Mittwoch, 19. Dezember 2018
Ein schöner Tag in der Fortuna-Geschichte
Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet die Fortuna aus Düsseldorf, der Neuling aus dem Tabellenkeller, bescherte Borussia Dortmund die erste Niederlage in der Bundesliga. Damit hätten wohl die wenigsten gerechnet, auch wenn BVB-Trainer Lucien Favre vor dem Aufsteiger gewarnt hatte.

Der Sieg muss – wenn man den Berichten glauben darf – verdient gewesen sein. Die Fortuna agierte arg defensiv, verdichtete gut die Räume und sorgte im Spiel nach vorne immer wieder für Nadelstiche. Dagegen fand der BVB lange kein Mittel. Gegen stark zurückgezogene Teams – siehe auch Brügge und Freiburg – tat sich Borussia zuletzt immer schwer.
Die Düsseldorfer aber hatten nach dem überraschenden Coup einiges zu feiern. 2:1 gegen Dortmund, davor 3:3 gegen Bayern München mit zwei späten Toren und auch zuletzt 3:0 gegen Freiburg – Fortuna kann in der Liga mithalten. Wenn alles stimmt, wenn alle ihre optimale Leistung abrufen, dann hat das Team von Trainer-Routinier Friedhelm Funkel (65) auch in der nächsten Saison gute Chancen, erstklassig spielen.
Düsseldorf ist ein Ort, mit dem der Kolumnist einiges verbindet. Nicht nur, dass er dorthin jahrelang beruflich gependelt ist, auf dem Grafenberg gibt es außerdem eine schöne Rennbahn. Auch in Sachen Fußball war ich einige Male dort: 1980 spielte Borussia im DFB-Pokal im damaligen Rheinstadion. Keine Ahnung mehr, wie ich dort hinkam, der BVB verlor natürlich – 0:3 im halbleeren Stadion. Dann kam das berühmte dritte Relegationsspiel 1986 gegen Fortuna Köln in der Landeshauptstadt. Dank diverser Staus unterwegs erfolgte die Ankunft erst zur zweiten Halbzeit, in der der BVB richtig aufdrehte und Jean Lörings Fortuna 8:0 abschoss.
Das Rheinstadion war eines dieser typischen Stadien, die für die WM 1974 entstanden. Groß, weitläufig und mit Laufbahn, weil in den Arenen auch Leichtathletik stattfinden sollte. Ein Dach gab es meist nur für die Bonzen auf der Haupttribüne und so kam es, dass die meisten Besucher bei Regen und Schnee ordentlich nass wurden. Das Schlimmste war aber, dass das Spielfeld dank der Laufbahn meilenweit entfernt war und selten echte Stimmung aufkam.

