wie ist das eigentlich als Fußball-Profi, wenn man wie sie jedes Jahr Deutscher Meister wird? Wird das nicht auf Dauer langweilig, wenn der FC Bayern, ihr Verein, immer die Liga anführt? Und macht das Spaß, wenn man dann auch noch so fürchterlich langweilige Interviews dem Fachblatt kicker gibt? „Ich bin nur ein Mensch, keine Maschine“, titelt das Fachblatt und meint sie. Ehrlich, hätte ich nicht gedacht. Ansonsten ist jede Saison anders, ist es gut, einen Wettbewerber in der Liga zu haben (er meint Dortmund), zudem müsse man immer versuchen, seinen besten Fußball zu spielen. Persönlich finden sie, lieber Manuel Neuer, einen spannenden Titelkampf nicht so schlimm, vorausgesetzt, man wird am Ende Meister. Und so geht dann immer weiter: Sie sind ihrem Verein sehr dankbar, sind bei Bayern ein besserer Torwart geworden. Nur die Brötchen schmecken in Gelsenkirchen besser. „Das habe ich nicht gesagt“, protestieren sie. Aber sie haben das zumindest gedacht.
Sohn aus dem Rotlicht
Wo sie doch, als sie von Schalke nach München gingen, durch ein „Stahlbad“ gegangen sind. Doch sie haben es geschafft – dank Philipp (Lahm), Schweini, Mario (Gomez) und Miro (Klose), ihren Kollegen von der „Mannschaft“. Aber diese Schmähgesänge der Schalker Fans tun immer noch weh. Sie haben kein Verständnis, dass die Schalker sie immer noch „Hurensohn“ nennen. Aber die Fans müssen doch auch erkennen, dass der Schritt nach München ein richtiger Schritt gewesen sei. Beruflich und personell. Nicht nur wegen des Geldes, auch wegen der vielen Titel.
Und dann wird in diesem Interview nur noch rumgesabbert. Der Junge aus dem Ruhrgebiet, der zur Identifikationsfigur des großen FC Bayern wurde. Der der perfekte Fußballer sein will. Und sich von Fehlern nicht beeinflussen lässt. Mache ich auch nicht, bringt aber nicht viel. Ich drücke aber Atletico Madrid die Daumen in der Champions League. Darf ich auch als Lüdenscheider.
Lieber kicker, ich schätze dich durchaus. Zumal wir vieles gemeinsam erlebt haben. Aber diese belanglosen Interviews müssen einfach nicht sein.
Schöne Grüße aus Lüdenscheid
So war das damals 2011: Ein Abschied mit Tränen, traurigen Fans, einfach Emotion pur. Manuel Neuer, der Torwart-Titan, verlässt den FC Schalke 04. Und geht ausgerechnet zu den Bayern, was Campino bekanntlich nie machen würde.
Es gibt Rennen, die vergisst man sein ganzes Leben nicht. Der Tod des Rennpferdes und Deckhengstes Piccolo brachte die Erinnerungen zurück. An einen Sonntag auf der Kölner Rennbahn im Mai 1994 mit den Hauptdarstellern Royal Abjar, Prince Firebird, Jockey Andreas Boschert und eben jenem Piccolo.
Der 15. Mai 1994 muss ein trockener Tag gewesen sein, denn sonst wäre ich nicht von Dortmund auf die Rennbahn nach Köln-Weidenpesch gefahren. Ich habe diese Renntage gerade in Köln immer gemocht: ein sportlich großartiges Programm, das neben dem üblichen Turf-Volk auch andere Besucher anzog. Und der Rheinländer, um mal ein wenig klischeehaft zu werden, war so und so für einen Spruch gut. Dazu war die Erbsensuppe auf der Bahn ganz hervorragend. Also viele Dinge, die einen Besuch zum Erlebnis werden ließen.
Totalisator-Umsätze von mehr als einer Millionen DM waren an solchen Renntagen die Norm. Die deutsche Wirtschaft schwächelte damals nach der beendeten Wiedervereinigungs-Euphorie gewaltig, aber im deutschen Galopprennsport schien es nur eine Richtung zu geben: aufwärts.
