Donnerstag, 12. April 2018
Fünf Empfehlungen für das Grand National Meeting 2018
Das Grand National 2018 steht bevor, das zweite große Hindernismeeting in England. Im Mittelpunkt natürlich: das berühmte Grand National am Samstag, das größte Wettspektakel auf der Insel. Fünf Tipps für die drei Tage.

Es gab mal eine Zeit, da habe ich das National durchaus kritisch gesehen. Die Distanz zu lang, die Hindernisse zu schwer, die Zahl der Teilnehmer zu groß – Aspekte, die gegen das Rennen sprachen. Seit den Entschärfungen aus dem Jahr 2012 habe ich allerdings meinen Frieden gemacht. In den letzten Jahren haben meist sehr gute Pferde gewonnen, dazu gab es keine tödlichen Unfälle. Nichtsdestotrotz sind die Rennen über die National Fences (eines an jedem Renntag) immer noch eine besondere Herausforderung an Ross und Reiter.



Der letzte National-Erfolg für Trainer Nigel Twiston-Davies: Bindaree schlägt den tapferen What's Up Boys. Das war 2002

Die Tipps
Blaklion (Trainer Nigel Twiston-Davies/Grand National): Nigel Twiston-Davies weiß, wie man das National gewinnt. Und mit Blaklion sattelt er auch in diesem Jahr einen veritablen Kandidaten. Sein Starter galt schon im letzten Jahr als chancenreich, lief lange sehr gut, wurde am Ende Vierter. Im November imponierte der eher schmächtige Wallach bei seinem Erfolg in der Becher Handicap Chase über den National-Kurs. Er lasse die National-Hindernisse „erscheinen wie Hürden“, sagt der ehemalige Top-Jockey und heutige Experte Mick Fitzgerald. Die schwache Form auf schwerem Boden in Haydock sei ihm verziehen. Trotz hohem Gewicht ein sehr chancenreicher Starter – trotz aller Unwägbarkeiten.
Dazu empfehle ich als chancenreiche Außenseiter Gas Line Boy (hat ebenfalls Form über den Kurs) und Seeyouatmidnight (im letzten Jahr wenig gelaufener Steher, der noch Reserven haben sollte).
Das Grand National 2018

Mia’s Storm (Trainer Alan King, Mildway Novices‘ Chase): Toll gesteigerte Stute mit deutschem Vater, denn September Storm lief einst in den Ullmann-Farben. Ich mag es, wenn Pferde geschont nach Aintree kommen. So eine Kandidatin ist Mia’s Storm: Nach ihrem Sturz in Kempton in der Kauto Star Novices‘ Chase im Dezember, als sie als Mitfavoritin fiel, gab ihr Trainer King eine Pause. Davor aber imponierte die Stute mit Sprungtalent und Stehvermögen. In Bestform sollte sie Black Corton, Elegant Escape und Ballyoptic, die sie alle in Kempton traf, schlagen.
Mildway Novices‘Chase

Scarlet Dragon (Trainer Alan King, Top Novices‘ Hurdle): Er war ein etwas verwegener Tipp für die Supreme Novices‘ Hurdle in Cheltenham, doch leider kam Scarlet Dragon nicht an den Start. Jetzt also Aintree – und vielleicht hat ihm die längere Pause gut getan. Der „Drache“ verfügt über sehr gute Flachklasse, gewann Top-Handicaps und war gruppenplatziert. Bei seinem Debüt in Kempton fand der Sir Percy-Sohn noch gut ins Rennen, nur der überlegenen Sieger Global Citizen war schon in Sicherheit. Den trifft er wieder und vielleicht kann der King-Schützling seinem damaligen Bezwinger diesmal schlagen. Natürlich gibt es auch andere gefährliche Gegner, aber das Rennen in Cheltenham war deutlich besser besetzt.
Top Novices‘ Hurdle

Santini (Trainer Nicky Henderson, Sefton Novices‘ Hurdle): Wie Scarlet Dragon war Santini schon einer meiner Tipps für Cheltenham, doch er startete in der Albert Bartlett Novices‘ Hurdle. Dort lief der Milan-Sohn ein gutes Rennen, zum Sieg reichte es jedoch nicht. Vielleicht scheiterte er an fehlender Erfahrung, denn es war erst sein dritter Start. Dieser Start wird das Henderson-Pferd nach vorne gebracht haben, an seinem Stehvermögen gibt es keine Zweifel. Vielleicht dreht er ja den Spieß gegen den Stallgefährten OK Corral um.
Sefton Novices‘ Hurdle

Ultragold (Trainer Colin Tizzard, Topham Chase): Im letzten Jahr war die Stallform von Trainer Colin Tizzard in Aintree überragend. Eine der größten Überraschungen war der Erfolg von 50:1-Chance Ultragold in der Topham Chase über die National Fences. Auch sein nächster Versuch im November 2017 über diesen einzigartigen Kurs endete erfolgreich: Platz 2 hinter Gas Line Boy. Über die schweren National-Hindernisse scheint der erfahrene Kapgarde-Sohn ein anderes Pferd zu sein. Die Formen danach waren nicht so gut und natürlich stellt die Topham Chase große Anforderungen, aber bei Kursen um 25:1 verdient der Tizzard-Schützling einen dicken Hinweis.
Topham Chase



Dienstag, 10. April 2018
Warum auch in Liverpool alle Klopp mögen
Natürlich drückt diese Kolumne dem ehemaligen BVB-Trainer Klopp Jürgen Klopp heute Abend die Daumen: Das Rückspiel im Champions League-Viertelfinale gegen Pep Guardiolas Manchester City steht an. Auch in Liverpool herrscht große Euphorie – zumindest bei allen, die ein rotes Herz haben.