Fernglas notwendig
Bei meinem letzten Besuch im alten Rheinstadion saß ich irgendwo oben in der Kurve, gefühlte 500 Meter vom Spielfeld. Im Januar 1997 fuhr der BVB als hoher Favorit an den Rhein und verlor gegen ein Team, dessen größte Stärken Torwart Georg Koch und Einwerfer Harald Katemann waren. Koch und Katemann spielten nicht, dafür trafen Juran und Dobrowolski. Zwei Russen, die eigentlich eher als teure Fehleinkäufe galten. Zu allem Überfluss regnete es auch noch. Es war ein Abend zum Vergessen.
Auf dem Rückweg ergatterte ich noch ein Fanzine (dessen Namen ich vergesse habe), in denen sich die Fortuna-Fans über die sogenannten Mode-Fans der Borussia amüsierten. Düsseldorf stieg trotz des Sieges am Ende ab, der BVB aber holte sich den Erfolg in der Champions League gegen Juventus Turin. Wenn sich das für Dortmund im nächsten Jahr wiederholt, werden alle Schwarzgelben glücklich sein.
Nun musste ein Anhänger der Düsseldorfer in den Jahren zuvor und danach allerdings auch deutlich mehr erleiden als der gemeine BVB-Liebhaber. Dabei hatte die Fortuna in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre noch starke Mannschaften, die Titel holten. 1979 unterlag die Fortuna im Endspiel des einstigen Europapokals der Pokalsieger nach hartem Kampf dem FC Barcelona. Die Allofs-Brüder, Scharfschütze Gerd Zimmermann, Libero Gerd Zewe oder Stürmer Wolfgang Seel waren gute Spieler.
Doch dann ging es abwärts und es blieb nicht bei Liga 2. Die Fortuna wurde drittklassig und irgendwann sogar mal viertklassig. Der Besuch auf den Sportplätzen in der Provinz an Niederrhein und Mittelrhein schweißte die Fans zusammen, Mode-Fans kamen aufgrund der fehlenden Erfolge erst gar nicht.
„Wenn wir wollen, kaufen wir Euch auf“, skandierten die Düsseldorfer 2004. Es war im leeren Westfalenstadion, denn die Fortuna spielte gegen die Zweite des BVB in der Regionalliga. Damals stand der BVB vor dem finanziellen Abgrund, aber der Fortuna ging es bestimmt nicht besser. Düsseldorf ist wie Dresden und Braunschweig einer der Vereine, den ich sowohl gegen Borussias Erste als auch Zweite habe spielen sehen.
Heute hat auch Düsseldorf eine Arena, benannt nach einem Hersteller von Spielautomaten. Nach langen Jahren der unteren Ligen kommen in diesem Jahr wieder die Großen. Doch Düsseldorf war nie eine Fußballstadt wie etwa Dortmund. Und so sind die 51000 Plätze nur selten komplett belegt.



Düsseldorf war in den achtziger Jahren eine erfolgreiche Pokalmannschaft. 1986 scheiterte hier der FC Bayern München mit 0:3.



Donnerstag, 13. Dezember 2018
Drei starke Veteranen des Hindernissports
Sie haben Herz und Mut, sind eisenhart und schon lange dabei im Hindernissport. Und stehen stellvertretend für viele andere Pferde in diesem Metier, das doch angeblich so viele Kandidaten verschleißt. My Tent or Yours, Pete The Feat, Harry The Viking – drei Pferde, die zuletzt für Schlagzeilen sorgten. Und beste Beispiele für Nachhaltigkeit im Sport.

Letzte Woche gab es mal wieder einen dieser schwarzen Tage für den Hindernissport: In Musselburgh verloren vier Pferde an einem Tag ihr Leben. Natürlich ist das traurig, unser Mitgefühl gehört allen, die ihnen verbunden waren. Und leider ist ein Beinbruch in den meisten Fällen ein Todesurteil. Jedes tote Pferd ist ein totes Pferd zu viel. Aber das passiert ja nicht immer – die große Mehrzahl der Veranstaltungen bleibt ohne Fatalitäten. Kommentare wie „Mördersport! Ohne Herz für Pferde, reine Sensationsgier!“ oder „Das hat nichts mit Pferdesport und Tierliebe zu tun! Nur noch Profit und Prestige“ klingen zwar schön emotional, sind aber falsch. Allein in der letzten Woche gab es genügend Beispiele, dass der Hindernissport nachhaltig ist und viele Pferde nach einer langen Karriere auch im fortgeschrittenen Alter erfolgreich laufen. Drei Beispiele.

My Tent Or Yours
Da wäre etwa My Tent Or Yours, dessen Karriere-Ende vor kurzem sein Trainer Nicky Henderson verkündete. Elf Jahre ist er inzwischen, lief in 25 Rennen, siegte neun Mal, wurde elfmal Zweiter und dreimal Dritter. Er hatte als Hürdler höchstes Format, doch eigentlich ist er mehr für seine zweiten Plätze als Siege berühmt.
„Die Leute sagen, er ist das beste Pferd, das nie eine Champion Hurdle gewann und ich denke, sie haben Recht. Er war Zweiter in drei Champion und einmal in den Supreme Novices“, sagt sein Trainer. „Viermal nacheinander Zweiter in Grade 1-Rennen in folgenden Cheltenham Festivals – das ist selbst ein Rekord“. Niederlagen gegen Top-Pferde wie Buveur D’Air, Annie Power oder Jezki sind wahrlich keine Schande. Jetzt geht es nach Martinstown, wo viele ehemalige Athleten von Besitzer JP McManus ihren Ruhestand verbringen.

