Donnerstag, 12. Mai 2016
Degas gegen Knife Edge und Ryan Moore
Am Pfingstmontag ist es auf der Rennbahn in Köln-Weidenpesch mal wieder soweit: Ambitionierte Dreijährige treffen im Mehl-Mülhens-Rennen, den Deutschen 2000 Guineas, aufeinander. Der erste Klassiker der deutschen Turfsaison steht bevor. Und das Rennen ist ziemlich offen. Starter und Chancen.

Ein Trend steht schon lange: Das Mehl-Mülhens-Rennen über 1600 Meter ist etwas für Spezialisten. Der Weg zum Hamburger Derby geht heute über andere Stationen. Auch wenn es Ausnahmen gibt: Lucky Lion belegte vor zwei Jahren nach seinem Erfolg im Meilen-Klassiker den zweiten Platz im Deutschen Derby, vor zwanzig Jahren schaffte Lavirco als letztes Pferd das Double 2000 Guineas – Derby. Nichtsdestotrotz ist das Mehl-Mülhens-Rennen auch dank der oft starken ausländischen Gäste meist eine spannende Sache. Vor einigen Jahren triumphierte etwa ein Hengst namens Excelebration in Köln, der später eine große Karriere machte. Sein Trainer Marco Botti ist wieder dabei – mit Knife Edge und Top-Jockey Ryan Moore.

Baroncello (Trainer Andreas Löwe): Stallgefährte von Veneto, gewann zwei seiner drei Starts. Siegte ebenfalls zuletzt gegen einen „heißen“ Wöhler-Kandidaten und auch diese Mülheimer Siegform wurde aufgewertet. Auch Baroncello sollte weitere Reserven haben.

Degas (Trainer Markus Klug): Stallgefährte von Millowitsch, zuletzt endlich der erste lockere Sieg im fünften Versuch. Aber obwohl der Röttgener zweijährig ohne Erfolg blieb, zählte er dennoch zur Spitzengruppe des Jahrgangs, war er doch im Winterfavoriten und hochdotierten Auktionsrennen platziert. Guter Auftakt, könnte noch mal zulegen.



Wäre ein passender Sieger in Köln: Millowitsch (rechts) schlägt mit viel Kampf El Loco. (Foto: German Racing / Rühl)

Knife Edge (Trainer Marco Botti): Der Gast aus England. Sehr gute zweijährige Debütform, in diesem Jahr zweimal auf der Bahn. Zum Saisonauftakt Dritter (hinter Adventurous, der ursprünglich auch für dieses Rennen vorgesehen war), zuletzt Zweiter in den Greenham Stakes hinter dem guten Tasleet in den Gruppe 3 Greenham Stakes über 1400 Meter. Schon nach diesem Rennen nannte Trainer Botti die Deutschen 2000 Guineas als Ziel des Hengstes. Mit Ryan Moore und guten Chancen.

Millowitsch (Trainer Markus Klug): Die Kölner Bahn wird beben, wenn das Pferd mit dem Namen des bekannten Volksschauspielers triumphieren würde. Der Sohn des Klasse-Meilers Sehrezad war ein sehr früher und guter Zweijähriger mit drei Siegen bei vier Starts. In diesem Jahr ging es siegreich im Busch-Memorial weiter, der Erfolg beantwortete eindrucksvoll die Frage nach dem Stehvermögen über 1600 Meter. Auf dem Papier der stärkste deutsche Kandidat, der zudem immer sehr viel Kampfgeist zeigt.

Molly King (Trainer Jens Hirschberger): Kommt aus einer guten Familie, aber landete bei drei Starts immer im Mittelfeld. Das reicht leider nicht.

Noor Al Hawa (Trainer Andreas Wöhler): Zweijährig überlegener Sieger im Arag Junioren Preis (so recht wurde diese Form aber noch nicht aufgewertet), danach musste er verletzungsbedingt im Winterfavorit passen. Ordentliches Jahresdebüt, gegen den Sieger Millowitsch aber chancenlos. Immer hochgeschätzt, Steigerung sicher, denn viele Wöhler-Pferde legen beim zweiten Jahresstart noch mal zu.



Einer von zwei Wöhler-Startern in den blauen Abdullah-Farben: Noor Al Hawa (Foto German Racing / Rühl)

Omar Bradley (Trainer Flemming Velin): Der große Unbekannte aus Dänemark. Seine beste Leistung war ein dritter Platz im Gruppe 3 Prix la Rochette in Longchamp, zuletzt erfolgreich in Klampenborg/Dänemark. Lief noch nie über 1600 Meter.

