Donnerstag, 13. September 2018
Valajani die Empfehlung im St. Leger 2018
Der letzte Klassiker der Saison: Das 134. Deutsche St. Leger steht am Sonntag auf dem Programm in Dortmnd-Wambel. Zehn Pferde bewerben sich in dieser Gruppe 3-Prüfung über 28000 Meter um 55 000 Euro. Gibt es erneut einen ausländischen Erfolg wie in den Wochen zuvor in den besten Prüfungen? Die englischen Gäste sind zwei bewährte Handicapper, aber sie verbreiten nicht unbedingt Angst und Schrecken. Starter und Chancen in der Analyse.

1. Adler (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie de Vries): So richtig ist der Knoten in diesem Jahr nicht geplatzt bei Adler. Vierjähriger Hengst, der in den besten Steher-Tests in Deutschland manchmal gut dabei war, aber nie gewann. Nicht zu unterschätzen, aber andere Kandidaten versprechen mehr. Immerhin die Wahl von Adrie de Vries aus dem Klug-Quartett.

2. Brandon Castle (Trainer Archie Watson/Jockey Edward Greatrex): Sechsjähriger Handicapper, der gerne von der Spitze läuft und sich nach dem Wechsel zu Trainer Archie Watson 2017 noch mal gewaltig verbesserte. In dieser Saison erst drei Starts, beim Saisonauftakt siegte er über 2800 Meter in einem gutbesetzten Class 2-Handicap in Musselburgh. Danach zweimal ohne Möglichkeiten, beste Form auf schwerem bzw. weichem Boden.

3. Eddystone Rock (Trainer John Best/Jockey Joey Haynes): In diesem Jahr immer in gutdotierten Steher-Handicaps unterwegs, beste Platzierung war ein fünfter Platz. Seine größte Stunde schlug im August 2017, als er in einem 50000 Pfund-Handicap (Class 2) in York siegte. Kampferprobter Wallach, aber er hat noch nie über mehr als 2000 Meter gewonnen.

4. Moonshiner (Trainer Jean Pierre Carvalho/Jockey Miguel Lopez): Sehr formbeständig, aber ein Sieger-Typ ist das Ullmann-Pferd nicht gerade. Der letzte Sieg datiert vom September 2016. Im letzten Jahr Zweiter hinter Oriental Eagle und auch in dieser Saison eine feste Größe in den deutschen Steher-Rennen.

5. Oriental Khan (Trainer Jens Hirschberger und nicht mehr Roland Dzubasz/Jockey Jack Mitchell): Es war 2017 das Dreamteam in den gleichen Farben, als Jack Mitchell mit Oriental Eagle das Feld von der Spitze aus dominierte. Es wird schwer: Oriental Khan läuft zwar auch von der Spitze, war in besserer Gesellschaft aber immer chancenlos.

6. Sweet Thomas (Trainer Andreas Suborics/ Jockey Stephen Hellyn): Sechsjähriger Wallach, der zuletzt zweimal hinter Tirano war. In dieser Saison mit vielen guten Vorstellungen, unter anderem Ausgleich 1-Sieger in Hamburg. Die Distanz ist aber neues Terrain, aber nach seinem Rennstil ist sie ihm zuzutrauen. Zudem gilt: Pferdes des Gestütes Wittekindshof sind in Dortmund immer zu beachten. Weil Patron Miebach keine chancenlosen Pferde auf seine Heimatbahn schickt.

7. Tirano (Trainer Waldemar Hickst/Jockey Andrasch Starke): Fünfjähriger Wallach, der zuletzt sehr überzeugend in einem Badener Ausgleich über 2200 Meter erfolgreich war. Davor Kampfsieger gegen Malkoboy in einem Listenrennen in der Schweiz über 2400 Meter. Sehr formbeständig, wenn er die längere Distanz im St. Leger kann, ist er ein Siegkandidat.

8. Ernesto (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Laube): Einer von drei Dreijährigen, alle aus dem Quartier von Markus Klug. Nach Form der größte Außenseiter, aber zwischen ihm und dem Stallgefährten Klüngel liegt nicht viel, obwohl Ernesto zweimal hinter diesem war. Außenseiter mit Chance (schlug bei seinem Maidensieg immerhin den Badener Auktionssieger Quintarelli), muss sich aber steigern.

