Dienstag, 31. März 2015
Brown Panther wie ein guter Wein
Sole Power, Secret Circle, Solow, Dolniya und Prince Bishop – alles großartige Pferde, die beim Dubai World Cup 2015 in den Gruppe 1-Prüfungen erfolgreich waren. Besonders auf die weitere Rennkarriere der zwei Franzosen Solow und Dolniya bin ich sehr gespannt. Doch mein Pferd des Tages heißt Brown Panther, auch wenn dieser „nur“ den Dubai Gold Cup, eine Gruppe 2-Prüfung für die Steher, gewann. Aber der Kolumnist hatte schon immer eine hohe Meinung vom inzwischen siebenjährigen Shirocco-Sohn. Unter anderem wegen des deutschen Vaters; zudem ist Züchter und Besitzer Michael Owen ein ehemaliger Fußballer. Und das passt eben besonders zu diesen Seiten.

Sie sind schon ein gewaltiges Spektakel, die Rennen am World Cup-Tag in Dubai. Nicht nur das Preisgeld ist außergewöhnlich hoch, auch die Rennbahn in Meydan ist gigantisch. Wer die tollen Bilder im Stream von Dubai Racing gesehen hat, der durfte die 2010 erstellte Tribüne mehrfach von oben bewundern. Ob das architektonisch jetzt schön ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Aber der Kontrast zu manchen deutschen Rennbahnen mit ihren denkmalgeschützten Tribünen, die oft scheinbar nur von der Farbe zusammen gehalten werden, ist gewaltig.
Jedenfalls hat Brown Panther auch schon einen deutschen Rennkurs gesehen. 2011 war es, da war das Vollblut aus England zusammen mit Trainer Tom Dascombe, Jockey Richard Kingscote und Besitzer Michael Owen zu Gast in Hamburg. Das Deutsche Derby 2011 stand auf dem Programm – und nicht nur diese Kolumne war überzeugt, dass Brown Panther das wichtigste deutsche Rennen gewinnen könne. Doch es bleib beim Konjunktiv, der Hengst wurde nur Platz 5 hinter Waldpark, Earl of Tinsdal, Saltas und Mawingo. Vielleicht hatte Jockey Kingscote ein wenig zu viel Tempo an der Spitze gemacht, am Ende fehlten rund fünf Längen auf den Sieger.

Spätzünder
Rund drei Wochen vorher war der Stern von Brown Panther aufgegangen: Da gewann er im Stile eines Klassepferdes die King George V Stakes während Royal Ascot. Diese Prüfung ist zwar nur ein Handicap, aber mit reichlich Potenzial nach oben. Am Start sind eher Dreijährige des zweiten Bildungsweges, oft laufen da Pferde, die später richtig erfolgreich werden.
Aus dem 2011-Rennen kamen immerhin mit Census und Danadana zwei spätere Gruppe 3-Sieger und auch Well Sharp entwickelte sich zu einem guten Handicapper über die Steherdistanzen.
Doch Brown Panther übertraf sie alle. Platz 2 im englischen St. Leger 2011 zeigte schon mal die Richtung, doch erst fünfjährig entwickelte sich der Shirocco-Sohn zum Gruppe 2-Sieger, als er 2013 den Goodwood Cup über zwei Meilen gewann.
Je länger die Strecke, desto besser – und so wurde 2014 zum großen Erfolgsjahr mit Triumphen in Chester, Sandown und The Curragh (Irisches Leger, Gruppe 1) sowie Platzierungen in wichtigen Steherprüfungen in Ascot, Longchamp und Goodwood. Im Alter von sechs Jahren machte das Pferd von Besitzer Michael Owen noch mal einen Schritt nach oben. Da verzeiht man gerne den Flop zum Jahresschluss beim Breeders Cup in Santa Anita, wo die Strecke mit 2400 Metern reichlich kurz war.



