Freitag, 5. Oktober 2018
Sea of Class und Kew Gardens die Arc-Tipps
Nach zwei Jahren Chantilly ist der Qatar Prix de l'Arc de Triomphe wieder in seiner alten Heimat: Longchamp. Oder besser ParisLongchamp, wie der Kurs jetzt offiziell heißt. Neuer Name, neue Tribüne und die Eintrittspreise nähern sich englischem Niveau, aber dafür gibt es zwei Tage tollen Sport. Und der Arc ist der Höhepunkt. Starter und Chancen.

1. Defoe (Trainer Roger Varian/Jockey Andrea Atzeni): Im letzten Jahr stark verbesserter Dalakhani-Sohn, in diesem Jahr gewann er seine ersten beiden Rennen. Zuletzt in Deutschland unterwegs, im Großen Preis von Baden unterlag der Hengst knapp Best Solution. Die Gegner in Longchamp sind aber noch mal eine Klasse stärker.

2. Saluonen (Trainer Sylvester Kirk/Jockey Oisin Murphy): Zäher Bursche, der oft unterschätzt wird, aber in sehr guter Gesellschaft einige ganz starke Vorstellungen zeigte. So zum Beispiel in Epsom, als er Cracksman am Rand einer Niederlage hatte. Hat aber noch nie ein Gruppe-Rennen gewonnen. Sein Erfolg im Arc wäre eine Sensation.

3. Capri (Trainer Aidan 0’Brien/Jockey Donnacha O‘Brien): 2017 irischer Derbysieger und englischer St. Leger-Gewinner. Im letzten Jahr 17 von 18 im Arc, erst zwei Starts in diesem Jahr. Das Comeback nach einer Schulterverletzung als 5 von 6 im Prix Foy (Sieger Waldgeist) war mäßig, aber es war der erste Start nach Pause. Könnte überraschen.

4. Way To Paris (Trainer Antonio Marcialis/Jockey Gerald Mosse): Champs Elysses-Sohn, der immer in guter Gesellschaft lief, dort schon platziert war, aber eigentlich kaum eine Siegchance hatte. Klarer Außenseiter, auch wenn sein Jockey zuletzt in England mit scheinbar chancenlosen Pferden erfolgreich war.

5. Waldgeist (Trainer Andre Fabre/Jockey Pierre Charles Boudot): Galileo-Sohn in deutschem Besitz und nach Formen der Beste der heimischen Kandidaten. Zuletzt vier Siege in Serie, in diesem Jahr noch weiter verbessert. Top-Trainer, dessen letzter Arc-Erfolg aber auch schon ein paar Jahre zurückliegt. Sehr interessant und so leicht wie er meist die Nase vorne hatte, sollte er noch weitere Reserven haben.

6. Cloth Of Stars (Trainer Andre Fabre/Jockey Vincent Cheminaud): In diesem Jahr noch ohne Erfolg, zuletzt dreimal hinter dem Stallgefährten Waldgeist. So recht sieht es nicht nach einer Formumkehr aus. 2017 allerdings Zweiter im Arc hinter Enable. Je weicher der Boden, desto bessere Chancen.

7. Talismanic (Trainer Andre Fabre/Jockey Mickael Barzelona): Godolphin-Vetreter mit markantem weißen Gesicht. Schon sehr erfolgreich, 2017 etwa Triumphator im Breeders Cup Turf. Zuletzt Zweiter hinter Waldgeist, auch hier sieht es nicht unbedingt nach einer Formumkehr aus.

8. Tiberian (Trainer Alain Couetil/Jockey William Buick): Sechsjähriger Hengst, der 2017 seine beste Zeit erlebte. Die aktuellen Formen reichen nicht, kann nur überraschen.

9. Clincher (Trainer Miyamoto/Jockey Yutaka Take): Gast aus Japan, der zu Beginn des Jahres drei gute Leistungen in japanischen Gruppe-Rennen zeigte. Im Prix Foy gegen Waldgeist, Talismanic und Cloth Of Stars chancenlos. Es gab schon stärkere Herausforderer aus Fernost.



Arc 2002: Marienbard in den Godolphin-Farben siegt mit Frankie Dettori. Der deutsche Vertreter Boreal war leider ohne Chance

10. Enable (Trainer John Gosden/Jockey Frankie Dettori): Die überlegene Siegerin aus dem Vorjahr. 2017 schaffte sie das Doppel King George/Arc und war das überragende Pferd auf Distanzen über 2000 Meter. In dieser Saison erst ein Start, aber wie sie bei ihrem Comeback den Fast-King George-Sieger Crystal Ocean in die Schranken verwies, war schlichtweg grandios. Das zu schlagende Pferd, der Kurs ist aber entsprechend tief.

