Manchmal schaut man als Anhänger des Galopprennsports richtig neidisch auf andere Sportarten. Bestes Beispiel: Das vergangene Wochenende. Turf-Höhepunkt waren die deutschen 1000 Guineas auf dem Düsseldorfer Grafenberg, immerhin ein klassisches Rennen. Zugegeben: Kein Laie kann etwas mit dem Begriff Klassiker bezogen auf den Galopprennsport anfangen. Es ist aber eines der wichtigsten Rennen der Saison, dennoch ist die Medienresonanz bescheiden. Die lokalen Zeitungen aus Düsseldorf berichteten darüber, überregional erschien noch was in der
Welt. Wenn ich bei Google-News German 1000 Guineas eingebe, finde ich
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Im rund 70 Kilometer entfernten Dortmund war das Rennen zum Beispiel den
Ruhr-Nachrichten noch nicht mal eine Meldung wert. Keine Ahnung, ob der Mitbewerber
Westfälische Rundschau darüber berichtet hat – eine Abfrage auf
der Westen.de ergab jedenfalls kein Ergebnis.
Dabei war es sportlich eher ein Saure-Gurken-Wochenende: Keine Fußball-Bundesliga, keine Formel 1, die Frauenfußball-WM in Deutschland beginnt erst nächste Woche. Eigentlich ideal für Randsportarten – davon profitieren aber andere Sportarten.
Volkssport Dressur
Wie zum Beispiel das Spring- und Dressurreiten. Dort standen in den letzten Tagen die Deutschen Meisterschaften im sauerländischen Balve auf dem Programm. Erster Unterschied: Von langen Übertragungen am Nachmittag im dritten Fernsehprogramm des WDR darf man im Galopprennsport nur träumen. Dort ist man schon froh, dass sich ein Sender wie
Sport 1 mal wieder erbarmt, 15 Minuten am Sonntag zu opfern. Die German 1000 Guineas waren dort aber nicht zu sehen.
Auch die Printmedien stehen auf Spring- und Dressurreiten: Den
Ruhr Nachrichten (die nicht im Sauerland erscheint) sind die Meisterschaften mehrere Geschichten wie
diese wert. Das Blatt hat sogar einen eigenen Redakteur nach Balve geschickt, in der Printausgabe vom Montag waren die Meisterschaften ein großes Thema.
Ähnlich sah es bei
Westfälischer Rundschau und
Westfalenpost (die im Sauerland erscheinen) aus.
Und natürlich facht ein Pferd mit dem Namen
Totilas die Medienresonanz an. Der Hengst kostete eine Heidensumme, gilt als weltbestes Dressurpferd und ist ein richtiger Star. Alle stürzen sich auf ihn.
Die Suche nach Totilas führt bei Google News zu 323 Meldungen – wohlgemerkt nur für den Montag. Ausgerechnet der elitäre Dressurrennsport, in der Regel das Betätigungsfeld von Sprößlingen sehr reicher Eltern, fasziniert auf einmal alle.
Immerhin können die Galopper etwas daraus lernen: Sie brauchen einen vierbeinigen Star, so eine Attraktion wie
Overdose. Da kann man nur hoffen, dass keiner aus der Schlenderhaner Armada das Derby gewinnt, sondern
Gereon aus Hoppegarten. Denn der hat all diese Underdog-Qualitäten, die ihn zum Star machen können. Da wäre zum einen ein Trainer, der nur ein paar Pferde trainiert und der noch nie eines dieser Klasse trainiert hat. Dann ist er auch noch Besitzer dieses Pferdes, sitzt zudem im Rollstuhl . Nicht zu unterschätzen ist der Ost-Bonus, kommen die sonst erfolgreichen Pferde doch fast immer aus den gleichen Zentren im Westen. Jetzt muss Gereon nur noch gewinnen - oder ganz unglücklich verlieren. Das macht sich medienmäßig immer gut.