Freitag, 5. April 2019
Drei Alternativen zu Tiger Roll
Grand National 2019: Am Samstag um 18:15 ist es wieder so weit. 40 Pferde messen sich über die berühmten Hindernisse in Aintree bei Liverpool. Der klare Favorit heißt Tiger Roll, aber es wird alles andere als ein Spaziergang für den Elliott-Schützling. Dafür entwickelt das National immer wieder eigene Geschichten. Unsere Favoriten.

Eigentlich kann man jedes Jahr das Gleiche zum Grand National schreiben: Trotz aller Entschärfungen sind die Rennen über die National Fences (eines an jedem Renntag) immer noch eine besondere Herausforderung an Ross und Reiter. Die Strecke ein Marathon über fast 7 km, die Hindernisse immer noch ganz was Besonderes, 40 Pferde sorgen zudem für Turbulenzen. Seit 2012 ist immerhin nichts mehr passiert und ich bin immer noch erstaunt, wenn sich manche Traditionalisten die alten Sprünge herbeisehnen. Muss nicht sein – und damit sind wir beim Grand National 2019 und seinen chancenreichsten Kandidaten.

Tiger Roll (Trainer Gordon Elliott)
Ein phänomenales Pferd und der Vorjahressieger. Schafft er es als erster Kandidat seit des großen Red Rum, das National zweimal nacheinander zu gewinnen? In dieser Saison offenbar noch besser: Überlegener Triumph in der Cross Country Chase, die gleiche Route absolvierte der Elliott-Schützling auch 2018. Klarer Favorit, der Kurs ist aber viel zu tief. Und viel Gewicht für ein relativ kleines Pferd.

Anibale Fly (Trainer Tony Martin)
Höchstgewicht, seine Plätze 2 und 3 im Cheltenham Gold Cup sind die besten Formen im Feld. Im letzten Jahr Vierter im National. Chancenreich, aber dennoch nicht leicht mit Höchstgewicht.

Rathvinden (Trainer Willie Mullins)
Die Wahl von Ruby Walsh unter den Mullins-Startern. In dieser Saison erst ein Start, die Grade 3 Bobbyjo Chase gewann er gegen Alpha Des Obeaux. Im letzten Jahr in Cheltenham über weite 6400 Meter erfolgreich. Früher ein etwas unsicherer Springer, das scheint behoben. Günstig im Handicap.

Vintage Clouds (Trainerin Sue Smith)
Großer Steher einer Trainerin, die für solche Pferde eine gute Hand hat. Im letzten Jahr Dritter im Scottish National, zuletzt guter Zweiter in der Ultima Handicap Chase in Cheltenham. Beständiger Debütant über die National-Hindernisse, aber nicht gerade ein Siegertyp.

Lake View Lad (Trainer Nick Alexander)
Kandidat, der sich von Rennen zu Rennen verbessert hat und dessen Grenzen noch nicht erkannt sind. Zuletzt guter Dritter in der Ultima Handicap Chase in Cheltenham. Guter Springer, die Distanz ist zwar Neuland, aber Lake View Lad lief immer wie ein Steher. Sehr interessant.

Joe Farell (Trainerin Rebecca Curtis)
Überraschte im letzten Jahr mit seinem Erfolg im Scottish National als 34:1-Chance. Zuletzt wieder gut in Form, bei weitem noch nicht erfasster Steher, der gerade noch ins Rennen rutschte. Interessanter Starter mit Fliegengewicht.

Rock The Kasbah (Trainer Philipp Hobbs)
Shirocco-Sohn, dessen größte Stärke Stamina heißt. Die Formkurve wirkt etwas inkonsistent, lief aber immer in guter Gesellschaft.

Pleasant Company (Trainer Willie Mullins)
Dritter Versuch im National, 2018 guter Zweiter hinter Tiger Roll, großer Steher, der auch schweren Boden kann. Die beiden diesjährigen Formen sind eher schwach, aber das war 2018 auch nicht anders. Zu beachten, auch wenn er höher im Handicap als 2018 steht.

One For Arthur (Trainerin Lucinda Russell)
Der Sieger von 2017, pausierte danach aber über 18 Monate. Die Comeback-Versuche in guter Gesellschaft waren schwach, sprang schlecht und warf seine Reiter ab. Davor aber ein sicherer Springer und großer Steher. Wäre ein kleines Wunder, wenn seine Trainerin ihn wieder zum Sieg bringen würde.

Ramses De Teillee (Trainer David Pipe)
Überzeugte jeweils als Zweiter im Welsh National als auch Grand National Trial in Haydock. Lief dort immer wie ein Pferd, das noch einiges im Tank hat. Guter Springer. Wenn er mit der Bahn zurechtkommt, wird er mitmischen. Je weicher der Boden, desto besser.

