Freitag, 18. März 2011
Long Run stoppt die Legenden Denman und Kauto Star
Nirgendwo werden Sieger frenetischer gefeiert, nirgendwo sind die Rennen spannender im Galopprennsport: Letzter Tag des Cheltenham Festivals, Teil 4 im jährlichen März-Wahn. Höhepunkt des vierten Tages ist natürlich der Cheltenham Gold Cup. Und was Kollege Dave Ord von Sporting Life kann, kann diese Kolumne schon lange: Liveblog aus Cheltenham. Wobei wir im Gegensatz zu Dave nicht vor Ort sind, sondern zuhause vor dem PC sitzen und die Racing UK-Übertragung verfolgen. Was auch ganz lustig ist. Ab 14:10 geht es los.

14:15: Es geht los mit der Triumph Hurdle, 23 Nachwuchs-Hürdler, allesamt noch nicht voll erkannt und das erste Wett-Minenfeld des Tages. Die führenden englischen Trainer sind quantitativ und auch qualitativ stark vertreten: Nicky Henderson sattelt drei Starter, Paul Nicholls auch. Besonders das Henderson-Team hofft auf den heutigen Tag und ist bereits im ersten Rennen mit Grandouet und A Media Luz stark vertreten. Nicholls hält unter anderem mit Sam Winner und Zarkandar dagegen. Interessant aus deutscher Sicht ist Local Hero: Der Lomitas-Sohn aus der Lolli Pop ist ein Halbbruder zum St. Leger-Sieger Liquido.
Gut gewettet wird der irische Gast Unaccompanied. Ich entscheide mich für Smad Place aus dem Alan King-Stall, auch wenn die Strecke etwas kurz sein könnte. Wer einen Aussenseiter möchte: Tim Vaughan, dessen Pferde bislang beim Festival gut in Form liefen, schwärmt von Architrave. "Very fit" sagt der Racing UK-Experte Jonathan Neeson.

14:40: Wenn es ein Jockey verdient hat, endlich sein erstes Rennes in Cheltenham zu gewinnen, dann ist das Daryl Jacob. Am Mittwoch noch knapp gescheitert mit Rock on Ruby, hat er es jetzt endlich geschafft: Zarkandar aus dem Nicholls-Stall triumphiert mit Jacob in der Triumph Hurdle und zeigte großen Speed. Zarkandar ist übrigen ein Bruder der großen Zarkava. Auf den Sieger hätte ich eigentlich kommen können.
Jacob bedankt sich im übrigen nach dem Rennen bei fast jedem, den er kennt. Nirgendwo sind eben die Erfolge schöner als in Cheltenham. Das auffälligste Rennen lief im übrigen Sam Winner. Lange Letzter, stürmte er den Berg quasi hoch und wurde noch Dritter.

14:55: Das nächste „Minenfeld“ folgt: Die Vincent O’Brien Country Hurdle. Ungefährt zehn Pferde habe ich beim ersten Blick angestrichen. Dirar aus dem Stall von Gordon Elliott-Stall ist mein Tipp, verständlich bei der Elliott-Form bislang. Sein anderer Starter Grey Soldier ist der Pricewise-Tipp der Racing Post. Zudem habe ich noch Ski Sunday auf meine Liste – auch weil ein ganzer Ort mit dem Wallach mifiebert.
Und ich versuche es noch mal Get me out of here – in diesem Jahr noch völlig außer Form, aber nach Bestform durchaus möglich. Skis Sunday Trainerin Lawney Hill will im übrigen mit Diet-Coke feiern.

15:15: Walsh oder Mc Coy – auf den letzten Metern hat er es geschafft, der Ruby Walsh mit Final Approach gegen meine Wette Get me out of here mit Tony Mc Coy. Und damit zahlte sich das Gamble auf Get me out of here leider nicht aus. Meine anderen Tipps liefen nicht schlecht, aber es war ein echtes Drama. Fantastischer Stoff und das irische Kontingent darf wieder feiern…

15:20: Siegreiter Ruby Walsh gerade im Interview mit Stuart Machin. "Good stuff" ist das einzige, was ich beim Akzent von Walsh verstehe. Trainer Willie Mullins dachte, sein Pferd wäre im Fotofinish geschlagen. "Er ist wirklich ein professionelles Rennpferd", so Mullins.

