Donnerstag, 6. Dezember 2018
Schalke hofft auf Wende, Dortmund will weiter siegen
Wer hätte das gedacht? Vor dem 14. Spieltag ist Borussia Dortmund noch ungeschlagen in der Fußball-Bundesliga. Und jetzt geht es zum Revierderby gegen den Erzrivalen FC Schalke 04, da sollte die Serie doch noch halten.

Vor etwas mehr als einem Jahr, da lag die schwarz-gelbe Welt in Trümmern. 4:4 hatten sich die Borussia und Schalke getrennt, 4:0 führten die Dortmunder schon. Hinterher hatten sie noch Glück, dass die Gäste nicht noch das 5:4 machten. Jedenfalls gab dieses Spiel den endgültigen Knacks, der BVB taumelte wie ein angezählter Boxer durch die Liga.
Nach einer desolaten Leistung im Heimspiel gegen Werder Bremen musste Trainer Peter Bosz gehen, danach wurde es unter Peter Stöger nicht besser. Zwar gewann die Mannschaft wieder, aber der Fußball war uninspiriert und langweilig. Heimspiele in der Rückrunde 2017/2018 waren definitiv keine Spaßveranstaltungen. Das zeigte sich auch daran, dass viele Dauerkarten-Inhaber einfach nicht mehr erschienen.
Inzwischen aber lohnt sich der Weg wieder. Borussia spielt wieder ganz groß auf, nach verhaltenem Beginn startete die Mannschaft in ungeahnte Sphären. Es gab großartige Aufholjagden gegen Bayer München und den FC Augsburg und auch das 7:0 gegen den – zugegeben sehr naiven Aufsteiger Nürnberg – bereitete viel Spaß. Weil das Team bis zum Schluss nicht nachließ und den Rausch quasi zelebrierte.



Immer noch ein Lesetipp: Geschichten zum Revierklassiker von Gregor Schnittker

Ekstase
Das Bayern-Spiel aber stellte alles in den Schatten. Es war das beste Spiel, dass ich in 40 Jahren Westfalenstadion/Signal Iduna Park live erlebt habe. Zweimal egalisierte die Borussia einen Rückstand, was früher gegen Bayern eigentlich unmöglich erschien. Spieler und Zuschauer spielten und jubelten sich in einen kollektiven Rausch und spätestens da waren alle sicher, dass der BVB in dieser Saison etwas holen wird.
Die Gründe für den Umschwung sind vielfältig. Lucien Favre, seit Sommer Trainer, hat der Mannschaft wieder Selbstbewusstsein und Spielfreude verliehen. Der Fußballtrainer hat auch Dortmund besser gemacht. Marco Reus spielt so gut wie noch nie, die Neuen Witsel und Delaney bringen mit ihrer Ballsicherheit und Kampfkraft eine neue Mentalität ins Mittelfeld, Stürmer-Neuling Paco Alcacer trifft nicht nur als Joker im Dauertakt, Routiniers wie Lukasz Piczczek erleben nach mäßigem Beginn den zweiten Frühling. Dazu macht die junge Garde auf sich aufmerksam: Zagadou, Hakimi, Sancho oder Bruun Larsen überzeugen. Der BVB ist in dieser Spielzeit ein Gegner, den die anderen erst einmal knacken müssen.
Natürlich ist der BVB nicht unschlagbar. Zuletzt schwächelte der Motor gegen Brügge in der Champions League und Freiburg in der Bundesliga ein wenig. Aber das ist zu erwarten, niemand rechnet damit, dass Borussia jeden Gegner 5:0 nach Hause schickt.
Jedenfalls geht es jetzt ins Revierderby. Schalke spielt so langweilig wie in den Jahren zuvor – nur im letzten Jahr holte man so die Punkte. Aber so ein Derbysieg, der könnte einer bisher schlechten Saison neuen Schwung verleihen.
Im letzten Jahr verlor Dortmund übrigens nach einer desolaten Leistung in der Arena. Es passte zu einer Katastrophen-Saison; für den so eloquenten Peter Stöger stand da endgültig fest, dass er keine Zukunft beim BVB hat.



Samstag, 24. November 2018
Real Madrid: Süchtig nicht nur nach Erfolg
Wie tickt Real Madrid? Dieser spanische Fußballklub aus Madrid, bei dem viele große Topstars der Branche spielen bzw. spielten. Aktuell etwa Modric, Kroos, Marcelo oder Sergio Ramos, früher Cristiano Ronaldo, Raul, Zidane, der brasilianische Ronaldo, Roberto Carlos und ganz früher Di Stefano oder Puskas. Ein Dickschiff des internationalen Fußballs. In Mythos Madrid schafft es Autor Kai Psotta, den Verein ein wenig zu enträtseln.