Ultragold (Trainer Colin Tizzard)
Großartige Bilanz über die National-Sprünge, zweifacher Sieger im Topham und zweimal auch platziert im Grand Sefton. Aber die National-Distanz ist zu weit.

Walk in The Mill (Trainer Robert Walford)
Erster im Dezember im Becher Handicap über diese Sprünge, hat also Form über den Kurs. Danach zwei ordentliche Auftritte über Hürden, der Wallach wäre nicht der Erste, der danach im National triumphiert. Die Distanz ist neu, aber dennoch eine Empfehlung.

Tipp
Die Drei gegen das Feld sind Lake View Lad, Ramses De Teillee und Pleasant Company. Erstere sind Pferde, die noch einiges im Tank haben sollten, sicher springen und auch weichen Boden können. Pleasant Companys Form aus dem Vorjahr war einfach zu gut. Sie alle müssen Tiger Roll besiegen, der ein würdiger Favorit ist. Nur leider ist das National kein Eldorado für Favoritenwetter.



Der letzte Doppelsieger des Nationals: Red Rum. Tiger Roll kann ihm folgen und bekommt dann vielleicht auch so nette Worte.



Donnerstag, 28. März 2019
Prügelknaben mit Herz und Moral
Der „wahre“ Fußball wird nicht bei Real Madrid oder Bayern München gespielt. Sondern viel tiefer, wo es nicht um das große Geld geht. Dort, wo noch der Spaß dominiert – in der Kreisliga C. Viel Erfolg haben die Kicker des SuS Hörde derzeit nicht – mit sechs Punkten und einem Torverhältnis von 31:163 sind sie abgeschlagen Tabellenletzter in der Kreisliga C 2 Dortmund. Dennoch sind sie bis auf zwei Spiele jedes Mal angetreten. Respekt!

Am letzten Sonntag ging es für die Hörder zum Tabellenführer Hombrucher SV 2. Gegen den TuS Kruckel, den anderen Aufstiegsgsaspiranten der Liga, war der SuS mit 1:22 untergegangen, doch zumindest anfangs hielt man ganz ordentlich dagegen. Als ich kam, stand es nur 0:1 und die Spieler des Tabellenletzten feuerten sich gegenseitig an. Immerhin waren sie mit 14 Mann angereist, auch wenn einigen anzumerken war, dass sie nicht gerade austrainiert waren. Aber es wurde nicht gemeckert. Auch als es bis zur Pause 4:0 für die Gastgeber stand, gab es kein großes Theater. Im Gegenteil – die Spieler in Rot-Schwarz unterstützten sich gegenseitig.
Hombruch war dennoch in allen Belangen überlegen. In Abschnitt 2 konnte der SuS nicht mehr dagegenhalten, manche Tore des HSV – die allerdings auch eine gute C-Liga-Mannschaft sind – fielen doch sehr einfach. Eigentlich mangelte es an allem: Zusammenspiel, Technik, Organisation, Kondition. Aber sie blieben fair, versuchten ihre Unterlegenheit nicht durch Fouls zu kompensieren. Am Ende hieß es 10:0, fast schien es so, dass die Gastgeber es partout nicht zweistellig machen wollten.
Auch die HSV-Spieler zollten dem Gegner Respekt, weil er trotz der Schlappen immer wieder antritt. Ich hätte früher keine Lust gehabt, fast jeden Sonntag mit deftigen Niederlagen nach Hause zu kommen. Und das in der C-Liga, der untersten Klasse im Dortmunder Amateurfußball.



Immerhin zwei Siege konnten die Rot-Schwarzen in dieser Saison erreichen, zuletzt gab es aber deutliche Schlappen. 2:8 verlor man zum Beispiel gegen den Vorletzten TuS Eichlinghofen 4, davor demontierte der Lokalrivale Hörder SC 3 den SuS mit 14:0.

Abgestürzt
Das Besondere: Es ist die erste Mannschaft des SuS Hörde, tiefer kann man eigentlich gar nicht mehr sinken. Ein Absturz wie manch anderer Traditionsverein in Dortmund auch. Seine Glanzzeit erlebte der 1911 gegründete Klub, als man in den 70er Jahren immerhin in der Landesliga kickte. Später ging es dann in den Ligen runter, aber lange zählte der SuS zum Inventar der Kreisliga A. Erst in den 2000er Jahren ging es runter in die B und dann in die C-Liga.
Berüchtigt war zudem die Sportanlage am Schallacker. Früher gab es daneben ein Freibad, das Gelände gehörte Hoesch, dem ehemaligen Dortmunder Stahlgiganten. Ich habe gegen den SuS in der Jugend nie gerne gespielt. Der Platz in Hörde bestand in der Mitte aus schwarzer Asche und Wiese am Rand. Die Heimmannschaft kannte diese Bedingungen und trat entsprechend aggressiv auf.
Später wurde dann aus schwarzer Asche und Wiese rote Asche. Die haben sie auch heute noch, während ihre Konkurrenten fast alle auf Kunstrasen spielen. Das mag auch ein Grund für den Niedergang sein.
Noch zwei Teams in Dortmund sind übrigens noch schlechter. Eine davon ist die zweite Mannschaft des SuS Hörde.