Höhepunkt der Karte an diesem Mai-Sonntag war das Mehl-Mülhens-Rennen, damals noch nicht mit den Zusatz Deutsche 2000 Guineas versehen, aber eben ein Klassiker, der die besten Hengste des Jahrgangs über die 1600 Meter anzog. Die Dreijährigen 1994 waren der Jahrgang nach der berühmten Klasse des deutschen Turfs von 1990 mit Könnern wie Lando, Monsun, Sternkönig oder Kornado. Letzterer hatte 1993 das Mehl-Mülhens-Rennen gewonnen.
Neu war 1994, dass die berühmte Maktoum-Familie aus Dubai ein paar Pferde nach Deutschland ins Training geschickt hatte. Die meisten trugen die blauen Farben von Jaber Abdullah und einige kamen zu Trainer Andreas Wöhler, damals noch in Bremen ansässig.
Die Klasse von 91
Es war ein internationales Feld, das sich im Mehl-Mülhens-Rennen 1994 traf. Mick Channon, ein ehemaliger Fußballprofi (der später auch viele Abdullah-Pferde trainierte), schickte Piccolo mit Jockey Wendyl Woods ins Rennen, zudem hatten prominente englisch-irische Trainer wie John Dunlop, Peter Chapple-Hyam und Dermot Weld Starter.
Aus Deutschland waren besonders die drei Wöhler-Pferde chancenreich: Royal Abjar und Dyhim standen im Besitz des oben erwähnten Herrn Abdullah, im Sattel von Prince Firebird aus dem Gestüt Wiedingen saß Stalljockey Andreas Boschert.
Ich weiß nicht mehr, wer als Favorit ins Rennen ging. Auf dem Papier sah die Prüfung sehr offen aus, der Kolumnist schrieb jedenfalls eine Zweierwette mit Royal Abjar und Prince Firebird für fünf DM, natürlich hin und zurück. Das war in dieser Zeit, als die Felder in Deutschland noch viel Raum für Spekulationen boten, in der Regel eine Wette mit lukrativen Quoten. Ein Treffer reichte meistens, um mit einem finanziellen Plus nach Hause zu fahren.
Das Rennen wurde zu einer Prozession für Royal Abjar. „Überlegen, sechs Längen“, lautete der Richterspruch. Eine beeindruckende Vorstellung, der Hengst war an diesem Tag einfach viel zu gut. Jockey Willie Ryan musste nicht viel tun.
Ein gutes Rennen bescherte auch Wendyl Woods Piccolo von der Spitze. Und auch wenn die 1600 Meter deutlich zu lang wurden, verteidigte der Channon-Schützling den zweiten Platz. Denn leider kam Prince Firebird viel zu spät angeflogen, 50 Meter weiter hätte es zu Platz 2 gereicht und mein Einlauf wäre drin gewesen. Ich war stocksauer auf Jockey Andreas Boschert, der den Prinzen meiner Meinung viel zu spät eingesetzt hatte. Der Reiter war für mich als Jockey erst einmal erledigt.
Vielleicht würde ich anders urteilen, wenn ich das Rennen heute noch mal sehen würde. Vielleicht war es gar nicht die Schuld von Andreas Boschert, der ansonsten ein sehr erfolgreicher Jockey in Deutschland war. Vielleicht habe ich ihn ja zu Unrecht getadelt.
Die Zeit danach
Allerdings wurden meinen Beobachtungen später bestätigt: Piccolo entwickelte sich in England zu einem Top-Sprinter, der unter anderem in den Gruppe 1-Nunthorpe Stakes in York über schnelle 1000 Meter triumphierte. Später wurde der Warning-Sohn zu einem sehr erfolgreichen Deckhengst auf der Insel, der bekannt war für schnelle Sprinter und frühreife Youngster.
Royal Abjar griff nach seinem Kölner Triumph in den St. James’s Palace Stakes (Gruppe 1) während Royal Ascot nach den Sternen, war aber gegen die internationale Meilen-Elite (Sieger Grand Lodge) letztlich chancenlos. Danach wurde er als Sieger in Hoppegarten (Gr.2) disqualifiziert, siegte als deutlicher Favorit im Oettingen-Rennen (Gruppe 3) und zeigte noch mal auf internationaler Ebene eine hervorragende Leistung, als er in Longchamp (Gruppe 2) guter Dritter hinter Missed Flight und Green Tune wurde. Später hatte das Pferd mit Verletzungen zu kämpfen, als Deckhengst war (und ist?) Royal Abjar lange in der Türkei aktiv.
