Mittwoch, 19. Juli 2017
Erinnerungen an fünf große Sprinter
Es war das Rennen des letzten Wochenendes. Und am Ende hatte nicht der schon als neues Wunderpferd gehandelte Caravaggio im July Cup über schnelle 1200 Meter in Newmarket die Nase vorn, sondern der genauso begabte Harry Angel. „Er wurde an diesem Tag zum Mann“, verkündete sein glücklicher Trainer Clive Cox nach dem Rennen. Der dreijährige Harry Angel ließ nicht nur den Altersgenossen Caravaggio hinter sich, sondern schlug auch die besten älteren Pferde wie Limato, Tasleet und The Tin Man. Faszinierender Stoff sind diese Sprints – und für diese Seite, Anlass an fünf Top-Sprinter der Vergangenheit zu erinnern. Die Auswahl ist keine Rangliste, sondern eben gnadenlos subjektiv.

Borderlescott (Trainer Rob Bastiman, später Rebecca Bastiman, lief von 2004 bis 2015, 85 Starts, 14 Siege, zweimal Gruppe 1, Gewinnsumme 791.949 Pfund)
Einer meiner absoluten Favoriten. In seinen besten Zeiten war Borderlescott ein ungemein beständiges Pferd, das sowohl in den großen Handicaps als auch in Gruppe-Rennen eine scharfe Klinge schlug. Zudem war er ein typisches Beispiel für einen Sprinter, der aus einem kleinen Stall kam, nicht gerade eine adelige Abstammung hatte und dennoch die Rennwelt entzückte. Für Trainer Rob Bastiman war er das mit Abstand beste Pferd, das er je trainiert hatte.
Besonders stolz war Bastiman über den doppelten Erfolg in den Gruppe 1-Nunthorpe Stakes in York, quasi in der Heimat des Trainers aus der Grafschaft Yorkshire. Allerdings triumphierte Borderlescott beim ersten Nunthorpe in Newmarket, weil der Rennkurs York sein damaliges Meeting absagen musste.
Der Kolumnist erinnert sich zudem besonders an den zweiten Platz im 2007 Stewards Cup in Goodwood. Damals verfolgte ich in der Buchmacher-freien Stadt Nürnberg manchmal Rennen in einem Internet-Cafe im dortigen Hauptbahnhof. Mein Jubel schallte durch das ganze Cafe, weil ich dachte, den Sieger in dieser 30-Pferde-Mammutprüfung getroffen zu haben. Nur die Stewards in Goodwood waren anderer Meinung, setzten Borderlescott auf den zweiten Platz hinter Zidane. Noch heute bin ich der Meinung, sie lagen falsch.

Choisir (Trainer Raul Perry, lief von 2001 bis 2003, 23 Starts, 7 Siege, davon zweimal Gruppe 1, Gewinnsumme 889.182 Pfund).
Es war einer dieser Turf-Momente, die einem sofort wieder einfallen, wenn man darauf gestoßen wird. Die Racing Post hatte im Vorfeld von Royal Ascot 2017 an glorreiche Momente der Vergangenheit erinnert und dabei den historischen Doppel-Erfolg von Choisir 2003 nicht vergessen. So recht hatte man den bulligen Sprinter aus Australien nicht auf der Rechnung, zumal er in den King’s Stand Stakes auch noch mehr Gewicht dank eines Gruppe 1-Sieges in der Heimat tragen musste.
Doch Choisir war das völlig egal, fand mit Jockey Johnny Murtagh den Platz an den Rails und marschierte dann von vorne los. Keiner konnte ihm folgen, hinter dem Australier folgten die englischen Top-Sprinter Acclamation und Oasis Dream (heute übrigens zwei sehr erfolgreiche Deckhengste). Das war der erste australische Erfolg auf englischem Turf und vier Tage später wurde es noch besser in den 200 Meter längeren Golden Jubilee Stakes. Das gleiche Spiel: Choisir marschierte erneut von vorne und triumphierte. Der Kolumnist ärgerte sich noch heute, dass er damals nicht den Sieger zu lukrativen Odds gewettet hatte. Danach sah Royal Ascot eine wahre Invasion brillanter Sprinter aus Australien – Miss Andretti, Scenic Blast, Takeover Target und zuletzt Black Caviar feierten alle schöne Erfolge.
Choisir gehörte schon in Australien zur Elite der Sprinter, siegte unter anderem in den Lightning Stakes (Gruppe 1) in Flemington. Seine Abschiedsvorstellung gab er im July Cup in Newmarket, dort unterlag er Oasis Dream. Später war er ein sehr erfolgreicher Deckhengst für Coolmore.



