Well Chief: Aus Weidenpesch zum Arkle-Triumphator
Wie die Zeit vergeht. Es muss 1992 gewesen sein und erstmals wurde mir richtig bewusst, welche Bedeutung das Cheltenham Festival für die englisch-irische Hindernis-Gemeinde hat. Bald ist es wieder soweit, das Cheltenham Festival 2019 naht. Grund genug für uns, an große Momente des Festivals zu erinnern. Folge 1: Well Chiefs Erfolg in der Arkle Challenge Trophy Chase 2004.



Große Stunde: Well Chief gewinnt den Arkle 2004 während des Cheltenham-Festivals

2004 war das Cheltenham-Festival ein Wettdesaster. Es war das einzige Jahr, an dem ich ohne einen Sieger blieb. Und das ganze Elend begann eigentlich bereits im zweiten Rennen des Dienstags, der Arkle Challenge Trophy Chase. Da triumphierte Well Chief und der war doch ein alter Bekannter. Denn dreijährig gewann er 2002 am Himmelfahrtstag in Dortmund den Großen Preis der Stadtsparkasse Dortmund, die damalige Derby-Vorprüfung, und natürlich war ich an diesem Tag live vor Ort.
In Deutschland trainierte Ralf Suerland den Fuchs, mit klassischen Ehren wurde es aber nichts. Zumal er – wenn ich mich recht erinnere – gar keine Derbynennung hatte. Dafür machte Well Chief aber über Hindernisse in England große Karriere. Denn er wechselte in den Hindernisstall von Trainerlegende Martin Pipe, trug die berühmten blau-grünen Farben von David Johnson und entpuppte sich als sehr talentierter Hürdler. Unter anderem belegte der Wallach Platz 2 in der Triumph Hurdle.
Doch das Ziel waren die schweren Sprünge. Er siegte auch zur Premiere in Taunton, aber überzeugend sah anders aus. Dann kam die Arkle Challenge Trophy Chase am ersten Cheltenham-Tag und ich hätte ihn eigentlich wetten müssen. Zumal ich schon in Deutschland immer gern die Pferde von Trainer Suerland gespielt habe.

McCoy steuert zum Sieg
Jetzt saß Tony McCoy im Sattel, aber ich entschied mich für Caracciola, auch einem ehemaligen Deutschen. Selber schuld, denn McCoy ritt Well Chief mit viel Vertrauen aus hinteren Regionen, sein Partner sprang sicher und ökonomisch und McCoy startete seinen Angriff genau richtig. Vor dem letzten Hindernis lag der Pipe-Schützling an der Spitze, kurze Schrecksekunde nach einem Wackler am letzten Sprung und Kicking King ihm noch mal nahe kam, doch McCoy wäre nicht der große Jockey, wenn er nicht sein Pferd noch mal mobilisieren kann. Well Chief siegte mit einer Länge – und ich machte dicke Backen.
Der Arkle-Sieger aber mischte künftig in der Steepler-Champions-League über zwei Meilen kräftig mit. Er hatte nur das Pech, auf andere sehr gute Pferde zu treffen. Es waren immer packende Duelle und Well Chief zeigte dabei viel Herz und großen Kampfgeist. „Er war Teil einer goldenen Ära mit Moscow Flyer, Azertyuiop und ihm“, sagte David Pipe, der seinem Vater als Trainer folgte. „Er war ein echter Charakter und ein sehr gutes Pferd. Er hätte einige Queen Mother Champion Chases gewonnen, wenn die Konkurrenz nicht so stark gewesen wäre.“
Zweimal kam er nach Bein-Verletzungen zurück, allein das ist schon eine große Leistung. 2010 beendete der Night Shift-Sohn seine Karriere, 2017 starb er an einer Kolik.