Mittwoch, 13. Juli 2016
Derby 2016: Ewig grüßt das Murmeltier
Wie immer kam es anders als hier prophezeit: Isfahan gewann das Deutsche Derby 2016 vor Savoir Vivre und Dschingis Secret. Dem Sieger hatte ich das Stehvermögen nicht zugetraut, den Zweiten trotz seiner hohen Reputation nach seiner schwachen Union abgeschrieben, immerhin den Dritten genannt. Aber unser Haupt-Tipp Boscacchio sendete schon früh Notsignale und wurde auf dem schweren Boden Achter. Favoriten wetten frustriert eben.

Damit wären wir beim Thema. Heftige Regenfälle hatten das Hamburger Geläuf mal wieder zum Moor werden lassen, am Mittwoch blieben die Pferde fast stecken im Sumpf, so sah es zumindest aus.
Bis zum Derby hatte sich das Wetter ein wenig beruhigt, zudem wurden die Rennen am Freitag abgesagt. Aber der Boden war immer noch eine Katastrophe, die Bezeichnung schwer wirkt fast ein wenig euphemistisch. Immerhin wurde – im Gegensatz zu den Rennen zuvor – aus der Startmaschine gestartet.
Oftmals kommen auf schwerem Boden komische Ergebnisse zustande. Diesmal offenbar nicht, trotz der hohen Quoten waren durchaus Pferde mit Format vorne: Isfahan war schon zweifacher Gruppesieger im Winterfavoriten und im Bavarian Classic, Dschingis Secret platzierte sich mehrmals in guten Rennen, der hoch gehandelte Wai Key Star war als Vierter ebenfalls gut dabei. Nur Savoir Vivre, hauchdünn geschlagener Zweiter, steigerte seinen bisherigen Leistungen deutlich. Aber er galt – siehe oben – immer schon als Kandidat mit gutem Ruf und hat eine Arc-Nennung. Die bekommt definitiv nicht das langsamste Pferd im Stall.
Hinter diesen vier Pferden war der Abstand groß. Boscacchio sendete schon früh Notsignale und endete als Achter. Ich bleibe dabei: Er ist für mich das Top-Pferd des Jahres und wird das – wenn er gesund bleibt – auf gutem oder weichem Boden zeigen. Ein Tiger Hill blieb auch einst im Horner Moor quasi stecken.

Das selbe Lied
Ansonsten hat das Derby für den Kolumnisten viel von seiner Faszination verloren. Das mag zum einen daran liegen, dass inzwischen kaum jemand außerhalb des Turfs das wichtigste Rennen des Jahres registriert. Die Generation derjenigen, die mit Addi Furler in der ARD-Sportschau und damit den Galoppern quasi aufwuchs, wird eben immer älter und weniger. Eine Live-Übertragung im öffentlich-rechtlichen TV scheint so fern wie noch nie.
Dabei hätte man in diesem Jahr eine schöne Geschichte gehabt mit Boscaccio, Besitzer Rainer Hupe und Trainer Christian Sprengel – Außenseiter, die das wichtigste Rennen des Jahres gegen den Establishment gewinnen wollen. Ein wenig Island, ein wenig Leicester City – David gegen Goliath, besser geht es doch nicht mehr.
Die Diskussionen um das Geläuf tauchen eigentlich in jedem Jahr bei schlechtem Wetter auf. Vor ein paar Jahren gab es mal Überlegungen, einen anderen Standort für das Derby zu finden – unter anderem wegen des Bodens, aber auch wegen der angeblich schlechten Vermarktung. Das Ganze scheiterte, weil jeder anderer Kandidat schnell einen Rückzieher machte.
Doch verändert hat sich eigentlich nichts. Warum muss eigentlich das Derby als Rennen 10 einer 12 Rennen-Karte gelaufen werden? Und auf einem Geläuf, das vorher schon an sechs bis sieben Renntagen von unzähligen Pferden zertrampelt wurde? Die besten Pferde bekommen das schlechteste Geläuf – gibt es exklusiv nur in Deutschland. Warum tauscht man nicht einfach den Großen Hansa Preis am ersten Sonntag mit dem Derby am zweiten Sonntag? Das wäre deutlich fairer. Aber im Galoppsport gilt wie nirgendwo anders die Devise: „Haben wir schon immer so gemacht, werden wir immer so machen.“ Und in Hamburg noch verstärkt.



