Mir werden die Italiener definitiv fehlen. Eine Fußball-Weltmeisterschaft ohne die stolze Squadra Azzura ist wie eine Pizza Hawaii – ungenießbar. Allein schon deswegen, weil Deutschland gegen Italien das aufregendste Duell im Weltfußball ist: WM 2006, WM 1982, WM 1970 oder auch die Europameisterschaften 2016 oder 2012 lassen grüßen.
Das ändert nichts daran, dass die italienische Fußballnationalmannschaft bei manchen Weltmeisterschaften den Zuschauer regelrecht quälte. Ihr Fußball war immer ergebnisorientiert, die Kicker aus dem Land des Catenaccios standen nie für Spaß. Was haben sie mich manchmal genervt! 1994 etwa, als sich die Azzuri bis ins Finale gemauert hatten und es im ereignisarmen Endspiel gegen Brasilien nach 120 Minuten 0:0 stand. Der Fußballgott hatte ein Einsehen und ließ Italien im Elfmeterschießen verlieren.
Es war eine komische Begegnung, dieses Playoff-Rückspiel zwischen Italien und Schweden im legendären Giuseppe Meazza-Stadion in Mailand. Italien brauchte nach dem 0:1 im Hinspiel nur ein Tor, doch im Gegensatz zu früheren Tagen, als die Azzuri aus gefühlten null Chancen trotzdem trafen, wollte das Tor nicht fallen. 12:2 Torchancen zählte der Kolumnist, doch die Immobile, Florenzi und El Shaarawy verfehlten das Tor oder scheiterten am schwedischen Schlussmann. Am Ende verkündete Torwart-Legende Gigi Buffon unter Tränen seinen Rücktritt, jubelte Schweden frenetisch und eine Spielertraube zerstörte das mobile Eurosport TV-Studio.
Eines ist klar: Wer in 180 Minuten gegen Schweden nicht trifft, hat die Teilnahme an der Fußball-WM nicht verdient. Auch wenn Schweden im Hinspiel besser war und der Spiegel den Qualifikationsmodus ungerecht findet. Und Italien hatte das Pech, auf Spanien in ihrer Gruppe zu treffen.
Aber der vierfache Weltmeister (1934, 1938, 1980, 2006) ist nicht mehr die Macht von einst. Der italienische Fußball kriselt schon seit Jahren: Bei den Vereinsmannschaften spielt eigentlich nur Juventus Turin eine führende Rolle in Europa, die einst so stolzen Mailänder Clubs Inter und AC versanken zuletzt im Mittelmaß. Nun sind sie im Besitz chinesischer Investoren und hoffen auf bessere Zeiten. Die meisten Stadion sind marode und oft nur mäßig besucht, der Calcio hat seinen Zauber verloren.
Spielerpersönlichkeiten wie Andrea Pirlo oder Francesco Totti haben aufgehört. Das waren Leute, die technisch versiert waren und in der defensiv ausgerichteten Mannschaft immer für einen offensiven Glanzmoment sorgen konnten. Solche Spieler haben sie heute nicht mehr.
Kranker Mann von Europa
Viele Stars kamen auch früher aus dem Ausland, doch die Top-Namen spielen nicht mehr in der Serie A. Viel Mittelmaß aus dem Ausland füllt die Kader, der italienische Nachwuchs fehlt. Die Nationalmannschaft war in den letzten Jahren immer nur gut, wenn sie einen taktisch versierten Trainer wie Antonio Conte, der heute den FC Chelsea trainiert, hatte.
Trainer Gian Pietro Ventura, einem Veteran des italienischen Fußballs, werfen die Kritiker Planlosigkeit vor. Vor dem letzten Gruppenspiel der Qualifikation übernahmen laut Süddeutscher Zeitung Torhüter Gianluigi Buffon und andere Routiniers das Kommando und bestimmten die Taktik.
Auch in Italien ist Fußball mehr als nur Sport. Der Calcio ist der Kitt, der offenbar die Gesellschaft zusammenhält. Die Reaktion in Italien war eine des Entsetzens: „Ende! Das ist die Apokalypse. Italien nach 60 Jahren ohne WM“, schrieb die Gazzetto dello Sport. „Eine brutale Ohrfeige und ein enormer Schaden für ein Land, das vom Fußball lebt und damit atmet“.
In Deutschland war die Nichtqualifikation der Squadra Azzura Zeitungen wie der Süddeutschen oder den Ruhr Nachrichten (bzw. dem Redaktionsnetzwerk Deutschland) einen Kommentar auf ihrer Meinungsseite wert. Das Versagen der Nationalmannschaft wird dabei quasi parallel mit dem Versagen der italienischen Politik und dem ökonomischen Misserfolg gleichgesetzt: Die wirtschaftliche Lage ist schlecht, die Stimmung im Keller.
