nur an Siege in den letzten Jahren erinnern. Dabei gab es am 7. Februar 2010 mit 2:3 die letzte Niederlage, aber da muss ich wohl gefehlt haben. Bei mir sind nur schwarz-gelbe Triumphe gegen die Adlerträger gespeichert. Die vielen Eintracht-Fans, die ihre Mannschaft meist sehr zahlreich ins schönste Stadion der Liga begleiteten, fuhren meist mit viel Frust nach Hause.

Aktuelle Lage
Der Start nach der Winterpause glückte: Sechs von neun Punkten holten die Frankfurter, die Niederlage gab es bei den derzeit in einer anderen Liga spielenden Bayern. „Das war schon die Eintracht, die ich kenne“, sagte Trainer Armin Veh nach dem 3:0-Erfolg gegen den Aufsteiger aus Braunschweig.
Veh meint damit die Frankfurter Mannschaft, die in der letzten Spielzeit als Aufsteiger sensationell Platz 6 erreichte und sich für die Europa League qualifizierte. Doch in dieser Saison lief in der Bundesliga in der Hinserie nicht viel. Die Eintracht hielt sich meist am Tabellenende auf. Platz 15 lautete die Platzierung nach der Hinrunde, das damalige Torverhältnis von 20:29 zeigte, dass die Elf defensiv eigentlich ganz ordentlich agierte, es offensiv jedoch nicht passte.



Einer der Heroen der Vergangenheit: Jürgen Grabowski, Weltmeister 1974 und verewigt auf einer Briefmarke. Grabowski spielte während seiner gesamten Karriere bei der Eintracht (Foto: Eintracht 4ever/Wikimedia Commons)

So erfolgreich Veh und Manager Bruno Hübner auch sonst agieren, bei den Verpflichtungen für den Angriff haben sie keine glückliche Hand. Ob Mo Idrissou, Rob Friend, Erwin Hoffer oder Srdjan Lakic - keiner konnte sich letztendlich etablieren. Und auch der zuletzt verpflichtete Vaclav Kadlec hat nach gutem Beginn Probleme. Ein weiterer Grund für die schwache Hinrunde: Verletzungen wichtiger Spieler wie Alex Meier und Pirmin Schwegler konnte die Eintracht nicht kompensieren.
Hingegen sorgte das Team in der Europa League für Furore. Keine Mühe hatten die Hessen mit den Gegnern Maccabi Tel Aviv, APOEL Nikosia und Girondins Bordeaux. Mit fünf Siegen und einer Niederlage schaffte die Eintracht den Sprung in die nächste Runde. Dort wartet mit dem FC Porto ein durchaus prominenter europäischer Name.

Ein wenig Geschichte
Nur einmal war der Traditionsverein aus Hessen Deutscher Meister. 1959 war das, also schon fast eine Ewigkeit her. Aber die Frankfurter hatten schon immer das Gespür für das Besondere. Sie waren die erste deutsche Mannschaft im Finale eines Europapokals. 1960 kam es im Landesmeister-Pokal zum Duell mit Real Madrid. Die Eintracht ging kultiviert unter, kassierte Komplimente, hatte aber keine Chance gegen die damals übermächtigen Königlichen.
Als Kind wunderte ich mich dann später immer, dass bei der Eintracht ein echter Doktor das Tor hütete. Dr. Peter Kunter war Zahnarzt und spielte gleichzeitig in der höchsten deutschen Fußball-Liga. Damals hatten die meisten Spieler noch etwas Ordentliches gelernt und der kicker veröffentlichte in seinem Sonderheft immer die Berufe der Spieler.
Der Doktor war ein solider Torhüter und kickte in den 70er Jahren bei der Eintracht. In dieser Zeit wirbelte dort das Offensiv-Trio Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein und Bernd Nickel. Letzterer hatte einen wahnsinnig harten Schuss (Spitzname Hammer), schaffte aber nie den Sprung in die Nationalmannschaft. Grabowski und Hölzenbein hingegen wurden Nationalspieler und Weltmeister 1974.
Schon in den siebziger Jahren erwarb sich die Eintracht den Titel „Launische Diva“. Sie konnte richtig tollen Fußball spielen, um im nächsten Spiel krass zu versagen. So reichte es „nur“ zu zwei Titeln als DFB-Pokalsieger, dafür folgte dann im Jahr 1980 der UEFA-Cup. Das entscheidende Tor im zweiten Finale gegen Borussia Mönchengladbach (es war sogar ein rein deutsches Halbfinale) schoss ein gewisser Fred Schaub, der später nach Dortmund wechselte, dort aber sportlich keine große Marke setzen konnte.
Auch in den 80er und 90er Jahren spielte die Eintracht oft einen gepflegten Ball. Spieler wie Detari, Bein, Gaudino, Möller oder Okocha standen für Spielkultur, doch oftmals verhinderten Intrigen innerhalb und außerhalb des Platzes den Erfolg. 1988 holten die Frankfurter ihren letzten Titel, wurden DFB-Pokalsieger.
1992 gab es diesen berühmten Dreikampf um die Meisterschaft zwischen Dortmund, Stuttgart und Frankfurt. Die Hessen hatten damals ein überragendes Team mit Spielern wie Stein, Bein, Möller, Weber oder Yeboah und sie hatten die beste Ausgangssituation vor dem letzten Spieltag. Doch die Eintracht vermasselte es wie so oft und verlor in Rostock. Meister wurde Stuttgart.