Zahltag: Brown Panther gewinnt den Dubai Gold Cup für die Steher. Aber wohin schaut Richard Kinsgcote? Sieht er Besitzer und Züchter Michael Owen mitlaufen? (Foto: Dubai Racing Club)

Kingscote hellwach
Im Dubai Gold Cup ging es wieder über zwei Meilen. Das Rennen war früh entschieden: Nachdem Richard Kingscote den Hengst kurz zu Beginn der Geraden aufforderte, machte dieser einen Schub nach vorne und löste sich von der durchaus starken Konkurrenz. Zudem war es ein schöner Zahltag für Trainer Tom Dascombe, Jockey Richard Kingscote und Besitzer und Züchter Michael Owen, das einstige Wunderkind des englischen Fußballs.
„Das ist so anders als Fußball spielen“, erklärte Owen danach. „Ich unterschreibe nur die Schecks, es ist Richard im Sattel und Tom und das Team zuhause, die die Arbeit machen. Darum bin ich nervöser, weil ich das Ergebnis nicht beeinflussen kann.“
Brown Panther ist der vierbeinige Star der Manor House Stables, die Owen zusammen mit Betfair-Mitgründer Andrew Black besitzt. Seit 2008 trainiert Tom Dascombe dort – und auch Jockey Richard Kingscote (28) ist schon lange dabei.
2011 entschieden sich Owen/Dascombe mal für einen Jockey mit einem prominenteren Namen und verpflichteten Kieren Fallon für Black Panther. Doch seit August 2013 hat Kingscote den Ritt wieder und saß bei all den schönen Erfolgen im Sattel.
In Dubai war es das Comeback nach Verletzung. Sein Trainer war vorher ein wenig skeptisch, ob der Jockey fit sei, doch das Renngeschehen widerlegte Dascombe. Kingscote zeigte sich hellwach.
Owen gestand, die letzten 200 Meter quasi mit gerannt zu sein. Nun war er früher ein Spieler mit schnellem Antritt, über seine aktuelle Kondition erzählte der einst beim FC Liverpool großgewordene Owen aber nichts. Jedenfalls sei Brown Panther etwas ganz Besonderes: „Ich werde nie wieder so ein Pferd besitzen oder gar züchten.“



Donnerstag, 26. März 2015
Fakten, Fakten, Fakten
Nicht Barca, Chelsea oder der FC Bayern – der FC Midtjylland aus Dänemark ist derzeit der interessanteste Fußballklub in Europa. Das meinen zumindest die Kollegen von The Correspondent aus den Niederlanden. Denn die Verantwortlichen wollen beweisen, dass man einen Klub erfolgreich nur mit Hilfe statistischer Daten führen kann. Alles Subjektive fällt weg, es zählen nur Fakten.
Mit Erfolg: Die heimische Liga führt Midtjylland souverän nach 22 Spieltagen mit 11 Punkten Vorsprung an. Aber lest selbst: eine großartige Reportage.



Auch gegen das Mittelfeld-Team von Hobro setzte der FC seinen Erfolgsweg fort.



Mittwoch, 25. März 2015
Ein Leben ohne den kicker?
Ungewohnt, so ein Montag ohne die frische Ausgabe des kicker sportmagazins. Das Ende einer Beziehung, die fast ein Leben lang dauert? Manchmal muss man sich eben existenziellen Fragen stellen.

Es ist eine lange Beziehung zwischen dem Kolumnisten und dem Fachblatt mit Sitz in Nürnberg: Seit 1973 habe ich an ungefähr an 99 Prozent aller Montage „die Bibel des deutschen Fußballsports“ gelesen. Nun nicht mehr, seit zwei Wochen verzichte ich auf die Lektüre – theoretisch, denn letzte Woche konnte ich nicht widerstehen und habe das Fachblatt im Geschäft gekauft.
Generell aber gilt: Ich habe mein kicker-Abonnement gekündigt, weil ich andere Prioritäten setzen wollte und in manchen Wochen speziell die Donnerstags-Ausgabe fast ungelesen ins Altpapier wanderte. Wenn ich etwas nicht mag, dann ist das, eine Sache zu bezahlen und nicht zu nutzen.
Der kicker, werden manche jetzt sagen, ist doch so und so stocklangweilig. Eben alte Schule. Flache Texte, der ganze Daten-Wirrwarr aus Tabellen und Statistiken? Braucht man so was heute noch?