Nun war die italienische Politik schon immer ein einziger Sumpf und auch im Fußball liefen finstere Gesellen rum. Die Bereiche waren eng verzahnt: Silvio Berlusconi wurde durch sein Wirken beim AC Milan und seine Medien politisch ganz groß.
An Skandalen fehlte es auch im Fußball nicht. Der Calciopoli ist noch gar nicht so lange her, die Strafen fielen erwartungsgemäß sehr milde aus. Luciano Moggi, der ehemalige Juventus-Manager und einer der Drahtzieher, ist längst rehabilitiert. „Wir sind ein katholisches Land, wir können verzeihen“, betonte Juventus-Boss Andrea Agnelli.
Das war auch Fußball aus Italien. Das berühmte Halbfinale der WM 2006 im schönsten deutschem Stadion. Andrea Pirlo spielte einen genialen Pass auf Fabio Grosso in der 119. Minute. 1:0 für Italien, das 2:0 fiel eine Minute später. Gastgeber Deutschland war draußen, die Squadra Azzura schlug Frankreich im Finale und wurde Weltmeister.
Erst einmal auch von dieser Seite herzlichen Glückwunsch. Ihren 30. Geburtstag feierte die Zeitschrift Reviersport mit einem launigen Sonderheft voller interessanter Interviews und Rückblicken. Da wurden Erinnerungen an große Zeiten wach, als das Blatt mich regelmäßig begleitete und zum Sonntag quasi dazugehörte.
Seit geraumer Zeit zählt das Blatt jedoch nicht mehr zu meiner Stammlektüre: Weil sie nicht mehr am Sonntag erscheint, sondern erst am Montag. Das mag ökonomisch sinnvoll gewesen sein, aber montags gibt es Alternativen.
Dennoch verdiente der kleine Klartext-Verlag großen Respekt für den Mut, eine regionale Sportzeitung im September 1987 unter dem Namen Revier-Sportschau auf den Markt zu bringen. Es sollte der Appetit-Anreger für eine große Sonntags-Tageszeitung sein – letztere erschien nie, die Revier-Sportschau, aus der später die Reviersport wurde, aber blieb. „Weihnachten seid ihr pleite“, erinnerte sich Mitgründer und Chefredakteur Uli Homann an die Prognosen der Experten.
Ihre Skepsis war durchaus begründet. 1987 boomte der Fußball auch im Ruhrgebiet nicht, die Stadien in Dortmund und Schalke waren höchstens bei den Revierderbys und beim Gastspiel des FC Bayern ausverkauft. Dazu war die publizistische Konkurrenz groß: Die Tageszeitungen aus dem Revier waren am Montag voll mit Fußball vom Wochenende, dazu kam der Platzhirsch kicker, dem der Kolumnist schon seit Schülerzeiten trotz aller Kritik verfallen war. Auch der Amateurfußball wurde montags von den lokalen Blättern ausführlich abgehandelt.
Am tollsten fand ich damals, dass die neue Sportzeitung am Sonntag erschien. Damit hatten die Macher einen echten Vorteil: An diesem Tag gab es in Dortmund nur die Springer-Gazetten Bild am Sonntag und Welt. Beide waren konservative Kampfblätter, die alles, was links war, verachteten. Die Spielberichte in der BamS, die ich meist notgedrungen kaufte, waren nicht mein Fall: keine Analysen, nur reine Spielberichte, sehr dürftig.
An die erste Ausgabe der Revier-Sportschau kann ich mich noch gut erinnern. In der Saison 1987/88 habe ich zu allen BVB-Spielen einen Spielbericht geschrieben. Mit der Hand (mit Füller natürlich), abgeheftet in einem Ringbuch – und da war es schön, dass es neben Ruhr-Nachrichten, Westfälischer Rundschau und kicker ein weiteres Objekt gab, dessen Fotos ich ausschneiden und dann auf die Seite einkleben konnte.
Die ersten Ausgaben der neuen Zeitung waren voller Rechtschreibfehler. Es war deutlich zu sehen, dass diese Seiten in aller Eile am Samstagabend zusammengeklatscht wurden.
Nah an den Vereinen
Es wurde aber schnell besser. Inhaltlich war es von Anfang in Ordnung: Es gab ausführliche Berichte zu den Bundesliga-Spielen, dazu Spieler-Einzelkritiken, etwas was die Tageszeitungen in dieser Zeit nicht hatten, und Hintergründe. Der BVB, Schalke, VFL Bochum, RW Essen, MSV Duisburg, Wattenscheid 09, RW Oberhausen – über alle höher spielenden Revier-Vereine brachte das Blatt detaillierte Informationen.