„The Aussie gone do it“ – Choisir deklassiert das hochklassige Feld in den King’s Stand Stakes in Royal Ascot

Lochsong (Trainer Ian Balding, lief von 1991 bis 1994, 27 Starts, 15 Siege, davon drei Gruppe 1-Erfolge, Gewinnsumme 600.888 Pfund)
Es muss 1993 oder 1994 gewesen. Damals war ein Samstag ohne Racing Post kein guter Tag, das Blatt konnte man zu dieser Zeit – wenn es denn in Deutschland ankam – beim Buchmacher Schickle in Dortmund kaufen. Und irgendwann lief mal Lochsong, die beste Sprinterin dieser Zeit. „Speed Queen“ nannte man sie und die Racing Post widmete ihr eine wahre Eloge. Das war kein Wunder, die Tochter des mir völlig unbekannten Deckhengstes Song war pures Dynamit auf vier Beinen.
Sie debütierte erst relativ spät mit drei Jahren, gewann sogar mal über 1400 Meter, doch ihre wahre Idealdistanz waren kürzere Wege. 1992 machte die Stute erstmals richtig Furore, als sie drei große Sprints-Handicaps in Serie gewann – den Stewards Cup in Goodwood, den Portland Cup in Doncaster und den Ayr Gold Cup. Eine großartige Leistung, denn in diesen Prüfungen laufen bis zu 30 Pferde und alle wollen gewinnen. Doch Lochsong wurde noch besser, siegte in neun Stakes-Rennen, darunter zwei Mal im Prix de L’Abbaye in Longchamp. Meistens gewann sie von der Spitze aus, besonders mit Frankie Dettori, damals am Anfang seiner großen Karriere, bildete die Stute ein großartiges Team.



Einzigartiger Handicap-Hattrick: Lochsong triumphiert im Ayr Gold Cup. Von der Spitze aus galoppiert sie ihre Gegner in Grund und Boden.

Overdose (Trainer Sandor Ribarski, später Jozef Roszival, lief von 2007 bis 2011, 19 Starts, 16 Siege, Gewinnsumme 206.214 Pfund)
„The Budapest Bullet“ beindruckte auch den Kolumnisten ungemein. Es war die klassische Geschichte vom Aschenputtel zum Märchenprinzen, die ganze Story kann man hier nachlesen. Ein Pferd aus dem Turf-Entwicklungsland Ungarn rockte die Turfgemeinde: Beim ersten Start in Deutschland hallte dem ungeschlagenen Overdose schon ein großer Ruf bevor, der überlegene Sieg im Badener Lanson Cup, dem Scherping-Rennen, bestätigte das eindrucksvoll. Danach schlug er die besten deutschen Sprinter in Hamburg und Baden-Baden, immer von der Spitze aus. 14 Rennen nacheinander blieb der Starborough-Sohn ungeschlagen. Nur der größte Triumph war keiner: Overdose gewann im Oktober 2008 den Prix De L'Abbaye (Gr. I) in Paris-Longchamp. Wegen eines angeblichen Fehlstarts wurde das Rennen aber am Ende der Karte noch einmal gelaufen. Nur diesmal fehlte der Hengst.
Dennoch wählten die Ungarn ihn 2008 zu ihrem Sportler des Jahres. Doch dann plagten ihn Hufprobleme, ein Trainerwechsel folgte. Overdose zeigte zwar noch gute Leistungen, aber der Zauber war irgendwie verflogen. 2011 hörte der Hengst auf, 2015 starb Overdose, der als Deckhengst im Gestüt Lindenhof wirkte, an einer Kolik.