Nix Boulevard
Antwort: Im Prinzip nein. Zumindest muss man heute nicht mehr unzählige Bäume fällen, um sich über die Bundesliga zu informieren. Aber der kicker hat auch seine Qualitäten – etwa eine Berichterstattung ohne die boulevardeske Hysterie von Bild und Sport-Bild.
Die besten Geschichten stehen sowieso auf den hinteren Seiten, die Interviews mit den sogenannten Stars auf den ersten Heftseiten fallen meist recht flach aus. Was nicht immer am Fachblatt liegt – ein Mario Götze oder Mesut Özil erzählen einfach nicht viel. Zudem sorgen die Pressestellen der Vereine manchmal für keimfreie Interviews.
Dennoch werde ich jetzt mal verstärkt die Alternativen probieren – den großartigen Linkdienst Fokus Fussball etwa. Dieser erwirbt schon dadurch Meriten, dass er auch Texte dieser Kolumne verlinkt. Oder etwa Spox, auf deren Seite ich manchmal ganz interessante Interviews finde. Die 11 Freunde online sind auch immer einen Besuch wert, obwohl manche Gags inzwischen einen Bart und manche Redakteure schöne graue Haare bekommen haben. Ja, wir werden alle alt.
Print würde ich mehr auf die Süddeutsche Zeitung zurückgreifen. Dazu kommt zudem die lokale Tageszeitung Ruhr Nachrichten, die zumindest den BVB und den lokalen Fußball ausführlich dokumentieren.



Eine Ausgabe aus dem Jahr 1977: Rolf Rüssmann (Schalke 04) gewinnt das Kopfball-Duell gegen Hans-Jürgen Wittkamp und Jupp Heynckes (Borussia Mönchengladbach

Lektüre unter der Schulbank
Aber es ist ohne Zweifel das Ende einer langjährigen Beziehung. Meinen ersten kicker habe ich mit zehn Jahren in unserem Dorfladen im Sauerland gekauft und danach gab es kaum einen Montag oder Donnerstag ohne das Fachblatt. In der Schule habe ich ihn heimlich unter der Bank gelesen, die unzähligen Statistiken führten zu weiteren Statistiken daheim.
Ob Schule, Ausbildung, Bundeswehr, Studium, Beruf, Arbeitslosigkeit oder Freiberuflichkeit – der kicker war in allen Phasen dabei. Oder anders gezählt: Bei elf Fußball-Weltmeisterschaften begleitete mich das Blatt.
Dabei nervte mich schon früher manches: Die manchmal etwas phrasenhafte Sprache, die oft biedere und altbackene Berichterstattung. Und dann diese oft kritiklose Nähe zu DFB, UEFA oder FIFA. Das war früher viel schlimmer, heute gibt es zumindest leise Kritik am DFB. Und die FIFA stößt auch beim kicker nicht mehr auf Verständnis. Über die Jahre hinweg war es dennoch eine ordentliche Leistung der Zeitschrift, nach Ranglisten-Kriterien eine vordere Platzierung im „weiteren Kreis“.
Ganz zu Ende ist die Beziehung auch nicht: Zumindest am Montag werde ich den kicker häufig am Kiosk kaufen. Oder vielleicht mehr: Nach meiner Kündigung rief ich mich eine nette Dame des Olympia-Verlags an. Und machte ein Angebot, das man eigentlich nicht ablehnen kann.