15:30: Wird es endlich der erste Sieg für Trainer Nicky Henderson beim diesjährigen Festival? Seine Pferde laufen ja nicht schlecht, aber das letzte Glück fehlt. Jetzt sattelt er den Favoriten Bobs Worth in der Albert Bartlett Novices Hurdle über lange drei Meilen. Ich halte mit Kilcrea Kim dagegen. Der Besitzer von Außenseiter Our Island hat übrigens ein „gutes Gefühl“ im Magen.

15:50: Es ist vollbracht. Endlich der erste Sieg bei Cheltenham 2011 für Nicky Henderson. „Er machte es in sehr gutem Stil“, sagt RUK-Experte Neesen über den Favoriten Bobs Worth. Und Nicky Henderson, der alte Routinier, ist richtig erleichtert, es wirkt, als wenn er Tränen in den Augen hätte. Sein Mitgefühl gilt seinem Besitzer Michael Buckley, dessen Pferd Mossley Zweiter wurde. Diesen Platz belegte er schon mit Spirit Star am Dienstag, gestern verlor er seinen guten Handicapper Lush Laces. Meinem Tipp Kilcrea Kim fehlte dann doch das letzte Stehvermögen für die drei Meilen.

16:05: Der Countdown zum Gold Cup läuft, das Rennen habe ich schon im Vorfeld eingehend analysiert. Imperial Commander und Long Run teilen sich die Favoritenrolle am Toto. „Denman sieht gut, aber nicht außergewöhnlich, aus“, sagt RUK-Interviewer Machin über meinen Tipp. Na ja, gut reicht vollkommen. Mein Champion des Herzen wäre Midnight Chase, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er von der Spitze erfolgreich ist. Zudem fehlt Dougie Costello im Sattel, der sich am Montag vor dem Festival in Stratford verletzte und einige gute Chancen verpasst. Die Iren wetten alle Kempes aus dem Mullins-Stall.
Long Run hat gerade die Favoritenrolle übernommen, Denmans Quote fällt. Kauto Star sieht fantastisch aus.

16:30: Der Nachwuchs hat zugeschlagen: Long Run mit Amateur Sam Waley-Cohen hat den Gold Cup gewonnen. „Unbeatable“ sagt RUK-Analyst Neesen. Es war ein grandioses Rennen, auch wenn ich wieder nur Zweiter war. Denman und Kauto Star, der Zweite und Dritte, werden frenetisch gefeiert. Besonders Denman lief ein großes Rennen, zwischendurch sah es so aus, als wenn die alte Garde es machen würde und Denman triumphierte, bis Long Run erschien. Dennoch ein ganz exzellenter Ritt von Sam Thomas auf Denman. Keine Ahnung, warum Thomas zuletzt so in Ungnade gefallen ist. „Unglaublich“, sagt Siegritter Waley-Cohen. Sein Vater, der Besitzer von Long Run, ist heiser. Er ist „some machine“, sagt RUKs Nick Fox, über den Sieger. Was für ein Rennen, ich hatte hinterher bei den Bildern Tränen in den Augen…

16:45: Paul Nicholls gerade im Interview. Die Plätze 2, 3 und 4 (auch What a Friend lief sehr gut) für den Trainer - und er ist sehr stolz auf seine alte Garde. Und auch Alex Ferguson, Manchester United-Manager und Besitzer von What a Friend, ist stolz. "Es ist eine fantastische Atmosphäre", sagt der Meister. Midnight Chase lief ein gutes Rennen, aber er war einfach nicht gut genug.
Nur im Stall von Trainer Twiston Davies dürfte man enttäuscht sein: Titelverteidiger Imperial Commander hatte keine Chance, kam lahm aus dem Rennen.