Das 3:0 des FC Liverpool im Hinspiel hatte die Fußballwelt verzückt. Auch wenn das Spiel noch nicht entschieden ist, stehen die Chancen sehr gut, dass die Reds das Halbfinale erreichen. Jürgen Klopp hat es auch in Liverpool geschafft, einen alten Traditionsklub wiederzubeleben. Ähnlich wie in Dortmund hat er einen ganzen Klub – Spieler, Verantwortliche, Fans – euphorisiert.
Seine Mannschaft präsentiert den vielleicht mitreißendsten Fußball derzeit. Wie in Dortmund hat er viele Spieler besser gemacht, auch beim FC Liverpool spielen viele Akteure den besten Fußball ihres Lebens.
Dazu kommt die persönliche Art des Trainers. Klopp geht auf die Menschen zu, schätzt die Tradition des Vereins und ist einfach ein netter und witziger Typ. „Jürgen Klopp, der Menschenfänger“, titelte der Berliner Tagesspiegel. Eigentlich wollte ich einen längeren Text über den Trainer schreiben, aber dieser Artikel aus dem Jahr 2015 ist immer noch sehr aussagekräftig.
Und dann habe ich dieses Video auf youtube entdeckt: Jürgen Klopp bowlt mit den älteren Damen und Herren des Holy Trinity Bowling Clubs. Er hat diesen Sport mal als Austauschschüler in England gespielt und jetzt hat ihn die Neugier wieder gepackt. Auch bei den Bowling-Aktiven begeistert er mit seiner unkomplizierten Art, macht ein paar Witze und beantwortet die Fragen zum FC Liverpool ausführlich.
Wie er Mitspielerin Lesley herzt, als wenn er sie schon ewig kennen würde. Ganz großes Kino, die Dame geht immerhin seit 56 Jahren zum FC Liverpool und hat seit 40 Jahren eine Dauerkarte.
Ein ganz normaler Typ, die Damen und Herren des Clubs sind beeindruckt. Und deshalb mögen sie ihn auch in England: Weil er mit dem Herzen dabei ist. Überall.




Freitag, 6. April 2018
Die Magie der Stallform
Wenn der Kolumnist an irgendetwas im Turf glaubt, dann ist es an eine Turfweisheit namens Stallform. Diese bedeutet so viel, dass alle Pferde aus einem Trainings-Quartier gut laufen und möglichst sogar gewinnen – unabhängig von ihren Vorformen und Vorlieben.

Umgekehrt gibt es das auch: Alle Teilnehmer aus einem Stall laufen gleichmäßig schlecht. Nennt man dann Stallkrise. Die Stallform liebt der Wetter, die Stallkrise nicht. Ich mache bei meinen Wettdispositionen immer einen großen Bogen um Trainer, die nicht in Form sind.
Die ersten Wochen auf Gras in Deutschland boten beste Beispiele für Stallformen. So legte Andreas Suborics in seinem zweiten Jahr als Trainer einen Blitzstart vor: Veneto triumphierte im Grand Prix-Aufgalopp in Köln, Refuseeveryoffer gewann als Außenseiter ein Sieglosenrennen für Dreijährige. Der 14:10-Favorit Open Your Mind wurde aber nur Dritter, davon platzierte sich jedoch der Debütant Atrice. Am Freitag hatte Lucky Lips einen Ausgleich 3 in Bremen für sich entschieden.
Oder Kollege Henk Grewe. Der feierte in Hannover am Ostermontag zwei Siege mit Taraja und Alinaro, in Köln waren Malakeh und Panthelia (im Grand Prix-Aufgalopp) immerhin zweitplatziert. Weiteres Beispiel: Seit Wochen hat Karl Demme sein Lot in sehr guter Verfassung.

Wenn es einmal läuft
Der größte Abräumer in Sachen Stallform war aber zuletzt der irische Trainer Gordon Elliott. Allein neun Rennen holte sich der Ire, der unter anderem für Ryanair-/Gigginstown Stud-Supremo Michael O’Leary trainiert, beim Cheltenham-Festival im März. Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie gut und ausgeglichen diese Prüfungen besetzt sind. Dabei blieb Eliott am ersten Tag noch sieglos, seine große Hoffnung Apple’s Jade wurde nur Dritte. Doch dann lief es wie geschmiert, der beeindruckende Erfolg von Samcro war der Auftakt unvergesslicher Tage.
Für Außenstehende ist das Thema Stallform ein Phänomen: Warum sollten Pferde auf einmal schneller als die Konkurrenz laufen, nur weil der Stallgefährte auf einmal siegte. Den Kollegen, den sie eigentlich gar nicht kennen? So recht kann mir das niemand erklären und die Pferde kann man leider nicht fragen. Aber offensichtlich ist das so, dass sie ein Gespür für Stimmungen haben und die Freude ihrer Umgebung mitbekommen.
Eine Krise im Rennstall ist leichter zu erklären. Ein Virus etwa kann den ganzen Stall lahmlegen und die Pferde in ihrem Leistungsvermögen hemmen. Aber wie so oft im Leben wenden sich manche Dinge schnell. Der englische Trainer Colin Tizzard hatte 2017 ein siegloses Cheltenham-Festival, doch beim Aintree-Festival im April präsentierten sich seine Starter in Galaform. Fünf Siege waren das Ergebnis, selbst größte Außenseiter erwiesen sich als unbesiegbar.