Der Sieg, der keiner war: Overdose im Prix De L’Abbaye 2008

Sole Power (Trainer Edward Lynam, lief von 2009 bis 2016, 65 Starts, 12 Siege, davon 5 mal Gruppe 1, Gewinnsumme 2.103.813 Pfund)
Sein Stern ging 2010 in den Nunthorpe Stakes in York auf. 1000 Meter auf gut bis festem Boden, das waren optimale Bedingungen für Sole Power. Doch das wussten damals höchstens Trainer Edward Lynam und sein Team. Dem Wallach war das egal, er schockte als 100:1-Chance die Konkurrenz in dieser Gruppe 1-Prüfung und gewann sicher gegen den Favoriten Starspangledbanner.
Der Erfolg war kein Zufall, Sole Power entwickelte sich zu einem der besten Sprinter seiner Zeit, er brachte Trainer Lynam quasi „auf die Landkarte“. In fünf Gruppe 1-Prüfungen hatte er die Nase vorn, kam gerne vom Ende des Feldes. Manchmal war das eine komplizierte Sache, die Lücke zu finden. Man schaue nur auf das Video unten, der Lauf von Sole Power in den King’s Stand Stakes in Ascot. Aber dieser Speed ist einfach nur gigantisch.




Donnerstag, 6. Juli 2017
Narzisst, Wohltäter und Steuersünder
Die Biografie „Alles auf Rot“ von Juan Moreno analysiert wortgewaltig die Persönlichkeit des Bayern-Managers Uli Hoeneß – ein Typ mit vielen Facetten. Auch wenn nicht alle Informationen neu sind, lohnt sich die Lektüre durchaus.

Der Typ polarisiert. Uli Hoeneß ist einer der bekanntesten Figuren des deutschen Fußballs. Dass der FC Bayern München der erfolgreichste deutsche Fußball-Verein geworden ist, liegt maßgeblich an den Qualitäten seines langjährigen Managers und Spielers. Dafür hat Hoeneß auch den Respekt seiner Gegner. Andererseits mögen viele diesen „Raubtier-Kapitalismus“ nicht, mit dem er den FC Bayern München großmachte.
Der Bayern-Manager wirkte oft wie ein Getriebener, der Geld und Erfolg mit allen Mitteln anstrebte. Für den Erfolg seines FC Bayern macht er alles, beschimpfte Konkurrenten, Fans und Journalisten oftmals auf schlimmste Weise. Andererseits hat sich Hoeneß auch den Ruf des „guten Menschen von der Säbener Straße“ redlich verdient. Denn Freunde und Bekannte, denen es nicht gut ging, hat er immer geholfen, viele soziale Projekte unterstützte er ohne großes Brimborium.



Dabei veränderte sich sein Image, so Biograph Juan Moreno, in den letzten Jahren stetig. Vom eiskalten Bayern-Manager mit miesem Image in der Liga zum „feinsten Kerl der Liga“ (Süddeutsche Zeitung) letztlich zum „größten Helden aller Zeiten“ (die Münchner Boulevardzeitung tz). Die Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung und der anschließende Prozess zerstörten das Heldenbild. Das Landgericht verurteilte den Bayern-Manager, weil er Steuern von mindestens 28,5 Millionen Euro hinterzogen hatte. Wahrlich keine Peanuts.
Das ist allemal Stoff für eine spannende Biografie. Nun gibt es über den FC Bayern und Uli Hoeneß bereits einiges an Bücher. Nichtssagende und Gute – an „Gute Freunde - die wahre Geschichte des FC Bayern“ von Thomas Huetlin kommt Morenos Buch nicht ganz heran.

