Mittwoch, 18. Februar 2015
Attacke auf die ARD-Sportschau
Das musste ja so kommen nach dem neuen Milliarden-Deal der englischen Premiere League. Die deutsche Bundesliga fühlt sich unterbewertet in Sachen TV-Geld – ein Grund dafür sei die frühe ARD-Sportschau am Samstag. Denn das Geld kommt vom Pay-TV (in Deutschland Sky) und das möchte möglichst viel Exklusivität.

Schon fordern einige Kommentatoren wie dieser Herr vom Handelsblatt das Ende der ARD-Sportschau in dieser Form. „Bei der kommenden Ausschreibung Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres muss sich die DFL als Organisation der Profi-Klubs endlich auch zu unpopulären Maßnahmen durchringen. Wenn man gar in die Nähe von einer Milliarde Euro will, wird die Bundesliga zwangläufig ausschließlich im Pay-TV zu sehen sein. Nur so lassen sich Spitzenpreise erreichen“, schreibt Hans-Peter Siebenhaar.
Christian Seifert, Geschäftsführer Deutsche Fußball-Liga (DFL), sprach nicht ganz so offen. „Wir befinden uns in einem Verdrängungswettbewerb der Ligen. Von daher benötigen wir eine ehrliche Diskussion in der Liga: Sind wir mit Blick auf den neuen TV-Vertrag bereit, notfalls auch unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, um weiter die besten Spieler der Welt in der Bundesliga zu halten?“, so Seifert.
Dennoch ist klar, was der DFL-Geschäftsführer meint. Die zeitnahe Zusammenfassung der fünf Samstag-Spiele des Nachmittags (plus das Freitags-Match) in der ARD-Sportschau ab 18:30 ist manchem Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Denn dies hindere die Leute nur dran, sich ein teueres Sky-Abo zuzulegen. Wer weiter die Stars in Deutschland sehen möchte und Champions League-Erfolge bejubeln möchte, müsse dann eben die Kröte Pay-TV schlucken.

Tradition
Dabei ist die jetzige Situation ja schon ein Kompromiss zugunsten des Bezahlsenders Sky. Denn dort läuft zeitgleich das sogenannte Top-Spiel des Tages, oftmals wirklich der Kracher des Tages. So bleiben für die ARD-Sportschau nur fünf Spiele – und manchmal kommt sich der Zuschauer wie auf einer Resterampe, so wenig attraktiv ist das Angebot. Eine Konsequenz: Die Einschaltquoten sinken.
Allerdings hat die zeitnahe Zusammenfassung in der ARD (oder zwischendurch in ran bei SAT 1) eine lange Tradition in Deutschland und gehört für viele Fußball-Fans zum samstäglichen Ritual. Zudem bietet die Sendung den Sponsoren eine sehr hohe Resonanz, deutlich höher als im Pay-TV alleine. Was viele Verantwortlichen auch wissen: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge plädiert etwa für ein Weiterbestehen der Sendung, schlägt dafür ein Montagsspiel vor, was in ARD, ZDF, SAT 1 oder RTL laufen könnte.
Natürlich sind das alles derzeit nur Spekulationen, aber sie klingen nicht gut. Wenn es nach mir gehen würde, hätte ich am liebsten ein Spiel am Freitag und den Rest am Samstagnachmittag. Aber damit fällt der Kolumnist in die Kategorie hoffnungsloser Fußball-Romantiker und sieht ein, dass sein Ideal heute allein aufgrund des internationalen Spielplans (Champions League, Europa League) nicht möglich ist. Dennoch ist die aktuelle Lösung mit dem Freitagsspiel, den fünf Partien Samstagnachmittag, dem Samstagabend-Spiel und den beiden Begegnungen am Sonntag nicht gut.

Flop
Aber vielleicht sollten die Verantwortlichen von DFL und Liga bedenken, wenn sie die Sportschau kappen wollen: Das gab es schon mal und ging völlig in die Hose. 2001, als Kirch-Sender SAT 1 dem damaligen Kirch-Bezahlsender Premiere unterstützen wollte und die ran-Sendung auf 20:15 verlegte. Die Zuschauer-Quoten brachen jedoch total ein, nach nur drei Spieltagen verlegte SAT 1 die Sendung wieder nach vorne.
Vielleicht solle man nach anderen Möglichkeiten suchen. Zum Beispiel in der TV-Auslandsvermarktung. In diesem Bereich erwirtschaftet die DFL gerade mal 160 Millionen Euro im Jahr. Die englische Premiere League kommt hingegen auf 2,6 Milliarden Euro – allerdings für drei Jahre. Da hat die Liga der Weltmeister dennoch noch einige Luft nach oben.



Teuerer TV-Partner der englischen Premiere League: Sky Sports uk.



Montag, 9. Februar 2015
Helden von gestern und morgen
Ein Jockey in Top-Form, ein aufstrebender Trainer, das Comeback eines vierbeinigen Superstars und zwei große Hoffnungen für das Cheltenham Festival – unsere „Helden“ des Januars im englischen National Hunt-Sport.