Montag, 25. März 2019
Jockeys ohne Zusatz
War das Cheltenham Festival 2019 der Durchbruch für weibliche Jockeys im englischen Hindernissport? Bryony Frost, Rachael Blackmore, Lizzie Kelly – sie alle gewannen Top-Rennen beim Festival. Aber vielleicht ist die Frage auch falsch gestellt. Vielleicht sollte man einfach nur sagen, dass die drei Top-Jockeys sind. Deren Weg an die Spitze nur etwas schwerer war.

Am Wochenende war wieder Alltag angesagt: Bryony Frost pausierte verletzt, Lizzie Kelly war auch nicht im Einsatz. Nur Bridget Andrews ritt zwei eher chancenlose Kandidaten in Newbury. Und in Kelso saß zweimal Rachael Mcdonald für Trainer Sandy Thomson im Sattel. Am Sonntag siegten immerhin Mcdonald und Lucy Gardner, Kelly hatte zwei chancenreiche Ritte in Exeter und belegte einmal Platz 2. Rachael Blackmore ritt viermal in Naas und Downpatrick – ohne Erfolg. Die Konkurrenz unter den Hindernisjockeys ist eben gewaltig.
Beim großen Festival in Cheltenham sah die Welt für die Frauen im Sattel deutlich besser aus: Selten habe ich so einen Gänsehaut-Moment in Cheltenham erlebt wie den nach dem Erfolg von Bryony Frost mit Frodon in der Ryanair Chase. Sieger werden dort immer groß zelebriert, aber an diesen Donnerstag bebte die Bahn. Es waren magische Bilder: Frodon, im Sattel steht seine famose Reiterin, um sie herum nur glückliche Menschen. Aber haben die Leute Frost gefeiert, weil sie eine Frau ist? Ich denke nein. Eher, weil sie ein fantastischer Jockey ist und ihre offene Art zudem die Öffentlichkeit verzaubert. Zumindest ersteres Argument trifft auch auf Blackmore und Kelly zu, die beim Festival glänzten.

„Rhythmus gewinnt Rennen“
Das meint auch Pat Smullen, der irische Top-Jockey. „Ich denke, die Zeit ist gekommen, in der Frauen nicht mehr als weibliche Jockeys bezeichnet werden sollten“, schreibt er in diesem Beitrag für TDN. Denn „Rachael Blackmore, Bryony Frost und Lizzie Kelly reiten auf höchstem Level so gut wie jeder andere Jockey.“ Sie verdienen es, einfach Jockeys genannt zu werden.
Und Smullen räumt mit einem anderen Urteil auf. „Körperliche Stärke ist ein wichtiger Faktor beim Rennreiten, aber er ist nicht der, der über Sieg oder Niederlage entscheidet.“ Sehr wichtig sei etwa, Pferde auf die Hindernisse einzustellen. Oder ein „Renn-Gehirn“ . „Rhythmus gewinnt Rennen“, nennt es Frost. Allerdings sagt Smullen auch, dass Frost, Blackmore und Kelly im Endkampf mit ihren männlichen Kollegen mithalten können.
Dennoch haben es Frauen immer noch schwer im Hindernissport – trotz der guten Vorarbeit etwa von Nina Carberry oder Katie Walsh. Die aber beide Amateurinnen blieben. In der englischen Rangliste taucht irgendwann auf Platz 30 oder höher Bryony Frost auf, es folgen in Abständen Lizzie Kelly, die (in meinen Augen völlig unterbewertete) Bridget Andrews oder Lucy Alexander. Die Ranglisten werden zu 99 Prozent von Männern geprägt. Und auch im Nachwuchsbereich dominieren die männlichen Kollegen. Auffällig: Kelly, Andrews und Alexander reiten fast nur für ein Quartier, Frost ist da vielseitiger aufgestellt, unter anderem mit Ritten für Paul Nicholls und Neil King.
Immerhin liegt Rachael Blackmore derzeit auf Platz 2 in der irischen Jockey-Statistik in Irland. Hinter Paul Townend, aber vor Davy Russell oder Ruby Walsh. Eine famose Entwicklung, die auch Top-Trainern wie Henry de Bromhead oder Willie Mullins nicht verborgen blieb. Aber auch sie ist die Ausnahme – in den Top 20 gibt es keine anderen weiblichen Jockeys.



Magische Momente: nicht nur Vater Jimmy Frost ist stolz auf Tochter Bryony