17:00: Es geht weiter nach diesem Highlight. Die Foxhunter Chase, der Gold Cup quasi für die Amateure, steht auf dem Programm. 24 Pferde – und ich habe keine Ahnung, wer gewinnt. Ich mache mal eine Wettpause, vier Tage Cheltenham fordern ihren Tribut. Bekannte Namen sind im Feld. Zum Beispiel Amicelli, 2008-Sieger, inzwischen 12 Jahre und früher einmal trainiert von Andreas Wöhler in Deutschland.

17:10: Ein Tag zum Vergessen für den Stall von Nigel Twiston-Davies. Erst floppt Imperial Comander und dann stürzt auch noch der führende Baby Run am vorletzten Hindernis. Wahrscheinlich hätte er gewonnen, so siegte der 340:10-Schuss Zemsky. Im Sattel der überragende Amateur Derek O’Connor, ständiger Reiter von Dunguib und beim diesjährigen Festival schon erfolgreich mit Chicago Grey. Amicelli spielte nie eine Rolle, stand aber auch 670.

17:30: Es wird endlich Zeit für den ersten Mc Manus-Erfolg bei diesem Festival. Qaspal trägt die bekannten grün-orangen Farben, kommt zwar aus einer Pause, hatte vorher aber sehr gute Formen. Natürlich möchte der Pipe-Stall das nach Martin Pipe benannte Rennen für Nachwuchsjockeys gewinnen und Shoegazer sollte eine gute Chance haben. Aber auch hier gilt: Es ist ein verdammt schwieriges Rennen. Mein Lieblings-Azubi David Bass reitet Außenseiter First Point.

17:50: Wieder Irland und wieder Mullins: Sir des Champs kam aus fast aussichtsloser Position angeflogen und verdarb wieder einem Donald Mc Cain-Pferd, Son of Flicka, die Party. Dann gab es noch den „Vater und Mutter eines Sturzes“ (Nick Luck) von Shalone, hoffentlich sind Pferd und Jockey ok. Qaspal kam nie von hinten weg.

18:00: Ein Rennen haben wir noch und dann ist auch dieses Cheltenham-Festival Geschichte. Zeit für eine persönliche Wettbilanz: Die ersten zwei Tage waren ganz hervorragend. Vier Sieger am Dienstag und Mittwoch sorgten für ein Plus. Der Donnerstag war wie immer mies und heute reichte es bislang nur zu maximal zweiten Plätzen. Allerdings war der Gold Cup ein echtes Highlight und mich wundert es immer noch, dass kein Nachbar sich beschwert hat. Denn Denman habe ich richtig laut angefeuert.
Im Johnny Henderson Grand Annual hoffe ich auf Jockey David Bass, der - wenn ich ihn gespielt habe - nie im Stich gelassen hat. Er reitet Anquetta für seinen Chef Nicki Henderson, nach dessen Vater das Rennen benannt ist. Come on, Anquetta. Gute Nachricht aus dem Vorrennen: Shalone und Reiter Charlie Huxley sind in Ordnung.

18:25: Selbst Besitzer Terry Warner war überrascht: 410:10-Schuss Oiseau de Nuit gewann vor Askthemaster (670:10) und Leo's Lucky Star (210:10). "Schön für die Tizzards" sagt Nick Luck. Und hat Recht: Zwei gute Pferde haben sie in diesem Jahr verloren, Cue Card war als hochgehandelter Favorit nur Vierter im Supreme Novices. So ist das im Pferderennen: Glück und Pech liegen nah beieinander.
Und wenn ein Jockey wie Nachswuchsmann Steven Clements sein erstes Rennen des Festivals gewinnt, dann ähneln Interviews fast Ansprachen einer Oscar-Verleihung. Ein freudestrahlender Clements dankte allen, die er kennt. Anquetta lag übrigens lange gut im Rennen.