9. Klüngel (Trainer Markus Klug/Jockey Andreas Helfenbein): Dreijähriger mit markantem Namen, der im Badener Auktionsrenenn über 2400 Meter noch guten Speed zeigte und Dritter wurde. Die längere Distanz im Leger könnte für den Jukebox Jury-Sohn passen, zum Sieg ist aber eine weitere Verbesserung notwendig.

10. Valajani (Trainer Markus Klug/Jockey Maxim Pecheur): Dem passabler Lauf in der Union gegen die Jahrgangsspitze (Rang 5) folgte eine gute Vorstellung im Hoppegartener Steherpreis über die Leger-Distanz. Platz Drei war der Lohn, allerdings konnte die Zweite Shining Bright die Form nicht ganz bestätigen. Der stärkste Dreijährige und mit dem Gewichtsvorteilen nicht zu vernachlässigen.

Urteil
Qualitativ nicht das beste Grupperennen, nur Moonshiner hat von ihnen schon ein Grupperennen gewonnen. Es ist ein Treffen guter Handicapper und talentierter Dreijähriger. Valajani hat sich gegen die Jahrgangsspitze tapfer geschlagen und die letzte Form über 2800 Meter macht ihn interessant. Dahinter kommen Moonshiner und der beständige Tirano. Nicht zu unterschätzen ist der Wittekindshofer Sweet Thomas. An die Engländer glaube ich nicht so recht.



Gute Form über die Leger-Distanz: Valajani wird Dritter in Hoppegarten, es gewann Agathonia.



Samstag, 8. September 2018
Zum Tod von Arnold Zweifel
Traurige Nachricht: Arnold Zweifel ist tot. Der ehemalige Dortmunder Galopptrainer starb am Montag im Alter von 77 Jahren. Unter anderem betreute er mit Stars and Stripes und dem Veteranen Fred Feuerstein zwei der Lieblingspferde des Kolumnisten.

Irgendwie scheint es Lichtjahre entfernt, dass in Dortmund mal erfolgreich Rennpferde trainiert wurden. Uwe Stoltefuß hatte zu seinen besten Zeiten mal über 100 Pferde im Stall und auch Norbert Sauer, Tim Gibson, Reiner Werning und Arnold Zweifel betreuten kopfstarke Lots. Stoltefuß, Sauer und Tim Gibson sind viel zu früh verstorben, jetzt folgte Zweifel. Nur Reiner Werning hielt lange stand, bis dann im letzten Jahr das Aus für den Trainingsstandort Dortmund kam. Weil es die neuen Anwohner vielleicht stören könnte, in der Nähe von Rennpferden zu leben. Ich halte diese Entscheidung immer noch für falsch.
Aus Dortmund kamen nie die sportlichen Top-Pferde. Klassische Sieger machten um die Westfalen-Metropole meist einen Bogen, selbst der langjährige Präsident des Dortmunder Rennvereins, Hans Hugo Miebach, ließ seine besten Galopper des Gestütes Wittekindshof in Köln trainieren. Es gab zwar mal einen Derbysieger aus Dortmund – Mondrian aus dem Stall von Uwe Stoltefuß. Er und sein Kollege Norbert Sauer hatten manchmal ein besseres Pferd und Anfang der 90er Jahre trainierte Fredy Scheffer einen Top-Meiler/Sprinter namens Nasr Allah für den Stall Mabrouk aus Ratingen. Aber das waren Ausnahmen.
Auch Arnold Zweifel hatte nie die großen „Kracher“ im Stall. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mal einen Dreijährigen mit klassischen Ambitionen in seiner Obhut hatte. Zweifel gewann zwar auch einige Listen-Rennen, aber die meisten seiner Schützlinge rannten in den unteren Handicaps, waren preiswert oder spätreif. Oder beides.
Aus diesen Möglichkeiten machte er eine ganze Menge. Im oftmals wechselnden Handicap-Geschäft liefen seine Pferde immer verlässlich und deshalb verdankt der Kolumnist seinem Team auch einige schöne Wetttreffer. Und da die Zweifel-Schützlinge am Toto immer eher unterschätzt wurden, lohnte sich das durchaus.