Mangelnden Fleiß kann man dem ehemaligen BILD-Redakteur Psotta wahrlich nicht vorwerfen. Er hat sich mit vielen Leuten aus dem Real-Kosmos ausgetauscht – ob ehemalige Spieler, Trainer und Funktionäre. Dabei ist manche Information und mancher Gesprächspartner schwierig zu bekommen, da ist der Autor erfreulich offen. Und zum Glück hat er darauf verzichtet, chronologisch die Geschichte des Renommiervereins nachzuzählen. Denn nichts empfinde ich inzwischen als öder, wenn jemand die Historie eines Klubs Saison für Saison nacherzählt.



Psotta hat hingegen Schwerpunkte gesetzt. In 30 Kapiteln nähert er sich dem Verein Real. Es geht unter anderem um die Festung Real Madrid, „die Kunst der maximalen Entfernung“, die „Galaktischen 1.0“ mit dem legendären Präsidenten Santiago Bernabeu und Größen wie Alfredo Di Stefano und natürlich die „neuen Galaktischen“ wie Zidane. Nicht fehlen darf die Verpflichtung von Cristiano Ronaldo, dessen Tore Real in jüngster Zeit prägten.

Mittelpunkt
„Real Madrid ist süchtig nach Schlagzeilen, süchtig nach Erfolgen, sogar richtig besessen davon. ….Sie wollen gelobt, geachtet und gefürchtet sein. Der Mittelpunkt des weltweiten Fußballs“, charakterisiert der Autor den Verein. Darunter tun sie es nicht.
Teilweise ist das faszinierende Kost. Insbesondere die Vergangenheit – wenn etwa Paul Breitner die Grandesse des Vereins schildert. Wenn es um den Spirit von Madrid geht, wenn Spieler wie Camacho, Santillano, Juanito oder Hugo Sanchez mit allen erlaubten und unerlaubten Mittel die Ehre des Vereins verteidigten.
Hinterher wird es öder. Weil die Geschichten über die Galaktischen und Ronaldo noch allzu präsent sind. Aber den Mythos kann Psotta auch nicht entschlüsseln. Wie sollte er auch, sonst wäre es ja kein Mythos? Dieses Buch ist dennoch zu empfehlen. Sehr verständlich geschrieben und bei allem Respekt verliert Kai Psotta nie die Distanz. Das macht es zu einer spannenden Lektüre – auch für nicht Real Madrid-Fans.



Donnerstag, 22. November 2018
Sechs Empfehlungen über englische Hindernisse
Die englische Hindernissaison 2018/2019 kommt in Schwung. Letzte Woche war das November-Meeting in Cheltenham, allmählich laufen die großen Namen aus den Ställen. nurpferdeundfussball nennt sechs Pferde, die nach unseren bescheidenen Maßstäben in dieser Saison besondere Beachtung verdienen.

Summerville Boy (Trainer Tom George)
Geschwister können so verschieden sein: Der Bruder Desert Retreat kam bei 16 Starts nicht über einige zweite Plätze hinaus, der jüngere Summerville Boy triumphierte hingegen im März in einem der Top-Rennen der Nachwuchshürdler, der Supreme Novices‘ Hurdle in Cheltenham. Dabei besiegte der Schützling von Trainer Tom George den alten Rivalen Kalashnikov, den er schon im Januar in Sandown hinter sich ließ.
„Er ist sehr schnell“, charakterisiert ihn sein Trainer und schnelle Pferde starten im Hindernissport über zwei Meilen (ca. 3400 Meter). Ziel ist die Champion Hurdle während des Cheltenhams-Festivals. Dort wird es dann wahrscheinlich ernst gegen die großen Jungs: Buveur D’Air, Melon, Faugheen oder Mit-Youngster Samcro. Schon der Saisonauftakt Anfang Dezember in der Fighting Fifth in Newcastle könnte ein Kracher werden: Auch Buveur D’Air und Samcro sollen starten.

Santini (Trainer Nicky Henderson)
Manche Experten nennen ihn das „interessanteste Nachwuchs-Jagdpferd über Steher-Distanzen“ in Großbritannien. Viel Ehre für Santini bereits vor seinem Debüt über die großen Sprünge, aber für Trainer Nicky Henderson waren Jagdrennen schon immer das Ziel.
Dabei war der sehr große Milan-Sohn ein sehr guter Hürdler: Nach seinem siegreichen Debüt in Newbury besiegte er den guten Black Op in der Ballymore Classic Novices‘ Hurdle (Grade 2) in Cheltenham und holte sich in Aintree die Sefton Novices‘ Hurdle (Grade 1). Einziger kleiner „Makel“ war der dritte Platz in Cheltenhams Albert Bartlett Novices‘ Hurdle, als er auf schwerem Boden trotz aller Unreife noch gut ins Rennen fand.
Santini ist ein harter Geselle, der noch lange nicht alle Karten aufgedeckt hat. Er ist ein nimmermüder Galoppierer mit viel, viel Stamina. Das macht ihn zu einem interessanten Kandidaten für Prüfungen wie die RSA Insurances Novices‘ Chase des Cheltenham Festivals.