Montag, 14. März 2011
Last Hurrah für Denman
Irgendwie fehlt mir nach den traurigen Vorkommnisse in Japan etwas die Vorfreude auf den üblichen März-Wahn des morgen beginnenden Cheltenham-Festivals. Nichtsdestotrotz gibt es hier die Vorschau auf den Cheltenham Gold Cup, den Höhepunkt des Festivals am Freitag. Einer fehlt leider: Diamond Harry, Gewinner des Hennessy Gold Cups und lange Zeit einer der führenden Kandidaten im Wettmarkt. Eine Verletzung stoppte den Schützling von Trainer Evan Williams. Eine Analyse der chancenreichsten Starter.

Denman: Eines der Pferde, das in den letzten Jahren die englische Toprennen über die großen Sprünge maßgeblich geprägt hat. Seine größte Stunde hatte Denman zweifellos im März 2008, als er den Gold Cup beeindruckend gewann. Später war der Presenting-Sohn so schwer verletzt , dass es fast schon ein Wunder ist, dass er überhaupt wieder eine Rennbahn betrat. Im letzten Jahr (wie im Jahr zuvor) Zweiter im Gold Cup, der letzte Start war ein guter dritter Rang im Hennessy Gold Cup hinter Diamond Harry, der ihn zwar deutlich besiegte, aber auch deutlich günstiger im Gewicht stand. Danach unterzog sich der Presenting-Sohn einer leichten Gaumenoperation. Diese verlief gut, nach Aussage von Trainer Paul Nicholls ist Denman wieder fit und enthusiastisch. Die entscheidende Frage dürfte sein: Wie gut ist der 11jährige noch?


Der berühmteste Schimmel aller Zeiten: Desert Orchid kämpft sich zum Sieg im Gold Cup 1989.

Imperial Commander: Im letzten Jahr sprachen alle nur vom großen Zweikampf zwischen den Stallgefährten Denman und Kauto Star – sehr zum Leidwesen von Nigel Twiston-Davies, dem Trainer von Imperial Commander. Der Wallach gab die Antwort auf dem grünen Turf und gewann überzeugend zu lukrativen Odds. Imperial Commander mag die Bahn in Cheltenham, läuft dort fast immer gut. Die leichten Zweifel am Stehvermögen sind spätestens seit 2010 Geschichte. Da verwundert es nicht, dass er in diesem Jahr den Wettmarkt anführt. Im November gab es beim einzigen Saisonstart einem standesgemäßer Erfolg in der Betfair Chase in Haydock, auch wenn Tidal Bay noch nah anrauschte. Danach sollte er im nachterminierten King George in Kempton noch einmal starten, doch das klappte aus technischen Gründen nicht. Twiston-Davies ist allerdings zuversichtlich, dass der Wallach seinen Vorjahreserfolg wiederholt.

Kauto Star: Was für eine Bilanz: Vierfacher Gewinner der King George Chase, zweifacher Triumphator im Cheltenham Gold Cup – der Wallach mit der markanten Blesse zählt jetzt schon zu den Größten im englischen National Hunt-Sport. 2010 war er der hohe Favorit im Gold Cup, ein fürchterllicher Sturz am am 15. Hindernis stoppte ihn. Zum Glück überstand der 11jährige den Sturz ohne große Blessuren und gewann sein Jahresdebüt in Down Royal. Zuletzt enttäuschte er aber im King George, war dort chancenlos gegen Long Run. Die Frage ist ähnlich wie beim Stallgefährten Denman: Was hat er noch von seinem altem Leistungsvermögen?

Kempes: Der Wallach, der den Namen des großen Mario Kempes trägt, hat noch eine
Option für die Ryanair Chase
am Festival-Donnerstag. Kempes überzeugte bei seinem Sieg auf allerdings schwerem Boden im irischen Hennessy Gold Cup, davor gewann er unter anderem die Growise Champion Novice Chase während des Punchestown-Festivals. Das Pferd aus dem irischen Championtrainer-Stall von Willie Mullins lief erst einmal außerhalb der grünen Insel. 2009 war das, das Ergebnis war Platz 12 in der Supreme Novices Hurdle.