Parvaneh (Trainer Waldemar Hickst): Siegerin als großer Außenseiter im Karin Baronin von Ullmann – Schwarzgold-Rennen (Gruppe 3) in Köln. Es war ein spektakulärer Sieg, denn Parvaneh kam mit viel Speed von ganz hinten. Die Stute brauchte aber einige Zeit, um auf die Beine zu kommen. Der Kölner Erfolg war gegen die Stuten, jetzt geht es gegen Hengste. Eigentlich ungewöhnlich, denn die Holy Roman Emperor-Tochter hat auch noch eine Nennung für die 1000 Guineas für die Stuten.

Royal Shaheen (Trainer Andreas Wöhler): Unterlag zuletzt als heißer Favorit nur knapp Baroncello in Mühlheim. Zwischen beiden Pferden sollte nicht viel liegen, aber auch Royal Shaheen muss die Vorleistungen noch mal deutlich steigern. Von Verbesserung darf man beim zweiten Jahresstart aber ausgehen.

Veneto (Trainer Andreas Löwe): New Approach-Sohn, der beim zweiten Lebensstart in Düsseldorf über 1400 Meter seine Maidenschaft ablegte. Diese Form wurde durchaus bestätigt, weil Zweiter und Dritter inzwischen auch gewonnen haben. Die längere Strecke sollte für den Halbbruder der Gruppesiegerin Vanjura noch günstiger sein, weitere Verbesserung ist jedoch notwendig.

Urteil
Auf dem Papier eine offene Aufgabe. Knife Edge mit Ryan Moore könnte Favorit werden. Gäste aus dem Ausland haben schon mit schwächeren Formen diesen Klassiker in Deutschland gewonnen. Ich halte dennoch mit Degas dagegen, aber auch Millowitsch, Noor Al Hawa und die Stute Parvaneh können mitmischen.



Dienstag, 3. Mai 2016
Die Welt staunt über Leicester City
Es ist eine der größten Sensationen des Fußballs: Leicester City ist Champion der englischen Premiere League. Der große Außenseiter – im letzten Jahr noch so eben nicht abgestiegen - triumphierte in der teuersten Liga der Welt.

Ausgerechnet der FC Chelsea des Roman Abramowitsch machte die Foxes (Transferwert aller Spieler laut Transfermarkt.de 127 Mio Euro) durch das 2:2 gegen Tottenham zum Meister. Vor Tottenham (Transferwert Kader 312,5 Mio), Arsenal (440 Mio), Manchester United (418,25 Mio), Manchester City (501,75 Mio), Liverpool (366,25 Mio.) und eben Chelsea (495,75 Euro). Verglichen mit Deutschland wäre das so, als wenn der FC Augsburg Deutscher Fußball-Meister würde.
Geld schießt eben doch nicht unbedingt mehr Tore. Vor der Saison gab es auf einen Titelgewinn von Leicester City die unglaubliche Wettquote von 5000:1 und auch der neue Trainer Claudio Ranieri hatte schon bessere Zeiten gesehen. Der 64jährige Italiener konnte einige Erfolge mit Teams wie Valencia oder Florenz verbuchen, zuletzt aber hatte er eine schlimme Bilanz als Nationaltrainers Griechenlands und unterlag etwa auf den Faroer-Inseln.
Am Ende aber waren alle glücklich: Leicester City mit dem aus Stoke gekommenen Innenverteidiger Robert Huth und den beiden Bundesliga-Neuverpflichtungen Christian Fuchs (Schalke) und Shinji Okazaki (Mainz) startete einen unglaublichen Siegeszug. Im Tor stand Kaspar Schmeichel, Sohn der Legende Peter Schmeichel und optisch diesem auch sehr ähnlich. Sein Ersatz-Torhüter war der 43jährige Australier Mark Schwarzer, 93facher australischer Nationalspieler, über 500- mal in der Premier League aktiv und zu Beginn seiner Karriere mal in Dresden und Kaiserslautern. Spieler wie Torjäger Jamie Vardy, Riyad Mahrez, Wes Morgan, N’Golo Kante oder Danny Drinkwater schafften das Unmögliche. Und spielen im nächsten Jahr vielleicht gegen Borussia Dortmund in der Champions League.

Lesetipp:
Eine ausführliche „Inside-Story“ aus dem Guardian




Montag, 2. Mai 2016
Himmelfahrt gleich Rennbahn
Wenn das Wetter mitspielt, wird es am nächsten Donnerstag wieder Menschenmassen auf die Dortmunder Rennbahn ziehen. Es ist Sparkassen-Renntag: Seit 39 Jahren verteilt das örtliche Geldinstitut Freikarten und das lässt sich der Dortmunder nicht nehmen. Doch was bleibt nach so einem Tag außer langen Schlangen und genervten Stammbesuchern? Der Versuch einer Antwort.