Pete The Feat
Nicht in ganz so hochklassigen Sphären ist Pete The Feat unterwegs, aber der 14jährige ist ein Muster an Mut und Härte. „Er bestimmt selbst, wann Schluss ist“, meint sein Trainer Charlie Longsdon. Noch verspürt der Wallach aber Lust auf Rennen und Rennbahn. So wurde er am Freitag Dritter in Sandown. 65 Starts absolvierte er bislang, zwölf Mal davon konnte er siegen, 17 mal war er platziert.
Dabei war sein Start ins Rennleben alles andere als verheißungsvoll: Fast drei Jahre und 19 Versuche dauerte es, bis die Besitzer, eine Partnerschaft mit dem schönen Namen Don Sebastiao, endlich den ersten Erfolg feiern konnten. Der Wallach gewann ein harmloses Hürdenrennen in Fontwell. Über die Jagdsprünge aber entwickelte Pete The Feat sich besser: Für Trainerin Anna Newton-Smith schaffte er zwei Erfolge in Folkestone. Doch erst mit dem Wechsel zum jetzigen Coach Charlie Longsdon kam Ende 2012 der endgültige Durchbruch: Fünf Erfolge in Serie folgten, Longsdon hatte den Wallach noch mal gut gesteigert.
Die letzten drei Siege im Januar und Dezember 2017 sowie im März 2018 geschahen alle in Sandown. Auf der Bahn im Großraum London zählt er zu den Lieblingen, das Publikum feierte ihn im März frenetisch, als er Horatio Hornblower niederrang.

Harry The Viking
Quasi zum Inventar der großen Steher-Handicaps in Schottland und Nordengland zählt Harry The Viking. Ein 13jähriger Wallach, der am Sonntag in der Scottish Borders National Handicap Chase in Kelso mal wieder Großes leistete. Rachel Mc Donald steuerte den Wallach fast Start-Ziel zu einem hart umkämpften Sieg gegen Calett Mad. Damit wiederholte Harry The Viking in diesem über 6400 Meter langem Marathon seinen Erfolg aus dem Jahr 2016. „Er ist ein erstaunliches Pferd und überrascht uns immer wieder“,lobte Trainer Sandy Thomson seinen Crack. „Er ist ein wirklicher Star“, sagte Reiterin Rachel Mc Donald. „Er gibt immer alles, streckt seinen Hals raus und arbeitet so hart für dich.“ Kein Wunder, dass das Publikum den „Wikinger“ mit viel Beifall empfang.
In seinen jungen Jahren galt Harry The Viking als Hoffnung im Stall von Paul Nicholls, einer seiner Mitbesitzer war Manager-Legende Alex Ferguson. Doch mit dem anvisierten Grand National wurde es nichts, 2014 wechselte er zu Trainer Sandy Thomson nach Schottland. Dort entpuppte er sich nicht gerade als Gewinner-Typ, holte aber viele Platzierungen in gutdotierten Steher-Steeplechases. 2016 platzte dann in Kelso wieder der Knoten. Die Bilanz: 43 Starts, sieben Siege, zwölf Platzierungen.
Nur das Grand National blieb ein Traum. Sein Mitbesitzer Jim Beaumont weiß immerhin, wie sich so ein Sieg anfühlt. In seinen Farben gewann Auroras Encore das berühmte Handicap.



Freitag, 7. Dezember 2018
Kein Spaziergang für Altior
Einer der Top-Stars des englischen Hindernissports gibt sein Saisondebüt: Altior aus dem Stall von Nicky Henderson läuft am Samstag in der Tingle Creek Chase (Grade 1) in Sandown. Er trifft zwar nur auf drei Gegner, doch die zählen zu den besten Zwei Meilen-Steeplern des Landes: Un De Sceaux, Sceau Royal und Saint Calvados. Es könnte ein Spektakel werden.