11. Neufbosc (Trainer Pia Brandt/Jockey Cristian Demuro): Einer der stärksten französischen Dreijährigen des Jahrgangs über 2400 Meter, Zweiter im Grand Prix de Paris hinter Kew Gardens und Dritter im Prix Niel vor Royal Youmzain aus dem Wöhler-Stall. Muss sich noch mal verbessern, könnte aber noch Reserven haben. Beste Leistungen auf gut bis weichem Boden.

12. Patascoy (Trainer Xavier Thomas-Demeaulte/Jockey Olivier Peslier): Knapp besiegter Zweiter im französischen Prix de Jockey Club über 2100 Meter als großer Außenseiter, bestätigte danach diese Form halbwegs als Zweiter in Deauville. 2400 Meter sind Neuland, aber nach seinem bisherigen Laufen sollte er sie können. Dennoch Außenseiter.

13. Kew Gardens (Trainer Aidan O‘Brien/Jockey Ryan Moore): Großer Steher, der zudem viel Speed besitzt. Englischer St. Leger-Gewinner, aber auch Erster im Grand Prix De Paris über 2400 Meter. Lief auch ordentlich, als die O’Brien-Form im Sommer nicht stimmte. Jetzt läuft es wieder im Quartier und Kew Gardens kann die Favoriten durchaus überraschen.

14. Study Of Man (Trainer Pascal Bary/Jockey Stephane Pasquier): Französischer Derbysieger, der danach aber zweimal enttäuschte. Vielleicht scheiterte er in Leopardstown auch am festen Boden, dennoch überzeugen andere Kandidaten mehr.

15. Louis D’Or (Trainer Tony Castanheira/Jockey Antoine Hamelin): Beste Leistung war Platz 3 im Prix Du Jockey Club, als er als 66:1-Chance alle überraschte und nicht weit vom Sieger Study Of Man entfernt war. Danach wieder meist unter ferner liefen, müsste sich schon gewaltig steigern.

16. Hunting Horn (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Seamie Heffernan): Chester, Chantilly, Ascot, Belmont Park, Arlington und zuletzt Longchamp – weitgereister O’Brien-Dreijähriger, chancenlos im französischen Jockey Club, zuletzt Zweiter. Diese Formen reichen aber nicht.

17. Nelson (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Michael Hussey): Der nächste aus der O’Brien-Armada. Frankel-Sohn aus einer irischen Oaks-Siegerin, nach bisherigen Vorstellungen wäre ein Erfolg eine Sensation.

18. Magical (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Wayne Lordan): Dreijährige Galileo-Stute, für die zuletzt die Meiler in den Matron Stakes in Leopardstown zu schnell waren. Erster Versuch über 2400 Meter, weiter als 1800 Meter ist sie noch nie gelaufen. Ihre Mutter (Gruppe 1-Siegerin) hat immerhin über 2000 Meter gewonnen. Tempomacherin?

19. Sea of Class (Trainer William Haggas/Jockey James Doyle): Brillant verbesserte Stute, die vier ihrer fünf Starts gewann und zuletzt zweimal in Gruppe 1-Gesellschaft dominierte. Jetzt geht es gegen die „großen Jungs“, dreijährige Stuten haben eine gute Bilanz im Arc. Die Gegnerin für John Gosdens Stute.

Urteil
Schon komisch: 19 Starter im Arc, aber eigentlich wird nur über drei Pferde gesprochen, wenn es um den Sieg geht. Vorjahressiegerin Enable setzt die Maßstäbe, Sea of Class und Waldgeist folgen. Das Pferd von William Haggas ist das Pferd mit dem meisten Potenzial nach oben und die Alternative gegen Enable. Kew Gardens hat Speed und Stehvermögen und ist daher nicht zu unterschätzen. Von den heimischen Kandidaten verdient noch Neufbosc einen Hinweis.



Donnerstag, 27. September 2018
Khan und andere Liebhaber tiefen Geläufs
Irgendwie macht es der deutsche Galopprennsport dem Betrachter derzeit nicht leicht. Auch weil die „falschen“ Pferde sich aktuell die besten Rennen in Deutschland schnappen. Entweder kommen sie aus dem Ausland oder es gewinnen Vollblüter, die das nach den Vorformen gar nicht dürfen. Khan zum Beispiel am Sonntag im Preis von Europa in Köln. Der siegte als krasser Außenseiter hochüberlegen.

