Donnerstag, 28. Mai 2015
Karpino, Shimrano und ein Tipp für das englische Derby


Der Besitzer aus Katar strahlt, Jockey Oisin Murphy salutiert - alle sind glücklich nach dem Sieg von Karpino im Mehl-Mülhens-Rennen (Foto German Racing/Rühl)

Es war einer dieser Momente, die den Zauber des Rennsports ausmachen. Karpino triumphierte im Stile eines Klassepferdes im Mehl-Mülhens-Rennen, den deutschen 2000 Guineas. Eine Vorstellung, die selbst abgebrühte Turf-Beobachter beeindruckte. Wie sich Karpino leicht vom Feld löste und noch mal beschleunigte, das war ganz großes Kino. Teil 4 von Derby-Watch, der regelmäßigen Kolumne bis zum Deutschen Derby in Hamburg.

Ich war nicht auf der Rennbahn in Köln und die 1600 Meter-Startstelle ist so und so ziemlich weit entfernt von den Zuschauerplätzen. Doch es muss schon ein ungewöhnliches Schauspiel gewesen sein, wie Simon Stokes den beim letzten Start in Krefeld startschwierigen Hengst mehrmals aus der Startbox herausführte und dann wieder einrücken ließ. Quasi „Learning by doing“ und offenbar mit Erfolg.
Karpino benahm sich mustergültig, hatte einen guten Rennverlauf und setzte sich leicht gegen Fanciful Angel und Molly Le Clou. Leider wurde der Stallgefährte Making Trouble nach einem schlechten Rennverlauf nur Fünfter. Und damit war es nichts mit dem Wöhler-Einlauf, den der Kolumnist gespielt hatte. Man kann eben nicht alles haben. Die großartige Stallform des Quartiers von Andreas Wöhler hält jedoch an – und das erstaunlicherweise quasi seit Saisonbeginn im April.
Karpinos nächstes Ziel ist das Deutsche Derby in Hamburg und nicht das englische Pendant in Epsom. Und da kommt natürlich die Frage nach dem Stehvermögen des Cape Cross-Sohnes, denn das Mehl-Mülhens-Rennen geht über 1600 Meter und das Rennen in Hamburg ist bekanntlich 800 Meter länger.
Im Wöhler-Camp hat man daran, so zumindest mein Eindruck, wenig Zweifel. Auch die Abstammung weist auf Stamina: Der Vater Cape Cross war zwar ein hochklassiger Meiler, die Mutter Kahara aber stammt von Sadler’s Wells und gewann über 2400 Meter. Mütterlicherseits ist auch sonst in der Familie viel Stamina vorhanden und Cape Cross lieferte zudem einige großartige Steher wie Sea The Stars, Quija Board oder Crystal Capella.

Shimrano souverän
Bei den Buchmachern (hier pferdewetten.de) wird Karpino weiter hoch gehandelt und nimmt die zweite Position im Wettmarkt hinter dem Stallgefährten Quasillo ein. Gut im Geschäft bleibt jedoch auch Shimrano nach seinem Erfolg im Großen Preis der Hannoverschen Volksbank über 2200 Meter. Start-Ziel gewann der Schützling von Trainer Paul Harley dieses Listenrennen für den Derbyjahrgang.
Das Ganze war eine souveräne Angelegenheit, Shimrano dominierte das kleine Fünfer-Feld und feierte einen lockeren Sieg. „Er hat sich fantastisch entwickelt“, lobte Jockey Adrie de Vries. „Er ist auf dem Weg zu einem richtigen Athleten.“
Dahinten kam Novano als zweiter noch gut ins Rennen, ohne jedoch den Gewinner gefährden zu können. Die Enttäuschung war der Schlenderhaner Isidor, der als 17:10-Favorit schon früh geschlagen war und nur Vierter wurde.
Am ersten Juni-Samstag wird traditionell das englische Derby Epsom-Derby gestartet und ganz ohne deutsche Beteiligung wird es nicht abgehen. Trainer Andreas Wöhler wird für die weinroten Farben von Qatar Racing Limited den Außenseiter Rogue Runner satteln, der in Frankfurt so enttäuschte.