Prince Firebird siegte danach im Großen Preis der Dortmunder Wirtschaft (Gruppe 3) über 1800 Meter und lief im Deutschen Derby über 2400 Meter unplatziert. Nach seiner aktiven Laufbahn wirkte der Alzao-Sohn als Deckhengst in Skandinavien.
Aus deutscher Sicht klingt das wie ein Märchen: Fast zehn Millionen Zuschauer haben am letzten Samstag das Grand National auf dem englischen Sender Channel 4 gesehen. So viele Zuschauer schauen am Sonntagabend in Deutschland etwa den Tatort, selbst manche Fußballspiele erreichen niedrigere Werte.
Das muss man erst einmal wirken lassen. Auch wenn dies zehn Millionen in der Spitze waren und dieser Wert nicht von Dauer war. Aber lass’ es mal sechs oder sieben Millionen gewesen sein, die die ganze vierstündige Übertragung gesehen haben. Das ist immer noch gigantisch: Diese Menschen schalten den Fernseher wegen eines Pferderennens an. In Deutschland wären es vielleicht 50 000. Oder weniger.
Zugegeben, das Grand National gehört in England zum sportlichen Kulturgut. Es ist die Prüfung, bei der auch Menschen eine Wette tätigen, die nie etwas mit Pferderennen zu tun haben. Sonst haben die Turf-Sendungen von Channel 4, der seit 31 Jahren Rennen überträgt und 2012 die noch verbliebenen Rechte von der BBC übernahm, viel geringere Quoten.
Im Vergleich zu vergangenen BBC-Zeiten ist die Resonanz in den letzten Jahren deutlich gesunken. Das Derby 2015 schauten in der Spitze 1,47 Millionen Zuschauer, mehr als die Hälfte weniger als bei der letzten Übertragung durch die BBC. Fast schon deutsche Verhältnisse gab es beim letzten King George am zweiten Weihnachtstag, als gerade mal durchschnittlich 475 000 vor ihren TV-Geräten die Übertragung verfolgten.
Die gefallenen Quoten sind auch ein Grund dafür, dass ab 2017 ITV die Senderechte von Channel 4 übernimmt. Viele englische Galopp-Anhänger kritisieren Channel 4, dass die Rennen zu sehr in den Hintergrund rücken und Nebensächlichkeiten wie Mode und Society zuviel Raum einnehmen. Das mag bei Veranstaltungen wie Royal Ascot oder Glorious Goodwood richtig sein, wo der Modemensch und die Society-Tante (Standardsatz: You look gorgeous, übersetzt: du sieht fantastisch aus) auf die Dauer gewaltig nerven.
Großes Kino
Beim Grand National-Meeting fehlen die beiden jedoch. Als Deutscher an TV-Diät in Sachen Turf gewohnt, kann man nur staunen. Allein am Samstag war Channel 4 vier Stunden auf Sendung, alles mit hohem personellen Aufwand. Zur Crew zählten unter anderem die Ex-Top-Jockeys Tony McCoy und Mick Fitzgerald als fachliche Verstärkung.
Das Programm war so vollgepackt, dass die Analyse fast ein wenig zu kurz kam. Aber McCoy machte seine Sache eigentlich ganz gut. Und die Bilder, die Channel 4 lieferte, waren grandios, ganz großes Kino. Aus deutscher Sicht klingt Kritik so und so komisch – bei der tristen Lage in unserem Heimatland.
Ansonsten scheint das Grand National in Deutschland umstrittener als auf der Insel zu sein. Jedenfalls war es am Samstag auf weich-schwerem Boden ein gutes Rennen, alle kamen einigermaßen heil nach Hause. Die Veränderungen 2012 haben sich bewährt.
Nur der Kolumnist hat immer noch keinen Sieger im Grand National getroffen. Dabei sah es diesmal so gut aus: The Last Samuri lief ein großartiges Rennen, sprang fantastisch über die immer noch gigantischen Hindernisse und als der Kolumnist schon dachte, alle sind abgeschüttelt, kam 340:10-Schuss Rule The World und triumphierte. Knapp vorbei ist auch daneben.