Long Run: Noch nie hat Nicky Henderson in seiner langen und erfolgreichen Trainer-Karriere den Cheltenham Gold Cup gewonnen. Das soll sich ändern: Long Run, sagt er, sei quasi beste Chance, diesen Makel zu tilgen. Mit sechs Jahren ist der Wallach quasi die jugendliche Alternative zu den „älteren Herren“ Imperial Commander, Kauto Star und Denman. Derzeit liegt er im Wettmarkt gemeinsam mit Kauto Star an Rang 2, verantwortlich ist sein imposanter Erfolg in den King George Chase, als er den Stallgefährten Kings Theatre und eben diesen Kauto Star deutlich hinter sich ließ. Manche Experten zweifeln aber, ob sein Stehvermögen für Cheltenham reicht. Zweimal war er dort Dritter und besonders in der RSA Chase 2010 zeigte er deutlich, dass ihm der Weg vielleicht doch etwas lang war. Man kann allerdings davon ausgehen, dass sich Long Run in diesem Jahr noch einmal deutlich gesteigert hat.

Midnight Chase: Einer der Entdeckungen der Frühsaison, vier Siege in Serie, davon dreimal in Cheltenham. Der Wallach ist ein excellenter Springer, der ein sehr gutes Tempo gehen kann. Mit Dougie Costello reitet ihn ein Jockey, der mit ihm hervorragend harmoniert. Aber so gut die Erfolge auch aussahen: Das waren Handicaps, auf Gegner dieser Klasse traf er noch nie. Zudem haben die von Midnight Chase geschlagenen Pferde die Formen so recht nicht bestätigt.

Pandorama: Fünf Starts über die Jagdsprünge, vier Erfolge. Auf dem Papier der führende irische Kandidat und mit Sicherheit noch nicht am Ende seines Leistungsvermögens. Den einzigen Flop gab es allerdings im Hennessy Gold Cup in Newbury, als er nie ins Rennen fand, ganz schlecht sprang, zudem behindert wurde und frühzeitig angehalten wurde. Alle seine Erfolge waren zudem auf weichem oder schweren Boden, den er in Cheltenham nicht antreffen wird.

Tidal Bay: Je älter er wird, desto länger werden die Distanzen, über die Tidal Bay läuft. 2008 gewann er einst den Arkle über zwei Meilen und nachdem Trainer Howard Johnson es im vergangenen Jahr im Hürdenmarathon versuchte, geht es jetzt in den Gold Cup. Kommt gerne spät, lief unter anderem im November in Haydock als Zweiter ein sehr gutes Rennen hinter Imperial Commander. Ein interessanter Kandidat zumindest für ein Platzgeld.

Urteil
Die alte Garde schlägt noch einmal zu. Viel liegt nicht zwischen Imperial Copmmander, Kauto Star und Denman. Ich entscheide mich für meinen alten Favoriten Denman, weil er die höchste Quote verspricht.

Die Quoten



Mittwoch, 2. März 2011
Somersby gegen die großen Jungs
Es ist das große Spektakel am zweiten Tag des Cheltenham-Festivals: Die Queen Mother Champion Chase richtet sich quasi an die „Sprinter“ unter den Hindernispferden, denn es geht über die Minimum-Distanz von zwei Meilen. Die Prüfung ist eine der aufregendsten des ganzen Festivals, in der sowohl Tempo als auch Sprungsvermögen entscheidend sind. Das sind die wichtigsten Protagonisten in diesem Jahr.


Der Thriller aus dem Jahr 1994: Viking Flagship schlägt Travado und Deep Sensation in einem Herzschlag-Finale

Big Zeb: Der Sieger von 2010, der im letzten Jahr seinen „England-Fluch“ beendete und unter anderem den hohen Favoriten Master Minded hinter sich ließ. Der Wallach aus dem Stall von Colm Murphy hatte in Irland schon immer gute Formen gezeigt, nur in England lief er schwach oder fiel. Die gute Form aus Cheltenham setzte er danach fort: Drei Siege und ein zweiter Platz lautet die Bilanz. Zuletzt war er auf weichem Boden knapp hinter dem Erzrivalen Golden Silver, den er zuvor aber drei Mal besiegt hatte.