Ein Mann mit vielen Gesichtern
Auch bei Huetlin spielt Hoeneß eine wichtige Rolle. Dort kommt er nicht immer gut weg, wirkt oftmals wie ein überehrgeiziger Streber. Moreno ist da durchaus differenzierter, vermittelt ein vielseitigeres Bild. Ohne in große Ehrfurcht zu verfallen.
Was macht diesen Typen Hoeneß so interessant? Moreno versucht sich der Persönlichkeit des Metzger-Sohnes mit Hilfe verschiedener Unterpunkte zu nähern. Ehrgeiz, Glück, Geld, Wille, Aufstieg, Macht, Fall – das Leben und die Persönlichkeit des Ulrich Hoeneß in Happen. Diese Gliederung ist durchaus sinnvoll und gibt dem Werk Struktur. Leser, die jedoch eine ausführliche Beschäftigung mit der Steuerhinterziehung erwarten, werden enttäuscht sein. Dieses Thema wird nur im letzten Abschnitt behandelt.
Spiegel-Mann Juan Moreno, früher auch bei der Süddeutschen Zeitung, ist ein brillanter und wortgewaltiger Schreiber. Manchmal wirkt die Sprache ein wenig zu sehr selbstverliebt, destodestotrotz ist „Alles auf Rot“ eine spannende Lektüre. An manchen Stellen hat die Lektüre den Kolumnisten so gefesselt, dass er regelrecht die Zeit vergaß.
Moreno sieht Hoeneß durchaus zwiespältig. Manchmal schimmert Sympathie durch, manchmal aber auch Unverständnis. Aber platt wirkt die ganze Geschichte nie. In seinem Resümee vergleicht der Autor Hoeneß mit einem Narzissten. „Narzissten treten meist arrogant und angriffslustig auf, können aber durchaus angenehme Menschen sein“, schreibt Moreno. „Im Innern sind sie eitle, größenwahnsinnige Egoisten, die sehr empfindlich auf Kritik reagieren.“ Vieles davon treffe auf Hoeneß zu. „Narzissten sind oft charmant und liebenswert.“ Sie benötigen Anerkennung und neigen, Freundschaften zu manipulieren. …. „Ohne eine gehörige Portion Narzissmus wird man vermutlich nicht der beste Fußball-Manager, den es je in Deutschland gegeben hat“, bilanziert Moreno.

Fazit: Nicht alles ist neu, aber eine durchaus spannende Annäherung an die Persönlichkeit des Uli Hoeneß.



Donnerstag, 29. Juni 2017
Parviz und Rosenpurpur die Empfehlungen im Derby 2017
Die Spannung steigt. Sonntag ist wieder Derby-Zeit in Hamburg-Horn. 19 Kandidaten bewerben sich um den wichtigsten Titel der deutschen Turf-Saison. Regen ist für Sonntag angesagt, hoffentlich wird das Geläuf nicht wieder zum Moor, das dem Zufall die Tore öffnet. 2017 kommt kein Gast aus dem Ausland, sieben Pferde schickt alleine Trainer Markus Klug ins Rennen. Die Prüfung ist so offen wie schon lange nicht mehr, Starter und Chancen im Deutschen Derby 2017.



Interessanter Starter: Parviz aus dem Quartier von Waldemar Hickst
(Foto German Racing / Rühl).


1. Colomano (Trainer Markus Klug / Jockey Andreas Helfenbein, GAG 96 kg): Das höchstbewertete Pferd im Feld und als Sieger des Union-Rennens der logische Favorit im Derby. Der Cacique-Sohn zeigte dabei guten Speed, blieb letztendlich sicher vor Windstoß, Northsea Star sowie Warring States. Er galt schon früh als Steher und Derby-Hoffnung im großen Klug-Stall. Kommt gerne von hinter, für Routinier Andreas Helfenbein, der den verletzten Adrie de Vries vertritt, die große Chance auf den ersten Derby-Sieg.

2. Windstoß (Trainer Markus Klug / Jockey Maxim Pecheur, GAG 95,5 kg): Das war schon eine tolle Leistung von Windstoß: Zweiter in der Union und das nur eine Woche nach seinem Sturz in Hannover. Zeigte dabei viel Kampfgeist. Als Dreijähriger noch mal deutlich verbessert, so viel sollte zwischen ihm und dem Stallgefährten Colomano nicht liegen. Stehvermögen ist da, gute Möglichkeiten aus dem Vordertreffen.

3. Langtang (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Jozef Bojko, GAG 94,5 kg): Der Winterfavorit und der Gewinner des Badener Derby-Trials. Die Gegner mögen in Baden nicht die Besten gewesen sein, der Sieg fiel allerdings leichter aus als es die Abstände aussagten. Kennt eigentlich nur gute Formen, als Campagnologist-Sohn sollte er auch die 2400 Meter können. Langtang ist jedoch nicht die Wahl von Wöhler-Stalljockey Eddie Pedroza, mit Jozef Bojko sitzt sein Reiter aus dem Winterfavoriten im Sattel. Bojko triumphierte zudem 2011 mit dem zweiten Wöhler-Kandidaten Waldpark. Ein weiterer Kandidat mit Chancen.

