Es müssen bewegende Momente gewesen sein: Der letzte Renntag zum Abschied des großen AP McCoy. Eine ausverkaufte Rennbahn in Sandown Park. Einer der schönsten Hinderniskurse auf der britischen Insel. Der Rahmen war perfekt, nur mit dem Abschiedssieg klappte es leider nicht für McCoy. Aber das ist höchstens ein ganz, ganz winziger Makel in einer ansonsten perfekten Laufbahn.
Es war das Ende einer großartigen Abschiedstour nach der Verkündigung seines Abschieds im Februar. Überall im Lande hatten die Besucher den Ausnahmejockey frenetisch gefeiert. McCoy zeigte sich geehrt. „Es ist sehr schön, dass ich den Respekt des ganzen Landes habe“, sagte er am Sonntag nach seinem Karriere-Ende dem Sender ATR.
„Ich wollte aufhören, wenn ich noch gut reiten kann“, hatte Coy den Zeitpunkt seines Rücktritts begründet. Einerseits schön, wenn jemand auf der Höhe seiner Leistungskraft aufhört. Denn nichts ist schlimmer als einen alternden Champion zu erleben, der nur noch ein Schatten vergangener Jahren ist. Dieses blieb der Rennwelt zum Glück erspart.
Andererseits wird er natürlich fehlen: McCoy, dieser Dynamiker im Sattel. Der Endkämpfe reiten konnte wie kaum ein anderer und noch mal unerklärliche Reserven aus seinen vierbeinigen Partnern herauslockte.
Dauer-Champion
Man muss sich das mal vorstellen: 1995/1996 gewann McCoy sein erstes Championat der Hindernisjockeys in England. Damals ritt er noch gegen Koryphäen wie Richard Dunwoody, Adrian Maguire, Graham Bradley oder Jamie Osborne. Das Internet war noch in den Kinderschuhen. Wer in Deutschland englische Rennen sehen wollte, musste zum Buchmacher gehen oder auf die Insel reisen.
Vieles änderte sich, doch eines nicht: Bis heute gewann kein anderer Hindernisjockey den Meistertitel in England. 20-mal hieß es: Erster Anthony Peter McCoy. Der arme Richard Johnson – er konnte als ewiger Zweiter einem schon ein wenig leid tun.
Aber sein ewiger Rivale brach alle Rekorde, ritt jedes Jahr weit über 100 Sieger. Das heißt neben allem Ruhm auch: Dauerstress, Kilometer ohne Ende im Auto, weil es fast jeden Tag in England Hindernisrennen gibt. Und immer reitet die Gefahr mit.
McCoy, der am 4. Mai 41 wird, war nicht nur auf den großen Festivals und in den großen Samstags-Veranstaltungen erfolgreich. Die Basis seiner Meisterschaften waren Prüfungen mit Preisgeldern von 5000 Pfund oder weniger. Auf Rennbahnen wie Towcester, Taunton oder Exeter.
Pridwell
Mein „Lieblings McCoy-Ritt“ stammt aus dem Jahr 1998 in der Aintree Hurdle. Eigentlich galt Istabraq (in den Farben des späteren McCoy-Patrons J P McManus) als unschlagbar, eine Niederlage schien ausgeschlossen. Doch Pridwell und Tony McCoy schafften an diesem Tag die Sensation auf schwerem Boden.
Mit einem Jockey in Top-Form. Dieser Ritt (siehe Video unten) zeigt noch mal alle seine Qualitäten: Taktisches Geschick, Gefühl und Willensstärke. Wie er im Finish noch an Istabraq und Charlie Swan vorbeizog, war einfach nur grandios.
Denn Pridwell, trainiert von Martin Pipe, war ein etwas schwieriges Pferd. Wenn der Wallach Lust hatte, konnte er richtig gut laufen. Doch manchmal hatte Pridwell keine Lust: Dann blieb er einfach am Start stehen. Auch das hatte McCoy schon erlebt.
Alles Gute, Mister McCoy. Und erst ein Mal alles sacken lassen.
