Niemals gehen sie so ganz: Abschied von Kagawa, Barrios, Santana und Kringe
Die ersten Feierlichkeiten nach der erneuten Meisterschaft von Borussia Dortmund sind vorbei und zumindest bei mir schleicht sich ein Hauch Wehmut ein. Typisch deutsch, werden manche jetzt sagen, selbst in der Stunde der Glückseligkeit das Negative zu suchen. Also halten wir erst einmal fest: Borussia Dortmund ist ein würdiger und verdienter Meister, es war eine grandiose Leistung von Mannschaft und Trainer-Team. Für BVB-Fans sind es Traumzeiten: Eine Mannschaft, die mit ihrem Fußball verzaubert, dazu ein charismatischer Trainer. Was will man mehr?
Dennoch kommt etwas Trauer auf: Weil Spieler die Borussia verlassen, die in ihrer Zeit beim BVB – für zugegeben gutes Geld – hervorragende Leistungen geboten haben. Nun ist auch mir bekannt, dass Profifußball ein Söldnersport ist und die Leute nicht bei BVB, S04 oder FC kicken, weil ihnen soviel an diesen Vereinen liegt. Selbstverständlich gibt es immer mehr Klubs, die mehr Geld zahlen und/oder sportlich höhere Ziele verwirklichen können. Das gilt auch für Dortmund – siehe Marco Reus, sagen etwa Anhänger von Borussia Mönchengladbach.



Ist das japanisch? Die Sprache meine ich. Zu sehen ist jedenfalls das 2:0 von Kagawa gegen Gladbach. Man beachte auch den unrasierten Herrn, der auf den Torschützen zuläuft.

Kagawa trinkt kein Veltins
Dann sind da zudem die Berater der Spieler, die in der Regel von einem Wechsel finanziell profitieren. Was Thomas Kroth seinem Mandanten Shinji Kagawa geraten hat, weiß ich nicht. Jedenfalls will der Japaner im Sommer wechseln und seinen Vertrag bei Borussia Dortmund nicht verlängern. Die englische Premier League hat in Japan einen besonderen Stellenwert, im Gespräch ist unter anderem Manchester United. Offensichtlich können auch die Zuneigung der BVB-Fans, die das asiatische Schnäppchen in ihr Herz geschlossen haben, und die starken Arme von Trainer Jürgen Klopp das nicht verändern. Selbst die Integrationsversuche von Kevin Großkreutz blieben erfolglos. Dabei weiß der Japaner doch jetzt alles über deutsche Braukunst und deutsche Frauen.
Mit Reus kommt zwar ein hochbegabter Spieler für diese Position zurück, doch „Kagawa Shinji“ war schon eine Sensation. Technisch brillant, unheimlich wendig und richtig torgefährlich – spätestens seine zwei Tore im Derby 2010 in der Turnhalle zu Gelsenkirchen spielten Shinji in die schwarz-gelben Herzen.
Lucas Barrios zieht es hingegen nach China zu Guangzho Evergrande. China? Die Liga gilt als hochkorrupt, die Chinesen gucken lieber nach Europa. Doch das soll sich jetzt ändern, reiche Geldgeber verpflichteten bekannte Namen wie den Franzosen Nicholas Anelka. Sportlicher Wert? Noch eher mau, aber finanziell macht Barrios den großen Schnitt.
Aber sein Wechsel macht schon Sinn. Zwei Jahre war der geniale Strafraumstürmer nicht aus der Mannschaft wegzudenken, dann verletzte sich der Argentinier mit der Mutter aus Paraguay bei der Südamerika-Meisterschaft und dann lief ihm Robert Lewandowski den Rang ab. Und da Jürgen Klopp nur mit eine Spitze agiert, saß der Panther nur noch auf der Bank, ertrug dies aber einigermaßen professionell.
Barrios ist schon ein grandioser „Knipser“. Nur wenige haben solch einen Torinstinkt, zudem hielt er auch die Bälle in der Sturmspitze sehr gut. Dabei war auch diese Kolumne durchaus skeptisch, als der damalige Welttorjäger 2009 vom chilenischen Rekordmeister Colo Colo als Nachfolger von Alex Frei nach Dortmund kam. Doch diese Skepsis löste sich im Laufe der Zeit, Barrios war wie Kagawa eines der Transfer-Schnäppchen von Sportdirektor Michael Zorc. Am Samstag wird er seinen verdienten Abschied bekommen und da wird es noch mal emotional zugehen.

Herzblut-Borussen
Dagegen steht hingegen noch nicht fest, wohin Felipe Santana wechselt. Aber das der Brasilianer der BVB verlässt, dürfte feststehen. Denn der Spieler, den sie nach dem, bekannten gleichnamigen brasilianischen Trainer „Tele“ nennen, hatte einfach nur Pech. Weil die Borussia mit Mats Hummels und Neven Subotic über zwei herausragende Innenverteidiger verfügt, spielte Santana nur, wenn einer der beiden fehlte. Wenn Santana zum Einsatz kam, spielte er meist sehr stark. Ich fand ihn keineswegs schlechter als Neven Subotic, aber ich kann die Entscheidung von Jürgen Klopp auch nachvollziehen. Denn Subotic erwies sich nicht nur als Feierbiest, sondern auch als starker Innenverteidiger.
Jedenfalls ist Santana einer der schnellsten Abwehrspieler, die ich je gesehen habe. Mit ihm endet übrigens erst einmal der Zeit der Brasilianer beim BVB, die 1994 mit Julio Cesar begann.
Abschied nehmen gilt es auch von Florian Kringe. Er müsste einer der wenigen in Dortmund sein, der sauer auf Jürgen Klopp ist. Denn Kringe spielte keine Rolle mehr unter dem Erfolgstrainer, der ihn frühzeitig aussortierte. Dann verletzte sich das BVB-Urgestein schwer, die letzten Jahre waren nicht leicht für ihn. Doch der Mittelfeldspieler ist kein Typ, der zurückkeilt.
Jedenfalls war er sichtlich berührt, wie ihn Südtribüne nach der Meisterschaft feierte, auch wenn er sportlich keine Rolle spielte. Aber die BVB-Fans vergessen nicht, dass Florian Kringe in schlechten Zeiten einer der besten Spieler war, der sich immer wieder auch der Kritik stellte. Ich wünsche ihm jedenfalls, dass er einen neuen Verein findet und dort richtig gut einschlägt.