Manche Überschriften waren etwas reißerisch, aber das sei entschuldigt. Generell merkte der Leser schon, dass die Macher aus der alternativen Szene kamen. Gerne wurde in den Kommentaren der Kommerz verurteilt, besonders Uli Homann trauerte gerne den alten Tagen nach. Aber er hatte immer ein Gespür dafür, was echt und was aufgesetzt war.
In den Spielberichten fand ich Reviersport aber nie besonders kritisch. Es wurde eher positiv berichtet, die Noten waren meist etwas besser als im kicker. Jedenfalls waren die Reporter immer nah an den Vereinen dran. Dazu konzentrierte man sich auf den Sport, irgendwelche privaten Nichtigkeiten spielten keine Rolle.
Jedenfalls wurde Reviersport zu meinem regelmäßigen Sonntag-Begleiter. Allerdings nur an diesem Tag, denn die Donnerstagsausgabe interessierte mich kaum. Da blieb ich dann beim kicker.
Besonders in den ersten Jahren hatte Reviersport zudem einen brillanten Eishockey-Teil. In dieser Qualität und Quantität gab es das in anderen Blättern nicht. Damals war Eishockey im Revier angesagt – Herne, Essen, Dortmund, Duisburg spielten unter anderem in der damaligen 2. Liga, bis sie dann irgendwann mal Insolvenz anmelden mussten.
Dazu erschienen regelmäßige Berichte über den Trabrennsport, aber leider nicht über den Galopprennsport. Auch ein wütender Leserbrief meinerseits über diese Tatsache, den ich extra auf dem superlauten Nadeldrucker bei einem Freund ausdruckte, wurde ignoriert.
Trotz dieser Schmach bleib ich Reviersport lange treu. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich aus Dortmund beruflich weg war, in Franken und Schwaben war das Blatt leider nicht erhältlich. Da habe ich höchstens bei Heimatbesuchen reingeguckt. Oder online.
Montags nie
Als ich dann wieder in Dortmund war, habe ich das Blatt auch wieder sonntags regelmäßig gelesen. Bis 2010, als der Erscheinungstermin von Sonntags auf Montag verschoben wurde. Das mag zwar Sinn gemacht haben, aber für mich gibt es montags andere Alternativen.
Immerhin schaue ich manchmal auf das Online-Angebot, das besonders in den unteren Ligen sehr gut ist. Zudem bin ich bei weitem nicht mehr so gut informiert, was in Vereinen wie dem VfL Bochum und RW Essen passiert.
Reviersport 2017: Die App, nur die Aschenplätze im Revier werden weniger (Foto Funke)
Seit geraumer Zeit gehört Reviersport zudem zur mächtigen Funke-Gruppe (der ehemaligen WAZ-Gruppe). Das mag wirtschaftlich das Überleben gesichert haben, aber besser wird es nicht. Und warum soll ich mich die Reviersport kaufen, wenn ich die gleichen Artikel auch in WAZ oder Westfälischer Rundschaulesen kann? Weil sie von der Funke-Zentralredaktion kommen. Das mag kurzfristig Kosten sparen, aber langfristig ist das schädlich. Aber das werden die Funke-Betonköpfe nie begreifen.
Das sehr empfehlenswerte Sonderheft ist im gutsortierten Zeitungshandel oder hier erhältlich.
Jugend trifft Erfahrung – das Team hinter Rekindling
Es war mal wieder ganz großes Kino: Der Melbourne Cup – das Rennen, bei dem eine ganze Nation still steht – endete mit einem großartigen Erfolg für den irischen Turf. Drei Pferde von der grünen Insel belegten die ersten drei Plätze: Rekindling, Johannes Vermeer, Max Dynamite – letzterer aus dem Quartier von Hindernis Maestro Willie Mullins. Der Name des siegreichen Trainers lautete O’Brien, doch diesmal triumphierte nicht Vater Aidan, sondern Sohn Joseph, gerade mal zarte 24 Jahre alt. Aidan betreute den Zweiten. nurpferdeundfussball stellt das siegreiche Team vor.
Das Pferd: Rekindling
Schon im Vorfeld wurde der High Chapparal-Sohn von manchem Experten hoch gehandelt. Denn eine seiner größten Stärken war das Stehvermögen, das belegen Platz 2 im irischen und Rang 4 im englischen St. Leger, jeweils hinter sehr guten Pferden. Doch der Kolumnist hatte seine Bedenken: Als Dreijähriger am Ende einer harten Saison gegen kampferpobte Gegner, da hätte man ruhig noch ein Jahr warten können mit Rekindling und 2018 das australische Monster-Rennen in Angriff nehmen. Auch die Historie sprach gegen einen Start: Der letzte Dreijährige, der dieses Rennen gewann, war Skipton im Jahre 1941.