Donnerstag, 7. Juli 2016
Boscacchio ist unsere Wahl
Es droht mal wieder ein Derby der Extreme: Am Dienstag und am Mittwoch war der Boden schwer, kein gutes Omen für das Deutsche Derby 2016. Da bleibt nur die Hoffnung auf einige trockene Tage. Starter und Chancen im Derby 2016.

Wai Key Star (Trainer Andreas Wöhler): Nach GAG das höchst einzuschätzende Pferd im Feld. Leichter Sieger im Iffezheimer Derby-Trial, schlug dabei El Loco. Das Rennen war über 2000 Meter, eine längere Distanz hat das Pferd des Stalles Salzburg bislang noch nicht gesehen. Nach Abstammung nicht sicher, ob die 2 400 Meter ideal sind. So wie er läuft, sollte er aber Stamina haben. Bislang nur auf gutem Boden unterwegs.

Boscaccio (Trainer Christian Sprengel): Von Rennen zu Rennen gesteigert und offenbar noch mit weiteren Reserven. In der Union, der wichtigsten Derby-Vorprüfung, hatte er noch einiges in der Hand gegen El Loco und Dschingis Secret. Die Form aus Hannover wurde durch den Erfolg von Moonshiner im Bremer Derby Trial noch mal aufgewertet. Der logische Favorit und offenbar ein völlig unkompliziertes Pferd. Hat auf weichem Boden bereits gewonnen.

El Loco (Trainer Markus Klug): Auf den Auftaktsieg folgten vier zweite Plätze, allerdings immer in sehr guter Gesellschaft. Zuletzt Zweiter in der Union hinter Boscaccio, davor Zweiter im Iffezheimer Derby-Trial hinter Wai Key Star. An eine Formumkehr glaube ich nicht so recht. Wird ein gutes Rennen laufen, aber zum Sieg wird es nicht reichen. Weicher Boden kein Problem.

Landofhopeandglory (Trainer Aidan O'Brien): Natürlich nicht die erste Wahl im Top-Quartier von Aidan O'Brien, eher ein Pferd der guten zweiten Kategorie. Das mag bei den vielen Top-Kandidaten dort nicht viel heißen, aber Landofhopeandglory verbirgt bei bereits neun Starts keine große Geheimnisse. An fehlendem Stehvermögen wird er nicht scheitern, weichen Untergrund kann er auch, aber es würde nicht für die Qualität des deutschen Derby-Jahrgangs sprechen, wenn er gewinnen würde.

Dschingis Secret (Trainer Markus Klug): In diesem Jahr gut gesteigert, war aber zweimal hinter Boscacchio. Der Hengst kam jedes Mal mit viel Speed angeflogen. Die 2400 m sollten ihm noch mehr liegen und auch Hamburg hat eine lange Zielgerade. Bei weiterer Verbesserung ein Kandidat mit Chancen, hat schon auf schwerem Boden gewonnen.

Larry (Trainer Uwe Stech): Der große Unbekannte. Beim ersten Lebensstart schlug er locker über 1800 Meter immerhin Wai Key Star und lief dabei, als wenn er noch viele, viele Reserven hat. Beim zweiten Start in Hannovers Derby Trial wurde er stark gewettet, weigerte sich aber, seine Startbox zu beziehen. Es folgte ein leichter Erfolg auf der Heimatbahn gegen Draconis und das Alex Ferguson-Pferd Topography. Um das Derby zu gewinnen, ist aber ein weiterer und gewaltiger Sprung zu bewältigen.