Captain Cee Bee: Der Sohn des auch in Deutschland bestens bekannten Germany steht bei manchen Buchmachern erstaunlich tief. Immerhin ist Captain Cee Bee bereits Cheltenham Festival Sieger (Supreme Novices 2008 gegen Binocular). 2010 war er weit geschlagen im Arkle (wo er Favorit war), gewann danach noch in Punchestown und im Oktober eine Grade 3-Chase in Naas. Gegen die irischen „Big Boys“ Big Zeb und Golden Silver war er allerdings in Leopardstown chancenlos, sprang dort auch nicht gut. Seine Umgebung zeigte sich danach aber wenig enttäuscht.

Golden Silver: Der Erzrivale von Big Zeb, den er in Punchestown endlich einmal schlagen konnte. Ansonsten liegt Golden Silver im direkten Duell aber 1:4 hinten gegen den Murphy-Schützling. Sehr konstante Form in Irland, zuletzt drei Siege in Serie, doch trifft er in Cheltenham nicht nur auf Big Zeb, sondern auf weitere schwere Gegner. Was mich etwas stört, ist die Tatsache, das er bereits sechs Saisonstarts hinter sich hat. Der Wallach mag schweren oder weichen Boden (denn er wahrscheinlich nicht antreffen wird), zudem waren seine bisherigen Leistungen in Cheltenham schwach.

Master Minded: Erst acht Jahre und damit für ein Jagdpferd wahrlich nicht alt, aber schon zweifacher Sieger dieser Prüfung. Im letzten Jahr war der Wallach aus französischer Zucht hoher Favorit in der Champion Chase, doch enttäuschte er erstmals und wurde nur Vierter. Die Kernfrage ist: Hat Master Minded noch die alte Klasse? Er ist einer der besten Springer, die ich kenne, aber vielleicht ist sein Leistungsvermögen nicht mehr ganz so herausragend. Dennoch ist seine Form in dieser Saison tadellos – drei Starts, drei Siege und jedes Mal konnte er gefallen. Zuletzt musste er aber gegen Somersby reichlich kämpfen.

Sizing Europe: Der nächste irische Herausforderer, schon Bahn- und Distanzsieger, weil er im letzten Jahr den Arkle knapp gegen Somersby gewann. In dieser Saison versuchte es Trainer Henry De Bromhead zuerst über längere Distanzen, heraussprang unter anderem ein ehrenvoller zweiter Platz hinter dem großen Kauto Star über drei Meilen. Doch zuletzt ging es wieder über zwei Meilen und da war Sizing Europe deutlich hinter Golden Silver und Big Zeb. Schwer vorstellbar, dass er diese Form dreht.

Somersby: Die Form aus Ascot hinter Master Minded, als er diesen beinahe noch abgefangen hätte, sah sehr gut aus. Das war über eine zweihundert Meter längere Distanz als in der Champion Chase, aber in Cheltenham ist es nie verkehrt, wenn Pferde eine etwas längere Distanz können. Im letzten Jahr lief Somersby ein großes Rennen im Arkle, als der Zielpfosten genau richtig für Sizing Europa stand. Der Wallach braucht zudem ein schnelles Rennen und das wird er in Cheltenham bekommen.
Einst feierte Trainerin Henrietta Knight große Erfolge mit dem Gold Cup-Sieger Best Mate, doch in letzter Zeit war es etwas ruhig um die Trainerin. Somersby ist ihre beste Chance seit langer Zeit auf einen Festival-Sieger.

Woolcombe Folly „Eines der am meisten verbesserten Pferde im Training“, sagt sein Trainer Paul Nicholls über Woolcombe Folly. Der Wallach verlor erst einmal (bei fünf Starts) über die schweren Sprünge, das war aber ausgerechnet im letzten Arkle als Letzter. Danach aber eine makellose Bilanz und besonders die letzte Form aus Cheltenham unter Höchstgewicht gegen gestandene Handicapper war einiges wert. Den letzten Start verpasste Woolcombe Folly wegen Hustens, doch jetzt ist laut Nicholls wieder alles in Ordnung. Dennoch ist die Champion Chase für den Sohn von Presenting ein ziemlicher Leistungssprung, so guter Gegner traf er noch nie. Und dafür ist mir ein Kurs von 7:1 zu wenig.

