Karpino, Shimrano und ein Tipp für das englische Derby


Der Besitzer aus Katar strahlt, Jockey Oisin Murphy salutiert - alle sind glücklich nach dem Sieg von Karpino im Mehl-Mülhens-Rennen (Foto German Racing/Rühl)

Es war einer dieser Momente, die den Zauber des Rennsports ausmachen. Karpino triumphierte im Stile eines Klassepferdes im Mehl-Mülhens-Rennen, den deutschen 2000 Guineas. Eine Vorstellung, die selbst abgebrühte Turf-Beobachter beeindruckte. Wie sich Karpino leicht vom Feld löste und noch mal beschleunigte, das war ganz großes Kino. Teil 4 von Derby-Watch, der regelmäßigen Kolumne bis zum Deutschen Derby in Hamburg.

Ich war nicht auf der Rennbahn in Köln und die 1600 Meter-Startstelle ist so und so ziemlich weit entfernt von den Zuschauerplätzen. Doch es muss schon ein ungewöhnliches Schauspiel gewesen sein, wie Simon Stokes den beim letzten Start in Krefeld startschwierigen Hengst mehrmals aus der Startbox herausführte und dann wieder einrücken ließ. Quasi „Learning by doing“ und offenbar mit Erfolg.
Karpino benahm sich mustergültig, hatte einen guten Rennverlauf und setzte sich leicht gegen Fanciful Angel und Molly Le Clou. Leider wurde der Stallgefährte Making Trouble nach einem schlechten Rennverlauf nur Fünfter. Und damit war es nichts mit dem Wöhler-Einlauf, den der Kolumnist gespielt hatte. Man kann eben nicht alles haben. Die großartige Stallform des Quartiers von Andreas Wöhler hält jedoch an – und das erstaunlicherweise quasi seit Saisonbeginn im April.
Karpinos nächstes Ziel ist das Deutsche Derby in Hamburg und nicht das englische Pendant in Epsom. Und da kommt natürlich die Frage nach dem Stehvermögen des Cape Cross-Sohnes, denn das Mehl-Mülhens-Rennen geht über 1600 Meter und das Rennen in Hamburg ist bekanntlich 800 Meter länger.
Im Wöhler-Camp hat man daran, so zumindest mein Eindruck, wenig Zweifel. Auch die Abstammung weist auf Stamina: Der Vater Cape Cross war zwar ein hochklassiger Meiler, die Mutter Kahara aber stammt von Sadler’s Wells und gewann über 2400 Meter. Mütterlicherseits ist auch sonst in der Familie viel Stamina vorhanden und Cape Cross lieferte zudem einige großartige Steher wie Sea The Stars, Quija Board oder Crystal Capella.

Shimrano souverän
Bei den Buchmachern (hier pferdewetten.de) wird Karpino weiter hoch gehandelt und nimmt die zweite Position im Wettmarkt hinter dem Stallgefährten Quasillo ein. Gut im Geschäft bleibt jedoch auch Shimrano nach seinem Erfolg im Großen Preis der Hannoverschen Volksbank über 2200 Meter. Start-Ziel gewann der Schützling von Trainer Paul Harley dieses Listenrennen für den Derbyjahrgang.
Das Ganze war eine souveräne Angelegenheit, Shimrano dominierte das kleine Fünfer-Feld und feierte einen lockeren Sieg. „Er hat sich fantastisch entwickelt“, lobte Jockey Adrie de Vries. „Er ist auf dem Weg zu einem richtigen Athleten.“
Dahinten kam Novano als zweiter noch gut ins Rennen, ohne jedoch den Gewinner gefährden zu können. Die Enttäuschung war der Schlenderhaner Isidor, der als 17:10-Favorit schon früh geschlagen war und nur Vierter wurde.
Am ersten Juni-Samstag wird traditionell das englische Derby Epsom-Derby gestartet und ganz ohne deutsche Beteiligung wird es nicht abgehen. Trainer Andreas Wöhler wird für die weinroten Farben von Qatar Racing Limited den Außenseiter Rogue Runner satteln, der in Frankfurt so enttäuschte.

Hans Holbein statt John F. Kennedy
Klarer Favorit bei den Bookies im Vorfeld ist der nachgenannte Cape Cross-Sohn Golden Horn aus dem Stall von John Gosden. Das ist eine Position, die in den letzten Jahren immer ein Schützling von Trainer Aidan O’Brien einnahm.
Doch in diesem Jahr sieht es bei den Ballydoyle-Kandidaten mal nicht so goldig aus: Im Frühjahr galten John F. Kennedy und Ol’Man River als Top-Anwärter im noblen Quartier. Doch sie sind raus nach ihrem schwachen Laufen in den Dante Stakes. Gleneagles, der doppelte Guineas-Gewinner, wird eher als Meiler gesehen, der hochgehandelte Giovanni Canaletto lief nicht wie ein potenzieller Derbysieger bei seinem zweiten Platz in einer Gruppe 3-Prüfung am Sonntag. Dafür brachte O’Brien die Stute Found, am Sonntag knapp besiegt in den Irischen 1000 Guineas, ins Gespräch für den englischen Klassiker.
Zumindest hat Ballydoyle mit Hans Holbein einen unterschätzten Kandidaten im Aufgebot. Dem Montjeu-Sohn fehlt zwar ein wenig der Glamour anderer Pferde des irischen Nobel-Quartiers, doch er ist ein sehr solider Steher. Wenn andere auf der Zielgerade in Epsom schon japsen werden, wird Hans Holbein weiter galoppieren. Ob das zum Sieg im englischen Derby reichen wird, weiß ich nicht. Immerhin wurde sein Erfolg in der Chester Vase deutlich durch Sea The Storm, den damaligen Zweiten, aufgewertet. Und ganz ohne Speed ist Hans Holbein auch nicht.



Ein wenig Kultur muss sein auf diesen Seiten: Der Maler Hans Holbein der jüngere in einem Selbstportrait aus dem Jahre 1542. Viele, viele Jahre später läuft ein dreijähriger Hengst gleichen Namens im englischen Derby. (Foto Wikimedia Commons)