So war es im Vorjahr: Nutan siegt überlegen, es war sein letzter Start

Isfahan (Trainer Andreas Wöhler): Inzwischen ist es fast schon eine Rarität, dass der Winterfavorit der Zweijährigen im Deutschen Derby startet. Isfahan bildet da eine Ausnahme, seine gute Youngster-Form bestätigte er mit dem Sieg im Bavarian Classic Anfang Mai. Es folgte der Start im Derby Italiano, wo ihm die Distanz von 2200 Meter deutlich zu lang wurde. Das Derby ist noch mal 200 Meter länger.

Parthenius (Trainer Mario Hofer): Der Start im französischen Prix de Jockey Club scheiterte aus formellen Gründen, auch im Oppenheim-Union-Rennen war er Nichtstarter. Der Bruder des Derbysiegers Pastorius war ein sehr guter Zweijähriger, der erste Start in diesem Jahr im Krefelder Busch-Memorial war schwach. Auf dem Papier nicht unbedingt ein Steher und daher bin ich gespannt, ob Parthenius das Stehvermögen seines Bruders geerbt hat. Wenn, dann ein Pferd für die Überraschung.

Savoir Vivre (Trainer Jean Pierre Carvalho): Die Enttäuschung in der Union, kam da als stark gewettetes Pferd nie ins Rennen. Nach seinem Debüt hoch gehandelt, doch die hohen Erwartungen (Arc-Nennung) hat er in den zwei Starts bislang nicht erfüllt. Mit der Distanz sollte er keine Probleme haben, auf weichem Boden war er zudem schon vorne, aber ansonsten muss sich Savoir Vivre reichlich verbessern.

Berghain (Trainer Jens Hirschberger): Machte in der Union vom letzten Platz noch reichlich Boden gut, ohne die drei Pferde vorne zu gefährden. Damit war die schwache Form aus dem Bavarian Classic vergessen. Lief in Köln wie ein großer Steher, weichen Boden kann er zudem, könnte Potenzial nach oben haben. Vielleicht der Außenseiter für einen Platz. In den gleichen Farben schaffte das schon mal Ransom O'War.

Our Last Summer (Trainer Niels Petersen): Norwegischer Guineas-Triumphator, „verdiente“ sich seinen Platz im Derby durch seinen zweiten Platz im Bremer Derby Trial. Das war der erste Versuch über eine längere Distanz, das Derby ist noch mal 200 Meter länger. Außenseiter.

Licinus (Trainer Yasmin Almenräder): Fünfter im Bremer Derby-Trial, eine Länge hinter Our Last Summer, zeigte dabei guten Speed. Im Mai chancenlos im Bavarian Classic. Außenseiter, aber einer mit ein wenig Charme. Obwohl weicher Boden eher nicht passend scheint.

Noble House (Trainer Mario Hofer): Die beste Form war der dritte Platz im Iffezheimer Derby-Trial, davor erfolgreich in einem Münchner Maidenrennen. Beides über 2000 Meter, ein Erfolg im Derby wäre eine Sensation.

Landin (Trainer Peter Schiergen): Erst drei Starts, die beste Platzierung war der vierte Platz im Bremer Derby Trial. Offenbar viel Stehvermögen, aber das Derby dürfte zu früh kommen oder eine Nummer zu groß sein.

Nimrod (Trainer Peter Schiergen): Im gleichem Besitz wie der Vorjahressieger Nutan. Viel Stehvermögen, aber nach allen Vorformen wäre der Sieg eine Sensation.

Bora Rock (Trainer Peter Schiergen): Noch sieglos und immer relativ weit geschlagen, aber immer von sehr guten Pferden.

Rosenhill (Trainer Gerard Geisler): Immerhin ein Sieg über 1600 Meter, aber nach allen Vorformen nur Riesen-Außenseiter.

Buzzy (Trainer Guido Förster): Hat immerhin schon beim diesjährigen Derby-Meeting gewonnen, am Samstag das Hamburg Huskies über 1800 Meter bei weich bis schweren Boden. Ein Sieglosenrennen, als Mamool-Sohn sollten ihm die 2400 Meter liegen. Aber ein Erfolg wäre ein ähnlicher Kracher wie der von Ako aus dem Jahre 1982.

Zanini (Trainer Karl Demme): Nach neun Starts noch sieglos. Kaum vorstellbar, dass sich dieser Status beim zehnten Start ändert.