Alles harte Arbeit: Santini behält in der Doom BarSefton Novices‘ Hurdle in Aintree die Oberhand.

Mister Whitaker (Trainer Mick Channon)
Diese Kolumne hatte Mister Whitaker schon zum Cheltenham Festival 2018 empfohlen und dieser gewann dann auch die Close Brothers Handicap Chase. Ein kontinuierlich verbessertes Jagdpferd, das mit sechs Jahren noch weitere Reserven haben sollte. Dies zeigte der Court Cave-Sohn zum Saisonauftakt in Carlisle mit einem überzeugenden Erfolg in der Colin Parker Memorial Chase.
Auch Platz 4 zuletzt in der gutbesetzten BetVictor Gold Cup Handicap Chase (Grade 3) in Cheltenham war in Ordnung, auch wenn der Sieger Baron Alco schon weit entfernt war. Aber vielleicht war der gute Boden ein wenig unpassend, auf weicherem Untergrund könnte Mister Whitaker noch mal zulegen.

White Moon (Trainer Colin Tizzard)
Auch unser nächster Kandidat hat deutsche Wurzeln, denn er wuchs im Gestüt Etzean auf. Doch der Sholokhov-Sohn startete nie in Deutschland, er kam über die irischen Point-To-Point-Rennen in den Stall von Trainer Colin Tizzard. Dort konnte er sehr gefallen: Der imposante Schimmel gewann seine ersten beiden Rennen über Hürden in Wincaton und Exeter wie ein Pferd anderer Klasse.
Dann kam im Dezember 2017 der Rückschlag – White Moon wurde als Mitfavorit Letzter in der Grade Two Ballymore Novices' Hurdle. Ein Grund für das schlechte Laufen war eine Verletzung, das Comeback gab es jetzt in der Steel Plate And Sections Novices' Chase in Cheltenham.
Es war das Debüt über die schweren Sprünge, Trainer Colin Tizzard zeigte sich sehr vorher durchaus optimistisch. Tizzard lag nicht falsch: White Moon lief ein gutes Rennen gegen talentierte Gegner, war bis zum letzten Hindernis sehr gut dabei. Doch dann wurde es sehr eng, der Wallach fiel. Eine sehr unglückliche Aktion, die Racing UK-Experten waren sich einig, dass der Tizzard-Schützling gewonnen hätte. Immerhin stand er sofort wieder auf und kam nur mit dem Schrecken davon.
Hindernisrennen haben auch immer etwas mit Aufstehen zu tun: White Moon ist ein weiterer Steepler, der in den Nachwuchs-Jagdrennen einiges verspricht.

Lalor (Trainer Kayleigh Wollacott)
Manchmal schreiben Rennsport und das Leben wunderbare Geschichten. Eine solche war der Erfolg von Lalor in der Arkle Trophy Trial am letzten Sonntag in Cheltenham. Das Pferd bot eine tadellose Vorstellung in dieser Prüfung für talentierte Nachwuchssteepler, gewann gegen gute Gegner und demonstrierte Mut, Sprungvermögen und Speed.
Doch es sind die besonderen Umstände, die den Erfolg von Lalor so emotional machten. Richard Wollacott, sein vorheriger Trainer, nahm sich im Januar das Leben – er litt unter starken Depressionen. Kayleih Wollacott, seine Witwe, übernahm das Training und führte den Wallach im April zu einem Grade 1-Erfolg in Aintree.
Jetzt kam es noch besser: „Lalor war Richard’s Lieblingspferd und er sagte immer, das ist das beste Ding, wo wir unsere Hände daran haben“, sagte Kayleigh Wollacott und dankte den Besitzern David und Bunty Stanton, dass sie das Pferd weiter trainieren durfte.
Ziel ist natürlich die Arkle Trophy während des Cheltenham Festivals. Die Geschichte würde noch wunderbarer, wenn Lalor auch dort triumphieren würde.

Ecco (Trainer Paul Nicholls)
Als Pferd aus Deutschland, dass es sogar in die Top-Rennen Derby und Union schaffte, interessiert Ecco, der ehemalige Schützling von Peter Schiergen, besonders. Sein neuer Trainer heißt Paul Nicholls und auch wenn dieser nicht mehr ganz die großen Namen wie früher betreut, ist sein Quartier immer noch eine sehr gute Adresse im englischen Hindernissport.
Der Maxios-Sohn lief auf der Flachen wie ein Pferd mit einer Menge Stamina. Jetzt ist er Wallach und seine Zukunft sind erstmal die Hürdenrennen für die Neulinge. „Es wird immer schwerer, interessante junge Hürdler zu finden und ich denke, mit ihm haben wir einen gefunden“, sagt sein neuer Betreuer. „Wir lernen ihn noch kennen, aber im neuen Jahr wird er ein spannender Kandidat über Hürden sein.“ Dann schauen wir mal.