Mittwoch, 7. November 2018
Donjah ist ein echtes Rennpferd
Manchmal, da sind selbst die hartgesottensten Rennbeobachter ergriffen. Diese Momente sind selten, aber es gibt sie. Beispiel: Am Sonntag ließ die zweijährige Stute Donjah im Krefelder Ratibor-Rennen ihre Kontrahenten stehen wie Statisten. Und nicht nur der Kolumnist dachte: Was für ein Pferd. Dieser Speed, diese Leichtigkeit trotz Unreife – das sah alles hochklassig aus.

Natürlich weiß man nicht, was die Form wert ist. Zweijährige Pferde, da bleibt noch vieles im Dunkeln. Keiner weiß, wie gut die mal werden. Dennoch: Die Teofilo-Tochter, trainiert von Henk Grewe und im Besitz von Darius Racing, scheint eine gute Investition für die Zukunft. Es war immerhin ein Gruppe-Rennen, eine Prüfung der besseren Kategorie. Und schon bei Ihrem Lebensdebüt siegte Donjah trotz Startverlustes überlegen.
Manche Beobachter fühlten sich schon an die große Enable erinnert, die am Tag zuvor im Breeders Cup Turf triumphierte und davor unter anderem zweimal den Arc holte. Das ist natürlich übertrieben, aber wer weiß? Dem deutschen Turf würde ein Top-Star mal wieder gut tun.
„Ich glaube, der Weg wird ins Deutsche Derby führen,“ erklärte Holger Faust, Racing Manager von Darius Racing. Gegen die Hengste und nicht in die klassischen Prüfungen für die Stuten – das zeugt von Selbstbewusstsein. Zuletzt schaffte das Doppel Ratibor und Derby der von Mario Hofer trainierte Pastorius, der 2011 die Krefelder Prüfung gewann und dann im Sommer 2012 in Hamburg-Horn triumphierte. Aber eher scheinen die Deutschen 2000 Guineas prädestiniert für den Krefelder Sieger zu sein: 27 Sieger des Ratibors, so Turf-Times, hatten später im Meilenklassiker die Nase vorn.

Teofilo
Aber eher befürchte ich, dass zum Beispiel die Jungs in Blau oder andere finanzstarke Investoren die Stute für gutes Geld kaufen und diese dann zukünftig im Ausland laufen wird. England fände ich noch akzeptabel: Den Sport dort gucke ich sowieso. Aber das ist alles Spekulation.
Vater von Donjah ist übrigens Teofilo: Ein Galileo-Sohn, der 2006 zweijährig in fünf Rennen unbesiegt blieb. Dazu gehörten unter anderem die National Stakes in The Curragh und die Dewhurst Stakes in Newmarket, zwei der wichtigsten Youngster-Rennen in Irland/England. Doch danach stoppte eine Verletzung die Laufbahn des Hengstes. Jetzt machte Teofilo – einst trainiert von Jim Bolger – Schlagzeilen als Deckhengst, denn sein Sohn Cross Counter gewann den Melbourne Cup. Und krönte die tolle Saison von Charlie Appleby. Aber auch Henk Grewe hatte eine großes Jahr.



Wird Donjah mal so gut wie Enable (hier bei ihrem Oaks Sieg in Epsom). Natürlich alles Träume ohne Fakten, aber Videos von Enable kann man immer gucken.



Freitag, 26. Oktober 2018
Derby-Starter 2018: Qualitativ und quantitativ schwach
Beliebtes Spiel zum Ende der Turfsaison: nurpferdeundfussball hat sich den deutschen Vollblutjahrgang 2015 angeschaut und die Leistungen der Derbystarter nach dem großen Rennen analysiert. Das Ergebnis ist enttäuschend.

Weltstar (Trainer Markus Klug): Derbysieger und Union-Gewinner, die beiden Rennen mit dem größten Prestige für Dreijährige. Danach sollte er eigentlich im Großen Preis von Baden laufen, doch sein Trainer Markus Klug meldete ihn vor dem Rennen ab. Es sei aber „nichts Ernstes“, sagte er. Jedenfalls soll er 2019 im Rennstall bleiben.

Destino (Trainer Markus Klug, Platz 2): Der Soldier Hollow-Sohn unterlag sowohl im Derby als auch der Union nur dem Stallgefährten Weltstar. Nach dem Derby siegte er in einem Düsseldorfer Gruppe 3-Rennen gegen den alten Rivalen Salve Del Rio und blieb vor dem sehr formbeständigen Devastar (ebenfalls aus dem Gestüt Park Wiedingen). Dann war Pause, im neuen Jahr soll er wieder mitmischen.