Urteil
Favoriten in Rennen wie dem Derby zu wetten ist eigentlich nicht mein Ding. Aber spätestens nach dem Kölner Erfolg in der Union ist der Kolumnist ein Freund von Boscacchio. Denn der Erfolg gegen El Loco und Dschingis Secret war einer quasi mit angezogener Handbremse, bei dem der Schützling von Trainer Christian Sprengel noch einiges in der Hand hatte. Gefährliche Gegner gibt es einige: Dschingis Secret, dem die längere Strecke liegen sollte, Wai Key Star. Aidan O'Brien nennt keinen chancenlosen Kandidaten nach, aber nach den Formen ist Landofhopeandglory schlagbar. Berghain ist ein Außenseiter mit Chancen.



Donnerstag, 23. Juni 2016
Englische Gegner für Boscaccio
Wer noch Zweifel hatte, der wurde am Sonntag eines Besseres belehrt. Der Favorit Boscaccio gewann am Sonntag das Union-Rennen vor El Loco und Dschingis Secret und untermauerte damit seinen Favoriten-Status für das Deutsche Derby am 10. Juli in Hamburg. Wer kann ihn also noch stoppen? Vielleicht ein Teilnehmer aus England oder Irland? nurpferdeundfussball nennt mal ein paar Kandidaten. Allerdings: Das Ganze ist nur Spielerei. Wahrscheinlich kommt eh' keiner. Aber liebe englische Trainer, ich habe es euch gesagt.

Anfangs hatte ich Boscaccio, das Pferd von Trainer Christian Sprengel und der Besitzergruppe um Rainer Hupe, gar nicht so auf meinem Bildschirm. Ganz schön, so der Gedanke nach den ersten Erfolgen, aber spätestens im Mai kommen die Wöhlers, Schiergens, Klugs oder Carvalhos mit ihren Blaublütern und bestimmen das Geschehen.
Alles graue Theorie. Boscaccio gewann nicht nur, er steigerte sich von Rennen zu Rennen. In der Union, der immer noch wichtigsten Vorprüfung zum Derby, rang er erst den guten El Loco nieder und auch Dschingis Secret, der zum Schluss angerauscht kam, hatte er jederzeit im Griff. Dabei forderte Jockey Dennis Schiergen dem Mount Nelson-Sohn noch nicht mal alles ab, ritt ihn mit viel Zuversicht. Vater Peter Schiergen wird mächtig stolz auf seinen Filius sein, denn das war ein fast perfekter Ritt.
Besitzer Rainer Hupe und Friends und Trainer Christian Sprengel zählen nicht zu den Leuten, die jedes Jahr ein Derby-Pferd besitzen und Gruppe-Rennen in Serie gewinnen. Es wäre also etwas „Leicester City“ im Spiel: Ihr Erfolg würde dem deutschen Turf gut tun. Außenseiter verkaufen sich immer gut.
Nun ist kein Pferd (außer dem großen Frankel) unschlagbar und vielleicht kommt die Gefahr aus dem Ausland, denn für das Derby können Pferde für eine Gebühr von 65 000 Euro (diese Summe war es zumindest im letzten Jahr) nach genannt werden. Die Besitzer von Palace Prince aus Deutschland machten das im letzten Jahr und wurden mit dem zweiten Platz belohnt. nurpferdeundfussball hat mal in England und Irland passende Kandidaten gesucht – natürlich ist das nur ein Spiel, alles Spekulation.



