French Eruption im King George
So schnell geht das im Sport: Noch am gestrigen Morgen waren die King George VI & Queen Elizabeth Stakes am kommenden Samstag in Ascot eine „Wettkatastrophe“, weil der Favorit Postponed unschlagbar schien, bei Quoten um die 15:10 jedoch wenig Wert versprach. Dann kam am Mittwoch Nachmittag die Meldung, dass ausgerechnet jener Postponed wegen einer Infektion nicht am Rennen teilnehmen kann. Klartext: Der Top-Star fehlt, die sportliche Qualität im großen englischen Sommer-Showdown sinkt, aber das Rennen wird offener. Starter und Chancen im diesjährigen King George.

Dartmouth (Trainer Sir Michael Stoute): Dartmouth ist eines dieser typischen Sir Michael Stoute-Pferde: Kontinuierlich gesteigert von Handicaps in die Gruppe-Klasse, zuletzt erfolgreich als 10:1-Schuss in den Gruppe 2-Hardwicke-Stakes, hauchdünn gegen Highland Reel. Die hohe Quote zeigt jedoch auch, dass sein Erfolg eher überraschend kam. Gruppe 1 hat er noch nicht gewonnen, auch sonst wirkt er nicht unschlagbar. Boden unabhängig. Nachgenannt für das Rennen.

Erupt (Trainer Francis-Henri Graffard): Im letzten Jahr Sieger im französischen Grand Prix de Paris (Gruppe 1) und Fünfter im Arc, zuletzt Zweiter im Grand Prix de Saint Cloud, als er mit gewaltigem Speed von hinten noch ins Rennen kam. Das sind so mit die besten Formen im Feld, Boden und Distanz sollten passen. Ganz klar eine Empfehlung.

Highland Reel (Trainer Aidan O'Brien): Unglücklicher Zweiter in den Hardwicke Stakes hinter Dartmouth,die besten Leistungen zeigte er dreijährig bei seinen Gruppe 1-Erfolgen in den USA und Hongkong. Man wird ihn nicht im Rennstall gelassen haben, wenn man dem Galileo-Sohn nicht weitere Gruppe 1-Großtaten zutrauen würde. Der etwas festere Boden spricht zudem für Highland Reel. Top-Kandidat.

Second Step (Trainer Luca Cumani): Der letztjährige Triumphator im Preis von Berlin in Hoppegarten, aber es gibt eben gute und noch bessere Gruppe 1-Rennen. Zuletzt zweimal chancenlos in starken Gruppe 1-Prüfungen und auch der dritte Platz im Yorkshire Cup (Gruppe 2, 2800 Meter) reicht nicht aus.



King George VI and Queen Elizabeth Diamond Stakes Ascot '84: Ein Rennen voller großer Namen. Teenoso gewinnt Start-Ziel mit dem legendären Lester Piggott im Sattel und zeigt immer wieder neue Reserven gegen Sadler's Wells und Pat Eddery. Sadler's Wells wurde später einer der besten Deckhengste der Welt.

Sir Isaac Newton (Trainer Aidan O'Brien): Vierjährig noch mal verbessert, gewann zuletzt Gruppe 3 in The Curragh und das Wolferton-Handicap in Royal Ascot. Jetzt ist weitere Steigerung erforderlich, zudem ist der Sir noch nie weiter als 2000 Meter gelaufen. Allerdings zeigte er bislang, dass eine längere Strecke von Vorteil sein könnte. Außenseiter.

Western Hymn (Trainer John Gosden): Erst ein Versuch über 2400 Meter und das war im 2014 Epsom Derby. Da lief er als 6. gar nicht so schlecht, blieb aber ohne Siegchance. Gruppe 3 ist eher seine Welt, aber ein Siegertyp ist Western Hymn nicht unbedingt. Müsste sich schon gewaltig steigern.

Wings of Desire (Trainer John Gosden): Der einzig verbliebene Dreijährige im Feld. Mit Pferden dieses Alters feierte sein Trainer John Gosden einige Erfolge im King George, siehe Taghrooda und Nathaniel. An letzteren erinnert mich Wings of Desire: Im Derby war er letztlich als Vierter zwar chancenlos, aber so richtig schien Epsom auch nicht seine Bahn zu sein, der Boden sei zudem zu weich gewesen. Zuvor gewann er die Dante Stakes (Gruppe 2) in York, diese Form wurde aber bislang nicht aufgewertet. Aber ein Pferd mit Reserven, der Boden sollte passen und vielleicht hat ihm die Pause seit Anfang Juni gut getan.

Urteil
Kein Doppel-Derbysieger Harzand, keiner der Top-Dreijährigen aus dem O'Brien-Quartier und jetzt auch kein Postponed – es gab schon deutlich besser besetzte King Georges. Die besten Formen und die beste Quote verspricht der französische Gast Erupt. Wings of Desire erinnert an erfolgreiche Gosden-Starter. Erst dann kommen für mich die Favoriten Dartmouth und Highland Reel.