Traurige Nachricht: Arnold Zweifel ist tot. Der ehemalige Dortmunder Galopptrainer starb am Montag im Alter von 77 Jahren. Unter anderem betreute er mit Stars and Stripes und dem Veteranen Fred Feuerstein zwei der Lieblingspferde des Kolumnisten.
Irgendwie scheint es Lichtjahre entfernt, dass in Dortmund mal erfolgreich Rennpferde trainiert wurden. Uwe Stoltefuß hatte zu seinen besten Zeiten mal über 100 Pferde im Stall und auch Norbert Sauer, Tim Gibson, Reiner Werning und Arnold Zweifel betreuten kopfstarke Lots. Stoltefuß, Sauer und Tim Gibson sind viel zu früh verstorben, jetzt folgte Zweifel. Nur Reiner Werning hielt lange stand, bis dann im letzten Jahr das Aus für den Trainingsstandort Dortmund kam. Weil es die neuen Anwohner vielleicht stören könnte, in der Nähe von Rennpferden zu leben. Ich halte diese Entscheidung immer noch für falsch.
Aus Dortmund kamen nie die sportlichen Top-Pferde. Klassische Sieger machten um die Westfalen-Metropole meist einen Bogen, selbst der langjährige Präsident des Dortmunder Rennvereins, Hans Hugo Miebach, ließ seine besten Galopper des Gestütes Wittekindshof in Köln trainieren. Es gab zwar mal einen Derbysieger aus Dortmund – Mondrian aus dem Stall von Uwe Stoltefuß. Er und sein Kollege Norbert Sauer hatten manchmal ein besseres Pferd und Anfang der 90er Jahre trainierte Fredy Scheffer einen Top-Meiler/Sprinter namens Nasr Allah für den Stall Mabrouk aus Ratingen. Aber das waren Ausnahmen.
Auch Arnold Zweifel hatte nie die großen „Kracher“ im Stall. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mal einen Dreijährigen mit klassischen Ambitionen in seiner Obhut hatte. Zweifel gewann zwar auch einige Listen-Rennen, aber die meisten seiner Schützlinge rannten in den unteren Handicaps, waren preiswert oder spätreif. Oder beides.
Aus diesen Möglichkeiten machte er eine ganze Menge. Im oftmals wechselnden Handicap-Geschäft liefen seine Pferde immer verlässlich und deshalb verdankt der Kolumnist seinem Team auch einige schöne Wetttreffer. Und da die Zweifel-Schützlinge am Toto immer eher unterschätzt wurden, lohnte sich das durchaus.
Dauerbrenner
Zwei Pferde aus dem Quartier zählten zu meinen Favoriten. Da ist zum einen Stars and Stripes, ein Halbbruder zu Sternkönig. Nicht ganz so gut, aber der Fuchs mit der weißen Blesse (wenn mich meine Erinnerungen nicht täuschen) war auch nicht schlecht. Er brauchte ein ungestörtes Rennen von der Spitze über eine weite Distanz (so ab 2400 Meter) und wenn er dann mal alles für sich hatte, dann war er schwer zu schlagen. Und immerhin konnte er Ausgleich 2 und avancierte zum Seriensieger auf Sand.
Dann war da noch der unverwüstliche Fred Feuerstein, der lange Zeit fast zum Inventar in Wambel zählte. Er lief noch mit 14, gewann jedes Jahr seine Rennen und war ein lebendes Kompliment für die Trainingsarbeit von Arnold Zweifel, der es immer schaffte, das Pferd vernünftig vorzustellen.
1999 beendete Arnold Zweifel seine Trainertätigkeit. Den großen Niedergang im deutschen Galopp bekam er als aktiver Trainer nicht mehr mit.
Leider sind diese Meldungen schon seit Jahren keine Seltenheit mehr im deutschen Galoppsport: Mit Sound Check verlässt der nächste Top-Galopper Deutschland Richtung Ausland. Es geht nach Australien, natürlich ist der Melbourne Cup das große Ziel. Und nicht nur dort sind nach den Erfolgen von Protectionist und Almandin Pferde aus deutscher Zucht gefragt.
„Ein Syndikat aus australischen und neuseeländischen Klienten“ habe das Pferd für „gutes Geld“ gekauft“, erklärte sein neuer Trainer Mike Moroney. „Er war sicherlich nicht billig, aber diese Zweimeilenpferde können heute auch eine Menge Geld verdienen.“
In Australien wohlgemerkt. Und deshalb wird Manfred Ostermann, Chef des Gestütes Ittlingen, die Entscheidung leicht gefallen sein. Sound Check – trainiert von Peter Schiergen – zählt zu den besten Stehern Deutschlands, ist Gruppesieger über 3200 Meter und war zuletzt Zweiter im Großen Preis von Berlin (Gruppe 1) über 2400 Meter. Verdient hat der Lando-Sohn 184 000 Euro – hört sich auf den ersten Blick viel an, ist aber im internationalen Vergleich wenig.