4. Northsea Star (Trainer Markus Klug / Jockey Alexander Pietsch, GAG 94 kg): Erst drei Starts im Leben, dabei von Rennen zu Rennen verbessert. Platz 3 in der Union war eine deutliche Empfehlung, dabei lief er noch eine Spur zu eifrig („raced keenly“, wie die Engländer so schön sagen). Muss sich aber weiter steigern, so recht glaube ich nicht an eine Formumkehr gegen die Stallgefährten Colomano und Windstoß.

5. Warring States (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Eduardo Pedroza, GAG 94 kg): Der Sieger im Bavarian Classic gegen Enjoy Vijay, zuletzt Vierter in der Union, wo er zu spät ins Rennen fand. Talentiertes Pferd, das noch nicht alle Karten aufgedeckt haben sollte. Die Wahl von Wöhler-Stalljockey Eduardo Pedroza gegenüber Langtang und Promise of Peace.

6. Enjoy Vijay (Trainer Peter Schiergen / Jockey Andrasch Starke, GAG 93,5 kg): Guter Zweiter im Bavarian Classic hinter Warring States, im Badener Derby-Trial lief er jedoch wie ein Pferd, dem die 2000 Meter-Distanz zu lang wurde. In Hamburg geht es noch mal 400 Meter weiter, der Nathaniel-Sohn (danach sollte er eigentlich Stamina haben) ist allerdings die Wahl von Andrasch Starke. Und der ist in seinem „Wohnzimmer“ Hamburg-Horn eigentlich immer eine Empfehlung wert.

7. Monreal (Trainer Jean-Pierre Carvalho / Jockey Fabrice Veron, GAG 92 kg): Die Enttäuschung aus der Union, als er als hochgehandeltes Pferd noch ziemlich unreif lief und deutlich besiegt endete. Es war aber erst der dritte Start des Ullmann-Hengstes, vorher war er Vierter von fünf Pferden im Prix Greffulhe (Gr.2) in Chantilly. Groß waren die Abstände dort nicht, der Sieger Recoletas und der Zweite Waldgeist werteten die Form anschließend durch die Plätze Drei und Zwei im französischen Derby auf. Dass Monreal viel Talent hat, bewies er bei seinem Debüt, als er trotz Unreife souverän gegen Rosenpurpur gewann. Abschreiben würde ich ihn nicht. Im letzten Jahr floppte Savoir Vivre aus dem gleichen Quartier ebenfalls in der Union und überraschte als Zweiter im Derby.

8. Kastano (Trainer Markus Klug / Jockey Martin Seidl, GAG 91 kg): Eher ein Geheimtipp. Im Bavarian Classic und im Badener Derby Trial über jeweils 2000 Meter hatten die Erstplatzierten für ihn zu viel Speed, obwohl er sich als Dritter in beiden Prüfungen nicht schlecht aus der Affäre zog. Vielleicht kommt ja noch mal eine Steigerung über 2400 Meter, der Halbbruder der Spitzenstute Kasalla (die auch 2400 Meter konnte) stammt vom Steher Nathaniel.

9. Ming Jung (Trainer Markus Klug / Jockey Rene Piechulek, GAG 90 kg): Das Derby ist schon der achte Lebensstart des Kallisto-Sohnes. Auch wenn die Form aus dem Badener Derby-Trial ganz passabel war (Platz 4), ist der Halbbruder des guten Meilers Millowitsch ein Außenseiter, der sich gewaltig für den Derbysieg steigern müsste.

10. Shanjo (Trainer Markus Klug / Jockey Alexander Pietsch, GAG 94 kg): In diesem Jahr gut verbesserter Soldier Hollow-Sohn, der immerhin schon zwei Rennen gewinnen konnte. Speziell der zweite Erfolg gegen Native Fighter (der danach zweimal siegte) machte Eindruck. In der Union sah Shanjo aber erstmals in bester Gesellschaft Grenzen.

11. Amun (Trainer Christian von der Recke / Jockey Stephen Hellyn, GAG 84 kg): Zweijährig schlug Amun einst Colomano im Badener Auktionsrennen – allerdings über schnelle 1400 Meter. In diesem Jahr war der Hengst von Trainer Christian von der Recke erst einmal am Start und dabei chancenlos im Bremer Derby-Trial. Krasser Außenseiter.

