Dienstag, 13. November 2018
Klante: Vom „Volksbeglücker“ zum Hasardeur
Der Mann wollte das große Geld seiner Kunden, versprach hohe Renditen, lebte kurz in Saus und Braus – und scheiterte dann doch kläglich. Verdienen wollte Max Klante das Geld auf der Pferderennbahn.

Eine schöne Geschichte im Spiegel und auch der Berliner Tagesspiegel widmete sich Klante – nur etwas früher. Der Rennsport zog schon immer eine besondere Klientel von Glücksrittern an. Leute, die beim Wetten das große Geld witterten. Heute mag das in Deutschland nicht mehr der Fall sein, aber die Geschichte des Max Klante spielt ja auch in den 20erJahren des vorigen Jahrhunderts.
Es waren unruhige Zeiten damals. 1920 war der erste Weltkrieg gerade mal zwei Jahren vorbei, die Weimarer Republik hatte die Monarchie abgelöst. Die Leute suchten nach dem Glück – und Pferderennen versprachen schnelles Geld und damit in den Augen vieler Glück. Denn in Sachen Turf war die deutsche Hauptstadt mit vier Rennbahnen führend: Mariendorf, Ruhleben, Karlshorst und natürlich Hoppegarten.
Klante war ein Mann von bescheidener Schulbildung, so der Tagesspiegel, aber er kommt an bei den Leuten. Auch in den höheren Kreisen – am liebsten ist er im mondänen Hoppegarten bei den Galoppern. Der Mann mit einer Vorliebe für weiße Anzüge arbeitet als „Tipster“ und gibt den Leuten gegen Geld Tipps. Das läuft offenbar hervorragend – von den Provisionen und Wettgewinnen kann er sich schnell ein eigenes Rennpferd kaufen, schreibt der Tagesspiegel. Warum das Geschäft dann nicht im Großen aufziehen?

Schnelles Geld
Klante war der Heilsbringer: Er wolle, so der Spiegel, die „Kredite“ seiner Einzahler verdoppeln, dann versechsfachen oder – sollte sich der Anleger gleich fürs „Klante-Sparbuch“ entscheiden – eine jährliche Dividende von 950 Prozent zahlen. Alles mit seinem „genialem, nahezu unfehlbarem System für Pferdewetten“. So könne man sich das „Glück dienstbar machen“, lässt er deutschlandweit in Anzeigen verkünden.
Seine Kunden kamen aus allen Gesellschaftsschichten. Anfangs geht es auch noch gut, Klante kann einige Dividenden auszahlen. Doch irgendwann stockt das Geschäft, die neuen Kunden bekommen kein Geld mehr.
Am 12. September 1921 meldet die Max Klante und Co. GmbH Konkurs an. Zu diesem Zeitpunkt, schreibt der Tagesspiegel, „hat das Unternehmen 80 000 Gläubiger mit Forderungen über 50 Millionen Mark. Die Berliner Polizei ermittelt bereits gegen 96 Wettkonzerne, keiner ist so groß wie der von Klante.“
Der Spiegel spricht von „Gesamtforderungen in Höhe von 90 Millionen Mark, nur zu einem Bruchteil gedeckt durch Vermögen in Form von Rennpferden, Autos, Häusern."
Klante wird verhaftet. Noch demonstrieren die Leute für den selbsternannten „Volksbeglücker“, doch die Stimmung wandelt sich. Anfang 1923 verurteilt ihn das Gericht zu drei Jahren Haft, 105.000 Mark Strafe, dazu kommen fünf Jahren Ehrverlust infolge Betruges, gewerbsmäßigen Glückspiels und Vergehens gegen die Konkursverordnung. Die vier Berliner Rennbahnen darf Klante nie wieder betreten. 1955 stirbt er verarmt.
Heute gibt es andere Scharlatane, die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Strukturvertriebe wie der ehemalige AWD des Herrn Maschmeyer etwa. Nur dass dieser inzwischen mit seinen dubiosen Millionen ein schönes Leben führen darf.



Mittwoch, 7. November 2018
Donjah ist ein echtes Rennpferd
Manchmal, da sind selbst die hartgesottensten Rennbeobachter ergriffen. Diese Momente sind selten, aber es gibt sie. Beispiel: Am Sonntag ließ die zweijährige Stute Donjah im Krefelder Ratibor-Rennen ihre Kontrahenten stehen wie Statisten. Und nicht nur der Kolumnist dachte: Was für ein Pferd. Dieser Speed, diese Leichtigkeit trotz Unreife – das sah alles hochklassig aus.