Royal Youmzain (Trainer Andreas Wöhler, Platz 3): Der etwas unglückliche Dritte aus Hamburg bot nach dem Derby noch zwei gute Vorstellungen, auch wenn er nicht gewann. Aber Platz 3 im Großen Preis von Berlin hinter Best Solution (der diese Form in Baden und Australien deutlich aufwertete) und Platz 4 im Qatar Prix Niel (Gruppe 2) in Longchamp (keine zwei Längen hinter dem Sieger) waren die besten Leistungen eines Derby-Teilnehmers 2018.

Salve Del Rio (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 4): Gutes Pferd, aber zur Spitze fehlte noch ein wenig. Platz 4 im Derby und Rang 3 in der Union untermauern diese These. Nach Hamburg unterlag er im Fritz Henkel Stiftung-Rennen (Gruppe 3) in Düsseldorf nur dem alten Rivalen Destino. 2019 wird er in England sein Glück bei Trainer Jim Best suchen.

Aldenham (Trainer Andreas Wöhler, Platz 5): Lief im Derby als großer Außenseiter von der Spitze aus ein starkes Rennen. Später in der Saison nicht mehr auf der Bahn. Der Hengst hatte zwar noch eine Nennung später für den Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden, aber dort lief er nicht. Zukünftig wird er von Dominik Moser trainiert.

Sweet Man (Trainer Jens Hirschberger, Platz 6): Sechster im Derby, danach kein weiterer Start.

Jimmu (Trainer Henk Grewe, Platz 7): Vor dem Derby durchaus hoch gehandelt, in Hamburg-Horn aber ohne Möglichkeiten. Verkauft nach Hongkong.

Emerald Master (Trainer Mario Hofer, Platz 8): Nach Hamburg Vierter im Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden sowie Sechster im Großen Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf (Gruppe 3). Beide Prüfungen gingen über deutlich kürzere Wege wie das Derby, in keinem Rennen hatte der Hengst eine Siegchance. Im Oktober kaufte Eckhard Sauren, Präsident des Kölner Rennvereins, Emerald Master für immerhin 105 000 Euro auf der Auktion in Baden.

Giuri (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 9): Als siegloses Pferd im Derby war es zu schwer, immerhin schaffte der Carvalho-Schützling später in zwei Versuchen, seine Maidenschaft abzulegen.

Star Max (Trainer Markus Klug, Platz 10): Das Derby war dann doch eine Nummer zu anspruchsvoll. Kleiner Trost: Der Maxios-Sohn gewann im September eine eher harmlose Aufgabe in Dortmund mit dem berühmten Finger in der Nase.

Zargun (Trainer Andreas Wöhler, Platz 11): Der Derby-Elfte war mit vier Starts nach Hamburg einer der fleißigsten Kandidaten. In guter Klasse blieb er aber blass: Platz 8 in Deauville (Listen-Rennen), Platz 6 in Hannover (Ausgleich 1), Platz 6 in Strasbourg (Listen-Rennen). Zuletzt siegte Zargun in einem Verkaufsrennen in Compiegne gegen bescheidenere Konkurrenz – über 1400 Meter.

Ecco (Trainer Peter Schiergen, Platz 12): Mit Hamburg-Spezialist Andrasch Starke erwartungsgemäß stark gewettet, aber ohne Chance. Das war sein letzter Start in Deutschland, sein zukünftiger Betätigungsort wird der englische Hindernissport sein. Ecco wird von Top-Trainer Paul Nicholls betreut und da ist nicht nur der Kolumnist gespannt, wie sich der Maxios-Sohn dort entwickelt.

Capone (Trainer Sascha Smrczek, Platz 13): War mal der dunkle Derby-Tipp dieser Kolumne, doch schön früh zeichnete sich ab, dass dies Wunschdenken blieb. Trug im Derby die rote Laterne, danach lief er noch zweimal und schlug sich in Düsseldorf und Baden passabel, denn beide Formen wurden ziemlich aufgewertet. Aber Capone blieb weiter sieglos, zukünftig wird er im englischen Hindernissport von Charlie Mann trainiert.

Chimney Rock (Trainer Andreas Wöhler, Nichtstarter): Im Derby Nichtstarter, später enttäuschte der bislang wenig geprüfte Rock of Gibraltar-Sohn noch in dem Düsseldorfer Rennen mit Destino und Salve Del Rio.