Hans Holbein statt John F. Kennedy
Klarer Favorit bei den Bookies im Vorfeld ist der nachgenannte Cape Cross-Sohn Golden Horn aus dem Stall von John Gosden. Das ist eine Position, die in den letzten Jahren immer ein Schützling von Trainer Aidan O’Brien einnahm.
Doch in diesem Jahr sieht es bei den Ballydoyle-Kandidaten mal nicht so goldig aus: Im Frühjahr galten John F. Kennedy und Ol’Man River als Top-Anwärter im noblen Quartier. Doch sie sind raus nach ihrem schwachen Laufen in den Dante Stakes. Gleneagles, der doppelte Guineas-Gewinner, wird eher als Meiler gesehen, der hochgehandelte Giovanni Canaletto lief nicht wie ein potenzieller Derbysieger bei seinem zweiten Platz in einer Gruppe 3-Prüfung am Sonntag. Dafür brachte O’Brien die Stute Found, am Sonntag knapp besiegt in den Irischen 1000 Guineas, ins Gespräch für den englischen Klassiker.
Zumindest hat Ballydoyle mit Hans Holbein einen unterschätzten Kandidaten im Aufgebot. Dem Montjeu-Sohn fehlt zwar ein wenig der Glamour anderer Pferde des irischen Nobel-Quartiers, doch er ist ein sehr solider Steher. Wenn andere auf der Zielgerade in Epsom schon japsen werden, wird Hans Holbein weiter galoppieren. Ob das zum Sieg im englischen Derby reichen wird, weiß ich nicht. Immerhin wurde sein Erfolg in der Chester Vase deutlich durch Sea The Storm, den damaligen Zweiten, aufgewertet. Und ganz ohne Speed ist Hans Holbein auch nicht.



Ein wenig Kultur muss sein auf diesen Seiten: Der Maler Hans Holbein der jüngere in einem Selbstportrait aus dem Jahre 1542. Viele, viele Jahre später läuft ein dreijähriger Hengst gleichen Namens im englischen Derby. (Foto Wikimedia Commons)



Mittwoch, 27. Mai 2015
Ausbeuten bei Adidas
Schöne Adidas-Welt. „There will be haters. Geh raus aufs Spielfeld mit deinen brandneuen Fußballschuhen und sieh, was passiert. Mach dich bereit für die Haters da draußen“ – im besten Denglish verkauft der Sportartikel-Gigant – weltweit die Nummer 2 hinter Nike – seine Fußballschuhe. Die Marke mit den drei Streifen zählt zu den bekanntesten der Welt. Adidas sponsert zum Beispiel Fußball-Weltmeisterschaften und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft; das Unternehmen mit Stammsitz im fränkischen Herzogenaurach rüstet unter anderem Top-Teams wie Bayern München, Real Madrid, Manchester United oder den FC Chelsea aus London aus.
Nicht so schön ist es allerdings für Adidas zu arbeiten, wie diesem Artikel der Wochenzeitschrift Die Zeit zu entnehmen ist. Arbeitsbedingungen, die an die Frühzeit der Industrialisierung erinnern. Einfach nur beschämend für ein Unternehmen wie Adidas.



Adidas-Spot mit Leo Messi. Ob der weltbeste Fußballer das Adidas-Logistikzentrum in Rieste/Niedersachsen kennt?



Mittwoch, 20. Mai 2015
Derby-Watch: Quasillo auf den Spuren von Lavirco
Sven Wissel hatte die Lage schnell erfasst: „Das ist nur eine Trainingseinheit für Quasillo“, kommentierte der Rennbahnkommentator den Zieleinlauf des pferdewetten.de - Bavarian Classics, das in diesem Jahr nicht in München, sondern in Hannover stattfand. In der Tat – es war ein sehr leichter Sieg des Fährhofers in dieser Gruppe III-Prüfung über 2000 Meter.