So war es 2011 an Himmelfahrt in Wambel

In Dortmund brauchen die Verantwortlichen keine Hilfen vom ortsansässigen Fußball-Erstligisten Borussia Dortmund. Simple Freikarten der Sparkasse Dortmund füllen auch so die Rennbahn. Und so pilgern viele Dortmunder Himmelfahrt nach Wambel und gucken sich den Randsport Galopprennen an. Zumal auch sportlich einiges geboten wird. Im Blickpunkt steht der Große Preis der Sparkasse Dortmund, ein Listenrennen über schnelle Pferde über 1200 Meter.
Bis 2010 gab es sogar mal eine schöne Derby-Vorprüfung. Ein würdiger Höhepunkt der Veranstaltung, bis die damals neuen Veranstalter in Baden-Baden auf die Idee kamen, ebenfalls eine Derby-Vorprüfung während ihres Frühjahrsmeetings auszuschreiben. Badens Gewinn war Dortmunds Verlust, so viel zum Thema Solidarität im deutschen Turf.
Himmelfahrt war oft der Ausnahmezustand in Dortmund: Lange Schlangen vor Wettkassen und in Gastronomie, betrunkene Vatertagsausflügler, Familien mit Kindern machten viele Dinge auf einer Rennbahn zur Geduldsprobe. Dazu kam eine direkt am Führring stehende Musikbühne – strategisch nicht gerade günstig bei den oftmals sensiblen Vollblütern.
Der Stammbesucher fühlte sich bei diesem Trubel oft ein wenig genervt. Besonders die wenig kommunikative Gruppe, die zudem auf die Anfänger mit Arroganz herabblickte. Ja, solche Leute gab es viele, die eine gutgemeinte Frage als persönliche Beleidigung betrachteten.
Heute scheint das ein wenig anders zu. Allerdings war das Wetter in den letzten Jahren auch durchwachsen, zudem veranstaltete Baden Baden zeitgleich und zog viele Fachbesucher an. Außerdem werden viele Stammbesucher immer älter, damit lichten sich automatisch die Reihen.

Allein gelassen
Aber auch früher, als die Welt im deutschen Turf scheinbar noch in Ordnung war, waren diese Renntag zwar Publikumsrenner, der Wettumsatz aber eher enttäuschend. Vieles in Sachen Wetten wirkt kompliziert, der Wettschein ist für Anfänger eine Herausforderung. Dazu die ganzen verschiedenen Wettarten – der Erstbesucher kämpft mit einer Vielzahl an Informationen, die er erstmal verdauen muss.
Dazu haben Pferde-Wetten immer noch etwas Halbseidenes an sich. Früher war Deutschland eine Nation der Lotto-Spieler. Wer auf Pferde wettete, galt quasi als suchtgefährdet. Das ist heute zum Glück ein wenig anders, aber der Galoppsport konnte davon nicht profitieren. Zudem wird es, wenn der Sport als Familien-Amüsement verkauft wird, nicht zu gigantischen Wettumsätzen kommen.
Was bleibt von diesen ganzen Renntagen mit den vielen freien Eintrittskarten? Sind aus Gelegenheits-Besuchern Stammbesucher geworden? Oder schrecken diese überbesuchten Renntage mit ihren langen Wartezeiten und organisatorischen Pannen nicht eher ab? Zumal die Gastronomie auf vielen Rennbahnen – darunter auch Dortmund – höchst mittelmäßig ist.
Die Antworten fallen zwiespältig aus. Natürlich gibt es einige, die zu Dauergästen wurden, aber viele kommen auch nur einmal im Jahr. Weil die Rennvereine ihre neuen Besucher auch ein wenig im Regen stehen lassen. Ein „Mister Turf“, der Wetten erklärt, reicht leider nicht aus. Ansagekassen, bei denen der Besucher nur seine Wette ansagt, wären eine weitere Möglichkeit. Ich habe neue Leute lieber zu anderen Terminen auf der Rennbahn mitgenommen, weil es da nicht so voll war.
Für den Dortmunder Rennverein aber lohnt sich der Tag allein schon aus Imagegründen. Fast 40 Jahre unterstützt die Sparkasse den Galoppsport in Dortmund. Diese Tatsache alleine verdient schon Respekt.
Sportlich im Blickpunkt: Der Große Preis der Sparkasse Dortmund ist ein interessantes Listenrennen für schnelle Pferde über 1200 Meter. „Diese Prüfungen sind so etwas wie die Europa League des Rennsports“, sagt Rennvereins-Präsident Andreas Tiedtke. Darüber stehen nur noch die Gruppe-Rennen, quasi die Champions League. Mit Shining Emerald und Donnerschlag sind zwei Top-Sprinter genannt. Weitere Hohepunkte: zwei Sieglosen-Prüfungen für den Derbyjahrgang, zu dieser Zeit immer sehr interessant.