Mittwoch, 13. Juli 2016
Derby 2016: Ewig grüßt das Murmeltier
Wie immer kam es anders als hier prophezeit: Isfahan gewann das Deutsche Derby 2016 vor Savoir Vivre und Dschingis Secret. Dem Sieger hatte ich das Stehvermögen nicht zugetraut, den Zweiten trotz seiner hohen Reputation nach seiner schwachen Union abgeschrieben, immerhin den Dritten genannt. Aber unser Haupt-Tipp Boscacchio sendete schon früh Notsignale und wurde auf dem schweren Boden Achter. Favoriten wetten frustriert eben.

Damit wären wir beim Thema. Heftige Regenfälle hatten das Hamburger Geläuf mal wieder zum Moor werden lassen, am Mittwoch blieben die Pferde fast stecken im Sumpf, so sah es zumindest aus.
Bis zum Derby hatte sich das Wetter ein wenig beruhigt, zudem wurden die Rennen am Freitag abgesagt. Aber der Boden war immer noch eine Katastrophe, die Bezeichnung schwer wirkt fast ein wenig euphemistisch. Immerhin wurde – im Gegensatz zu den Rennen zuvor – aus der Startmaschine gestartet.
Oftmals kommen auf schwerem Boden komische Ergebnisse zustande. Diesmal offenbar nicht, trotz der hohen Quoten waren durchaus Pferde mit Format vorne: Isfahan war schon zweifacher Gruppesieger im Winterfavoriten und im Bavarian Classic, Dschingis Secret platzierte sich mehrmals in guten Rennen, der hoch gehandelte Wai Key Star war als Vierter ebenfalls gut dabei. Nur Savoir Vivre, hauchdünn geschlagener Zweiter, steigerte seinen bisherigen Leistungen deutlich. Aber er galt – siehe oben – immer schon als Kandidat mit gutem Ruf und hat eine Arc-Nennung. Die bekommt definitiv nicht das langsamste Pferd im Stall.
Hinter diesen vier Pferden war der Abstand groß. Boscacchio sendete schon früh Notsignale und endete als Achter. Ich bleibe dabei: Er ist für mich das Top-Pferd des Jahres und wird das – wenn er gesund bleibt – auf gutem oder weichem Boden zeigen. Ein Tiger Hill blieb auch einst im Horner Moor quasi stecken.

Das selbe Lied
Ansonsten hat das Derby für den Kolumnisten viel von seiner Faszination verloren. Das mag zum einen daran liegen, dass inzwischen kaum jemand außerhalb des Turfs das wichtigste Rennen des Jahres registriert. Die Generation derjenigen, die mit Addi Furler in der ARD-Sportschau und damit den Galoppern quasi aufwuchs, wird eben immer älter und weniger. Eine Live-Übertragung im öffentlich-rechtlichen TV scheint so fern wie noch nie.
Dabei hätte man in diesem Jahr eine schöne Geschichte gehabt mit Boscaccio, Besitzer Rainer Hupe und Trainer Christian Sprengel – Außenseiter, die das wichtigste Rennen des Jahres gegen den Establishment gewinnen wollen. Ein wenig Island, ein wenig Leicester City – David gegen Goliath, besser geht es doch nicht mehr.
Die Diskussionen um das Geläuf tauchen eigentlich in jedem Jahr bei schlechtem Wetter auf. Vor ein paar Jahren gab es mal Überlegungen, einen anderen Standort für das Derby zu finden – unter anderem wegen des Bodens, aber auch wegen der angeblich schlechten Vermarktung. Das Ganze scheiterte, weil jeder anderer Kandidat schnell einen Rückzieher machte.
Doch verändert hat sich eigentlich nichts. Warum muss eigentlich das Derby als Rennen 10 einer 12 Rennen-Karte gelaufen werden? Und auf einem Geläuf, das vorher schon an sechs bis sieben Renntagen von unzähligen Pferden zertrampelt wurde? Die besten Pferde bekommen das schlechteste Geläuf – gibt es exklusiv nur in Deutschland. Warum tauscht man nicht einfach den Großen Hansa Preis am ersten Sonntag mit dem Derby am zweiten Sonntag? Das wäre deutlich fairer. Aber im Galoppsport gilt wie nirgendwo anders die Devise: „Haben wir schon immer so gemacht, werden wir immer so machen.“ Und in Hamburg noch verstärkt.