Bruchhagen und Funkel
Danach ging es abwärts, erst langsam, dann schnell und es folgte 1996 nach einer katastrophalen Rückrunde der erste Abstieg der Vereinsgeschichte. Die nächsten Jahre waren turbulent; meist hatten die Hessen ernste finanzielle Probleme und pendelten zwischen Bundesliga und zweiter Liga.
Eintracht Frankfurt wurde zu einer Fahrstuhlmannschaft, stieg von 1996 bis 2005 dreimal ab und dreimal wieder auf. Erst mit Heribert Bruchhagen, dem Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Fußball AG, und Trainer Friedhelm Funkel kam wieder Kontinuität in den Klub. Bruchhagen machte aus der ausgabefreudigen Diva eine solide Hausfrau, die nicht mehr ausgab als sie einnahm. Der Pragmatiker Funkel setzte auf Teamgeist, die Eintracht spielte nicht schön, aber solide und hielt sich in der Liga.



Der Frankfurter Flughafen ist Sponsor, da verwundert es nicht, dass der Eintracht-Adler auch in der Luft präsent ist. (Foto: Lehle/Wikimedia Commons)

Manche ältere Eintracht-Fans maulten zwar über die manchmal etwas unattraktive Spielweise, doch die Hessen machten von Saison zu Saison Fortschritte. Doch wie so oft im Leben kommen manche Rückschläge völlig überraschend. 2011 stieg man zur Verwunderung aller ab, nach einer ordentlichen Hinrunde mit unter anderem 1:0 gegen den späteren Meister Dortmund verlief die Rückrunde katastrophal. Auch Christoph Daum, der Michael Skibbe als Trainer ablöste, konnte das Blatt nicht wenden. So kam es, dass die Eintracht-Fans am letzten Spieltag der Saison tief frustriert die Meisterfeier des BVB miterleben mussten.
Doch das war nur ein Betriebsunfall, Trainer Armin Veh schaffte souverän den Wiederaufstieg. Was dann folgte, siehe oben – Platz 6 als Aufsteiger nach einer hervorragenden Saison.

Die Bilanz zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt
Das Eintracht-Archiv

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Donnerstag, 23. Januar 2014
Die neuen „Unabsteigbaren“ aus Augsburg
Eigentlich hätte ich noch durchaus etwas länger Pause haben können. Doch am Wochenende startet die Fußball-Bundesliga wieder in die Rückrunde und Borussia Dortmund erwartet den FC Augsburg. Nach den letzten beiden Heimspielen bin ich ziemlich frustriert aus dem Stadion gegangen, besonders das 0:1 gegen die Berliner Hertha tat weh. Jetzt kommt mit dem FC Augsburg der nächste unbequeme Gegner in den Signal Iduna-Park.
Die Augsburger sind eine der Überraschungen der Liga. Platz 8 mit 24 Punkten und damit zehn Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz – davon hätten sie in der Fuggerstadt vor der Saison nur geträumt. „Ich bin megastolz auf die Mannschaft“, bilanzierte dann auch FCA-Boss Walther Seinsch in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung.
In den Jahren zuvor war es eigentlich immer anders gewesen: Da lagen die Augsburger nach den Hinserien fast schon hoffnungslos zurück, zwei großartige Rückserien sicherten den Klassenerhalt. Solche Kraftakte schweißen zusammen. Und auch der BVB tat sich – auch wenn die Ergebnisse meist zum Schluss deutlich ausfielen – zumindest eine Zeitlang immer schwer gegen diese gut organisierten Augsburger.
Was mir jedoch am besten gefiel: Die Verantwortlichen des FCA verloren auch in der Krise nicht die Nerven. Sie feuerten ihre Trainer Jos Luhukay, der mit ihnen aufgestiegen war, und Markus Weinzierl nicht. Dieses Vertrauen zahlte sich aus.