Dauerbrenner
Zwei Pferde aus dem Quartier zählten zu meinen Favoriten. Da ist zum einen Stars and Stripes, ein Halbbruder zu Sternkönig. Nicht ganz so gut, aber der Fuchs mit der weißen Blesse (wenn mich meine Erinnerungen nicht täuschen) war auch nicht schlecht. Er brauchte ein ungestörtes Rennen von der Spitze über eine weite Distanz (so ab 2400 Meter) und wenn er dann mal alles für sich hatte, dann war er schwer zu schlagen. Und immerhin konnte er Ausgleich 2 und avancierte zum Seriensieger auf Sand.
Dann war da noch der unverwüstliche Fred Feuerstein, der lange Zeit fast zum Inventar in Wambel zählte. Er lief noch mit 14, gewann jedes Jahr seine Rennen und war ein lebendes Kompliment für die Trainingsarbeit von Arnold Zweifel, der es immer schaffte, das Pferd vernünftig vorzustellen.
1999 beendete Arnold Zweifel seine Trainertätigkeit. Den großen Niedergang im deutschen Galopp bekam er als aktiver Trainer nicht mehr mit.



Donnerstag, 6. September 2018
Der Ausverkauf geht weiter
Leider sind diese Meldungen schon seit Jahren keine Seltenheit mehr im deutschen Galoppsport: Mit Sound Check verlässt der nächste Top-Galopper Deutschland Richtung Ausland. Es geht nach Australien, natürlich ist der Melbourne Cup das große Ziel. Und nicht nur dort sind nach den Erfolgen von Protectionist und Almandin Pferde aus deutscher Zucht gefragt.

„Ein Syndikat aus australischen und neuseeländischen Klienten“ habe das Pferd für „gutes Geld“ gekauft“, erklärte sein neuer Trainer Mike Moroney. „Er war sicherlich nicht billig, aber diese Zweimeilenpferde können heute auch eine Menge Geld verdienen.“
In Australien wohlgemerkt. Und deshalb wird Manfred Ostermann, Chef des Gestütes Ittlingen, die Entscheidung leicht gefallen sein. Sound Check – trainiert von Peter Schiergen – zählt zu den besten Stehern Deutschlands, ist Gruppesieger über 3200 Meter und war zuletzt Zweiter im Großen Preis von Berlin (Gruppe 1) über 2400 Meter. Verdient hat der Lando-Sohn 184 000 Euro – hört sich auf den ersten Blick viel an, ist aber im internationalen Vergleich wenig.
Im Melbourne Cup 2018 bekommt der Sieger rund 2,48 Mio. Euro, selbst der Zwölfte erhält noch über 74 000 Euro. Zum Vergleich: In Deutschland gewinnt der Erste im St. Leger (immerhin ein Klassiker) gerade mal 32 000 Euro.
Sound Check war nicht der Einzige: Kurz zuvor meldete galopponline, dass der talentierte Dreijährige Schabau Deutschland verlassen und zukünftig ebenfalls in Australien seine Rennkarriere fortsetzen wird. Zuletzt hatte der Pastorius-Sohn mit dem kölschen Namen das BBAG Steher-Auktionsrennen am Hamburger Derby-Tag überlegen gewonnen. Kaufpreis soll eine „mittlere sechsstellige Summe“ gewesen sein, sein neuer Coach Robert Hickmott trainierte einst Almandin zum Melbourne Cup-Helden.



Almandin hat mehr Stehvermögen als Heartbreak City im Melbourne Cup 2016. Der einstige Schlenderhaner schaffte damit einen der größten Erfolge für die deutsche Zucht.

Einerseits sind diese Aufkäufe ein Kompliment für die deutsche Zucht, andererseits ist der Verlust dieser Pferde für das heimische Renngeschehen ein herber Verlust. Nachvollziehbar sind die Verkaufsentscheidungen ihrer Besitzer allemal. Denn die Verdienstmöglichkeiten in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Ländern nicht wettbewerbsfähig.
Der Abgang von Top-Pferden ist gewaltig: Poetic Dream (Mehl-Mülhens-Gewinner 2017), Shimrano (Union-Sieger 2015), Rosenpurpur (Derby-Dritter 2017) oder die ehemaligen Schlenderhaner Guardini, Almandin, Iwanhowe oder Swacadelic – die Liste ist unvollständig.
Das ist auch ein Grund, warum viele Gruppe-Rennen in den letzten Jahren ziemlich schwach besetzt waren. Quantitativ und qualitativ. Da es in Deutschland auch immer weniger gutbesetzte Handicaps der Kategorien 1 und 2 gibt, weil Pferde dieser Klasse in Frankreich mehr verdienen können, werden die deutschen Renntage immer öder. Besserung scheint leider nicht in Sicht zu sein.