Dienstag, 22. Mai 2012
Danedream und Frankel: Aufmarsch der Giganten
Für viele war es ein langes Turf-Wochenende mit hochklassigem Protagonisten: Frankel in England, Danedream in Baden-Baden, zudem das Dante-Meeting in York und das Frühjahrsmeeting in Iffezheim in der Nähe von Baden-Baden. Eine Bilanz dieser drei Tage.

Donnerstag, 17.5.2012
Es ist Christi Himmelfahrt und traditionell Renntag auf der Dortmunder Galopprennbahn in Wambel. 1985 war ich zum ersten Mal an diesem Tag auf dem Dortmunder Hippodrom und eines hat sich nicht verändert: Die örtliche Sparkasse sponsert und verteilt Unmengen an Freikarten. Die Bahn ist richtig voll – so voll, dass es schon fast keinen Spaß mehr macht, überall lange Schlangen. Obwohl ich so einige Bereiche kenne, wo es nicht so voll ist, gehen einem irgendwann die Menschenmassen auf den Geist. Ich weiß auch nicht, ob ich mir den Renntag zukünftig noch antue, zumal das interessanteste Rennen – Preis der Sparkasse Dortmund als Derbyvorprüfung für dreijährige Pferde – erst mal weg ist.
Fünf Mal gewinnt an diesem Tag Jockey Eddie Pedroza, doch weil ausgerechnet die 12:10-Chance Laeyos scheitert, gehen so manche Pedroza-Schieben kaputt. Amare mit Norman Richter siegt im Hauptereignis des Tages nach einem mutigen Ritt von der Spitze und ist der lebende Beweis, dass die Form von Trainer-Newcomer Paul Harley stimmt.
Doch sportlich interessanter als Dortmund ist York an diesem Nachmittag, weil dort neben herrlich schweren Handicaps die Betfred Dante Stakes auf dem Programm stehen. Das ist immer noch die wichtigste Vorprüfung für das englische Derby am ersten Juni-Samstag in Epsom.
Auf dem Papier sah es 2012 nach einer offenen Angelegenheit aus, doch im Ziel lieferten sich Bonfire und Ektihaam einen packenden Zweikampf. Am Ende hatte Bonfire eine dreiviertel Länge Vorteil, der Schützling von Trainer Andrew Balding bestätigte damit seine prominente Position im Derby-Wettmarkt. Die
Enttäuschungen des Tages
kamen diesmal von den „Großmächten“ Goldolphin und Ballydoyle: Mandean und Ernest Hemingway endeten weit geschlagen als Vorletzter und Letzter, obwohl beide Pferde in ihren großen Quartieren einiges an Reputation besaßen. Viele Godolphin-Vertreter liefen übrigens sehr schlecht beim Dante Meeting, während Ballydoyle immerhin mit Camelot den deutlichen Derby-Favoriten stellt.
In Baden-Baden erweist sich der italienisch-englische Gast Worthadd als eine Nummer zu groß für die deutsche Meiler-Elite. Allerdings fehlte mit Alianthus deren Bester.

Samstag, 19.5.2012
Ich kaufe mir an diesem Samstag keine Racing Post, kann mir aber denken, wen Englands Turfbibel in den Mittelpunkt stellt: Natürlich Frankel, der unbestrittene Superstar des englischen Turfs. Der Hengst behielt seine weiße Weste: Fast mühelos triumphierte er bei seinem Jahresdebüt in den Lockinge Stakes in Newbury.
Auf den Aha-Effekt musste der Zuschauer nicht verzichten: Es war beeindruckend, wie Frankel quasi auf Knopfdruck beschleunigte und sich spielend leicht von seinem Rivalen Excelebration löste. Der Zweite, jetzt trainiert von Aidan O’Brien, hat mein Mitgefühl: Ein tolles Pferd, aber an Frankel kommt er nicht vorbei. Wobei ich die Rolle des Tempomachers Windsor Palace nie so recht verstand, weil der ja nie dazu kam, das Tempo zu machen.
Jedenfalls ist Henry Cecil, der Trainer von Frankel, ein populärer Mann – auch beim englischen Wetter. Nicht anders ist zu verstehen, dass diese den Cecil-Schützling Sir Thomas Chippendale in einem völlig ausgeglichenen Handicap auf 30 herunterwetten. Die englischen Bookies fürchteten mal wieder um ihr Leben, doch wer so einen Kurs nimmt, dem ist nicht mehr zu helfen. Mein Tipp Expense Claim ist zwar schon Wallach, distanzierte diese Blaublüter aber ganz leicht – und das zum Kurs von 80:10.
Enttäuschend verlief hingegen das Jahresdebüt von Ibicenco für Trainer Luca Cumani. Der einstige Schlenderhaner hat zwar erst den Melbourne Cup im November im Visier; zudem brauchen viele Cumani-Pferde oftmals ihre ersten Starts. Aber warum Jockey Kieren Fallon Ibicenco von hinten ritt, um dann eventuell das Rennen mit viel Speed zu gewinnen, ist mir ein Rätsel. Weil der Scirocco-Sohn eben ein Galoppierer ohne großen Speed ist. Ich hatte ihn jedenfalls nicht gewettet.
In Baden-Baden standen Derby und Oaks-Vorprüfungen im Mittelpunkt der Karte, beides Male gewannen Pferde aus dem Stall von Trainer Waldemar Hickst. Secessio, der Triumphator im Iffezheimer Derby-Trial, besitzt jedoch gar keine Nennung für das wichtigste Rennen im deutschen Turf. Von meiner Seite endete dieser Prüfung sehr ernüchternd: Le Pursang lief ziemlich matt und spielte nie eine Rolle. "Never a factor" würden die Engländer schreiben. Der Hengst war mein heimlicher Derby-Mumm. So ganz habe ich ihn aber noch nicht aufgegeben.