Klar die Nummer 1 in Deutschland: Boscaccio, hier nach seinem Erfolg in Hoppegarten. (Foto: Yvonne Chlebowski)

Bislang nur Buzzword
Und die Chance, dass jemand kommt, ist auch eher gering. Zum einen sind deutsche Pferde über Distanzen von 2000 bis 2400 Meter traditionell stark. Zum anderen ist ein Gruppe 1-Sieg in Deutschland doch eher zweitklassig und genießt keinen besonderen Ruf. Und finanziell? Die Abzüge sind hoch, die Spesen ebenfalls. Einen Kandidaten zu schicken, der nur für ein Platzgeld gut ist, lohnt sich nicht.
Die Bilanz ist zudem nicht gut. Ein einziges Mal gewann ein ausländisches Pferd bislang das Deutsche Derby – 2010 war das, Buzzword hieß der Triumphator und kam aus dem Godolphin-Imperium. Sein Trainer Mahmood Al Zaroni machte später eher negative Schlagzeilen.
Was sollte also ein ausländischer Kandidat mitbringen? Sportlich sollte das Pferd zur „guten zweiten Wahl“ zählen. Oder noch Reserven haben, was dreijährig eigentlich normal ist – speziell bei Steher-Typen. Beispiel: Brown Panther, den Trainer Tom Dascombe und Besitzer Michael Owen nach Hamburg schickten und der 2011 als Favorit an den Start ging.
Also beginnen wir mit dem „Dominator“ der englisch-irischen Flachrennen: Aidan O'Brien trainiert für Ballydoyle/Coolmore schon seit Jahren die Elite der Vollblüter und räumt die klassischen Rennen quasi im Abo ab. Allein sechs Pferde aus seinem Quartier sind noch genannt für das Irish Derby am Samstag in The Curragh, darunter US Army Ranger und Idaho, Zweiter und Dritter aus dem englischen Derby. Kandidaten hätte er aber genug, aber ich kann mich nur an zwei Pferde erinnern, die O'Brien in Deutschland gesattelt hat: Einer davon war Geoffrey Chaucer, der im Deutschen Derby 2014 lief und dort abgeschlagen Vorletzter wurde. Enttäuschend für so ein Top-Quartier.
So scheint ein Pferd wie Deauville (englisches Rating 112, zum Vergleich der aktuelle Derbysieger hat 122) für das Deutsche Derby zu gut sein: Zweiter in den Dante Stakes, danach im Derby allerdings weit geschlagen. Sein nächster Start soll in den Eclipse Stakes in Sandown sein, Gruppe 1 über 2000 Meter.
Kandidaten eine Klasse darunter sind Beacon Rock (Rating 108, zuletzt Zweiter in Royal Ascot), Housesofparliament oder The Major General. Start: unwahrscheinlich.
Von den Top-Trainern in England schickt Mark Johnston noch am ehesten passende Vierbeiner nach Deutschland. So gewann er mit Fox Hunt 2011 das St. Leger in Dortmund, Monterosso lief 2009 unplatziert im Derby. Aber einen richtigen Kandidaten hat er derzeit nicht.



So war es 2011 in Dortmund: Fox Hunt siegt im St. Leger, trainiert in England von Mark Johnston.

Muntahaa, Algometer und Ormito
Ein harter Brocken für die deutschen Kandidaten wäre Muntahaa (Rating 94), der den Sprung von der Sieglosenklasse in die Gruppe-Kategorie geschafft hat. Zuletzt war er Dritter in den King Edward VII Stakes (Gruppe 2) in Royal Ascot und lief wie ein Pferd, das noch einige Reserven haben dürfte. Besitzer Sheik Hamdan al Maktoum sollte das nötige Kleingeld haben, aber Trainer John Gosden wird wahrscheinlich andere Pläne als Germany haben.
Weiter ein Kandidat in meinen Augen: Algometer (Rating 105) aus dem Stall von David Simcock. Lief im Derby gar nicht so schlecht, davor waren auch einige ordentliche Formen. Langfristiges Ziel des Schimmels ist das St. Leger, aber da könnte man vorher noch mal nach Hamburg kommen.
Eher in Deutschland gehandelt wird jedoch Ormito (Rating 100, Trainer Andrew Balding), der im Derby-Wettmarkt mancher Buchmacher auftaucht. Das mag auch daran liegen, dass der Hengst in Deutschland von Horst Dieter Beyer gezogen wurde: Vater Mamool, die Mutter eine Acatenango-Tochter. Zuletzt lief Ormito über die Marathondistanz von 3219 Meter in der Queen's Vase in Ascot, wurde dort nicht nur vom Kolumnisten gewettet, war jedoch schon geschlagen, als es ernst wurde. Davor gab es jedoch gute Leistungen hinter starken Pferden.
Bei Godolphin sieht es in der Steher-Klasse eher mau aus, Kandidaten für Deutschland sind keine erkennbar. Immerhin ist ein Starter aus dem Ausland wohl definitiv: Our Last Summer, der Gast aus Skandinavien. Und vielleicht hat Trainer Henri Pantall aus Frankreich noch einen Dreijährigen in petto.