Sprinter Sacre (Pferd): Zumindest die Wetter vertrauten Sprinter Sacre in bewährter Manier. Auf unter 20 wetteten sie den einstigen Dominator der „Jagdsprinter“ (der Jagdrennen um die Zwei Meilen-Marke) bei seinem Start in Ascot herunter. Dabei war es das Comeback nach schwerer Verletzung, zudem gab es mit Dodging Bullets einen ernstzunehmenden Konkurrenten.
Das Ergebnis war befriedigend: Gegen den fitten und deutlich verbesserten Dodging Bullets hatte der Network-Sohn keine Chance, allerdings schickte ihn Barry Geraghty nur über den Kurs und rührte in der Zielgeraden keinen Finger.
Verständlich nach der langen Pause, denn das Ziel heißt Cheltenham. Die lange Abstinenz merkte man dem Schützling von Trainer Nicky Henderson deutlich an, der einst so ökonomische und flüssig über die Hindernisse gleitende Sprinter sprang teilweise sehr hoch und ein wenig abgehackt. Jedenfalls ging er nicht unter, aber glanzvoll sieht eben anders aus. Nur die Sprinter-Wetter waren sauer. Aber selber schuld, wenn man ein Pferd nach einer langen Verletzungspause zu so einem lausigen Kurs wettet.

Un de Sceaux: (Pferd): Schon über die Hürden gewann Un de Sceaux seine Rennen mit großer Überlegenheit. Doch der Stall von Willie Mullins verfügt bekanntlich über großartiges Potenzial in dieser Kategorie (Hurricane Fly, Faugheen, Annie Power etc.) und ganz in diese Liga passte das Pferd mit dem unaussprechlichen Namen nicht (Rating 161). Da blieb „nur“ ein Grade 2-Triumph im französischen Auteil.
Vielleicht sah man im Mullins-Quartier Un de Sceaux auch eher als zukünftigen Crack für Jagdrennen. Jedenfalls scheint der Frontrenner in diesem Metier bestens aufgehoben. Zwar stürzte er beim ersten Start – weit in Führung liegend – am drittletzten Hindernis, doch das hinterließ keine Spuren. Beim zweiten Start distanzierte er seine Gegner (der Zweite siegte danach hoch überlegen) sehr leicht.
Ende Januar übertraf er diese Leistung in Leopardstown noch, als der Wallach in der Irish Arkle Novice Chase (Gr. 1) die sehr starken Gegner Gilgamboa und Clarcam quasi aus den Schuhen galoppierte. Das war eine Vorstellung, die jeden beeindruckte. Eine Mischung aus Leichtigkeit, Geschick, Tempo und Spaß – so schön können Hindernisrennen sein. Normalerweise wette ich keine Pferde unter 20 am Toto. Besonders nicht beim Cheltenham-Festival, aber wenn, dann wäre Un de Sceaux die berühmte Ausnahme.



Noch mal zum Genießen: Un de Sceauxs Erfolg in Leopardstown gegen Clarcam und Gilgamboa

Many Clouds (Pferd): Es war ein packender Endkampf im Bet Bright Cup in Cheltenham. Die zwei Schimmel Smad Place und Dynaste bedrängten Many Clouds, doch dieser setzte sich mit viel Kampf und Herz durch. Ein schöner Erfolg für Trainer Oliver Sherwood und Jockey Leighton Aspell, die zuletzt nicht immer so im Rampenlicht standen.
Aber mit Many Clouds haben sie einen veritablen Kandidaten für den Cheltenham Gold Cup im März. Der Wallach, der in den bekannten gelb-grünen Farben von Trevor Hemmings läuft, hat sich in dieser Saison weiter verbessert, ist ein sicherer Springer und verfügt über viel Stamina. Das stellte er bereits im November bei seinem Sieg im Hennessy eindrucksvoll unter Beweis.
Allerdings zeigte der Clouding-Sohn seine besten Formen immer auf weichem Boden. Den wird er in Cheltenham im März nicht unbedingt treffen. Also ein Grund zur Vorsicht, auch wenn sein Trainer sagt, dass er auch guten Boden kann.

Harry Fry (Trainer): Auch als Wetter hat man seine Lieblinge – ob Jockey oder Trainer. Weil man ihre Pferde am besten trifft und sie damit schöne Gewinne bescheren. Mein absoluter Favorit bei den Trainern im englischen Hindernissport heißt schon seit einiger Zeit Harry Fry, gefühlte Trefferquote 100 Prozent.
Fry, ein ehemaliger Assistent von Paul Nicholls, begann seine Trainer-Karriere im Oktober 2012 und hatte von Beginn an Erfolg. Die Wetter hatten das schnell mitbekommen, seine Starter stehen häufig sehr tief am Toto. Was nicht verwundert bei solchen Zahlen: In der Saison 2012/2013 gewannen 28 Prozent der Fry-Starter, 2013/2014 sogar 29 Prozent und in dieser Saison immer noch satte 27 Prozent.
Das neue Jahr begann mit erstaunlichen fünf Siegen an den ersten drei Tagen. Nicht nur Stall-Star Rock on Ruby überzeugte, auch Bitofapuzzle und Highland Retreat siegten in besseren Aufgaben. Hinzu kommen einige talentierte Pferde, die einiges für die Zukunft versprechen.

