Es ist ja nicht so, dass sich im deutschen Galopprennsport nichts bewegt. Zwei neue Wettarten – die Multi und die 2 aus 4 – sollen ab Mitte April den Toto-Umsatz ankurbeln. Dafür entfällt der Platz-Zwilling. Den Kolumnisten berührt das aber weniger.
Der Platz-Zwilling ging etwa völlig an mir vorbei. Bei den neuen Wetten klingt zumindest die Multi ganz interessant. Sie funktioniert ähnlich wie der Drilling in Frankreich, Unterschied: statt drei Pferden sind vier zu tippen. Diese müssen die ersten vier Plätze belegen, die Reihenfolge ist egal. Das macht die Erfolgschancen größer und die Quoten kleiner. Das Erfolgsrezept ist klar: Je besser die Quoten, desto größer die Erfolgschancen der Wette.
Ähnliches gilt für die 2 aus 4, wo nur zwei der ersten vier Pferde eines Rennens angesagt werden müssen. Klingt simpel und soll den Platzzwilling ersetzen. Erfolgsaussichten: in meinen Augen gering. Warum soll die Wette funktionieren, wenn schon der Platz-Zwilling gescheitert ist?
Sehnsucht nach einer Großwette
Man hätte eher die bestehenden Wetten stärken sollen. Immerhin wurden die Quoten der Sieg/Platzwetten erhöht, weil die Abzüge reduziert worden. Damit ist das deutsche Wettangebot konkurrenzfähiger gegenüber Frankreich und England.
Aber dennoch fehlt mir so eine Art Großwette, wo man mit wenig Einsatz viel Geld machen kann. Ich wiederhole mich gerne: So etwas wie die erfolgreiche V 75 in Schweden. Oder etwas kleiner, aber leichter zu treffen: den Placepot in England. Das ist so eine Art Platz-Schiebewette und er wird gespielt in den Rennen 1 bis 6 einer Veranstaltung, jeder Rennort hat dabei seinen eigenen Placepot.
Ähnliche Dinge sind in Deutschland zwar schon böse gefloppt und ohne starke Partner wird das kaum umsetzbar sein. Und ohne Geduld, Marketing und Geld so und so nicht.
Immerhin funktioniert das mit der Viererwette ganz gut. Und vielleicht werden Multi und 2 aus 4 zu Knüllern. Dann hätte ich mich gerne geirrt.
Es war mal wieder ein großer Tag für Byrony Frost am letzten Samstag im englischen Cheltenham: Mit Frodon siegte sie in den Cotsworld Chase, einem der Höhepunkte des Festival Trials Day. Als nächstes steht für das Pferd von Trainer Paul Nicholls der Gold Cup auf dem Programm. Hat Frodon eine Chance? Schreibt Frost Geschichte und gewinnt als erste Frau im Sattel das wichtigste Rennen der englischen Hindernissaison?
Sie sind eine Kombination, die scheinbar im Himmel erdacht wurde: Bryony Frost und Frodon. „Ich habe nie ein Pferd mit so viel Herz geritten. Er ist tapfer und mutig“, sagt seine Reiterin. Aber reicht das für den Gold Cup im März?
Bei den Bookies ist der Nicholls-Schützling eher Außenseiter. Racebets beispielsweise gibt für 10 Euro Einsatz 170, bei pferdewetten.de sind es für den gleichen Betrag 150. Ob ich da einsteigen würde, ist eher fraglich.
Was für Frodon spricht: Er ist ein sicherer und schneller Springer, mit seiner Reiterin harmoniert er prächtig. Aber hat er auch das Stehvermögen für die 5.331 Meter lange Strecke im Gold Cup? Am Samstag in Cheltenham waren es 5080 Meter, das war für den Wallach seine bislang längste Distanz. Kurz schien es so, dass Elegant Escape noch an Frodon vorbeizog, doch dann rauften sich dieser und seine Reiterin noch mal zusammen und wehrten den Angriff ab. Nichtsdestotrotz bleiben kleine Zweifel, der Zweitplatzierte springt nicht so sicher, hat aber mehr Stamina.
Die Gegner
Mein derzeitiger Favorit für den Gold Cup ist Native River. Der Vorjahressieger findet auf der steigenden Zielgerade in Cheltenham immer neue Reserven. Wenn ein Pferd die Bahn in Cheltenham mag, dann ist das der Schützling von Colin Tizzard. Kempton liegt ihm hingegen nicht, Platz 3 im King George war daher ganz in Ordnung.
Ansonsten gibt es bei vielen anderen Kandidaten Fragezeichen. Might Bite enttäuschte in dieser Saison bislang zweimal sehr. Clan Des Obeaux war der überraschende King George-Sieger, aber kann er diese Form auch auf den völlig anderen Kurs in Cheltenham übertragen? Thistlecrack wäre ein Champion des Herzens, aber er macht auf einem Kurs wie Cheltenham zu viele Fehler.