Alles Makulatur – dieser Tag gehörte dem Schützling von Joseph O’Brien. Startbox 4 und das leichte Gewicht waren definitiv Vorteile, mit der niedrigen Startbox ersparte er sich weite Wege außen. Jockey Corey Brown fand immer die Lücke und als es dann auf die letzten Meter ging, lief Rekindling noch locker an Johannes Vermeer vorbei und siegte mit einer halben Länge. „Er ist ein hartes Pferd und sehr leicht zu trainieren“, sagte sein Trainer. Und alles lief optimal, er sei während des Rennens immer zufrieden gewesen, erklärte O’Brien.
Der Trainer: Joseph O’Brien
Natürlich ist Joseph O’Brien quasi mit dem „goldenen Turflöffel“ geboren. Sein Vater Aidan ist der erfolgreichste Trainer von Galopprennpferden der letzten Dekade, die Herren Magnier, Tabor und co. sind seit Jahren die dominierenden Züchter und Besitzer im Turf. Wer allerdings meinte, dass der junge O’Brien den Top-Jockey-Job im Ballydoyle-Quartier bekommen hat, weil sein Papa Trainer war, der lag schon damals falsch. Auch Turf ist knallharter Profisport und „Learning by Doing“ auf den edlen und teuren Vierbeinern geht gar nicht. Bei Borussia Dortmund spielt ja auch nicht der Sohn des Geschäftsführers im Tor.
Jedenfalls lernte Joseph schnell, feierte große Erfolge, unter anderem mit Australia und Camelot im englischen Derby. Das dumme Gerede verschwand rasch, denn der Mann überzeugte mit Leistung im Sattel.
Mit über 1,80 Meter Körpergröße war allerdings eine weitere Jockey-Karriere sehr fraglich. So wurde O’Brien junior 2016 Trainer und bereitet sowohl Flach- als auch Hindernispferde vor. Seinen ersten Gruppe 1-Sieg als Coach feierte er 2016 mit Intricately in den Moyglyare Stud Stakes, in diesem Jahr folgte der Triumph im Melbourne Cup – ausgerechnet in Australien. „Ich habe jedem erzählt, dass Joseph der führende Trainer der Welt wird. Sein Vater muss aufpassen“,
berichtete Lloyd Williams, der Besitzer von Rekindling. Prominente Leute wie die Ballydoyle-Meister, J P Mc Manus und eben Williams werden den weiteren Weg nach oben begleiten.
Der Jockey: Corey Brown
Es war der zweite Erfolg im australischen Prestige-Rennen für Jockey Corey Brown: 2009 gewann er den Melbourne Cup mit Shocking für Trainer Mark Kavanagh, übrigens das letzte erfolgreiche Pferd, das in Australien geboren wurde. Brown hatte mit Rekindling ein ideales Rennen, lag immer gut an den Rails und fand dann die Lücke. Es war ein perfekter Ritt. Oder wie er selbst sagt: „Ein Traumritt“. Der am 15. Juni 1976 geborene Jockey zählt zu den Routiniers im australischen Turf und kehrte nach vierjährigem Aufenthalt in Frankreich und Singapur in diesem Jahr nach Australien zurück. Die ersten Monate nach seiner Rückkehr waren ein harter Kampf, der Cup-Sieg ein willkommener Aufheller. Den ersten großen Gewinner ritt Brown 1994, sein erster Gruppe 1-Sieger hieß Camino Rose in den Coolmore Classics von 1999.
Der Besitzer: Lloyd Williams
Unter dem Bayern München-Syndrom leidet Lloyd Williams definitiv nicht. Denn er feierte seinen sechsten Erfolg im Melbourne Cup strahlend und frenetisch – im Gegensatz zum deutschen Rekord-Fußballmeister, der sich ja inzwischen noch nicht einmal über den Bundesliga-Titel mehr freut, weil er vorher in der Champions League ausgeschieden ist. Jedenfalls ist Williams der Mann mit den meisten Cup- Siegen als Besitzer bzw. Mitbesitzer – Rekindlings Vorgänger hießen Almandin (2016), Green Moon (2012), Efficient (2007), What A Nuisance (1985) und Just A Dash (1981). Williams zählt zu den reichsten Australiern, sein Vermögen machte er unter anderem mit Glücksspiel und Immobilien. Seine Turfbasis heißt Macedon Lodge, dort trainiert Robert Hickmott den größten Teil der Williams-Pferde.