Sonntag, 20.5.2012
Danedream, Danedream, Danedream – ein Pferd prägte den Schlusstag des Frühjahrsmeeting. Aber die deutsche Arc-Heldin musste kämpfen, die großartig gesteigerte Ovambo Queen kam der Schiergen-Stute noch richtig nahe. „Die Stute ist erst bei 85 Prozent. Auch dieses Rennen musste erst einmal gewonnen werden. Ihren nächsten Start wird sie im Grand Prix de Saint-Cloud oder in den King George VI Stakes in Ascot bestreiten. Hauptziele sind der Arc und der Japan Cup“, sagte Siegtrainer Peter Schiergen nach dem Rennen. Wenn es nach mir gehen würde, würde ich die Stute am liebsten im King George in Ascot sehen. Aber diese Entscheidung liegt nicht bei mir....



Lieber FC Bayern München,
nie hätte ich gedacht, dass ich das mal schreiben werde: Aber ich habe Mitleid mit Euch. Gut, die beiden „Vizetitel“ hinter Borussia Dortmund waren verdient, weil der BVB auf nationaler Ebene einfach das bessere Team ist.
Aber jetzt diese Nieder1age nach Elfmeterschiessen gegen den FC Chelsea in Eurem Finale in München. Das war schon reichlich blöd im „Finale dahoam“, Da führt Ihr nach 83. Minuten endlich 1:0 und dann markiert Chelsea mit seinem ersten ernsten Angriffsversuch das 1:1. Dann verschießt Robben einen Foulelfmeter in der Verlängerung und wie das so ist im Fußball: Es kommt zum Elfmeterschießen und da gewinnt nicht automatisch die deutsche gegen die englische Mannschaft. Zumal beim FC Chelsea ja auch kaum Engländer spielen. Und als Schweinsteiger dann seinen Strafstoß an den Pfosten haut, jubelt nur Abramowitsch-Blau. „Fiasko dahoam“ titelte das Fachblatt kicker und damit ordentlich Online-Klicks zustande kommen, gibt es sofort die passende Bilder-Galerie. Dafür, dass ihr die bessere Mannschaft ward und Chelseas Betonfußball nicht finalwürdig war, dafür könnt Ihr Euch nichts kaufen.
Aber was ist finalwürdig? Am Ende zählt das Ergebnis – diese Phrase zählt immer noch. Das mit dem Mitleid ist aber so eine Sache. Das bekommt man nämlich geschenkt, Neid muss man sich hingegen erarbeiten.

Teddy Sheringham
So vor 10 bis 15 Jahren war ich nicht so milde gestimmt. Als solche Leute wie Kahn, Matthäus, Effenberg, Salilhamidzic oder Jeremies das Trikot des FC Bayern noch trugen. Da wäre die Bilanz von dreimal Vize ein Grund für wochenlange Freude gewesen – eben weil die Bayern eben immer alles gewinnen müssen. Was bin ich 1999 am berühmten Abend von Barcelona durchs Wohnzimmer getanzt, als Manchester United das Champions League-Finale in der Nachspielzeit noch drehte. Sheringham und Solksjaer zählten zu meinen absoluten Helden.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Münchener aber auch ein Team, das nur ganz schwer zu besiegen war. Effenberg, Kahn oder Jeremies bissen und kratzten zur Not, um ein Spiel zu gewinnen. Das waren Leute, die sich die Abneigung der gegnerischen Fans redlich erarbeitet hatten. Kahn hat sich die jahrelangen Bananen zur Begrüßung in Dortmund ehrlich verdient.
Und heute, lieber FC Bayern: Lahm, „Schweini“, Gomez oder Müller – alles liebe Jungs, die nicht polarisieren. Selbst der Torwart, der Ultra aus Gelsenkirchen- Buer, ist harmlos, könnte aber mal einen Unhaltbaren halten. Und Ribery und Robben – sie wollen nur spielen.
Die letzten Spieler mit „Arschloch-Potenzial“ waren Mark van Bommel und mit Abstrichen Luca Toni. Also, lieber Herr Hoeneß, lieber Herr Rummenigge: Eine Mischung aus Kahn, Effenberg und Jeremies muss her. Oder besser zwei. Denn dann hört das auch mit dem Mitleid auf. Denn darauf könnt Ihr wirklich verzichten. Ich nämlich auch….