Natürlich fängt ein Artikel über den SSC Neapel, Borussia Dortmunds Gegner am Dienstag in der Champions League, mit Diego Armando Maradona an. Wem auch sonst – der beste Fußballer seiner Zeit, charakterlich vielleicht nicht immer einwandfrei. In Neapel aber verehren sie den Argentinier auf einer Stufe mit dem Ortsheiligen San Genaro und der örtlichen Madonna. „Maradona, Madonna, die Worte vermischen sich. Er kam als Retter, um den ihm gebührenden Platz im neapolitanischen Pantheon einzunehmen“, schrieb Jimmy Burns in seiner
Maradona-Biografie „Die Hand Gottes“.
Von 1984 bis 1991 kickte Maradona für den Klub aus Süditalien: Zwei Meisterschaften und ein UEFA-Cup-Sieg (1989, Finale gegen den VfB Stuttgart) lautete die sportliche Erfolgsbilanz. Der kleine Mittelfeldspieler gab dem armen italienischen Süden ein neues Selbstgefühl gegenüber den Großklubs aus dem reichen Norden. Auf einmal befand sich Napoli auf einer Stufe mit Juve, Inter und Milan.
Was fällt dem Mitteleuropäer noch zu Neapel sein? Arme, aber fröhliche Menschen, Verkehrs- und Müllchaos, die örtliche Mafia namens Camorra. Zu letzterer hatte Maradona gute Beziehungen, die Camorra-Bosse sonnten sich gerne im Ruhm des Fußball-Gottes. Und natürlich profitierten sie geschäftlich vom Kicker.
Maradona zeigte in Neapel wohl den besten Fußball seiner Karriere. Burns formuliert es etwas martialisch: „Wieder schien der Ball an Maradonas Fußballschuhen befestigt zu sein beziehungsweise in einer tödlichen Kurve wie eine Exocet-Rakete durch die Luft gelenkt zu werden.“
Die Tifosi liebten ihren König - und verziehen ihm auch seinen etwas abrupten Abgang im März 1991.
Ein Diego Maradona-Altar in Neapel
Bildnachwies: Cyambella/Wiki Commons
Aktuelle Lage
Jens Lehmann, ehemaliger BVB-Schlussmann und danach lange in England bei Arsenal tätig, weiß Bescheid: „Napoli hat gute Einzelspieler, zudem einen guten Trainer, einen Taktikfuchs.“ Wie gut die Mannschaft des schlauen Rafael Benitez ist, musste der BVB beim 1:2 im
Hinspiel anerkennen. Es war das Spiel, in dem Trainer Jürgen Klopp ungewollt einen neuen Freund in Gestalt des Hausmeisters des San Paolo-Stadions gewann, weil er des Feldes verwiesen wurde. Zudem sah Keeper Roman Weidenfeller Rot.
Napoli aber präsentierte sich als spielstarke Einheit mit markanten Offensivspielern wie Higuain, Hamsik oder Insigne, dazu imponierten die beiden Schweizer Behrami und Inler auf der Sechs.
Derzeit aber kriselt der Klub ähnlich wie der BVB ein wenig in der heimischen Liga, verlor zuletzt zwei Spiele in Serie und wirkte beim 0:1 gegen Parma laut
kicker „uninspiriert“. Mit 28 Punkten aus 13 Spielen und Rang 3 befinden sich die Süditaliener aber durchaus im Soll.
Etwas Historie
Lange war Napoli eher eine graue Maus in Italien. Die meisten Jahre spielte der seit 1926 unter dem Namen SSC Neapel firmierende Club zwar in der Serie A, erreichte auch einige gute Platzierungen, doch die Meistertitel gewannen die Vereine aus Turin, Mailand und Rom. Der Kauf von Diego Maradona unter dem Präsidenten Corrado Ferlaino 1984 erwies sich als erfolgreiche Strategie. 1987 holte die Mannschaft das Double (Meisterschaft und Pokal), 1989 kam der UEFA-Cup hinzu, 1990 noch einmal die Meisterschaft.
Es war nicht nur die Soloshow des Diego Maradona. Spieler wie der Brasilianer Careca, Ciro Ferrara, Andrea Carnevale oder Fernando de Napoli machten ebenfalls auf sich aufmerksam.
Nach Maradonas Abgang aber kam der langsame Abstieg. 2004 musste der Club sogar Konkurs anmelden und begann wieder neu in der Serie C1.
Im gleichen Jahr stieg Filmproduzent Aurelio De Laurentiis als Präsident und Geldgeber ein. 2007 folgte die Rückkehr in die Serie A und seitdem ging es stets aufwärts. Unter Trainer Walter Mazzari entstand ein neues spielstarkes Team. Zudem schreibt der Klub seit Jahren kontinuierlich schwarze Zahlen.
In dieser Saison soll der nächste Schritt nach oben folgen: Zwar gingen Ezequiel Lavezzi und Edinson Cavani, die beiden Stürmerstars, für die Wahnsinnssumme von 94,5 Millionen nach Paris Saint-Germain, doch dafür investierte Napoli kräftig in erfahrene Spieler. Von Real Madrid kamen Raul Albiol, Jose Callejon und der argentinische Stürmer Gonzalo Higuain, dazu Torhüter Pepe Reina vom FC Liverpool und der belgische Nationalspieler Dries Mertens aus Eindhoven. Mit Rafa Benitez übernahm ein erfahrener und erfolgreicher mann den Trainerposten. „Heute steht Napoli für stimmige Finanzen, attraktive Spielanlage und ein regelmäßig gefülltes Stadion“, urteilte der
kicker in seinem Champions League-Sonderheft. Wer hätte das gedacht - besonders das mit den Finanzen.
Der SSC Neapel bei
Wikipedia
Ein launiger Reisebericht auf
schwatzgelb.de
In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.