Daryl Jacob (Jockey): Entweder zweiter Mann bei Trainer Paul Nicholls oder Freelancer – vor dieser Entscheidung stand Daryl Jacob im April 2014. Er entschied sich für das Freisein – und lag richtig.
Scheinbar sind Zentnerlasten von seinen Schultern gefallen, denn der Jockey agiert mit so viel Selbstvertrauen wie noch nie. Es ist diese Mischung aus Lockerheit und Zielstrebigkeit, die ihn derzeit beflügelt. Im Dezember konnte der 32jährige mit Reve de Sivola (Trainer Nick Williams) und Bristol De Mai (Trainer Nigel Twiston-Davies) zwei Grade 1-Erfolge feiern. Hinzu kamen schöne Erfolge unter anderem für die Trainer Colin Tizzard und Nicky Henderson.
Im Januar ging es gut weiter. Das letzte Wochenende war ein besonders erfolgreiches: In Sandown gewann Jacob drei Rennen, unter anderem die wichtigste Prüfung des Tages mit Gitane Du Berlais für den irischen Top-Trainer Willie Mullins.
In der letzten Saison hatte ich den Eindruck, dass für Jacob der Druck des Nummer 1-Jockeys bei Top-Trainer Nicholls zu groß war. Zumal sein ehemaliger Patron manchmal wirklich nerven kann – auch sein Nachfolger Sam Twiston-Davies kann davon inzwischen ein Lied singen.



Donnerstag, 5. Februar 2015
BVB in der Angst-Falle
Am Ende gab es Pfiffe in einer Stärke, die ich schon lange nicht mehr bei Heimspielen von Borussia Dortmund gehört habe. Die 0:1-Niederlage des BVB gegen den FC Augsburg führte zu heftige Reaktionen: Selbst von der Südtribüne, wo ich stehe, kam ein wütendes Pfeifkonzert.

Die Dortmunder spielten an diesem Abend wie ihr letzter Tabellenplatz suggeriert. Am Anfang gab es ein paar gelungene Spielzüge, doch spätestens nach dem Augsburger Führungstreffer wirkte Borussia nur noch ratlos und verkrampft. Selbst gegen zehn Augsburger fand die immer noch gut besetzte BVB-Mannschaft kein Mittel gegen sehr gut organisierte Gäste.
Allerdings kann ein Dortmunder Team schlecht spielen. So lange es gegen die Niederlage kämpft, verzeiht der BVB-Anhänger einiges. Zumal die Klopp-Schützlinge aufgrund der starken sportlichen starken Leistungen der letzten Jahre immer noch hohen Kredit bei den Anhängern genießen. Doch am gestrigen Abend vermisste nicht nur ich das letzte Aufbäumen.
Normalerweise müsste eine Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz doch brennen und jedem zeigen, dass sie viel besser ist. Theoretisch – doch in der Realität spielen so Dinge wie die Psyche eine große Rolle. Auf einmal trauen sich selbst gestandene Nationalspieler nichts mehr zu, haben sie Angst vor einem Fehler. Und den BVB wirkte gestern nach dem 0:1 zeitweise wie gelähmt.

Psychologe gefragt
Dortmund in der Angst-Falle. So richtig klug werde ich so und so nicht aus der Mannschaft: Die gleichen Spieler überzeugten in der Champions League und in den Heimspielen gegen Gladbach, Hoffenheim oder auch Wolfsburg. Auf der anderen Seite agierte das Team ganz schwach beispielsweise gegen den HSV, in Bremen oder Berlin und jetzt gegen Augsburg.
Auch Trainer Jürgen Klopp wirkt so ratlos wie noch nie in seiner so erfolgreichen Dortmunder Zeit. Da hat auch die Winterpause mit kompletter Vorbereitung nichts verändert. Noch schlimmer – die Mannschaft wirkte gestern noch gehemmter und wenig selbstbewusst. Irgendwie bräuchte das Team jemanden, der diesen Verkrampfungs-Knoten durchschneidet. Wer, das ist eine interessante Frage.
Jedenfalls wird der BVB so schnell da unten nicht rauskommen. Etwas, was auch der Kolumnist nicht erwartet hat. Für wegen nur ein Kratzer wie ich im Herbst noch dachte.
Eine ganz andere Saison spielt der FC Augsburg. Auch in diesem Jahr hat der FCA nichts mit dem Abstieg zu tun – die Richtung geht so gar Richtung Europa. Alles mit Mini-Etat und trotz des Verlustes von Spielern, die zu besser bezahlenden Vereinen wechselten. Respekt! Auch in Dortmund trat das Team von Trainer Weinzierl sehr selbstbewusst und offensiv auf, der Sieg war verdient. Alles auch eine Frage der Psychologie, denn auf dem Papier hat der BVB mit seinen zahlreichen Internationalen klar das bessere Team. Aber eben nur theoretisch.