Die Derby-Uhr tickt weiter: In Krefeld steht am Sonntag das Dr. Busch-Memorial (Gruppe 3) auf dem Programm. Eine richtige Traditionsprüfung, in den letzten 20 Jahren haben immerhin Next Desert (2002) und Samum (2000) das Doppel Busch-Memorial – Derby geschafft. Der letztjährige Sieger Lucky Lion scheiterte im vergangenen Jahr in Hamburg-Horn nur an dem Ausnahmepferd Sea The Moon.
Wahrscheinlich in der Favoritenrolle im Dr. Busch-Memorial: Karpino, hier noch in den Farben des Gestütes Fährhof (Bild: German Racing/Rühl)
Natürlich gibt es in Deutschland noch andere Klassiker: Das Mehl-Mülhens-Rennen zum Beispiel im Mai in Köln. Das passt mit seiner Distanz von 1600 Metern eigentlich auch besser zum Busch-Memorial mit seinen 1700 Metern. Aber das Derby ist eben das Rennen der Rennen im deutschen Galopprennsport – und darum steht es auch in dieser Kolumne im Focus.
Vier der sieben Teilnehmer in Krefeld haben eine Nennung für die Prüfung am 5. Juli: Karpino, Los Cerritos, Ebeltoft und Areo. Am kürzesten im Wettmarkt steht der von Andreas Wöhler trainierte Karpino. Die Stallform im Wöhler-Quartier ist derzeit prächtig, den einzigen Start absolvierte der Hengst zweijährig in Hoppegarten noch ein wenig unreif, aber dennoch überzeugend. Vor kurzem wechselte er den Besitzer: Pearl Bloodstock aus Katar kaufte den Cape Cross-Sohn vom Gestüt Fährhof. Am Sonntag wird Andrea Atzeni, Jockey-Senkrechtstarter aus England, im Sattel sitzen.
Erinnerungen an 2013 werden wach: Da triumphierte Chopin hochüberlagen und wechselten dann in den Besitz der Herren aus Katar. Der nächste Griff war einer zu den Sternen: Chopin lief im englischen Derby, wurde nicht weit geschlagen Siebter. Nur die Distanz wurde ein wenig zu lang. Dieser Start kostete allerdings viel Kraft.
Graasten auf den Spuren Empolis Los Cerritos aus dem Stall von Karl Demme ist immerhin Bahn- und Distanz-Sieger und triumphierte im November als 273:10-Außenseiter im Herzog von Ratibor-Rennen (Gr.3). Das Jahresdebüt in Düsseldorf war nicht schlecht. Und auch Ebeltoft und Areo zeigten im letzten Jahr schon ihr Talent.
Für alle gilt jedoch: Die Frage nach dem Stehvermögen wird am Sonntag noch nicht beantwortet. Das Derby in Hamburg-Horn ist bekanntlich 700 Meter länger.
Über eine größere Distanz geht es im Rennen um den SWK Fernwärmepreis am Sonntag in Krefeld. Drei der nur sechs Starter haben in der Prüfung über 2050 Meter eine Derbynennung: Der Debütant Bonusdargent und der zweimal deutlich geschlagene Ferion werden für Hamburg zu sehr hohen Kursen gehandelt. Interessanter ist Graasten, im Besitz des Gestütes Ebbesloh und trainiert von Peter Schiergen. Der Hengst mit vielen guten Geschwistern steht im Derby-Wettmarkt im vorderen Mittelfeld und wird bei einem guten Lauf weiter nach vorne rücken. So gut scheint das Feld aber nicht zu sein. Immerhin hat Graasten schon ein Rennen auf der Bahn gewonnen. Vor zwei Jahren siegte in dieser Prüfung der gute Empoli ebenfalls aus dem Gestüt Ebbesloh, damals allerdings über 2200 Meter.