Den Wettmarkt führt Presenting Percy an. Ein Pferd mit einem großen Ruf, im letzten Jahr Sieger in der RSA Chase. In dieser Saison startete er erst einmal und gewann souverän über Hürden. Aber jetzt geht es gegen die großen Jungs, das ist eine andere Klasse. Kemboy und Al Boum Photo sind die Überraschungspakete – beide müssen sich allerdings noch mal steigern. Und so überragend die Bilanz von Trainer Willie Mullins in den anderen Top-Cheltenham-Rennen ist, den Gold Cup hat der vielfache Champion noch nie gewonnen. Bislang blieben nur diverse zweite Plätze.
Ob sich Geschichte wiederholt: 1999 siegte See More Business mit Mick Fitzgerald und bescherte Trainer Paul Nicholls seinen ersten Gold Cup. Der 16:1-Außenseiter rang den 66:1-Schuss Go Ballistic nieder. Später folgten dann Kauto Star (2x) und Denman für Nicholls. 2018 hofft der Trainer auf Clan Des Obeaux und eben Frodon
„Football Leaks – Die schmutzigen Geschäfte des Profifußballs“ zeigt eindrücklich die Abgründe des populärsten Sports der Welt. Ablöse-Wahnsinn, Menschenhandel, Steuerbetrug, Korruption – keine Sauerei ist dem Sport fremd. Die Branche ist nicht nur verlogen, sondern auch gierig.
Zwischendurch war mal Zeit für ein kleines zynisches Fazit, wenn denn Geld der entscheidende Faktor ist: „Augen auf bei der Berufswahl“, dachte ich. Gut, bei mir ist da der Zug abgefahren, aber jüngeren Leser sei der Beruf des Spielerberaters im Profifußball doch sehr ans Herz gelegt: Wenn man die richtigen Leuten kennt, ist das ein Job mit großen Verdienstmöglichkeiten. Denn diese Berufsgruppe profitiert nach den Spielern am meisten von den riesigen Summen an Geld, die derzeit den Profifußball fluten.
Zum Beispiel beim Wechsel von Pierre-Emerick Aubameyang. Der wollte um diese Zeit im letzten Jahr partout von Borussia Dortmund zum FC Arsenal nach London wechseln. Bei seiner Abschiedsvorstellung im Dortmunder Stadion gegen den SC Freiburg hielt er sich dezent zurück und hatte so wenige Ballkontakte, dass die Fans noch nicht mal pfeifen konnten.
Kein Wunder – Football Leaks enthüllt die Vertragsdetails. Danach bekommt „Auba“ bei seinem neuen Arbeitgeber ein jährliches Grundgehalt von 10,3 Mio Pfund, hinzukommen noch mal 2,26 Mio. Pfund, wenn Arsenal sich für die Champions League qualifiziert. Weiterhin gibt es 50 000 Pfund Prämie für jedes erfolgreiche Spiel, in der der Gabuner in der Startaufstellung steht. Wenn Aubameyang 25 Tore oder Vorlagen in einer Saison schießt, darf er sich über weitere 300 000 Pfund freuen.
Das Beste ist jedoch der Loyalty-Bonus von 15,15 Millionen Pfund, wenn der Stürmer bis 2021 bei Arsenal bleibt. Verständlich, dass Aubemeyang partout nach London wechseln wollte. Der BVB durfte sich immerhin über die Ablösesumme von 63,75 Millionen Euro freuen. Der FC Arsenal hingegen brachte nur das Geld wieder in Umlauf, dass es für Alexis Sanchez von Manchester United bekommen hat.
Natürlich weiß jeder, dass Geld den professionellen Fußball regiert. Das Team um die Spiegel-Redakteure Rafael Buschmann und Michael Wulzinger arbeitete hart, die Daten der Plattform Football Leaks für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 18,6 Millionen Dokumente stellte Whistleblower John zur Verfügung. 66 Journalisten des europaweiten Recherchenetzwerkes EIC (European Investigative Collaboratories) kämpften sich durch den Datenwulst. Das Ergebnis hat sich gelohnt.
Mission
„Football Leaks – Die schmutzigen Geschäfte des Profifußballs“ ist eine sehr spannende Lektüre, liest sich trotz der trockenen Thematik wie ein Thriller. Woher Football Leaks die Daten hat, verrät Informant John nicht. Wer er ist, sagt er auch nicht. Es sei zu gefährlich.
Er ist jedenfalls Fußball-Fan John. Manchmal zweifelt John an seiner Mission, den Sport transparenter zu machen: „Ich bin frustriert. Ich frage mich, ob es alles das wert ist. ….Die Fußballwelt ist kurz aufgeschreckt, das schon, aber mittlerweile läuft alles so wie früher.“ Kontrollverlust, unerwünschte Innenansichten, hartnäckige Nachfragen und Veröffentlichen zu anrüchigen Gerüchten seien das Letzte, was die Fußballbranche brauche.
Die Branche – Vereine, Berater, Spieler und Verbände – schweigt offiziell. In der Fußballwelt möchte man gern zur Tagesordnung übergehen. Der Weltfußballverband FIFA reagierte nicht auf das Angebot, ihnen die Daten zur Verfügung zu stellen. Das zeugt von Desinteresse.
Polizei, Steuerfahndung, Politik reagieren eher auf die Enthüllungen, acht Steuerbehörden hätten sie angeschrieben. Das macht John und den Autoren wiederum Hoffnung. Dann hätte sich der Aufwand doch gelohnt.
Nachtrag
Wer John ist, steht fest. Weitere Infos hier