Altiors Bilanz spricht für sich: 17 Starts, 15 Siege, 14 davon in Serie. Die beiden Niederlagen gab es in Flachrennen, über Hürden und die großen Hindernisse ist der Wallach noch ungeschlagen. Im März gewann er die Queen Mother Chase in Cheltenham, das beste Rennen für die Zweimeilen-Steepler. Manchmal denkt der Beobachter während des Rennens, jetzt schwächelt er ein wenig, doch wenn die Entscheidung naht, dann legt der High Chaparral-Sohn richtig los und zieht scheinbar mühelos an seinen Gegnern los.
Dabei trat Altior in große Fußstapfen: Denn er folgte Sprinter Sacre, einen weiterem Seriensieger aus dem Quartier von Nicky Henderson und für manche Beobachter das beste Hindernispferd der letzten Jahre. Ein sicherer und gleichzeitig eleganter Sprinter, bei dem alle Erfolge unglaublich leicht wirkten. Auch er lief in den Jagd-Rennen um die zwei Meilen, siegte unter anderem in Arkle, Queen Mother Champion Chase und Tingle Creek (2012), Bilanz: 22 Starts, 16 Siege, Gewinn fast 1,4 Mio. Euro. Der Sohn des einst in Deutschland gelaufenen Hengstes Network hatte nach seiner ersten großen Siegesserie eine kleine Schwächephase, doch er kam im Stil eines Champions zurück. 2016 endete die große Karriere von Sprinter Sacre.



Einfach nur Klasse: Sprinter Sacre deklassiert das Feld in der Tingle Creek Chase 2012

Herausforderer
Hält also Altiors Serie? Er wird als Favorit an den Start kommen und wahrscheinlich unter 20:10 stehen. Aber die Gegner sind alles andere als Statisten. Da wäre zum Beispiel Un De Sceaux aus dem irischen Champion-Quartier von Willie Mullins. Zehn Jahre ist der Wallach inzwischen, doch nach Bestform sollte er ein ernstzunehmender Gegner für Altior sein. 2016 gewann er die Tingle Creek und auch 2017/2018 lief er zu großen Leistungen auf. Der Höhepunkt kam zum Schluss im April, als er den Stallgefährten Douvan in der Champion Chase in Punchestown besiegte. Der Frontrenner mag weichen und schweren Boden und braucht keine Anlaufzeit: Seine ersten Starts gewann er nach einer Pause fast immer.
Dagegen ist der erst sechsjährige Sceaux Royal (Trainer Alan King) noch ein Talent, der in der letzten Saison in der Novice-Klasse unterwegs war. Dort überzeugte er eigentlich in jedem Rennen und auch der Saisonstart in den Shloer Chase in Cheltenham (Grade 2) fiel überzeugend aus. Der King-Schützling ist in guter Form, steht aber jetzt vor einer neuen Herausforderung. „Altior ist ein sehr, sehr gutes Pferd und unser Pferd muss sich verbessern, wenn er ihn schlagen will. Aber Samstag wird uns eine ganze Menge sagen, wo wir sind und wohin die Reise geht“, sagt Jockey Daryl Jacob.
Nicht zu unterschätzen ist der vierte Starter Saint Calvados aus dem Quartier von Harry Whittingham. Auch er zählte im letzten Jahr zu den Top-Novices, die einzige schwache Form kam in der Arkle Chase in Cheltenham. Zum Saisondebüt siegte er in einer Gruppe 3-Prüfung in Naas. Das war eine starke Form, auch wenn er vom Fall des hohen Favoriten Footpad profitierte. Natürlich muss sich auch Saint Calvados, der ebenfalls gerne von der Spitze läuft, weiter verbessern. Potenzial hat er wie Sceau Royal, aber reicht das am Samstag gegen Altior und Un De Sceaux?

Tipp
Eher ein Rennen zum Gucken. Altior ist ein Gigant, aber die anderen werden ihm den Sieg schwermachen. Ich mache eine kleine Wette auf Sceaux Royal, vielleicht ist er ja der kommende Champion.