Natürlich weiß man nicht, was die Form wert ist. Zweijährige Pferde, da bleibt noch vieles im Dunkeln. Keiner weiß, wie gut die mal werden. Dennoch: Die Teofilo-Tochter, trainiert von Henk Grewe und im Besitz von Darius Racing, scheint eine gute Investition für die Zukunft. Es war immerhin ein Gruppe-Rennen, eine Prüfung der besseren Kategorie. Und schon bei Ihrem Lebensdebüt siegte Donjah trotz Startverlustes überlegen.
Manche Beobachter fühlten sich schon an die große Enable erinnert, die am Tag zuvor im Breeders Cup Turf triumphierte und davor unter anderem zweimal den Arc holte. Das ist natürlich übertrieben, aber wer weiß? Dem deutschen Turf würde ein Top-Star mal wieder gut tun.
„Ich glaube, der Weg wird ins Deutsche Derby führen,“ erklärte Holger Faust, Racing Manager von Darius Racing. Gegen die Hengste und nicht in die klassischen Prüfungen für die Stuten – das zeugt von Selbstbewusstsein. Zuletzt schaffte das Doppel Ratibor und Derby der von Mario Hofer trainierte Pastorius, der 2011 die Krefelder Prüfung gewann und dann im Sommer 2012 in Hamburg-Horn triumphierte. Aber eher scheinen die Deutschen 2000 Guineas prädestiniert für den Krefelder Sieger zu sein: 27 Sieger des Ratibors, so Turf-Times, hatten später im Meilenklassiker die Nase vorn.

Teofilo
Aber eher befürchte ich, dass zum Beispiel die Jungs in Blau oder andere finanzstarke Investoren die Stute für gutes Geld kaufen und diese dann zukünftig im Ausland laufen wird. England fände ich noch akzeptabel: Den Sport dort gucke ich sowieso. Aber das ist alles Spekulation.
Vater von Donjah ist übrigens Teofilo: Ein Galileo-Sohn, der 2006 zweijährig in fünf Rennen unbesiegt blieb. Dazu gehörten unter anderem die National Stakes in The Curragh und die Dewhurst Stakes in Newmarket, zwei der wichtigsten Youngster-Rennen in Irland/England. Doch danach stoppte eine Verletzung die Laufbahn des Hengstes. Jetzt machte Teofilo – einst trainiert von Jim Bolger – Schlagzeilen als Deckhengst, denn sein Sohn Cross Counter gewann den Melbourne Cup. Und krönte die tolle Saison von Charlie Appleby. Aber auch Henk Grewe hatte eine großes Jahr.



Wird Donjah mal so gut wie Enable (hier bei ihrem Oaks Sieg in Epsom). Natürlich alles Träume ohne Fakten, aber Videos von Enable kann man immer gucken.



Freitag, 26. Oktober 2018
Derby-Starter 2018: Qualitativ und quantitativ schwach
Beliebtes Spiel zum Ende der Turfsaison: nurpferdeundfussball hat sich den deutschen Vollblutjahrgang 2015 angeschaut und die Leistungen der Derbystarter nach dem großen Rennen analysiert. Das Ergebnis ist enttäuschend.

Weltstar (Trainer Markus Klug): Derbysieger und Union-Gewinner, die beiden Rennen mit dem größten Prestige für Dreijährige. Danach sollte er eigentlich im Großen Preis von Baden laufen, doch sein Trainer Markus Klug meldete ihn vor dem Rennen ab. Es sei aber „nichts Ernstes“, sagte er. Jedenfalls soll er 2019 im Rennstall bleiben.

Destino (Trainer Markus Klug, Platz 2): Der Soldier Hollow-Sohn unterlag sowohl im Derby als auch der Union nur dem Stallgefährten Weltstar. Nach dem Derby siegte er in einem Düsseldorfer Gruppe 3-Rennen gegen den alten Rivalen Salve Del Rio und blieb vor dem sehr formbeständigen Devastar (ebenfalls aus dem Gestüt Park Wiedingen). Dann war Pause, im neuen Jahr soll er wieder mitmischen.

Royal Youmzain (Trainer Andreas Wöhler, Platz 3): Der etwas unglückliche Dritte aus Hamburg bot nach dem Derby noch zwei gute Vorstellungen, auch wenn er nicht gewann. Aber Platz 3 im Großen Preis von Berlin hinter Best Solution (der diese Form in Baden und Australien deutlich aufwertete) und Platz 4 im Qatar Prix Niel (Gruppe 2) in Longchamp (keine zwei Längen hinter dem Sieger) waren die besten Leistungen eines Derby-Teilnehmers 2018.

Salve Del Rio (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 4): Gutes Pferd, aber zur Spitze fehlte noch ein wenig. Platz 4 im Derby und Rang 3 in der Union untermauern diese These. Nach Hamburg unterlag er im Fritz Henkel Stiftung-Rennen (Gruppe 3) in Düsseldorf nur dem alten Rivalen Destino. 2019 wird er in England sein Glück bei Trainer Jim Best suchen.

