Montag, 11. Februar 2019
Der Schlosser und der Jungprofi


So manche Sprüche begleiten einen ein ganzes Leben. „Von Ihnen gibt es wahrscheinlich 50.000 in Deutschland, von uns vielleicht 500, die in der Bundesliga spielen können. Wir bekommen das Geld dafür und bieten auch die Leistung dafür“, sagte einst Fußball-Profi Michael Rummenigge am Telefon zu einem Schlosser, der die hohen Fußballer-Gehälter kritisiert hatte.

1984 war das, Michael Rummenigge, geboren am 3. Februar 1964, war damals gerade 20 Jahre alt und auf dem besten Weg, eine ähnlich große Karriere wie sein großer Bruder Karl-Heinz beim FC Bayern München zu machen. Ein junger Mann, leistungsorientiert, elitär und ein wenig forsch, seine Popper-Tolle macht ihn auch nicht gerade sympathisch.
Der WDR-Film, den Arnd Zeigler dankensweise wieder ausgegraben hat, war am nächsten Tag Gesprächsthema bei mir und meinen Freunden. Und Rummenigge kam da nicht gerade positiv weg. Später wechselte der gebürtige Lippstädter zum BVB, vor seiner Verpflichtung gab es auch wegen besagtem Spruch einige Proteste von Dortmunder Fans. Diese verstummten aber recht schnell, weil Rummenigge den BVB fu0ballerisch gut verstärkte. Doch ein Liebling der Massen wurde er nie, da bevorzugten die Borussen-Anhänger doch eher rustikale Kämpfertypen.
Der Film ist sehenswert. Weil Rummenigge authentisch rüberkommt und wenn man seinen Vater und Mutter hört, erfährt der Zuschauer schnell, in welchem bürgerlichen Mileu im westfälischen Lippstadt er und sein großer Bruder Karl Heinz groß wurden. Die Rummenigges arbeiteten hart, die Mutter war Hausfrau, Extravaganzen waren verpönt. Wie das damals oft so war. Und jetzt die beiden Söhne, die Karriere im Profifußball machen.
Heute verdienen Fußballer noch viel mehr und so ein ehrlicher Film wäre in der gelackten Berater- und Social Media-Welt gar nicht mehr möglich. Leider.



Donnerstag, 7. Februar 2019
Wetten, die die Welt nicht unbedingt braucht
Es ist ja nicht so, dass sich im deutschen Galopprennsport nichts bewegt. Zwei neue Wettarten – die Multi und die 2 aus 4 – sollen ab Mitte April den Toto-Umsatz ankurbeln. Dafür entfällt der Platz-Zwilling. Den Kolumnisten berührt das aber weniger.

Der Platz-Zwilling ging etwa völlig an mir vorbei. Bei den neuen Wetten klingt zumindest die Multi ganz interessant. Sie funktioniert ähnlich wie der Drilling in Frankreich, Unterschied: statt drei Pferden sind vier zu tippen. Diese müssen die ersten vier Plätze belegen, die Reihenfolge ist egal. Das macht die Erfolgschancen größer und die Quoten kleiner. Das Erfolgsrezept ist klar: Je besser die Quoten, desto größer die Erfolgschancen der Wette.
Ähnliches gilt für die 2 aus 4, wo nur zwei der ersten vier Pferde eines Rennens angesagt werden müssen. Klingt simpel und soll den Platzzwilling ersetzen. Erfolgsaussichten: in meinen Augen gering. Warum soll die Wette funktionieren, wenn schon der Platz-Zwilling gescheitert ist?

Sehnsucht nach einer Großwette
Man hätte eher die bestehenden Wetten stärken sollen. Immerhin wurden die Quoten der Sieg/Platzwetten erhöht, weil die Abzüge reduziert worden. Damit ist das deutsche Wettangebot konkurrenzfähiger gegenüber Frankreich und England.
Aber dennoch fehlt mir so eine Art Großwette, wo man mit wenig Einsatz viel Geld machen kann. Ich wiederhole mich gerne: So etwas wie die erfolgreiche V 75 in Schweden. Oder etwas kleiner, aber leichter zu treffen: den Placepot in England. Das ist so eine Art Platz-Schiebewette und er wird gespielt in den Rennen 1 bis 6 einer Veranstaltung, jeder Rennort hat dabei seinen eigenen Placepot.
Ähnliche Dinge sind in Deutschland zwar schon böse gefloppt und ohne starke Partner wird das kaum umsetzbar sein. Und ohne Geduld, Marketing und Geld so und so nicht.
Immerhin funktioniert das mit der Viererwette ganz gut. Und vielleicht werden Multi und 2 aus 4 zu Knüllern. Dann hätte ich mich gerne geirrt.