Freitag, 10. Juni 2016
Elf Top-Kandidaten für das Derby 2016
Zuletzt sorgte der Derby-Jahrgang 2016 für Trauer: Swinging Duke und Zirconic Star brachen sich das Bein und starben. Beide Pferde wurden hoch gehandelt im Derby-Wettmarkt. Besitzer, Trainer und alle anderen, die mit den Pferden täglich zu tun hatten, verdienen unser Mitgefühl. Aber das Leben geht weiter: nurpferdeundfussball stellt die führenden Kandidaten im Derbymarkt vor. Gut eine Woche vor dem Oppenheim-Union-Rennen, der wichtigsten Derby-Vorprüfung in Deutschland.

Boscaccio (Trainer Christian Sprengel): Der Führende im Wettmarkt, steht bei schlappen 32:10. Drei Starts, drei Siege lautet die makellose Bilanz. Wie er zuletzt im Listenrennen in Hannover über 2200 Meter Start-Ziel gewann und dabei immer neue Reserven offenbarte, das sah a) nach Rennpferd und b) nach Stehvermögen aus. Jetzt kommt der Test in der Union gegen wahrscheinlich noch bessere Gegner.

Wai Key Star (Trainer Andreas Wöhler): Wie so viele seiner Trainingsgefährten kontinuierlich gesteigert. Die Art, wie er sich im Iffezheimer Derby-Trial bei seinem dritten Lebensstart vom Feld löste, sah imponierend aus. Das Rennen war über 2000 Meter, eine längere Distanz hat das Pferd des Stalles Salzburg bislang noch nicht gesehen. Vater Soldier Hollow war als Rennpferd erfolgreich bis maximal 2000 Meter, zu seinen Nachkommen zählen aber auch Derbysieger Pastorius und Gruppe 1-Steher Ivanhowe.

Savoir Vivre (Trainer Jean Pierre Carvalho): „Merken sie sich dieses Rennpferd“, sagte Rennkommentator Marvin Schridde nach dem Rennen. Nicht nur der Sprecher war angetan – mit dem berühmten „Finger in der Nase“ hatte der Adlerflug-Sohn ein traditionell stark besetztes Sieglosen-Rennen in Köln auf weichem Boden gewonnen. 13:10 stand Savoir Vivre dann beim nächsten Start in Mülheim. Doch hier tat sich der Hengst schwer, kam erst ins Rollen, als das Rennen schon fast zu Ende war. Hatte ihn Filip Minarik zu spät gebracht? Jedenfalls wird Minarik ihn nicht mehr reiten. Und vergessen sind alle Erfolge, die Schlenderhan/Ullman und der Jockey zusammen gefeiert hatten. Ein spannender Teilnehmer für die Union.

Classic Rock (Trainer Andreas Wöhler): Der Sieger aus dem eben genannten Mülheimer Rennen, besiegte dort nicht nur Savoir Vivre, sondern auch den Stallgefährten Light of Air. Von Start zu Start verbessert, eine von vielen Wöhler-Trumpfkarten im Derby-Jahrgang.

Parthenius (Trainer Mario Hofer): Der Start im französischen Prix de Jockey Club scheiterte aus formellen Gründen, jetzt heißt es Farbe bekennen im Oppenheim-Union-Rennen. Der Bruder des Derbysiegers Pastorius war ein sehr guter Zweijähriger, der erste Start in diesem Jahr im Krefelder Busch-Memorial war schwach. Aber inzwischen sind die Pferde von Mario Hofer deutlich besser in Schuss und ich bin gespannt, ob Parthenius das Stehvermögen seines Bruders geerbt hat.