Urteil
Normalerweise ist Somersby eines dieser Pferde, auf die ich traditionell Geld verliere. Zu viele zweite Plätze in seiner Formbilanz, die Trainerin hat derzeit eine mäßige Erfolgsquote und vielleicht überschätze ich auch seine Ascot-Form: Aber das Pferd von Henrietta Knight ist die Alternative zu den „Big Guns“ Master Minded und Big Zeb zu lukrativeren Odds.

Wie die Buchmacher auf der Insel das Rennen einschätzen. Racebets hat selbstverständlich auch Quoten.



Montag, 14. Februar 2011
Mein Mumm heißt Peddlers Cross
Die Spannung steigt: Noch fünf Wochen bis zum Beginn des Cheltenham-Festivals (15. bis 18. März), dem Gipfeltreffen der besten Hindernispferde aus England und Irland. Racing Post und Sporting Life haben schon seit geraumer Zeit Extra-Cheltenham-Seiten. Auch diese Kolumne wird in nächster Zeit die wichtigsten Rennen dieses grandiosen Festivals analysieren. Den Auftakt machen die wichtigsten Protagonisten der Champion Hurdle, dem großen Höhepunkt des ersten Tages.

Binocular: Der Titelverteidiger und Führende im Wettmarkt. Das war schon imponierend, wie Binocular in der Champion Hurdle 2010 im letzten Jahr die Zielgerade in Cheltenham hochstürmte und letztendlich leicht gegen Khyber Kim triumphierte. Wie schon in den Jahren zuvor brauchte der Schützling von Trainer Nicky Henderson etwas Zeit: Beim Saisonauftakt fehlten die letzten Reserven gegen Peddlers Cross und Starluck. Es folgten ein überzeugender Sieg in der Christmas Hurdle in Kempton und zuletzt ein standesgemäßer Erfolg in einem Listenrennen in Sandown gegen schwächere Gegner. Eine Form, die allerdings nur schwer einzuschätzen ist….

Hurricane Fly: Die große irische Hoffnung, allerdings noch nie außerhalb der grünen Insel gelaufen. Immer ein Pferd mit einem Riesenruf, kleine Verletzungen stoppten jedoch bislang einen Cheltenham-Start. Vier Mal in Folge erfolgreich, zuletzt sehr leicht gegen Solwhit auf weichem Boden in der Irish Champion Hurdle. Der Mullins-Schützling ist aber noch nie gegen so starke Gegner gelaufen. Einst trainierte ihn in Frankreich Jean-Luc Pelletan, der zu Beginn der neunziger Jahre als Jockey in Deutschland aktiv war.

Menorah: Erst sechs Jahre und ein Starter mit einer phänomenalen Bilanz: 9 Starts, 6 Siege, 3 zweite Plätze. Auf der Bahn in Cheltenham ist Menorah sogar noch ungeschlagen, war unter anderem Kampfsieger in der letztjährigen Supreme Novice Hurdle gegen Get Me Out of Here. Auch die letzten Formen auf der Bahn sahen sehr gut aus, besonders der Erfolg mit Höchstgewicht in der Grade 2 Greatwood Handicap Hurdle. Ein Pferd mit einem fantastischen Kampfgeist und die beste Chance seit langem für Trainer Philip Hobbs und Jockey Richard Johnson, mal wieder in einem Prestige-Rennen zu triumphieren. Die einzige schwächere Form zeigte der Kings Theatre-Sohn auf gut bis festem Boden in Doncaster.


Phantastische Bilder, die an ein Ausnahmepferd erinnern: Istabraq in den bekannten Farben von J P Mc Manus triumphierte 1998 erstmals in der Champion Hurdle. Es folgten noch zwei weitere Erfolge.