Eine der ersten Dinge, die der Turf-Enthusiast lernt, ist, dass Rennen auf schwerem Boden ihre eigenen Gesetze haben. Denn viele Pferde hassen regelrecht diesen Untergrund, andere aber laufen bei diesen Verhältnissen zur Hochform auf. In Köln regnete es stark, der Boden wurde von Rennen zu Rennen schwerer. Immerhin wurde der Beobachter bereits an die nahende englische Hindernisrennen erinnert, weil die Pferde per Flaggenstart auf die Reise gingen.
Khan zählt zur Gruppe der Schlamm-Liebhaber. Das englische Wort „mud lover“ klingt für diese Pferde viel schöner. Je weicher der Boden, desto besser – seine stärkste Leistung zeigte er im November 2017 in München im Großen Preis von Bayern, wo er nur vier Längen hinter Könnern wie Guignol, Iquitos, Dschingis Secret oder dem Franzosen Waldgeist (aktuell dritter Favorit für den Arc) landete. Oder als Dritter im Dortmunder St. Leger (Gruppe 2), wo er noch mal mächtig aufdrehte und Platz 3 belegte.
Aber danach war er immer weit geschlagen. Fünf Versuche in teilweise bester Gesellschaft und alle erfolglos – der Betrachter fragte sich schon, warum Besitzer und Trainer ihrem Schützling immer wieder scheinbar unlösbare Aufgaben aufhalsten.
Am Sonntag gaben sie die Antwort und Trainer Henk Grewes sehr erfolgreiche Saison wird nun von einem ersten Gruppe 1-Erfolg gekrönt. Es wird ihnen egal sein, dass es kein besonders aufregend besetzter Preis von Europa war.
Überhaupt nicht mit dem Boden zurechtkam der Favorit Torcedor, der in Köln für den Melbourne Cup proben wollte. Schon nach 200 Meter war das Rennen vorbei, sagte sein Trainer Andreas Wöhler, und danach „versuchte er nur noch, mehr oder weniger hüpfend, den Löchern auszuweichen.“

Kracher auf Boden schwer
Bei schwerem Boden fällt dem Kolumnisten immer ein regnerischer Renntag am Tag der Deutschen Einheit 1995 in Mülheim ein. Damals veranstaltete die Rennbahn im Ruhrgebiet noch den Preis der Winterkönigin, das wichtigste Rennen für die zweijährigen Stuten. Es schüttete den ganzen Tag, das Geläuf war schwer, sehr schwer – und es triumphierte Massada, die zweite oder dritte Waffe aus dem Quartier von Trainer Harro Remmert.
Im Sattel saß der heutige Trainer Waldemar Hickst und seine Stute gewann zum Kurs von 511 hochüberlegen. Es war eines dieser Schockresultate, so richtig hat Massada diese Leistung auch nie wieder bestätigt.
Einige der im Nachhinein schwächsten Derbysieger Deutschlands triumphierten auf schwerem Geläuf in Hamburg-Horn. Robertico etwa 1998 oder Karloff 1990 – zwei Kandidaten, die an diese Form nie wieder herankamen. Karloff versuchte sich später sogar in Hürdenrennen.
Auf der anderen Seite konnten aber auch Top-Pferde tiefes Geläuf. Bei den Erfolgen etwa von Shirocco (2004), Next Desert (2002) oder Lavirco (1995) lautete die Bodenangabe in Hamburg-Horn schwer. Und das waren zweifellos sehr gute Vollblüter. Oder Monsun, der gewann zwar nie das Derby, aber unter anderem zweimal den Preis von Europa. Zweimal – sowohl auf guten als auch schweren Boden.



Donnerstag, 13. September 2018
Valajani die Empfehlung im St. Leger 2018
Der letzte Klassiker der Saison: Das 134. Deutsche St. Leger steht am Sonntag auf dem Programm in Dortmnd-Wambel. Zehn Pferde bewerben sich in dieser Gruppe 3-Prüfung über 28000 Meter um 55 000 Euro. Gibt es erneut einen ausländischen Erfolg wie in den Wochen zuvor in den besten Prüfungen? Die englischen Gäste sind zwei bewährte Handicapper, aber sie verbreiten nicht unbedingt Angst und Schrecken. Starter und Chancen in der Analyse.

1. Adler (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie de Vries): So richtig ist der Knoten in diesem Jahr nicht geplatzt bei Adler. Vierjähriger Hengst, der in den besten Steher-Tests in Deutschland manchmal gut dabei war, aber nie gewann. Nicht zu unterschätzen, aber andere Kandidaten versprechen mehr. Immerhin die Wahl von Adrie de Vries aus dem Klug-Quartett.