Aktuelle Lage
Ein Augsburger Spieler wird am Samstag schon einmal besonders im Fokus der Dortmunder Fans stehen: Dong-Won Ji wird im nächsten Halbjahr in Augsburg spielen und dann im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln. Der 22jährige Angreifer hatte bereits in der Rückserie 2013 für den FCA gekickt und dort mit fünf Toren in 17 Toren durchaus überzeugt. Beim AFC Sunderland kam er im Abstiegskampf der englischen Premiere League kaum zur Geltung. Neu im Kader nach der Winterpause sind zudem Dominik Kohr (Bayer Leverkusen) und Alexander Esswein (1.FC Nürnberg).
In der Regel lässt Trainer Markus Weinzierl im 4-1-4-1 System spielen. Das Torverhältnis von 21:25 lässt schon einiges zu Stärken/-Schwächen aussagen. Stärken sind zum Beispiel die kompakte Defensive und die gute taktische Umsetzung. Ein kompaktes Team ohne herausragende Einzelspieler, auch wenn der Sechser Daniel Baier oder der im Januar 2013 vom Drittligisten Offenbach gekommene André Hahn schon auffällig sind.
Für einige Spieler gibt es zudem Heimatgefühle bei der Rückkehr ins Ruhrgebiet: Halil Altintop kommt aus Gelsenkirchen, Sascha Mölders aus Essen, Matthias Ostrzolek und Kevin Vogt aus Bochum.
Manager Stefan Reuter wird sogar in sein „Wohnzimmer“ zurückkehren. Von 1992 bis 2004 kickte er beim BVB, wurde dort Meister und holte die Champions League.

Ein wenig Geschichte
Eine Fußball-Hochburg war die Heimat der berühmten Puppenkiste eigentlich nie. Zwar stammt mit Helmut Haller ein berühmter Fußballer aus Augsburg, seine wesentliche Karriere machte er jedoch in Italien. Auch von der guten Jugendarbeit des FCA profitierten andere; Bernd Schuster, Karlheinz Riedle oder der spätere Bayern-Torhüter Raimond Aumann wurden in anderen Klubs Nationalspieler.
In den siebziger Jahren sorgten die Augsburger um den Heimkehrer Helmut Haller kurzzeitig für Furore in der 2. Liga. 90 000 Zuschauer besuchten das Gastspiel beim TSV 1860 München, das war Zuschauerrekord. Doch ab der Saison 1982/83 war man drittklassig, von 2000 - 2002 kickte der Klub sogar in der viertklassigen Bayernliga.
Mit dem Einstieg des Unternehmers Walther Seinsch kam der Erfolg zurück. Der Geschäftsmann sanierte den klammen Verein, 2006 folgte der Aufstieg in die Zweite Liga, 2011 sogar der Sprung in die Bundesliga.
Dort lag die Mannschaft zur Halbserie zweimal hoffungslos hinten. Das Ergebnis ist bekannt, Augsburg spielt auch 2013/2014 Bundesliga. Sind sie die neuen Unabsteigbaren der Liga? Eine Antwort gibt die Rückrunde.