Donnerstag, 31. Januar 2019
Frodon, Frost und der Gold Cup
Es war mal wieder ein großer Tag für Byrony Frost am letzten Samstag im englischen Cheltenham: Mit Frodon siegte sie in den Cotsworld Chase, einem der Höhepunkte des Festival Trials Day. Als nächstes steht für das Pferd von Trainer Paul Nicholls der Gold Cup auf dem Programm. Hat Frodon eine Chance? Schreibt Frost Geschichte und gewinnt als erste Frau im Sattel das wichtigste Rennen der englischen Hindernissaison?

Sie sind eine Kombination, die scheinbar im Himmel erdacht wurde: Bryony Frost und Frodon. „Ich habe nie ein Pferd mit so viel Herz geritten. Er ist tapfer und mutig“, sagt seine Reiterin. Aber reicht das für den Gold Cup im März?
Bei den Bookies ist der Nicholls-Schützling eher Außenseiter. Racebets beispielsweise gibt für 10 Euro Einsatz 170, bei pferdewetten.de sind es für den gleichen Betrag 150. Ob ich da einsteigen würde, ist eher fraglich.
Was für Frodon spricht: Er ist ein sicherer und schneller Springer, mit seiner Reiterin harmoniert er prächtig. Aber hat er auch das Stehvermögen für die 5.331 Meter lange Strecke im Gold Cup? Am Samstag in Cheltenham waren es 5080 Meter, das war für den Wallach seine bislang längste Distanz. Kurz schien es so, dass Elegant Escape noch an Frodon vorbeizog, doch dann rauften sich dieser und seine Reiterin noch mal zusammen und wehrten den Angriff ab. Nichtsdestotrotz bleiben kleine Zweifel, der Zweitplatzierte springt nicht so sicher, hat aber mehr Stamina.

Die Gegner
Mein derzeitiger Favorit für den Gold Cup ist Native River. Der Vorjahressieger findet auf der steigenden Zielgerade in Cheltenham immer neue Reserven. Wenn ein Pferd die Bahn in Cheltenham mag, dann ist das der Schützling von Colin Tizzard. Kempton liegt ihm hingegen nicht, Platz 3 im King George war daher ganz in Ordnung.
Ansonsten gibt es bei vielen anderen Kandidaten Fragezeichen. Might Bite enttäuschte in dieser Saison bislang zweimal sehr. Clan Des Obeaux war der überraschende King George-Sieger, aber kann er diese Form auch auf den völlig anderen Kurs in Cheltenham übertragen? Thistlecrack wäre ein Champion des Herzens, aber er macht auf einem Kurs wie Cheltenham zu viele Fehler.
Den Wettmarkt führt Presenting Percy an. Ein Pferd mit einem großen Ruf, im letzten Jahr Sieger in der RSA Chase. In dieser Saison startete er erst einmal und gewann souverän über Hürden. Aber jetzt geht es gegen die großen Jungs, das ist eine andere Klasse. Kemboy und Al Boum Photo sind die Überraschungspakete – beide müssen sich allerdings noch mal steigern. Und so überragend die Bilanz von Trainer Willie Mullins in den anderen Top-Cheltenham-Rennen ist, den Gold Cup hat der vielfache Champion noch nie gewonnen. Bislang blieben nur diverse zweite Plätze.



Ob sich Geschichte wiederholt: 1999 siegte See More Business mit Mick Fitzgerald und bescherte Trainer Paul Nicholls seinen ersten Gold Cup. Der 16:1-Außenseiter rang den 66:1-Schuss Go Ballistic nieder. Später folgten dann Kauto Star (2x) und Denman für Nicholls. 2018 hofft der Trainer auf Clan Des Obeaux und eben Frodon