Peddlers Cross: Sogar noch ungeschlagen in sechs Starts ist Peddlers Cross, ein weiterer Sechsjähriger und das Aushängeschild des Stalles von Trainer Donald Mc Cain. Der Wallach hat schon während des Festivals gewonnen, siegte im vergangenen Jahr in den Neptune Investment Management Novice Hurdle. Dort war die Strecke zwar rund 1000 Meter länger als in der Champions Hurdle, aber zum einen war Peddlers Cross auch über zwei Meilen erfolgreich, zum anderen ist Stehvermögen auf der hügeligen Bahn von Cheltenham immer von Vorteil. Zu Saisonbeginn überzeugte der Wallach gegen Binocular, danach verhinderten leichter Husten und Meetings, die dem Winter zum Opfer fielen, einen weiteren Start. Jetzt sei aber alles wieder in Ordnung, sagt Donald Mc Cain und plant noch einen weiteren Vorbereitungsstart in Kelso oder Wincaton.

Oscar Whisky: So etwas wie ein „dunkles“ Pferd, das noch einiges an Reserven haben könnte. Dennoch steht der zweite Starter von Trainer Nicky Henderson vor der bislang schwersten Aufgabe seiner Karriere. Sechs Siege bei sieben Starts lesen sich aber eindrucksvoll, der einzige „Wermutstropfen“ war der vierte Platz hinter Menorah in der Supreme Novices Hurdle. In dieser Saison lieferte Oscar Whisky zwei tadellose Vorstellungen gegen schwächere Gegner ab, besonders der Erfolg in Cheltenham, wo er auf der Zielgerade noch gute Reserven zeigte, beeindruckte.

Mille Chief: Nach einem schwacher Saison 2009/2010 hat Trainer Alan King seine Pferde derzeit wieder prächtig in Schuss. Sein aussichtsreichster Starter in der Champion Hurdle ist Mille Chief, zuletzt mit Höchstgewicht überlegener Sieger auf schwerem Boden in einem Handicap in Sandown. Da bin ich erst einmal etwas skeptisch: Formen auf schwerem Boden täuschen oftmals, weil viele Pferde diese Verhältnisse überhaupt nicht mögen. Der Wallach hat bestimmt noch Luft nach oben, doch auf Kontrahenten dieser Güteklasse traf er noch nie. Für die Statistiker: Auch sein Stallgefährte Katchit triumphierte fünfjährig in der Champion Hurdle.

Khyber Kim: Der Zweite aus dem Vorjahr, wo ihn nur Binocular schlug. In dieser Jahr nur einmal am Start, doch er war chancenlos in der Christmas Hurdle gegen seinen alten Rivalen. Lange Zeit war fraglich, ob er überhaupt läuft, doch jetzt gab Trainer Nigel Twiston-Davies grünes Licht. Doch was hat Khyber Kim noch in petto? In Bestform ist er brandgefährlich, aber der neunjährige Wallach wird auch nicht jünger.

Der Rest: Erstaunlich tief steht bei einigen Buchmachern Dunguib, vor zwei Jahren Gewinner des Festival Bumpers und 2010 der irische Banker in der Supreme Novices Hurdle. Das Ergebnis ist bekannt: Dunguib wurde „nur“ Dritter, sein Reiter musste sich hinterher einige Kritik anhören, weil er ihn zu sehr aus der Reserve geritten habe. Seinen letzten Start absolvierte er im April 2010 in Cheltenham. Noch gibt es viele Fragezeichen.
Cue Card dürfte eher in einem der Novice-Rennen laufen, Solwhit und Silviniaco de Conti haben mehrmals ihre Grenzen gesehen. Bleibt noch Get me out of There, im letzten Jahr Zweiter in der schon mehrfach genannten Supreme Novice Hurdle hinter Menorah,aber vor Dunguib, die letzten Formen waren aber zu schlecht.

Urteil: Mal wieder ein phantastisches Rennen mit einer Menge an Möglichkeiten. Mein Mumm ist allerdings spätestens seit seinem Newbury-Sieg Peddlers Cross, den größten Gegner sehe ich in Menorah. Von den Außenseitern gefällt mir Oscar Whisky am besten.

Kurse gibt es hier, Wettfreunde auf der Insel haben eine etwas größere Auswahl.