Sieger im Derby Trial Baden: Wai Key Star aus dem Stall Salzburg (Foto German Racing/Rühl)

Cashman (Trainer Andreas Wöhler): Die nächste Wöhler-Hoffnung. Zwei leichte Siege bislang in dieser Saison, die durchaus von den nachfolgenden Pferden bestätigt wurden. Jetzt heißt es Farbe bekennen in der Oppenheim-Union.

Berghain (Trainer Jens Hirschberger): Der Hengst war enttäuschend früh im Bavarian Classic geschlagen. Dort war er immerhin als Mitfavorit ins Rennen gegangen, nachdem er zuvor in Bremen bei seinem Sieg durchaus gefallen konnte. Wiedergutmachung im Oppenheim-Union-Rennen?

Topography (Trainer Andreas Wöhler): Erst zwei Starts und noch reichlich Platz für Verbesserung. Aber beim Sieg zuletzt über 2400 Meter stiefelte er mit viel Stamina nach Hause und schlug ein Feld voller unausgereifter Kandidaten. Den Mitbesitzer, Trainer-Legende Sir Alex Ferguson, wird es freuen. Aber das Derby könnte für den „im Training immer etwas faulen Hengst“ (Trainer Andreas Wöhler) noch zu früh kommen.

Karajol (Trainer Jean-Pierre Carvalho): Noch siegloser Schlenderhaner nach zwei Starts, aber die letzte Leistung im Bavarian Classic war durchaus respektabel. Lief dort wie ein Steher, der eine längere Strecke braucht. Ich bin mal gespannt, wie er in der Union über die längere Distanz läuft. Potenzial ist da, dennoch könnten die Prüfungen noch etwas früh kommen.

San Salvador (Trainer Andreas Löwe): Halbbruder des Gruppe 1-Siegers Sirius, der – wenn er gesund bleibt – ein sehr gutes Pferd werden wird. Beim zweiten Start in Dortmund erfolgreich, das zweite Pferd Lysanda bestätigte diese Leistung später. Im Iffezheimer Derby Trial wirkte der Lord of England-Sohn etwas überfordert, machte aber noch Boden gut. Für ihn gilt ähnliches wie für Karajol: Die längere Strecke in der Union ist gut.

Larry (Trainer Uwe Stech): Erst ein Start über 1800 Meter, aber was für einer. Da schlug Larry locker den späteren Derby-Trial-Gewinner Wai Key Star (siehe oben) und lief dabei, als wenn er noch viele, viele Reserven hat. „Genetisch sollte er ein Mitteldistanzler sein, doch seine Galoppade deutet durchaus Stehvermögen an“, sagte sein Trainer Uwe Stech schon bei der Stallparade der Sport-Welt. Aber beim nächsten Start hatte Larry keine Lust, die Startbox zu betreten.



Donnerstag, 31. März 2016
Derby-Watch 2016: Die Oster-Tour von Bremen bis Köln
Es ist die Zeit des Jahres, in der das zarte Pflänzchen Hoffnung den Turf prägt. Frühling, die Grasbahn-Saison hat begonnen und jeder Besitzer eines erfolgreichen Dreijährigen träumt von Besserem. Vom Sieg im Deutschen Derby etwa. Klassische Ambitionen stehen im Mittelpunkt unserer Kolumne Derby-Watch, die bis zum Deutschen Derby Anfang Juli in Hamburg laufen wird. Bis dahin begleiten wir die Szene mit allem Wissenswerten.