Das Bavarian Classic ist eine wichtige Vorprüfung für das Deutsche Derby in Hamburg. Viele prominente Pferden siegten hier schon: Acatenango, Monsun, Tiger Hill, Ransom O’War oder Scalo sind nur einige jüngere Beispiele, Lucky Speed und Samum schafften in den letzten Jahren sogar das Double Bavarian Classic und Derby.
Ob Quasillo ihnen nacheifern kann, wissen wir natürlich noch nicht. Fest steht: Es war ein sehr leichter Sieg, Eddie Pedroza musste gar nicht die Peitsche bemühen. Alle Reserven sollte der Sea The Stars-Sohn noch lange nicht aufgedeckt haben. Zumal ihm beispielsweise sein Trainer Andreas Wöhler noch etwas Unreife attestierte. Verständlich, es war ja erst der zweite Start. „Aber er macht das einfach durch sein Können wett“, bemerkte sein Betreuer auf der Homepage des Stalles.
Besonders imponierte die Coolness von Quasillo, den offenbar wenig aus der Ruhe bringen kann. Ein stabiles Nervenkostüm ist gerade im Hamburger Derby-Rummel von großem Vorteil.
Natürlich weiß man noch nicht, was die Form wert ist. Der Zweite Ajalo war zuletzt im Busch-Memorial hinter Karpino, hat keine Derbynennung. Lovato, der Dritte, ist noch sieglos. Etwas mehr hätte ich von Iraklion erwartet, der vorher in München sehr souverän zum Zuge kam.
Jedenfalls ist Quasillo nach langer Zeit mal wieder ein chancenreicher Kandidat in den schwarz-gelben Farben des Gestütes Fährhof. Der großartige Lavirco triumphierte zuletzt 1996 in Hamburg-Horn für dieses Traditions-Gestüt. Ein Sieger in diesen Farben erfreut den Kolumnisten immer, aber wer den Wöhler-Schützling jetzt zu Kursen von 3,5 wettet, dem ist nicht mehr zu helfen. Denn jede Wette, dass Quasillo in Hamburg zu höheren Kursen an den Ablauf kommt.

Nutan, Devastar und Elm Park
Ansonsten tat sich relativ wenig im Derbymarkt: Der hochgehandelte Nutan aus dem Quartier von Peter Schiergen gewann seine Pflichtaufgabe völlig mühelos und ist nach zwei Starts nicht mehr sieglos.
Gut gefallen hat mir Devastar, der in einem Sieglosen-Rennen in Dortmund am Himmelsfahrt-Tag vor Sweet Thomas und Mister Universum (auch schon Dritter hinter Quasillo) blieb und dabei bei seinem Lebensdebüt viel Kampfgeist und noch reichlich Unreife verriet. Devastar war an diesem Tag Teil einer großartigen Stallform von Trainer Markus Klug, der die Hauptrennen in Dortmund und Hoppegarten gewann.
Das Deutsche Derby spielte auch bei den Dante Stakes in York eine Rolle – allerdings eine nur sehr untergeordnete. Die Prüfung gilt als wichtigster Trial für das Englische Derby in Epsom und wurde von Golden Horn, dem Tipp des Kolumnisten, sehr überzeugend gewonnen. Doch dieser Golden Horn hatte ursprünglich gar keine Nennung für das Englische Derby, war für das kürzere französische Derby vorgesehen. Inzwischen wurde der Schützling von John Gosden aber nachgenannt für den Klassiker auf dem schwierigen Kurs von Epsom.
Dritter an diesem Tag in York wurde Elm Park. Dieses Pferd aus dem Stall von Andrew Balding hat bekanntlich auch noch eine Derbynennung für das deutsche Pendant. Ob er in Hamburg laufen wird, das ist alles noch rein spekulativ. Ich glaube eher nein. Erst einmal aber geht es nach Epsom. Das Jahresdebüt kann ich schwer einschätzen – gegen den Sieger und den Zweiten Jack Hobbs war Elm Park chancenlos. Aber offenbar brauchen viele Balding-Pferde in diesem Jahr ihren ersten Start.
Der Hengst war zweijährig sehr erfolgreich, triumphierte in vier seiner fünf Starts. Unter anderem siegte er auf sehr weichem Boden in der Gruppe 1 Racing Post Trophy in Doncaster. Ob da dreijährig noch weitere Steigerung möglich ist? Ich bin da eher skeptisch und denke da immer an den Fährhofer Sumitas, der auch ein großartiger Zweijähriger war, aber dreijährig eher stagnierte. Später war er allerdings in den USA durchaus erfolgreich.



Sehr interessante Aussagen über Elm Park von Andrew Balding und seinem Team. Das große Ziel heißt Epsom. Wenn er da gut läuft, wird er sicher nicht in Hamburg starten.