Der Verein bei wikipedia

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Donnerstag, 19. Dezember 2013
Hertha BSC: Alle hören auf Luhukay
Ergebnis-Krise ist ein komisches Wort. In genau so einer befindet sich Borussia Dortmund derzeit, wenn wir diesen Begriff einmal übernehmen. Jedenfalls kommt am Samstag Hertha BSC aus Berlin in unser bescheidenes kleines Stadion. Und das war in den neunziger Jahren und in den anfänglichen 2000er-Jahren einer der Lieblingsgegner des BVB. Immer wenn der BVB in der Krise war, kam das Spiel gegen die Berliner und das Elend fand ein Ende.
Drei Begegnungen gegen die Hertha sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Die erste datiert aus dem Dezember 1999. Es war kurz vor Weihnachten, bitterkalt, der Kinderchor aus Selm hatte Weihnachtslieder gesungen und Borussia locker 4:0 gewonnen. Danach siegte der BVB erst wieder im Mai 2000 und wäre beinahe abgestiegen.
Im Dezember 2003 gab es ein müdes 1:1-Remis. Leandro, Dedes Bruder und nur wenig in der ersten Mannschaft eingesetzt, hatte für Dortmund getroffen – und dann glich Alexander Madlung aus. Ausgerechnet dieser etwas hüftsteif wirkende Innenverteidiger, über den wir vorher so gelästert hatten.
Beim letzten Gastspiel triumphierten die Gäste aus der Hauptstadt als Aufsteiger mit 2:1 beim Meister, boten unter Trainer Markus Babbel eine großartige taktische Partie und jeder dachte, was für ein starkes Team. Doch dieser Erfolg tat dem Aufsteiger überhaupt nicht gut, Babbel musste gehen, unter den Trainern Skibbe und Rehhagel folgte eine katastrophale Rückserie und am Ende stand der Abstieg. Dortmund hingegen wurde Meister.

Aktuelle Lage
Neben Augsburg gehört der Aufsteiger Hertha BSC zu den positiven Überraschungen der Saison. Platz 7 mit sieben Siegen, vier Unentschieden und fünf Niederlagen sind eine sehr ordentliche Bilanz.
Die Verpflichtung von Trainer Jos Luhukay nach dem Abstieg erwies sich dabei als gute Entscheidung. Der Niederländer, vorher schon mit Gladbach und Augsburg in die Bundesliga aufgestiegen, schaffte dies auch problemlos mit der Hertha.
Luhukay ist der absolute Boss, seine Mannschaft wirkt kompakt und hat in der Bundesliga noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht. Es ist ein Team ohne die herausragenden Einzelspieler, vielleicht sticht der schnelle Stürmer Ramos ein wenig heraus. Und vielleicht schafft es der Trainer doch noch, den „Zweitliga-König“ Ronny bundesligafit zu machen. Jedenfalls bringt Luhukay die Kontinuität, die Hertha jahrelang so vermisst hat.



Marcelinho trifft gegen den SC Freiburg. Der Brasilianer war zwar ein wenig exzentrisch, aber auch ein wahnsinnig guter Fußballer. Bei Hertha prägte er von 2001 bis 2006 das Spiel.

Etwas Historie
War Alfred Tetzlaff nicht Fan von Hertha BSC Berlin? Jedenfalls hätte unser kleiner Choleriker aus dem WDR-Klassiker „Ein Herz und eine Seele“ einige Schimpfkanonaden losgelassen bei der Berg- und Talfahrt des Hauptstadt-Clubs.
Meine erste Erinnerungen an die Hertha gehen zurück in die 70er Jahre, da kickten da Leute wie Uwe Kliemann, Lorenz Horr oder Erich Beer. Die Mannschaft war ganz ordentlich, landete immer so in Nähe der UEFA-Cup-Ränge und erreichte bei großen Spielen Zuschauerrekorde, weil das Fassungsvermögen des Olympiastadions so groß war.
Doch irgendwann passte sich das Hertha-Management dem provinziellen Niveau der damaligen Westberliner Politik an, der Absturz in die unteren Klassen folgte. Die 80er und früher neunziger Jahre waren nicht gerade Glanzjahre der Vereinsgeschichte, sogar bis in die Berliner Amateur-Oberliga ging es. Dort kickte der Klub dann vor 2000 Zuschauern gegen Klubs wie den Spandauer SV, den SC Gatow und den SC Rapide Wedding.
Auch von der Wiedervereinigung profitierte die Hertha nicht. Zwar stieg der Klub 1990 auf, doch es ging postwendend wieder runter nach einer ganz schlimmen Saison.
Erst 1997 folgte der Wiederaufstieg in die Bundesliga. Diesmal mit mehr Erfolg: Unter den Trainern Jürgen Röber, später Falko Götz und Manager Dieter Hoeneß gab es so etwas wie Kontinuität, Hertha etablierte sich wieder in der Liga und erreichte mehrfach den UEFA-Cup. Erst 2010 ging es wieder runter, unter Markus Babbel folgte der Wiederaufstieg in die Bundesliga. Der Rest dürfte noch in Erinnerung sein: 2012 wieder Abstieg, 2013 wieder Aufstieg. Und jetzt? Nach Abstieg sieht es jedenfalls nicht aus.

Die Bilanz des BVB gegen Hertha BSC

Hertha BSC bei wikipedia

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.