Im Melbourne Cup 2018 bekommt der Sieger rund 2,48 Mio. Euro, selbst der Zwölfte erhält noch über 74 000 Euro. Zum Vergleich: In Deutschland gewinnt der Erste im St. Leger (immerhin ein Klassiker) gerade mal 32 000 Euro.
Sound Check war nicht der Einzige: Kurz zuvor meldete galopponline, dass der talentierte Dreijährige Schabau Deutschland verlassen und zukünftig ebenfalls in Australien seine Rennkarriere fortsetzen wird. Zuletzt hatte der Pastorius-Sohn mit dem kölschen Namen das BBAG Steher-Auktionsrennen am Hamburger Derby-Tag überlegen gewonnen. Kaufpreis soll eine „mittlere sechsstellige Summe“ gewesen sein, sein neuer Coach Robert Hickmott trainierte einst Almandin zum Melbourne Cup-Helden.
Almandin hat mehr Stehvermögen als Heartbreak City im Melbourne Cup 2016. Der einstige Schlenderhaner schaffte damit einen der größten Erfolge für die deutsche Zucht.
Einerseits sind diese Aufkäufe ein Kompliment für die deutsche Zucht, andererseits ist der Verlust dieser Pferde für das heimische Renngeschehen ein herber Verlust. Nachvollziehbar sind die Verkaufsentscheidungen ihrer Besitzer allemal. Denn die Verdienstmöglichkeiten in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Ländern nicht wettbewerbsfähig.
Der Abgang von Top-Pferden ist gewaltig: Poetic Dream (Mehl-Mülhens-Gewinner 2017), Shimrano (Union-Sieger 2015), Rosenpurpur (Derby-Dritter 2017) oder die ehemaligen Schlenderhaner Guardini, Almandin, Iwanhowe oder Swacadelic – die Liste ist unvollständig.
Das ist auch ein Grund, warum viele Gruppe-Rennen in den letzten Jahren ziemlich schwach besetzt waren. Quantitativ und qualitativ. Da es in Deutschland auch immer weniger gutbesetzte Handicaps der Kategorien 1 und 2 gibt, weil Pferde dieser Klasse in Frankreich mehr verdienen können, werden die deutschen Renntage immer öder. Besserung scheint leider nicht in Sicht zu sein.
George Best: Brave Biografie über einen wenig Braven
Zu seiner Beerdigung kamen im Dezember 2005 über 100 000 Menschen nach Belfast – Katholiken als auch Protestanten. George Best war ein genialer Fußballer, aber er „war auch ein Getriebener, der durch die Nachtclubs zog und sich zu Tode soff“. „George Best – der ungezähmte Fußballer“, lautet der Titel der deutschsprachigen Biografie von Dietrich Schulze-Marmeling.
Der Nordire war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des internationalen Fußballs. 1963 gab der in Belfast Aufgewachsene sein Debüt bei Manchester United. Es waren die Swinging Sixties: Sie nannten ihn den fünften Beatle, er dribbelte wie kein anderer. Die Frauen liebten ihn, Best war mehr als nur Kicker, der erste Popstar des Fußballs. Leider habe ich ihn nicht mehr spielen sehen, doch manche hielten ihn für besser als Pele. Oder Beckenbauer. Oder Bobby Charlton. Sein bester Spruch ist legendär. „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst“, sagte der Mann, der einst eine Vorliebe für die jeweilige Miss World hatte.
Eigentlich genug Stoff für eine spannende Biografie. Doch Dietrich Schulze-Marmeling beschreibt das Leben des großen Fußballers so buchhalterisch, das es fast schon weh tut. Natürlich hat er fleißig recherchiert, hat auch einige Weggefährten gesprochen, aber das Ganze wirkt völlig leblos und passt gar nicht zum flamboyanten Kicker.
Ein spätes Busby-Babe
Schulze-Marmeling schildert das Leben von George Best streng chronologisch. Dabei geht es nicht nur um die sportliche Karriere des Stürmers bei Manchester United, parallel dazu beschreibt Schulze-Marmeling auch die politische Situation in Nordirland. Best mag zwar wenig an Politik interessiert gewesen sein, der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten hat jedoch auch seine Karriere beeinflusst.
Denn es gab nie ein gesamtirisches Team, das die fußballerischen Kräfte Irlands bündelt. So spielte Best nie bei einer Weltmeisterschaft, weil sich Nordirland nicht in seiner aktiven Zeit qualifizierte. In der Nationalmannschaft war Best nie der große Macher, sein sportlicher Mittelpunkt war Manchester United unter dem legendären Manager Matt Busby. Dort hatte er Erfolg, dort verehrten ihn nicht nur die eigenen Fans.
Aber Best kannte keine Grenzen. Seine zweite Heimat wurden die Pubs und Clubs Manchesters. Er lebte alles andere wie ein Berufssportler. Spannend wäre es gewesen, wenn man erfahren hätte, warum Best durch die Klubs zog und quasi seine Karriere versoff. Diese Frage kann auch Schulze-Marmeling nicht beantworten. Und so werden das Leben des Spielers und die politische Krise in Nordirland brav abgearbeitet, aber die interessanteste Frage bleibt ohne Antwort. Schade.