In Bremen, Düsseldorf, Hoppegarten und Köln zeigte sich der klassische Jahrgang über die Osterfeiertage. Los ging es am Karfreitag in Bremen – traditionell einziger Veranstalter an diesem Tag, weil am stillen Feiertag Karfreitag in anderen Bundesländern keine Renntage erlaubt sind.
Eines der besten deutschen Pferd aller Zeiten gibt neuerdings den Namen: Acatenango Derby Trial nennen die Bremer ein Sieglosen-Rennen für Dreijährige über 2200 Meter, das schon lange am Karfreitag gelaufen wird. Manche Gewinner spielten später eine führende Rolle im Jahrgang, Adlerflug und Wiener Walzer siegten sogar im Derby.
In beiden Fällen hieß der Trainer Jens Hirschberger – damals allerdings für das Gestüt Schlenderhan. Diese Verbindung ist längst Vergangenheit, aber Berghain, der Sieger 2016, weckte Erinnerungen. Auch bei seinem Besitzer: Dieser stellte einst mit Ransom O’War den Zweiten im Derby – 2003 war das hinter Dai Jin.
Was die Form auf schwerem Bremer Boden wert ist? Der Kolumnist ist bei diesen Bodenverhältnissen immer ein wenig skeptisch. Jedenfalls wählte Alexander Pietsch die kürzere Route innen, während der Rest des Feldes wegen des angeblich besseren Geläufs nach außen tendierte. Die richtige Entscheidung traf Pietsch, die anderen – darunter Medici, Tipp des Kolumnisten, – blieben außen quasi stecken. An fehlendem Stehvermögen wird Berghain nicht scheitern.

Talent und Kampfkraft
Düsseldorf setzte den Rennreigen am Ostersamstag fort. Potenzielle Hamburg-Kandidaten gab es im Preis der Haaner Felsenquelle zu sehen und hier waren alle Augen auf den Schiergen-Schützling Bora Rock gerichtet, der als 19:10-Favorit ins Rennen ging. Doch das Pferd des Gestütes Ammerland ließ auf der Zielgeraden erschreckend nach und wurde Letzter auf dem schweren Boden. Der Sieg ging an das zweite Pferd mit einer Derbynennung: Dschingis Secret wurde mit zunehmender Distanz immer besser. Trainer Markus Klug hat durchaus das Derby „für ihn im Auge“. Immerhin kostete der Soldier Hollow-Sohn 200 000 Euro als Jährling. Der Besitzer lebt in Hongkong, sein Trainer „hat noch nie ein Wort mit ihm gesprochen.“
In Hoppegarten ging es am Sonntag weiter. Dort sahen die Besucher mit Night Music eine hochtalentierte Kandidatin für den Preis der Diana, das Derby-Pendant für die Stuten. Bei den Hengsten gewann im Preis von Birkenstein Boscaccio, ein Mount Nelson-Sohn trainiert von Christian Sprengel und bereits nach seinem Debüt-Sieg 2015 vielgewettet für das Derby 2016. Es war ein souveräner Erfolg über 1800 Meter, die Güte der Form ist noch schwer einzuschätzen.

Demut und Freude
Aber wie so häufig im Leben gibt eine Geschichte hinter dem Sieger. Boscaccio wurde in seiner Anfangszeit von Norbert Sauer trainiert, dem im letzten Jahr so plötzlich verstorbenen Dortmunder Trainer. Sauer hatte früh das Talent des Hengstes erkannt. „Das macht mich und meine Mitbesitzer demütig und irgendwie froh zugleich“, sagte Mitbesitzer Rainer Hupe bei der Siegerehrung.
Zum Abschluss geht unsere kleine Oster-Reise nach Köln. In der Dreijährigen-Prüfung über 1600 Meter sahen die Besucher mit Double Dream eine hochtalentierte Stute, die noch einiges bewirken sollte. Für unsere Kolumne aber ist die Prüfung mit dem schönen Namen „Preis von dein Schrank.de“ interessanter.
„Er besitzt eine tolle Mentalität, hat einen Super-Kampfgeist. Ich habe ihn für das Derby und die Union genannt. Das nächste Ziel muss ich nun mit dem Besitzer absprechen“, meinte Trainerin Yasmin Almenräder über den Sieger Zirconic Star, der nach hartem Kampf gegen den Schiergen-Schützling Weltmeister siegte. Dabei hatte der bildhübsche Schimmel vielleicht einen kleinen Konditionsvorteil von seinem Erfolg auf der Dortmunder Allwetterbahn, doch bei beiden Pferden bin ich gespannt, wie ihre weitere Karriere aussieht.