Aldenham (Trainer Andreas Wöhler, Platz 5): Lief im Derby als großer Außenseiter von der Spitze aus ein starkes Rennen. Später in der Saison nicht mehr auf der Bahn. Der Hengst hatte zwar noch eine Nennung später für den Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden, aber dort lief er nicht. Zukünftig wird er von Dominik Moser trainiert.

Sweet Man (Trainer Jens Hirschberger, Platz 6): Sechster im Derby, danach kein weiterer Start.

Jimmu (Trainer Henk Grewe, Platz 7): Vor dem Derby durchaus hoch gehandelt, in Hamburg-Horn aber ohne Möglichkeiten. Verkauft nach Hongkong.

Emerald Master (Trainer Mario Hofer, Platz 8): Nach Hamburg Vierter im Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden sowie Sechster im Großen Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf (Gruppe 3). Beide Prüfungen gingen über deutlich kürzere Wege wie das Derby, in keinem Rennen hatte der Hengst eine Siegchance. Im Oktober kaufte Eckhard Sauren, Präsident des Kölner Rennvereins, Emerald Master für immerhin 105 000 Euro auf der Auktion in Baden.

Giuri (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 9): Als siegloses Pferd im Derby war es zu schwer, immerhin schaffte der Carvalho-Schützling später in zwei Versuchen, seine Maidenschaft abzulegen.

Star Max (Trainer Markus Klug, Platz 10): Das Derby war dann doch eine Nummer zu anspruchsvoll. Kleiner Trost: Der Maxios-Sohn gewann im September eine eher harmlose Aufgabe in Dortmund mit dem berühmten Finger in der Nase.

Zargun (Trainer Andreas Wöhler, Platz 11): Der Derby-Elfte war mit vier Starts nach Hamburg einer der fleißigsten Kandidaten. In guter Klasse blieb er aber blass: Platz 8 in Deauville (Listen-Rennen), Platz 6 in Hannover (Ausgleich 1), Platz 6 in Strasbourg (Listen-Rennen). Zuletzt siegte Zargun in einem Verkaufsrennen in Compiegne gegen bescheidenere Konkurrenz – über 1400 Meter.

Ecco (Trainer Peter Schiergen, Platz 12): Mit Hamburg-Spezialist Andrasch Starke erwartungsgemäß stark gewettet, aber ohne Chance. Das war sein letzter Start in Deutschland, sein zukünftiger Betätigungsort wird der englische Hindernissport sein. Ecco wird von Top-Trainer Paul Nicholls betreut und da ist nicht nur der Kolumnist gespannt, wie sich der Maxios-Sohn dort entwickelt.

Capone (Trainer Sascha Smrczek, Platz 13): War mal der dunkle Derby-Tipp dieser Kolumne, doch schön früh zeichnete sich ab, dass dies Wunschdenken blieb. Trug im Derby die rote Laterne, danach lief er noch zweimal und schlug sich in Düsseldorf und Baden passabel, denn beide Formen wurden ziemlich aufgewertet. Aber Capone blieb weiter sieglos, zukünftig wird er im englischen Hindernissport von Charlie Mann trainiert.

Chimney Rock (Trainer Andreas Wöhler, Nichtstarter): Im Derby Nichtstarter, später enttäuschte der bislang wenig geprüfte Rock of Gibraltar-Sohn noch in dem Düsseldorfer Rennen mit Destino und Salve Del Rio.

Fazit
Bislang ist der Derby-Jahrgang 2015 eine Enttäuschung. Speziell unter dem Aspekt, dass die besten Pferde in Spätsommer und Herbst in den deutschen Top-Rennen über längere Distanzen starten und dort vielleicht sogar gewinnen. Das Fazit 2018: Kein Derby-Starter im Großen Preis von Baden, keiner im Preis von Europa, keiner im Preis der Deutschen Einheit (immerhin rannte Balmain mit und wurde Vierter). Die besten Leistungen zeigte Royal Youmzain, der sich im Großen Preis von Berlin und später in Longchamp ganz ordentlich schlug, ohne zu siegen. Nur Destino gewann ein Grupperennen von den Derbystartern 2018.
Die enttäuschende Bilanz mag auch daran liegen, dass talentierte Pferde der zweiten Reihe wie Salve Del Rio und Jimmu verkauft wurden. Diese Kandidaten fehlen in den besseren Rennen. Und natürlich auch daran, dass der Derbysieger nach Hamburg nicht mehr am Start war. Verletzungspech kam ebenfalls hinzu: Mit dem Winterfavoriten Erasmus, Lord Leoso und Alounak etwa fielen frühzeitig talentierte Kandidaten aus.