Fazit
Bislang ist der Derby-Jahrgang 2015 eine Enttäuschung. Speziell unter dem Aspekt, dass die besten Pferde in Spätsommer und Herbst in den deutschen Top-Rennen über längere Distanzen starten und dort vielleicht sogar gewinnen. Das Fazit 2018: Kein Derby-Starter im Großen Preis von Baden, keiner im Preis von Europa, keiner im Preis der Deutschen Einheit (immerhin rannte Balmain mit und wurde Vierter). Die besten Leistungen zeigte Royal Youmzain, der sich im Großen Preis von Berlin und später in Longchamp ganz ordentlich schlug, ohne zu siegen. Nur Destino gewann ein Grupperennen von den Derbystartern 2018.
Die enttäuschende Bilanz mag auch daran liegen, dass talentierte Pferde der zweiten Reihe wie Salve Del Rio und Jimmu verkauft wurden. Diese Kandidaten fehlen in den besseren Rennen. Und natürlich auch daran, dass der Derbysieger nach Hamburg nicht mehr am Start war. Verletzungspech kam ebenfalls hinzu: Mit dem Winterfavoriten Erasmus, Lord Leoso und Alounak etwa fielen frühzeitig talentierte Kandidaten aus.



Donnerstag, 18. Oktober 2018
Champions Day in Ascot: Die besten Tipps
Noch mal großer Sport auf der Flachen in England. Champions Day in Ascot, fünf Prüfungen locken viele der besten Pferde der Insel. Am Mittwoch lautete die Bodenangabe weich bis schwer bzw. schwer bis weich auf dem Rundkurs. Auch wenn es bis Samstag weitgehend trocken bleiben soll, wird der Boden zumindest weich sein. Eine kleine Vorschau auf die wichtigsten Prüfungen des Tages.

British Champions Sprint Stakes
In dieser Saison fehlt der Ausnahmesprinter und so ist dieser Champion Sprint eine offene Sache. Favorit ist The Tin Man, mit sechs Jahren im besten Sprinter-Alter und zuletzt Gewinner der Gruppe 1-Sprint Cup Stakes in Haydock. Dabei schlug er auf schwerem Boden einige seiner Gegner von Samstag, zudem mag er die Bahn in Ascot. Zum vierten Mal läuft der Schützling von James Fanshawe in den Champions Sprints Stakes, 2016 siegte er bereits dort.
Die Konkurrenz aber ist stark. Vorjahressiegerin Librisa Breeze hat jetzt endlich weichen Boden, Brando (zuletzt Zweiter in Haydock) ist ein weiterer gefährlicher Kontrahent. Harry Angel hat ausreichend Talent und Klasse, zuletzt enttäuschte er jedoch und seine Bilanz in Ascot ist dürftig. Mir gefällt jedoch Tasleet am besten, der weichen Boden kann, in diesem Jahr wenig lief und mit frischen Reserven alle schlagen kann. Im Vorjahr scheiterte er nur an Librisa Breeze.
Tipp: Tasleet

British Champions Fillies & Mares Stakes
Wie gut ist Lah Ti Dar? Die Tochter der Dar Re Mi konnte zuletzt auch in der Niederlage gegen Kew Gardens im englischen St. Leger überzeugen, ihre Grenzen sind noch lange nicht erfasst. Die Gegnerinnen? Die Stallgefährtin Coronet war zuletzt immer in besten Aufgaben aktiv, blieb zwar sieglos, ist aber durchaus gefährlich, zumal sie weichen Boden kann. Kitesurf ist ein Gast aus Frankreich, bei ihrem letzten Auftritt war sie mit einem Hals vor Magic Wand. Diese hat auch noch eine Nennung, kommt mit guten Formen aus Frankreich – Zweite im Opera in Longchamp hinter Wild Illusion – und steht derzeit doppelt so hoch wie ihre damalige Bezwingerin im Wettmarkt. Einen Hinweis verdient Hydrangea aus dem O’Brien-Stall: In diesem Jahr hat sie bislang immer enttäuscht, 2017 gewann sie dieses Rennen in Ascot.
Tipp: Vielleicht erinnert sich Hydrangea ja an alte Klasse, aber Lah Ti Dar ist das zu schlagende Pferd.