2. Brandon Castle (Trainer Archie Watson/Jockey Edward Greatrex): Sechsjähriger Handicapper, der gerne von der Spitze läuft und sich nach dem Wechsel zu Trainer Archie Watson 2017 noch mal gewaltig verbesserte. In dieser Saison erst drei Starts, beim Saisonauftakt siegte er über 2800 Meter in einem gutbesetzten Class 2-Handicap in Musselburgh. Danach zweimal ohne Möglichkeiten, beste Form auf schwerem bzw. weichem Boden.

3. Eddystone Rock (Trainer John Best/Jockey Joey Haynes): In diesem Jahr immer in gutdotierten Steher-Handicaps unterwegs, beste Platzierung war ein fünfter Platz. Seine größte Stunde schlug im August 2017, als er in einem 50000 Pfund-Handicap (Class 2) in York siegte. Kampferprobter Wallach, aber er hat noch nie über mehr als 2000 Meter gewonnen.

4. Moonshiner (Trainer Jean Pierre Carvalho/Jockey Miguel Lopez): Sehr formbeständig, aber ein Sieger-Typ ist das Ullmann-Pferd nicht gerade. Der letzte Sieg datiert vom September 2016. Im letzten Jahr Zweiter hinter Oriental Eagle und auch in dieser Saison eine feste Größe in den deutschen Steher-Rennen.

5. Oriental Khan (Trainer Jens Hirschberger und nicht mehr Roland Dzubasz/Jockey Jack Mitchell): Es war 2017 das Dreamteam in den gleichen Farben, als Jack Mitchell mit Oriental Eagle das Feld von der Spitze aus dominierte. Es wird schwer: Oriental Khan läuft zwar auch von der Spitze, war in besserer Gesellschaft aber immer chancenlos.

6. Sweet Thomas (Trainer Andreas Suborics/ Jockey Stephen Hellyn): Sechsjähriger Wallach, der zuletzt zweimal hinter Tirano war. In dieser Saison mit vielen guten Vorstellungen, unter anderem Ausgleich 1-Sieger in Hamburg. Die Distanz ist aber neues Terrain, aber nach seinem Rennstil ist sie ihm zuzutrauen. Zudem gilt: Pferdes des Gestütes Wittekindshof sind in Dortmund immer zu beachten. Weil Patron Miebach keine chancenlosen Pferde auf seine Heimatbahn schickt.

7. Tirano (Trainer Waldemar Hickst/Jockey Andrasch Starke): Fünfjähriger Wallach, der zuletzt sehr überzeugend in einem Badener Ausgleich über 2200 Meter erfolgreich war. Davor Kampfsieger gegen Malkoboy in einem Listenrennen in der Schweiz über 2400 Meter. Sehr formbeständig, wenn er die längere Distanz im St. Leger kann, ist er ein Siegkandidat.

8. Ernesto (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Laube): Einer von drei Dreijährigen, alle aus dem Quartier von Markus Klug. Nach Form der größte Außenseiter, aber zwischen ihm und dem Stallgefährten Klüngel liegt nicht viel, obwohl Ernesto zweimal hinter diesem war. Außenseiter mit Chance (schlug bei seinem Maidensieg immerhin den Badener Auktionssieger Quintarelli), muss sich aber steigern.

9. Klüngel (Trainer Markus Klug/Jockey Andreas Helfenbein): Dreijähriger mit markantem Namen, der im Badener Auktionsrenenn über 2400 Meter noch guten Speed zeigte und Dritter wurde. Die längere Distanz im Leger könnte für den Jukebox Jury-Sohn passen, zum Sieg ist aber eine weitere Verbesserung notwendig.

10. Valajani (Trainer Markus Klug/Jockey Maxim Pecheur): Dem passabler Lauf in der Union gegen die Jahrgangsspitze (Rang 5) folgte eine gute Vorstellung im Hoppegartener Steherpreis über die Leger-Distanz. Platz Drei war der Lohn, allerdings konnte die Zweite Shining Bright die Form nicht ganz bestätigen. Der stärkste Dreijährige und mit dem Gewichtsvorteilen nicht zu vernachlässigen.

Urteil
Qualitativ nicht das beste Grupperennen, nur Moonshiner hat von ihnen schon ein Grupperennen gewonnen. Es ist ein Treffen guter Handicapper und talentierter Dreijähriger. Valajani hat sich gegen die Jahrgangsspitze tapfer geschlagen und die letzte Form über 2800 Meter macht ihn interessant. Dahinter kommen Moonshiner und der beständige Tirano. Nicht zu unterschätzen ist der Wittekindshofer Sweet Thomas. An die Engländer glaube ich nicht so recht.



Gute Form über die Leger-Distanz: Valajani wird Dritter in Hoppegarten, es gewann Agathonia.