12. Parviz (Trainer Waldemar Hickst / Jockey Marc Lerner, GAG 83,5 kg): Der Sohn des französischen Derbysiegers Lope De Vega hat sich von Rennen zu Rennen stark verbessert, sein Erfolg im Derby-Trial von Hannover imponierte sehr. Was diese Form letztlich wert ist, wird sich zeigen, aber Parviz, der in den Farben des Vorjahressiegers Isfahan läuft, siegte sicher gegen Sargas und Rosenpurpur. Dabei zeigte der Hickst-Schützling viele Reserven, ein Kandidat, der längst noch nicht alle Karten aufgedeckt hat.

13. Sargas (Trainer Jean-Pierre Carvalho / Jockey Filip Minarik, GAG 81 kg): Erst zwei Starts im Leben, entsprechend unerfahren geht der Nachkomme des einstigen Derbyheroen Shirocco ins wichtigste Rennen seiner Karriere. Talent hat er bereits bewiesen, Platz 2 zuletzt in Hannover war eine gute Leistung. Die Wahl von Filip Minarik gegenüber Monreal aus dem Carvalho-Team, verbessern muss sich Sargas dennoch. Vielleicht kommt das Derby noch etwas früh.

14. Rosenpurpur (Trainer Peter Schiergen / Jockey Daniele Porcu, GAG 80 kg): Ebenfalls wenig geprüft, der Hengst lieferte aber immer trotz einiger Unreife gute Leistungen ab. Und jedes Mal lief er wie ein Kandidat, für denen die 2400 Meter ideal sind. Die bisherigen Leistungen reichen noch nicht aus, aber das Pferd in den bekannten Wittekindshofer Farben könnte noch etwas in petto haben. Mein Pferd für die Überraschung.

15. Oriental Khan (Trainer Roland Dzubasz / Jockey Bauyrzhan Murzabayev, GAG 79 kg): Noch sieglos, zuletzt deutlich geschlagen in der Union. Krasser Außenseiter, allerdings hat sein Trainer mit ähnlichen Pferden in den letzten Jahren im Derby überrascht.



So war es vor zehn Jahren: Adlerflug triumphiert 2007. Es war ein imponierender Erfolg. Zudem war der Schlenderhaner mein Tipp. Schöne Erinnerungen, da sei die schwache Bildqualität entschuldigt.

16. Khan (Trainer Henk Grewe / Jockey Clement Lecoeuvre, GAG 74 kg): Feierte sein Debüt im Düsseldorfer Derby-Trial, siegte dann souverän in Straßburg und endete zuletzt als Achter und Letzter im Union-Rennen. Veranlagt, aber eine vordere Platzierung wäre sensationell.

17. Promise of Peace (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Bayarsaikhan Ganbat, GAG 73 kg): Der Pechvogel der Derby-Vorprüfung in Hannover, kam durch den Sturz von Windstoß aus dem Rhythmus. Diese Form ist also zu streichen, davor gewann er in Krefeld und war unter anderem Zweiter zum guten Walsingham in Bremen. Auf dem Papier der schwächste der Wöhler-Kandidaten, muss zulegen.

18. Gepard (Trainer Christian Zschache / Jockey Michael Cadeddu, GAG 72 kg): Bei drei Starts noch sieglos, zuletzt rund zehn Längen Vierter hinter Parviz im Derby-Trial von Hannover. Nach den bisherigen Formen chancenlos.

19. Sternkranz (Trainer Markus Klug / Jockey Sibylle Vogt, GAG 69.5 kg): Der Kamsin-Sohn qualifizierte sich am Union-Tag durch einen Kampferfolg gegen So Tough für das Derby. Davor lief er jeweils ordentlich gegen die heutigen Gegner Sargas und Rosenpurpur, hatte aber keine Chance gegen die beiden. Muss die bisherigen Formen schon deutlich steigern, um hier etwas zu erreichen. Der Ritt ist eine gute Chance für Jockey Sibylle Vogt.

Urteil
Die Liste der Siegkandidaten ist so lang wie schon lange nicht mehr. Colomano ist der logische Favorit, es folgen Windstoß, Langtang, Warring States, Northsea Star und Parviz. Letzterer ist das Pferd mit dem größten Potenzial nach oben und damit der logische Tipp. Dazu hat der Kolumnist noch eine kleine Wette auf Rosenpurpur laufen: Dieser muss sich zwar steigern, aber galoppierte immer wie ein Pferd, das nach der Derby-Distanz quasi „schreit“.