Wie immer: Der Fußball demütigt England
Ach England, was war denn das? 1:2 verliert das Mutterland des Fußballs gegen das „kleine“ Island und hinterher sprachen alle davon, wie schön doch Fußball sein kann. Wenn mal nicht der Favorit gewinnt. Wenn Spieler aus Vereinen wie Bodö/Glimt, Hammarby IF oder Cardiff City (immerhin zweite englische Liga) die verwöhnten Spieler aus der Premiere League, der reichsten Liga der Welt, schlagen. Wenn eben arm reich besiegt. Ein paar Thesen zu diesem bemerkenswerten Spiel.

Island ist ein sehr gutes Team
So groß war die Sensation eigentlich gar nicht. Wir zitieren die Süddeutsche Zeitung: „Wenn man die Entwicklung des isländischen Fußballs ein bisschen verfolgt, ist der Einzug ins Viertelfinale keine so große Überraschung, wie es zunächst scheint. Der Erfolg hat viele Gründe. Zufall und Glück gehören nicht dazu“, schreibt das Blatt. So qualifizierten sich die Skandinavier souverän für die EM, besiegten unter anderen zweimal die Niederlande. Und schon in der WM-Qualifikation scheiterte Island erst in den Playoffs an den starken Kroaten.
Die guten Resultate sind kein Zufall. Dafür wurde kräftig in die Infrastruktur investiert, entstanden überall wetterunabhängige Fußball-Hallen, hat Island die meisten lizenzierten Trainer der Welt im Vergleich zur Einwohnerzahl. Talentierte Spieler verlassen oft früh die Insel, die Erlöse dafür fließen in den Nachwuchsbereich. Keiner des EM-Kaders spielt in der heimischen Amateur-Liga.
Dazu beherrscht das Team das 4-4-2-System perfekt. Wenn es bei dieser EM einen Preis für mannschaftliche Geschlossenheit gibt, dann geht der an Island.

Das Versagen der Engländer
Eigentlich lief es doch perfekt: Das frühe 1:0 durch den Elfmeter von Wayne Rooney, das hätte für Ruhe sorgen müssen. Aber quasi im Gegenzug fiel das 1:1 nach einem langen Einwurf der Isländer, beim 1:2 fiel Keeper Joe Hart wie die berühmte Bahnschranke und setzt damit die traurige Tradition englischer Torwart-Fehlleistungen fort. Aber egal, zu spielen waren noch 70 Minuten. Es folgte ein fußballerischer Offenbarungseid der Three Lions. Ein apathisches Team, geschockt, ohnmächtig, ohne Mut und ohne jegliche Strategie. Trainer und Team versagten gemeinsam, Island musste gar nicht zittern.
Der Blick in die englischen Gesichter sagte einiges: Apathisch lagen viele Spieler nach dem Schlußpfiff auf dem Rasen, die Fans waren schon lange nicht mehr zu hören. „Bilder für die Ewigkeit, monumentale Szenen des Scheiterns, mit einer ganz eigenen Ästhetik“, notierte die Süddeutsche Zeitung. Trainer Roy Hodgson verkündete später auch seinen Rücktritt.

Die Reaktion danach
Vielleicht dachten viele Spieler auch schon an die Häme zuhause. Dabei war dieses Team voller talentierter Spieler und hatte teilweise auch ganz ordentlich gespielt, nur die Chancenauswertung war mangelhaft. Doch jetzt hatten sie versagt und die englischen Zeitungen – auch die Nicht-Boulevardblätter – sind gnadenlos in ihrer Kritik. Da wird wenig differenziert, da gibt es nur Schwarz und Weiß. „England erleidet die ultimative Demütigung durch eine beschämende Niederlage gegen den kleinsten Fisch im Turnier. Geschlagen von Island - einem Land mit der Einwohnerzahl in der Größe von Leicester“, schreibt das rechte Boulevardblatt Daily Mail. "Brrrexit Hodgson. Völlige Demütigung“, wortspielt der Daily Mirror. "Ice Wallies“, übersetzt Eis-Trottel, schimpfte die The Sun.



Englische Fans nach der Blamage: Erstaunlich kühl. Ausnahme?

Wie geht es jetzt weiter
Englands Fußball hat große Erfahrungen mit Niederlagen. Der Guardian weiß schon, wie es weitergeht: Erst wird der Trainer zurücktreten (hat Hodgson schon gemacht), der Verband wird sagen, dass man den Jugendbereich weiter verbessern wird (grass roots), einige der Nationalspieler werden sich in ihrem Urlaub schön neureich daneben benehmen und der Boulevard hat seine Schlagzeilen. Dann kommt ein neuer Manager, England schafft ein paar gute Resultate in unbedeutenden Spielen (am besten gegen Deutschland) und schon träumen sie auf der Insel von neuen Großtaten. Bis zur nächsten WM…...