Queen Elizabeth II Stakes
John Gosden hat gesprochen und damit kommt es nicht zum Duell der Stallgefährten Roaring Lion und Cracksman in den Champion Stakes. Roaring Lion ist vielleicht der beste Dreijährige auf der Insel. Nach seinem dritten Platz im englischen Derby folgten Gruppe 1-Triumphe in den Coral Eclipse Stakes, den Juddmonte Stakes und den Irish Champion Stakes. Bei jedem dieser Erfolge imponierte er mit seinem Speed, die Duelle gegen Saxon Warrior in Sandown und Leopardstown waren ganz großes Kino. Jetzt kommt das Aber: Das war alles über 2000 Meter, in den QE II geht es jedoch über die Meile.
Und da warten die Räuber: Etwa die brillante Stute Laurens, die bei ihrem vorletzten Start die grandiose Alpha Centauri entzauberte und zu den großen Entdeckungen der Saison zählt. Sowohl Roaring Lion als auch Laurens sind bislang nur auf maximal gut bis weichem Boden gestartet, richtig weicher Undergrund wäre Neuland. Der starke französische Gast Recoletos hat dagegen auf schwerem Geläuf schon gewonnen, er ist ebenso wie der ungemein formbeständige Lord Glitters ein Kandidat mit guten Möglichkeiten. Aber Spielverderber für alle könnte Addeybb werden. Der Haggas-Schützling mag weichen Boden und lief immer wie ein Pferd, das noch Luft nach oben hat.
Tipp: Tolle Besetzung. Roaring Lion, Laurens, Lord Glitters oder Recoletos habe alle erste Chancen, aber die Empfehlung lautet Addeybb. Es ist erst sein vierter Start in dieser Saison, Gruppe 1 hat er noch nicht geholt, aber hinter den Konkurrenten liegt eine harte Saison. Das könnte zu seinem Vorteil werden.



Champions Day 2012: Der große Frankel triumphiert in den Champion Stakes, aber Cirrus des Aigles leistet lange Widerstand

Champion Stakes
Die große Frage: Wie gut ist Cracksman noch? Das sah bei seinen letzten Starts immer nach harter Arbeit aus. Es reichte immerhin, den ewig unterschätzten Salouen im Coronation Cup zu besiegen, gegen Poet’s Word gab es aber in Royal Ascot eine deutliche Niederlage. Auch wenn man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht richtig wusste, wie gut dieser Stoute-Schützling eigentlich ist. Jetzt kommt Cracksman aus einer Pause und er hat seinen weichen Boden. Vielleicht beflügelt ihn das noch mal zu alter Klasse.
Ich gehe allerdings mit Crystal Ocean, dem beinahe King George-Sieger, als ihm ein gewisser Poet’s Word den Sieg noch entriss. Zuletzt unterlag er in Kempton auf der Allwetterbahn Enable, aber er musste John Gosdens Super-Stute auch einige Kilos geben. Jedenfalls wird der Sea The Stars-Sohn eventuelle Schwächen des Favoriten nutzen. Weichen Untergrund kann er jedenfalls.
Bei Capri wundere ich mich, dass man in der Distanz heruntergeht. Er machte zuletzt im Arc über 2400 Meter noch gut Boden. 2017 schlug er sowohl Cracksman (Irisches Derby) als auch Crystal Ocean (englisches St. Leger), aber das war über 2400 bzw. 2800 Meter.
Von den Außenseitern verdient Monarchs Glen einen Hinweis. Ein sehr talentiertes Pferd, das im letzten Jahr zu dieser Zeit zu großer Form auflief. Jetzt hat er nach seinem Sieg im Wolferton-Handicap pausiert, der Sprung ist groß, aber so unverwundbar sind die Konkurrenten am Ende einer oft harten Saison nicht.
Tipp: Crystal Ocean

British Champions Long Distance Cup
Stradivarius war in diesem Jahr ganz klar der König der Steher auf der Insel. Der Hengst aus dem Gosden-Quartier triumphierte 2018 im Yorkshire Cup (York), Gold Cup (Ascot), Goodwood Cup und im Lonsdale Cup (York) – bei vier Starts ist er noch ungeschlagen. Dabei fallen die Siege des Sea The Stars-Sohn nie überlegen aus, aber er ist ein großer Kämpfer und Steher mit viel Herz. Unschlagbar ist er aber nicht, zumal er auf gutem Boden deutlich besser ist.
Größter Gegner auf dem Papier ist Flag of Honour aus dem Aidan O’Brien-Stall. Der Galileo-Sohn kam so richtig ins Rollen, seitdem er auf Steher-Distanzen läuft. Zuletzt schlug er im irischen St. Leger Latrobe. Es sieht nach einem Duell dieser Kandidaten aus, an Thomas Hobson, Desert Skyline oder Sir Eric glaube ich so recht nicht.
Tipp: Stradivarius, aber eher ein Rennen zum Gucken.