Einen Tag vorher am Samstag öffnet die Rennbahn in Mülheim wieder ihre Tore. Auch in diesem Jahr ist man auf der so heimeligen Bahn mit Rennveranstaltungen wieder sehr sparsam. Sportlich dominieren die Handicaps der unteren Kategorie, im Fokus steht aber der Preis der Galopprennbahn Mülheim Ruhr im Fokus. Ein Sieglosenrennen für Dreijährige über 2200 Meter, an den Start kommen neun Kandidaten, deren Potenzial noch lange nicht abzuschätzen ist. Manche Pferde absolvieren zudem ihren ersten Lebensstart. Hot Beat, Night Hawk (beide Trainer Peter Schiergen), Novano (Trainer Waldemar Hickst), Scaramuz (Trainer Jean Pierre Carvalho) und The Artist (Andreas Wöhler) besitzen eine Derbynennung. Nach dem Rennen werden wir ein wenig klüger sein.
Neuer Derbyfavorit
Deutliche Bewegung gab es in der letzten Woche im Derbymarkt deutliche Bewegung. Der Fährhofer Quasillo rückte nach seinem überzeugenden Erfolg in München in die Favoritenrolle. Es war schon ein gutes Debüt des Wöhler-Schützlings, aber der Zweite Shimrano, bislang an der Spitze des Derbymarkts, enttäuschte ebenfalls nicht. Zumal der Zweite dem Sieger Gewicht geben musste. Zwischen den beiden sollte nicht viel liegen, zumal sie noch Potenzial nach oben haben sollten.
Das andere interessante Rennen in Bezug auf das Derby war der TÜV Rheinland-Preis in Köln. Eine stark besetzte Prüfung mit vielen hoch gehandelten Kandidaten über 2200 Meter, am Ende machte die beiden Favoriten Nutan und Guignol die Entscheidung untereinander aus. Letzterer gewann mit einem Hals und war beim ersten Lebensstart erfolgreich. Ein wenig enttäuscht war ich von Summer Paradise, dem die Distanz zu lang wurde.
Irgendwie war es zu erwarten. Jürgen Klopp hört nach sieben überwiegend erfolgreichen Trainer-Jahren zum Saisonende bei Borussia Dortmund auf. Nach der Pressekonferenz am Mittwoch, auf der die Entscheidung verkündet wurde, herrscht in Dortmund der emotionale Ausnahmezustand. Die Ruhr Nachrichten, einzige noch ernstzunehmende Tageszeitung vor Ort, kam am Donnerstag mit acht Extraseiten heraus. Ausmaße wie bei einem neuen Papst – Fußball ist eben Religion in Dortmund.
Und vergessen wir mal die aktuelle Saison, in der auch Jürgen Klopp teilweise ratlos wirkte. Ansonsten waren es großartige Zeiten. Der Kolumnist geht seit 1976 regelmäßig zu den Heimspielen von Borussia Dortmund und hat schon einiges erlebt. Bittere Tage, aber auch Meisterschaften und großartige Trainer wie Ottmar Hitzfeld.
Aber die Zeit unter Klopp toppt sie alle, die Jahren von 2010 bis 2013 mit den zwei Meisterschaften und dem Champions League-Finale waren die beste Zeit meines Fan-Lebens. Zeiten, die nur schwer zu übertreffen sind.
Denn Borussia hatte ein Team, von dem der Fan träumt: jung, talentiert, technisch gut, angriffslustig. Der BVB rockte Deutschland und Europa. Darum danke für alles, Jürgen Klopp.
• Danke für das Ende der lethargische Zeiten unter Doll und co. Klopp kam, sah und siegte.
• Danke für diesen „begeisternden, hochintensiven Angriffsfußball“ (11 Freunde)
• Danke für unzählige großartige Spiele
• Danke, dass ich nach Heimspielen unzählige Mal ein großes Glücksgefühl hatte. Gute Laune, die noch Tage anhielt.
• Danke für die vielen guten Sprüche.
• Danke für einige große Siege gegen den FC Bayern. Die Rache des Rekordmeisters war bekanntlich schrecklich. Aber wir haben Hoeneß, Rummenigge und co. geärgert.
• Und zum Schluss danke für alle Emotionen. Keiner jubelt schöner. Das Video unten zeigt es noch einmal eindrucksvoll.
Ein Dank gilt auch Youtube-User Columbiana 1000. Tolles Video, saubere Arbeit.